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30 Jahre PlayStation: Sonys erste Spielkonsole, für die Nintendo den Anstoß gab

Andreas Merchel
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30 Jahre PlayStation: Sonys erste Spielkonsole, für die Nintendo den Anstoß gab
Bild: Evan-Amos, Bearbeitung Andreas Merchel | gemeinfrei

Heute vor 30 Jahren, am 3. Dezember 1994, wurde die erste Sony PlayStation vorgestellt. Mit 102 Millionen verkauften Einheiten von 1994 bis 2006 ist sie eine der erfolgreichsten Spielekonsolen überhaupt. Dass den Anstoß für ihre Entwicklung Nintendo gab, wissen heute nur noch wenige. Ein Blick in die Geschichte der PlayStation.

Nintendo brauchte Sony für die CD-ROM

Rückblick ins Jahr 1987: Nintendo war damals mit dem in Japan im Jahr 1983 veröffentlichten Nintendo Entertainment System (NES) unangefochtener Marktführer im Konsolenmarkt. Doch in diesem Jahr erschien in Japan auch die von NEC und Hudson hergestellte Konsole PC Engine.

Sie konnte auf dem japanischen Heimatmarkt Erfolge verbuchen und mit der Erweiterung CD‑ROM² (CD-ROM ROM) ab 1988 auch Spiele auf optischem Datenträger nutzen. Ab 1991 zog Sega mit dem Zubehör Mega‑CD nach. Nintendo war klar: Ein CD-ROM-Laufwerk muss her.

Das SNES mit CD-Laufwerk(-Erweiterung)

Um technologisch weiterhin vor Sega zu liegen, plante das Unternehmen, entweder ein CD-Laufwerk als Erweiterung für das neue Super NES (SNES) anzubieten, oder den NES-Nachfolger direkt damit auszustatten. Entwickelt werden sollte es zusammen mit Sony. Sony war über den Audio-Prozessor SPC700 bereits fest für das SNES eingeplant.

Um es für Sony attraktiver zu machen, räumte Nintendo Sony die Möglichkeit ein, eine eigene Konsole mit genau der gleichen Hardware zu bauen und zu verkaufen, die SNES-kompatible Spiele ausführen konnte – per Cartridge oder CD-ROM.

Nintendo zog die Reißleine

Der Haken an der Geschichte aus Nintendos Sicht war allerdings, dass Sony zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt wurde, eigene Spiele ohne Nintendos Zustimmung für das eigene Systeme zu entwerfen und dass Sony darüber hinaus sogar Lizenzrechte an allen Spielen besaß, die Mithilfe der eigenen, proprietären Technik entwickelt und vertrieben wurden: D.h. auf dem Gerät von Sony hätte auch jedes SNES-Spiel laufen dürfen, das auf CD-ROM vertrieben wird. Für Nintendo ein Albtraum.

Doch erst als Sony auf der CES 1991 die Nintendo PlayStation vorstellte, wurde Nintendo der eigene Fehler offensichtlich bewusst: Einen Tag später zog sich Nintendo aus dem Vertrag zurück und gab dem Konkurrenten Philips den Vorzug. Ohne Vertrag war aber auch die Sony PlayStation eine Totgeburt.

Sony hielt an der Nintendo PlayStation fest

Da bei Sony bereits hohe Entwicklungskosten in das Projekt geflossen waren, entschied man sich, die Konsole weiterzuentwickeln. Nach Nintendos Vertragsbruch und auf Basis des weiterhin bestehenden Lizenzabkommens über den Soundchip ergaben Verhandlungen, dass sogar Nintendos eigener Steckplatz für die Cartridges weiterhin genutzt werden könnte, wenn auch mit Lizenzzahlungen an den ehemaligen Partner. Sony stellte in Aussicht: 1992 sollte das Gerät auf den Markt kommen. Doch am Ende kam es anders.

Im März 2020 ging ein Prototyp der Nintendo PlayStation, der ursprünglich nur für 75 US-Dollar gekauft wurde, für 360.000 US-Dollar über den Ladentisch von Heritage Auctions.

Die Geburt der Sony PlayStation

Ein Grund war, dass Nintendo dem Projekt keinen Segen und damit keinen eigenen Support mehr geben würde, ein anderer damals noch nicht von außen ersichtlich: Sony hatte sich entschieden, eine gänzlich eigene Spielkonsole zu entwickeln.

Vorerst wurde das gesamte Team zu Sony Music Entertainment Japan versetzt, dessen Expertise bei der CD-Herstellung noch von großer Relevanz sein würde. Kurz darauf entschied sich Sony zusammen mit der Tochtergesellschaft Sony Computer Entertainment zu gründen, das sich fortan um die Videospiele inklusive Hardware kümmerte.

Unvergessen ist der damalige Auftritt vom Sony-Interactive-Entertainment-Präsidenten Steve Race während der E3. Sein einziger Kommentar zur Vorstellung der PlayStation war „two ninty nine“ – 299, was den Verkaufspreis in Dollar widerspiegelte.

