Huawei P20 Pro im Test: Mit der besten Smartphone-Kamera zum König der Nacht
tl;dr: Das P20 Pro ist das bisher kompletteste Smartphone von Huawei. Es überzeugt durch ein starkes Display, eine hervorragende Verarbeitung und besonders die Triple-Kamera. Im großen Vergleich mit S9+ und Pixel 2 XL setzt sich Huawei bei Nacht die Krone auf.
Konsequente Weiterentwicklung
Das Huawei P20 Pro soll den mittlerweile drittgrößten Smartphone-Hersteller der Welt endgültig auf eine Stufe mit den ganz großen Namen bringen. Dafür sorgen soll in erster Linie die neue Triple-Kamera, die erneut in Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Leica entstanden ist. Das Mate 10 Pro (Test) zeigte Ende 2017 bereits, wo die Reise für Huawei hingehen soll: AI und die Kamera standen im Mittelpunkt. Diesen Weg geht Huawei beim neuen Topmodell konsequent weiter – konsequenter als zuvor und vor allem als beim auf den ersten Blick unscheinbaren Update von P9 auf P10 (Test).
Vieles am P20 Pro hat Huawei im Vergleich zu früheren Modellen verändert: Das Display kommt erstmals mit einer Notch, das Kamera-Setup wurde auf drei Sensoren aufgestockt und das Design wirkt extravaganter als zuvor. Wenig verändert wurde hingegen bei der restlichen technischen Ausstattung, die bereits vom Mate 10 Pro bekannt ist. Beim P20 Pro setzt Huawei in der Vermarktung alles auf die drei Kameras.
Im Test zeigt sich das Alleinstellungsmerkmal auch fernab vom Marketing als potent. Doch auch andere wichtige Grundsätze eines Smartphones löst der Hersteller überzeugend, wenngleich diese weniger prominent herausgehoben werden.
Spezifikationen im Vergleich
Huawei P20 Pro |
Huawei Mate 10 Pro |
Huawei P10 |
Huawei P10 Plus |
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Software: (bei Erscheinen) |
Android 8.1 | Android 8.0 | Android 7.0 | |
Display: | 6,10 Zoll, 1.080 × 2.240 408 ppi OLED |
6,00 Zoll, 1.080 × 2.160 402 ppi AMOLED, HDR |
5,10 Zoll, 1.080 × 1.920 432 ppi IPS, Gorilla Glass 5 |
5,50 Zoll, 1.440 × 2.560 534 ppi IPS, Gorilla Glass 5 |
Bedienung: | Touch, Fingerabdrucksensor, Gesichtsscanner, Status-LED | Touch, Fingerabdrucksensor, Status-LED | ||
SoC: | HiSilicon Kirin 970 4 × Cortex-A73, 2,36 GHz 4 × Cortex-A53, 1,84 GHz 10 nm, 64-Bit |
HiSilicon Kirin 960 4 × Cortex-A73, 2,40 GHz 4 × Cortex-A53, 1,80 GHz 16 nm, 64-Bit |
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GPU: | Mali-G72 MP12 850 MHz |
Mali-G71 MP8 | ||
RAM: | 6.144 MB LPDDR4X |
6.144 MB LPDDR4 |
4.096 MB LPDDR4 |
4.096 MB LPDDR4 Variante 6.144 MB LPDDR4 |
Speicher: | 128 GB | 32 / 64 GB (erweiterbar) | 64 / 128 / 256 GB (erweiterbar) | |
1. Kamera: | 40,0 MP, 2160p LED, f/1,80, AF |
12,0 MP, 2160p Dual-LED, f/1,60, AF, OIS |
12,0 MP, 2160p Dual-LED, f/2,20, AF, OIS |
12,0 MP, 2160p Dual-LED, f/1,80, AF, OIS |
2. Kamera: | 20,0 MP, f/1,60, AF | 20,0 MP, f/2,20, AF | 20,0 MP, f/1,80, AF | |
3. Kamera: | 8,0 MP, f/2,40, AF, OIS | Nein | ||
4. Kamera: | Nein | |||
5. Kamera: | Nein | |||
1. Frontkamera: | 24,0 MP, 1080p f/2,00 |
8,0 MP, 1080p f/2,00, AF |
8,0 MP, 1080p f/1,90 |
8,0 MP, 1080p f/1,90, AF |
2. Frontkamera: | Nein | |||
GSM: | GPRS + EDGE | |||
UMTS: | HSPA+ ↓42,2 ↑5,76 Mbit/s |
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LTE: | Advanced Pro ↓1.200 ↑150 Mbit/s |
Advanced ↓600 ↑100 Mbit/s |
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5G: | Nein | |||
WLAN: | 802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct |
802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct, Miracast |
802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct |
|
Bluetooth: | 4.2 LE | 4.2 | ||
Ortung: | A-GPS, GLONASS, BeiDou | A-GPS, GLONASS, BeiDou, Galileo | A-GPS, GLONASS, BeiDou | |
Weitere Standards: | USB-C 3.1, NFC, Infrarot | USB-C 2.0, NFC | USB-C 2.0, NFC, Infrarot | |
SIM-Karte: | Nano-SIM Variante Nano-SIM, Dual-SIM |
Nano-SIM, Dual-SIM | Nano-SIM | |
Akku: | 4.000 mAh fest verbaut |
3.200 mAh fest verbaut |
3.750 mAh fest verbaut |
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Größe (B×H×T): | 73,9 × 155,0 × 7,65 mm | 74,5 × 154,2 × 7,90 mm | 69,3 × 145,3 × 6,98 mm | 74,2 × 153,5 × 6,98 mm |
Schutzart: | IP67 | – | ||
Gewicht: | 174 g | 178 g | 145 g | 165 g |
Preis: | ab 342 € / 899 € | 799 € | – / ab 200 € | – / 749 € |
Designmix mit hervorragender Verarbeitung
Optisch erinnert das P20 Pro an eine Mischung aus Apple iPhone X (Test) und HTC U11 (Test). Damit distanziert sich Huawei von den Metallgehäusen bisheriger P-Modelle. Das P10 setzte noch auf ein Gehäuse aus Aluminium. Mit dem Mate 10 Pro ist Huawei Ende des letzten Jahres bei einem Flaggschiff-Modell auf Glas umgestiegen.
