Zerwürfnis: EU-Kommissar Thierry Breton kündigt Rücktritt an

Michael Schäfer
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Zerwürfnis: EU-Kommissar Thierry Breton kündigt Rücktritt an
Bild: USA-Reiseblogger | gemeinfrei

Thierry Breton hat sein Amt als bisheriger EU-Kommissar für den Binnenmarkt mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Der streitbare Abgeordnete, der selbst gegenüber den Branchengrößen keine Konfrontation scheute, sorgte während seiner Amtszeit ebenso immer wieder für Kritik.

Trotz der Ankündigung einer erneuten Nominierung durch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Ende Juni dieses Jahres stellt Thierry Breton überraschend seinen Posten in der Europäischen Kommission zur Verfügung. Äußerungen Bretons legen Vermutungen nahe, dass sein Rücktritt nicht freiwillig erfolgt ist. In einem auf X (ehemals Twitter) veröffentlichten Schreiben, das unter anderem an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gerichtet war, beklagte Breton, dass von der Leyen Frankreich gebeten habe, seinen Namen von der Liste der Nominierungen zurückzuziehen. Laut Breton sollen persönliche Gründe eine Rolle gespielt haben, die jedoch nie direkt mit ihm besprochen worden seien. Als politischer Ausgleich wurde ihm angeblich ein „einflussreicheres Portfolio für Frankreich im künftigen Kollegium“ angeboten.

Breton zog daraus die Konsequenz, dass er seine Aufgaben im Kollegium nicht länger wahrnehmen könne, da dies „ein weiteres Zeugnis fragwürdiger Regierungsführung“ sei.

Eigenwilliger und streitbarer Kommissar

In seiner Amtszeit als Binnenmarktkommissar setzte sich Breton immer wieder für eine geringere Regulierung von Großunternehmen im europäischen Raum ein. Gleichzeitig wollte er Chiphersteller, Netzbetreiber sowie Edge- und Cloud-Dienstanbieter zu engerer Zusammenarbeit animieren oder sie notfalls in diese Richtung regulieren. Diese Vorhaben stießen immer wieder auf deutliche Kritik.

Besonders umstritten war sein Engagement für das Vorhaben, Netzgebühren von Internetdiensten zu fordern, um mit diesen die Netz-Infrastruktur auszubauen. Kritiker sahen darin einen Verstoß gegen die Netzneutralität. Große Internetdienste wie Meta, X und Google lehnten die Pläne ab, Zustimmung kam hingegen aus der Telekommunikationsbranche.

Ein weiteres kontroverses Kapitel seiner Amtszeit war seine Auseinandersetzung mit Elon Musk: Kurz vor einer live auf X übertragenen Diskussion zwischen dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und Musk wandte sich Breton in einem Schreiben an diesen sowie an X-Geschäftsführerin Linda Yaccarino. Er forderte in diesem beide auf, sicherzustellen, dass die EU-Vorschriften des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) während der Übertragung eingehalten und die Inhalte moderiert würden.

Musk reagierte darauf mit einem provokanten Meme, ohne auf die von Breton vorgebrachten Punkte einzugehen. Einen Tag später erklärte die EU, dass Bretons Schreiben nicht mit Ursula von der Leyen oder dem Kollegium abgestimmt war. Die Kommission warf ihm daraufhin vor, die Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) in Verruf gebracht zu haben. Auch zivilgesellschaftliche Organisationen kritisierten ihn scharf und warfen ihm vor, das Gesetz falsch auszulegen und die freie Meinungsäußerung zu gefährden.

Die Spannungen zwischen der Europäischen Kommission und Elon Musk hatten sich bereits im Juli angedeutet, als Musk ankündigte, die Kommission wegen angeblicher Verstöße in Bezug auf das Gesetz über digitale Dienste (DSA) zu verklagen. Im Zentrum des Konflikts standen Transparenzprobleme im Zusammenhang mit den verifizierten Accounts auf X (ehemals Twitter). Diese Ankündigung führte erneut zu einem hitzigen Wortgefecht zwischen Musk und Thierry Breton auf dem Kurznachrichtendienst.