Die Hardware der „PS One“

Relativ schnell wurde den Beteiligten klar, dass die eigene Technik stark Richtung 3D gehen sollte. Einerseits war man durch den Erfolg von Segas Prügel-Spiel Virtua Fighter davon überzeugt. Andererseits begann in den USA langsam die Entwicklung schneller 3D-fähiger Grafikkarten.

Als Hauptprozessor entschied man sich für den R3000 von MIPS Technologies. Dabei handelte es sich zwar um eine ältere, dafür aber ausgereifte CPU. Da der gesamte Hauptprozessor in der Herstellung die Möglichkeiten von Sony überstieg, wurde die Produktion an die LSI Corporation ausgegliedert, wo er mit Hilfe der 500 nm Lithografie vom Band lief. Um die CPU zu entlasten, wurde eine Geometrie-Transformations Engine integriert – bis zum Erscheinen der ersten GeForce 256 wurde T&L, oder Transform & Lighting noch durch die CPUs durchgeführt.

Als Hauptspeicher waren 1.024 KB vorgesehen, der jedoch nach Rückmeldungen von Entwicklern noch vor der Markteinführung verdoppelt wurde. Eine weitere Steigerung auf insgesamt 8 MB für das ganze System musste allerdings aus Kostengründen gestrichen werden.

Zum Vergleich: Die ATi (heute AMD) Mach 64 von 1994 wurde mit zwischen einem und 8 MB zum Verkauf angeboten und der RAM für die CPU bot zu der Zeit oftmals auch nur 8 MB.

DIE Shot des Grafikchips (600 nm)
DIE Shot des Grafikchips (600 nm) (Bild: Techpowerup)

Die Grafikberechnungen erfolgten über einen von Toshiba entwickelten Chip, dem CXD8561CQ, dem eine Million Transistoren zugesprochen werden: Gefertigt in 600 nm mit einer Größe von 128 mm² und 11 W TDP. Ihm zur Seite standen ebenfalls 1.024 KB Speicher, der in späteren Ausführungen als SGRAM ausgeführt wurde. Der Soundprozessor war eine Eigenentwicklung von Sony mit der Unterstützung von 24 Kanälen und 512 KB eigenem Speicher.

Bildvergleich: Die Originale PSX (Bild: Evan-Amos, Bearbeitung Andreas Merchel, gemeinfrei) PSone (Bild: Evan-Amos, Bearbeitung Andreas Merchel, CC BY-SA 3.0)

Sieben Jahre, nachdem Nintendo Sony für die Umsetzung einer CD-ROM-Option für die eigene Konsole beauftragt hatte, erschien Ende 1994 auf dieser Basis die erste Sony PlayStation im damals typischen „Mausgrau“ in Japan. Ein Jahr darauf erfolgt der globale Marktstart in den USA und Europa.

Hardwarespezifikationen

Bildvergleich: PSX Mainboard (Bild: Rick Dikeman, CC BY-SA 3.0) PSone Motherboard (Bild: Evan-Amos, gemeinfrei)
Offizielle Spezifikationen der PlayStation (PSX)
  • MIPS Technologies R3000A Custom Design
    • 32-Bit RISC-Prozessor auf Basis der MIPS-Architektur mit 33 MHz
    • 4 kByte L1-Instruction-Cache
    • 1 kByte L1-Data-Cache
    • Cop2, 3D- und Matrix-Math-Coprozessor
    • Geometry Transformation Engine (GTE) mit 53,69 MHz
      Polygone pro Sekunde:
    • Video-Decoder
    • Herstellungsprozess: 500 nm
    • ca. 1 Million Transistoren, davon ca. 75.000 für den CPU-Teil
  • 2.048 kByte Hauptspeicher, als EDO-RAM
  • PlayStation GPU (CXD8561CQ) von Toshiba mit 53 MHz
    • 1.024 kByte Videospeicher mit 67,73 MHz
    • 2 kByte Textur-Cache, 132 MB/s, 32 Bit Speicherbus
    • 4 Bit bis 24 Bit (16,7 Millionen Farben)
  • ADPCM-Soundprozessor mit 24 Kanäle
    • 512 kByte Soundspeicher
    • MIDI-Unterstützung
  • CD-Laufwerk
    • Double-Speed mit 300 kByte/s
PlayStation – Schema der CPU
PlayStation – Schema der CPU

Revisionen und zum Schluss die PSOne

Die erste PlayStation erfuhr über die Jahre immer wieder seichte Überarbeitungen, die – wie heute innerhalb eines konkreten Modells – nicht die Leistung, aber Optimierungen und auch Anpassungen bei den Anschlüssen betrafen.