Glas und Metall, so weit das Auge reicht
Die Front besteht fast nur aus Display, wird aber an der Oberseite durch eine kleine Kerbe unterbrochen, auf der Unterseite erinnert der längliche Fingerabdrucksensor und Homebutton an das U11. Die Bohrungen an der Unterseite, die Form und das Gefühl des Rahmens sowie die Positionierung der Kamera auf der Rückseite erinnern wiederum an Apples Smartphone; das Farbenspiel mit der schimmernden Glasrückseite hingegen wieder an HTC. Wenngleich die Optik etwas uninspiriert wirkt, schafft es Huawei dennoch, ein elegant anmutendes Smartphone auf die Beine zu stellen.
Die Verarbeitung des Flaggschiffs ist über jeden Zweifel erhaben: Alles sitzt an Ort und Stelle, die Übergänge vom Glas der Front- und Rückseite zum abgerundeten Rahmen sind fehlerfrei. Mit 186 Gramm ist das Smartphone nicht zu schwer, wirkt aber stabil und hochwertig. Auch alle Aussparungen sowie der Schacht für die SIM-Karte(n) sind nahtlos in den Rahmen integriert. Die vollständig auf der rechten Seite untergebrachten Knöpfe verfügen zudem über einen sehr satten Druckpunkt, wirken langlebig und geben ein ansprechendes Feedback. Zusätzlich ist das P20 Pro nach IP67 gegen das Eindringen von Wasser und Staub geschützt.
Elegant und stimmig
Die Rückseite besteht aus Glas, das je nach Lichteinfall in einem leicht veränderten Farbton schimmert. Zwar ist dies hübsch anzusehen, aber nur solange man das Smartphone nicht richtig in die Hand nimmt – denn Fingerabdrücke treten deutlich in Erscheinung. Die Triple-Kamera des P20 Pro steht hervor, insbesondere das eingerahmte Duo, das den 40-Megapixel-Hauptsensor und das Teleobjektiv mit 8-Megapixel-Auflösung beherbergt. Flach liegt das Smartphone damit nicht auf und kippelt somit bei Berührung leicht.
Die Handhabung des P20 Pro passt zum Premium-Image, das Huawei mit dem Smartphone verknüpfen möchte. Die abgerundeten Eckem des Displays passen zur Form des Rahmens, welcher stabil wirkt und gut in der Hand liegt, das Gewicht erweckt einen markanten, aber nicht zu schweren Eindruck. Besonders überzeugt die „User Experience“ aber bei angeschaltetem Display.
OLED mit starken Messwerten
Passend zum neuen Design und der umfangreichen Kamera ist auch der Bildschirm des P20 Pro neu für Huawei. Der Hersteller setzt auf eine „Notch“ (engl. für Kerbe), die an das iPhone X erinnert. Im direkten Vergleich ist diese deutlich kleiner, beheimatet dafür aber nicht die gesamte Sensorik plus Ausrüstung für Face ID. Trotz des kleineren Umfangs fällt die Kerbe auf, lässt sich im Alltag allerdings per Einstellung ausblenden und wird dann jederzeit schwarz umgeben. Alltagserfahrungen, weitere Einstellungen und Modi werden im Anschluss an die Betrachtung der Messergebnisse und der Darstellungsqualität ausgeführt.
Der Bildschirm des P20 Pro misst 6,1 Zoll, die Auflösung liegt bei 1.080 × 2.240. Diese ist bei einer Bildpunktdichte von 408 ppi im Alltag scharf genug, kommt aber nicht an die teils höheren Werte der Konkurrenz heran. Um Energie zu sparen, kann die Auflösung in den Einstellungen auf 720 × 1.493 gesenkt werden, alternativ steht ein Modus bereit, der die dargestellten Pixel automatisch steuert. Mit voller Auflösung punktet das P20 Pro mit genug Schärfe, doch die Stärken des Bildschirms liegen nicht bei der Pixelanzahl.
