Fractal Design Refine im Test: Der Gaming-Chair mit dem Bürostuhl-Flair

Jan Wichmann
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Fractal Design Refine im Test: Der Gaming-Chair mit dem Bürostuhl-Flair

Zur Computex 2024 angekündigt, hat Fractal Design mit dem Refine sein Portfolio um einen „Gaming-Stuhl“, der mit seinem gediegenen Design auch als ergonomisches Büromöbel punkten soll, erweitert. Im Test macht der Stuhl eine überaus gute Figur, wenngleich das Debüt noch nicht perfekt ist.

Fractal Design Refine

Mit dem Refine debütiert nicht nur Fractal Design im Bürostuhlsegment, sondern auch ComputerBase. Es ist der erste Test zu einem Sitzmöbel. Wobei direkt zu Beginn die Frage zu klären ist, wo der Unterschied zwischen „Gaming“- und Bürostuhl liegt.

Gaming-Chair ≠ Bürostuhl?

Das Einsatzgebiet beider befindet sich hinter dem Schreibtisch und beide Kategorien werben in erster Linie mit Ergonomie. Unterschiede finden sich neben der Ausstattung vorrangig bei der Optik. Gaming-Stühle machen zu meist mit einem auffälligen Design auf sich aufmerksam und bieten Funktionen wie LED-Beleuchtung, Vibrationen oder Liegefunktionen. Viele Formen erinnern zudem an Schalensitze aus dem Rennsport. Hinzu kommen oft Kissen für Nacken und den unteren Rücken. Beim Material wird oft auf Leder oder Kunstleder zurückgegriffen.

Gerade bei den letzten Punkten unterscheidet sich der Gaming- zum Bürostuhl. Der Bürostuhl setzt anstelle von Kissen auf einstellbare Stützen. Beim Material wird auf Stoff oder Netzgewebe gesetzt, die eine bessere Feuchtigkeitsdurchlässigkeit und Wärmeregulierung bieten.

Am Ende ist es jedoch eine einfache Sache der Deklarierung und des Marketings, wie der Fractal Design Refine als Paradebeispiel zeigt. Als Gaming-Stuhl beworben, ist er doch eher dem Bürostuhllager zuzuschreiben.

Varianten und Preise

Der Fractal Design Refine ist in fünf Varianten verfügbar. Beim Obermaterial stehen ein Stoffbezug, ein Mesh-Netzgewebe und Alcantara zur Wahl. Während die Stoff- und Mesh-Varianten jeweils in hell- und dunkelgrau angeboten werden, ist das Alcantaramodell nur in dunkel erhältlich.

Fractal Design gewährt auf den Stuhl selbst eine 5-jährige Garantie. Die Polsterung und Oberfläche wird mit einer 3-jährigen Garantie bedacht.

Die Preisempfehlung der vier Stoffvarianten liegt bei 549 Euro, die Alcantara-Version kostet 899 Euro. Um die Verfügbarkeit ist es aktuell schlecht bestellt. Wie Fractal Design gegenüber ComputerBase mitteilt, kommt es aktuell zu Lieferschwierigkeiten, nachdem die erste Charge schnell ausverkauft war. Diese Schwierigkeiten zeigen sich auch in den aktuellen Marktpreisen, die allesamt über der UVP liegen. Außerdem werden die Stühle nur bei wenigen ausgewählten Händlern vertrieben, die jedes Modell mit hohen Lieferzeiten benennen. Der Hersteller entwarnt jedoch, zu ComputerBase heißt es, dass voraussichtlich Ende Dezember / Anfang Januar Nachschub eintreffe.

Fractal Design Refine – Varianten und Preise
Modell Bezug UVP Marktpreis
Fractal Design Refine Light Mesh 549 Euro ab 550 Euro
Dark Mesh 549 Euro ab 550 Euro
Light Fabric 549 Euro ab 550 Euro
Dark Fabric 549 Euro ab 550 Euro
Alcantara 899 Euro ab 900 Euro

Aufbau

Der Aufbau des Fractal Design Refine gestaltet sich einfach, ist nahezu selbsterklärend und kann von einer Person durchgeführt werden. Das wohl schwierigste beim Aufbau ist es, dass Paket an den Bestimmungsort zu hieven. Nicht nur das die Umverpackung den kompletten Kofferraum eines gehobenen Mittelklassekombis einnimmt, in Summe bringt das sperrige Paket überdies knapp 38 Kilogramm auf die Waage.