Im Jahr 2000, sechs Jahre nach der Premiere, schickte Sony mit der PSone dann aber noch eine extreme Überarbeitung – mit abermals derselben Leistung – ins Konsolenrennen. Die PSone verabschiedete sich im viel kompakterem Design nicht nur vom mausgrauen Design, sondern nutzte auch einen moderneren Chip, der jetzt mit 10 statt 11 Watt TDP in 350 nm gefertigt wurde.

Mit dem externen Netzteil und den kompakteren Außenmaßen wurde diese Variante auch in Autos genutzt. Möglich machten dies ein Adapter für den Zigarettenanzünder und ein externer, 5 Zoll großer LCD, der an der Konsole befestigt wurde.

Die Software-Hürde

Da Sony keinerlei Erfahrung im Bereich der Spieleentwicklung vorzeigen konnte, war das Unternehmen stark auf externe Anbieter wie Namco, Konami und hunderte weitere Entwickler angewiesen, die der Konzern am Ende auch für sich gewinnen konnte.

Um die Entwicklung günstiger und einfacher zu gestalten, setzte das kurz zuvor gekaufte Entwicklerteam von Psygnosis durch, dass die Entwicklung nicht auf MIPS, sondern einfacheren PC-Systemen geschehen sollte. Der technische Support, die Vernetzbarkeit mit PCs, die Architektur und die Nutzung von CDs überzeugte viele Entwickler und erleichterte deren Arbeit enorm. Weil CDs weltweit produziert werden konnten, hatten die Entwicklerteams auch in diesem Punkt viele Freiheiten und es existierte kein Monopol seitens Sony, das missbraucht werden könnte.

Das 1997 vorgestellte Final Fantasy VII zeigte dann mit seinen Videosequenzen eindrucksvoll, wohin die Reise noch gehen konnte, wenn der Datenträger denn genug Speicherplatz bietet – was Cartridges nicht taten. Dieses Spiel hat bis heute seine Fangemeinde und wurde mittlerweile durch Mods eindrucksvoll aufgehübscht – nähere Infos zu FFVII gibt es in der ComputerBase-Community.

Zubehör

Wie der Sega Saturn bot auch die PlayStation Multi-Tap-Erweiterungen an. Mit Hilfe zwei dieser Zubehörgeräte konnten bis zu acht Spieler an einer Konsole spielen, wobei jedem Spieler auch ein eigener Speicherkarten-Port für Spielstände etc. zur Verfügung stand.

Weiteres Zubehör
  • Analogcontroller
  • DualShock-Controller
  • Lichtpistolen
  • Tanzmatten
  • eine Maus
  • Arcade Controller
  • PocketStation
  • diverse Modchips
  • Add-on zum Abspielen von VCDs und Super-VCDs

Fazit

30 Jahre und 102 Millionen verkaufte Einheiten nach der Veröffentlichung der ersten Sony PlayStation im Jahr 1994 ist der Rückblick in die Entstehungsgeschichte mindestens ebenso eindrucksvoll wie die Entwicklung, die die inzwischen in fünf Generationen veröffentlichte Spielkonsolenserie bis heute genommen hat. Aktuell führt in Sachen Verkaufszahlen zwar die Nintendo Switch, aber in Summe über alle Generationen kann Sony sich inzwischen als Hersteller, der die meisten stationär nutzbaren Spielkonsolen verkauft hat, rühmen.

Konsole Hersteller Einheiten verkaufte Spiele verkaufte Spiele pro Konsole Markteinführung
PlayStation 1 Sony 102,5 Mio. 962 Mio. 9,38 1994
PlayStation 2 Sony 160 Mio. 1.537 Mio. 9,6 2000
PlayStation 3 Sony 87 Mio. 999 Mio. 11,4 2006
PlayStation 4 Sony 117 Mio. 1.577 Mio. 13,5 2013
PlayStation 5 Sony 65 Mio. 2020
PSP (mobile) Sony 82 Mio. 331 Mio. 4 2004
SNES Nintendo 49 Mio. 379 Mio. 7,7 1990
N64 Nintendo 33 Mio. 225 Mio. 6,8 1996
Switch Nintendo 146 Mio. 1.306 Mio. 8,9 2017
XBox Microsoft 25 Mio. 2001
XBox 360 Microsoft 84 Mio. 2005
XBox Series Microsoft 27 Mio. 2020
PC Engine NEC 7 Mio. 1987
PC-FX NEC 400.000 1994
Mega Drive Sega 30,75 Mio. 1988
Saturn Sega 11,5 Mio. 1994

Die nachfolgenden Fotos einer Sony PlayStation kommen von ComputerBase-Leser Martin K.. Die Konsole wurde dabei stilecht auf einer Sony-Trinitron-Röhre drapiert.

Sony Trinitron (3)
Sony Trinitron (3) (Bild: Martin K.)
Sony Trinitron (4)
Sony Trinitron (4) (Bild: Martin K.)
Sony Trinitron (1)
Sony Trinitron (1) (Bild: Martin K.)

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