Starke Messwerte, noch stärkerer Eindruck
Dank der OLED-Technik ist Schwarz ein echtes Schwarz, auch der Kontrast profitiert daher entsprechend. Mit einer maximalen Helligkeit von 527 cd/m², die aber nur im Automatikmodus erreicht wird, ist der Bildschirm zudem ausreichend hell, stellt aber keine Rekorde auf – die AMOLED-Bildschirme von Samsung leuchten im Automatikmodus heller. Die Blickwinkel sind stabil, bei stärkerer Neigung ist auf weißen Hintergründen ein leichter Blaustich festzustellen, der anders als etwa beim Google Pixel 2 XL (Test) deutlich unauffälliger ist. Die Farbdarstellung im standardmäßig aktivierten Modus „Lebhaft“ ist sehr kräftig, die Farben wirken aber nicht unnatürlich oder übersättigt.
Das laminierte Display ist zudem sehr plastisch, teilweise wirkt es so, als hätte man direkt das Display in der Hand. Die Darstellung ist lebendig, enorm klar und subjektiv sehr ansprechend. Bei passendem farbenfrohen Hintergrundbild wirken die Inhalte auf den ersten Blick schon fast wie gedruckt. Mit einem Weißpunkt von circa 6.900 Kelvin ist das Bild tendenziell kühl, aber noch im Rahmen. Wer auf weniger intensive Farben Wert legt, für den steht der Modus „Normal“ bereit. Hierbei sind die Farben matter, das Bild mit circa 6.100 Kelvin zudem wärmer.
Verstecktes Always-on-Display
Bereits im Mate 10 Pro hat Huawei eine Option für ein Always-on-Display verbaut, die auch für das OLED-Display des P20 Pro bereitsteht. Die Einstellung ist aber weiterhin versteckt und nicht unter „Anzeige“ zu finden, sondern unter „Sicherheit & Datenschutz“. Unter „Bildschirmsperre“ findet sich das Always-on-Display unter der schwammigen Übersetzung „Informationen immer anzeigen“.
Notch lässt sich deaktivieren
Die Notch befindet sich zentral am oberen Rand und beinhaltet die Frontkamera, die Benachrichtigungs-LED sowie den Ohrhörer. Wird die Kerbe in den Einstellungen ausgeblendet, ist die obere Leiste inklusive Aussparung dank präzisem Schwarz aufgrund von OLED im Alltag unauffällig, der Bildschirminhalt rutscht im direkten Vergleich ein paar Pixel weiter nach unten. Dabei hat Huawei auch an das restliche Design gedacht: Die Ecken des Bildschirms sind abgerundet und fügen sich dem Verlauf des Glases. Wird die Notch kaschiert, simuliert die Software auch die abgerundeten Ecken eine Ebene tiefer. Mitgedacht hat Huawei zudem bei Benachrichtigungen: Diese lassen sich von überall am oberen Rand herunterziehen, auch per Wisch über die Aussparung nach unten. Die Informationen der Statusleiste teilen sich zwischen linker und rechter Seite der Notch auf: WLAN, Mobilfunkempfang und Benachrichtigungen links, Uhrzeit, Tonprofil und Akkustand rechts.
Bei „eingeschalteter“ Kerbe schmiegen sich Hintergrundbild und einige Apps farblich füllend an, was zumindest optisch nach mehr Bildschirm aussieht, aber auch bedeutet, dass etwa beim Zoomen in der Fotogalerie unter Umständen die Notch mit ins Bild kommt. Wie von Android gewohnt, wird die Statusleiste passend zum Inhalt der geöffneten App eingefärbt. Hier fällt die Umrandung in der Mitte deutlich stärker auf. Analog zum Mate 10 Pro mit OLED bietet Huawei einen Dark Mode für die Oberfläche an, der alle Huawei-Apps mit einem schwarzen Hintergrund versieht und die Notch somit ausblendet. Gleichzeitig soll durch die vielen schwarzen Inhalte Energie gespart werden. Zudem fließt die Notch im Querformat nicht in Vollbildinhalte wie Bilder ein, im Hochformat hingegen schon.
Ob die Kerbe ausgeblendet werden sollte oder nicht, ist in erster Linie eine Geschmacksfrage. Gerade mit einem passenden Hintergrundbild, das sich bis in die Ecken zieht, wirkt der Bildschirm größer und lebendiger. Im alltäglichen Einsatz sticht sie dadurch aber oft direkt ins Auge – nach rund zwei Wochen mit dem P20 Pro stört diese im Alltag aber nicht (mehr). In Gänze ist das Display des P20 Pro eines der überzeugendsten Merkmale des Smartphones, Skeptiker und Kritiker der Notch wird Huawei aber auch mit der manuellen „Abschaltung“ nicht zufriedenzustellen.