Nebst einiger Schrauben besteht der Stuhl aus 11 Einzelteilen. Die fünf Doppelrollen werden einfach in das Fußkreuz gesteckt. Gleiches gilt für die Gasdruckfeder (Klasse 4, 120 mm), auf die wiederum die Sitzeinheit gesteckt wird. Einzig die Armlehnen und die Rückenlehne müssen mittels Sechskantschlüssel verschraubt werden. Die Armlehnen können in der Breite versetzt montiert werden. Hierfür sind an beiden Schraubaufnahmen kleine Markierungen eingestanzt.

Bürostuhl im Detail

Ergonomie und Eckdaten

Der Fractal Design Refine wird für eine Körpergröße zwischen 1,65 und 2,00 m sowie einem Gewicht zwischen 60 bis 125 kg empfohlen. Der mit dem Test betraute Redakteur ist 1,85 m groß und wiegt 88 kg.

Stuhlabmessungen

Bei den ergonomischen Einstellmöglichkeiten lässt sich der Neuling nicht lumpen. Unterhalb der Sitzfläche ermöglicht ein Synchro-Tilt-Mechanismus der Firma Donati ein komfortables Zurücklehnen, bei dem sich die Sitzfläche beim Anlehnen leicht mit neigt. Zwar ist die Neigung nur minimal, doch wirkt sich der Synchro-Mechanismus ungemein auf das Sitzgefühl aus und ist wesentlich angenehmer als die einfache Neigung der Rückenlehnen.

GIF Einstellung der Neigung (Bild: Fractal Design)
GIF Einstellung der Lordosenstütze (Bild: Fractal Design)

Im Rückenbereich befindet sich eine Lordosenstütze, die den unteren Rücken- und Lendenwirbelsäulenbereich unterstützt. Sie kann durch einfaches Schieben in der Höhe verstellt werden und ist auch im Sitzen gut zu erreichen. Mit einem Drehknopf, der eine gute Rasterung aufweist, lässt sich die Stärke im Lendenwirbelsäulenbereich einstellen.

An der Sitzfläche selbst können vier Einstellungen vorgenommen werden. Mittels Hebelgriff kann auf der linken Sitzseite die Rückenlehne in 13 Positionen arretiert oder gelöst werden. Der Widerstand der gelösten Rückenlehne kann mit einem länglichen Drehknauf an der rechten Seite eingestellt werden. Mit zwei weiteren Hebelgriffen kann die Sitzhöhe und -tiefe angepasst werden. Der Fractal Design Refine bietet mit diesen Einstelloptionen zwar viel, lässt jedoch die Möglichkeit der Einstellung der Sitzneigung missen, die sehr zu einer aufrechten Sitzhaltung beitragen kann.

Ebenso wichtig für die Ergonomie am Schreibtisch sind die Armlehnen. Diese sind beim Fractal Design Refine rutschhemmend und leicht gepolstert. Sie werden als „4D“ beworben und lassen eben jene Anzahl von Einstellungen zu. Neben den klassischen Einstellungsmöglichkeiten um Höhe und Tiefenstand der Armlehne, kann auch die Rotation um jeweils eine Stufe (± 15°) eingestellt werden. Außerdem kann der Abstand zur Sitzfläche in fünf Stufen verstellt werden, sodass ungeachtet der Möglichkeit die Armlehnen entweder breit oder eng am Stuhl zu verschrauben, die Armauflagen ebenso breit oder eng eingestellt werden können.

Fractal Design Refine im Test

Am Ende der hohen Rückenlehne sitzt eine abnehmbare Nackenstütze, die mit Memory-Schaum gepolstert ist. Sie kann durch schieben in die jeweilige Richtung um 120 mm positioniert werden. Der Bezug ist abnehm- und waschbar.

Verarbeitung und Alltagserfahrungen

Bei der Verarbeitungsqualität leistet sich der Fractal Design Refine keinerlei Patzer. Das Fußkreuz ist äußerst massiv aus Aluminium gefertigt. Das Design der fünf Doppelrollen lockert den sonst bekannten Büroanblick gekonnt auf. Mit einem kleinen Hebel an den Rollen kann zudem die automatische Bremse zu- oder abgeschaltet werden.

Fractal Design Refine im Test

Die Stoffelemente an Sitz und Rückenlehne sind hervorragend verarbeitet. Nicht eine Naht steht vom Stoff ab oder ist schief. Auch die Polsterung ist angenehm und subjektiv bewertet weder zu hart noch zu weich. Das Sitzpolster ist zu den Seiten hin leicht erhöht und gibt so einen nicht zu starken aber doch sehr gemütlichen Seitenhalt. Da gerade das Sitzgefühl stark von persönlichen Vorlieben abhängt, gilt hier jedoch das persönliche Testen.

In diesem Zusammenhang muss auch der Polsterstoff positiv hervorgehoben werden. Er ist leicht glatt und weist dabei eine dezente Oberflächenstruktur auf, die dem angenehmen Sitzgefühl zuträgt. Erfreulich ist auch, dass der Stoff relativ resistent gegen Haare von Haustieren ist. Im Test konnten Hundehaare leicht vom Stoff abgestrichen werden und verfing sich kaum bis gar nicht im Stoff.

Die ergonomischen Funktionen des Refine sind im Alltag zwar alle gut erreichbar und erfüllen auch ihren Zweck, doch hat Fractal Designs erster Bürostuhl mit gleich zwei Problemen zu kämpfen. Die Tiefenverstellung der Armauflagen ist äußerst empfindlich. Bereits kleinste Bewegungen des Arms genügen um die Auflage zu verstellen. Auch die Rasterung lässt dabei äußerst zu wünschen übrig. Während im Test bei der linken Armauflage noch ein feines Stufenraster wahrnehm- und hörbar ist, fehlt dieses bei der rechten Auflage komplett. Hier muss der Hersteller zwingend stärker einrastende Stufen verbauen.

Was die Armlehnen zu leicht zulassen, hakt bei der Sitztiefenverstellung. Die wichtige Funktion entpuppt sich im sitzenden Zustand als viel zu schwergängig. Zum Ausfahren der Sitzfläche musste im Test das Fußkreuz mit den Füßen fixiert werden und die Sitzfläche mit Kraftaufwand nach vorn bugsiert werden. War dies vollbracht, kam es im Test nicht selten vor, dass die Tiefeneinstellung nicht in die entsprechende Stufe einrastete. Erst ein wenig hin und her Wippen brachte den Vollzug.

Fazit

Mit dem Refine erweitert Fractal Design seine Produktpalette überaus sinnvoll. Der Stuhl kann in gleich mehreren Punkten glänzen, sodass das Debüt im Bürostuhlsegment – wenn auch mit kleinen Makeln – als bestanden angesehen werden kann.

Fractal Design Refine im Test
Fractal Design Refine im Test

Der als „Gaming-Stuhl“ vermarktete Refine kann dank seines gediegenen Designs auch problemlos in normalen Büroumgebungen genutzt werden. Eine erstklassige Verarbeitungsqualität sowie umfangreiche ergonomische Einstellmöglichkeiten und insbesondere der Synchro-Tilt-Mechanismus sind zweifelsohne hervorzuheben, gehören bei einem Preis von rund 550 Euro jedoch auch zum guten Ton. Mit Ausnahme einer Sitzflächenneigung lässt der Fractal Design Refine keine ergonomischen Features missen. Polsterstärke und Stoffbezug sind optimal gewählt und bieten zusammen mit einer leichten Seitenerhöhung ein äußerst angenehmes Sitzgefühl.

Negativ ist hingegen die leichtgängige Tiefenverstellung der Armauflagen, die zusammen mit einer schwergängigen Sitztiefenverstellung behoben werden sollte. Mit Skepsis wird zudem der Aufpreis von gut 350 Euro für die Alcantara-Version beäugt. Der samtige Mikrofaserstoff mit der Charakteristik von Wildleder mag zwar qualitativ hochwertiger sein, den rund 64 Prozent höheren Preis rechtfertigt das aber kaum.

Fractal Design Refine
Fractal Design Refine (Bild: Fractal Design)
Fractal Design Refine: Hell
Fractal Design Refine: Hell (Bild: Fractal Design)
Fractal Design Refine: Mesh dunkel
Fractal Design Refine: Mesh dunkel (Bild: Fractal Design)

ComputerBase wurde Refine leihweise von Fractal Design zum Testen zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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