Schnelle microSD-Karten im Test: Wenn man 180 MB/s* erwartet, aber es eine Fußnote gibt

Jan-Frederik Timm
77 Kommentare
Schnelle microSD-Karten im Test: Wenn man 180 MB/s* erwartet, aber es eine Fußnote gibt

microSD-Speicherkarten, im privaten Umfeld über Jahre überwiegend in Smartphones und Kameras von Bedeutung, erfreuen sich bei Gamern zuletzt zunehmender Beliebtheit. In Valve Steam Deck oder Asus ROG Ally, die mit pfeilschnellen SSDs daher kommen, können die Speichererweiterungen dabei nicht schnell genug sein. Aber Vorsicht!

Warum ist die Speicherkarte langsamer als gedacht?

Samsung hat neue microSD-Karten nach UHS-I-Standard vorgestellt: Die Samsung Pro Plus microSD-Speicherkarte (2024) mit 128 GB bis 1 TB und die Samsung Evo Plus microSD-Speicherkarte (2024) mit 64 GB bis 1 TB.

Sie versprechen bis zu 180/130 MB/s respektive bis zu 160/k.A. MB/s maximale Transferraten lesend wie schreibend. Eine Fußnote merkt dazu an:

Die angegebene Leistung wurde durch die Verwendung von PRO Plus microSD-Karten mit Samsung-Lesegeräten erreicht.

Nun denn, irgendwie müssen diese Geschwindigkeiten ja immerhin verlässlich ermittelt werden.

Pro Plus Evo Plus
Kapazitäten 128 GB, 256 GB, 512 GB, 1 TB 64 GB, 128 GB, 256 GB, 512 GB, 1 TB
max. Transferrate
lesend/schreibend
180/130 MB/s 160/k.A. MB/s
min. Transferrate schreibend 30 MB/s (V30)
Die neue Samsung Pro Plus microSD-Speicherkarte verspricht bis zu 180/130 MB/s lesend/schreibend
Die neue Samsung Pro Plus microSD-Speicherkarte verspricht bis zu 180/130 MB/s lesend/schreibend

Weil das Thema microSD-Karten mit Handhelds zuletzt im „Gamer-Umfeld“ an Fahrt aufgenommen hat und der Redaktion noch ein aktuelles Asus ROG Ally X (Test) mit UHS-II-Steckplatz vorlag, wurde die schnellere der beiden Serien nach der Gamescom kurzerhand zum Test eingeladen. Eine UHS-I-Speicherkarte in einem UHS-II-Slot – da sollte einiges möglich sein.

Dass die microSD-Karte mit maximal 180 MB/s deutlich langsamer agieren wird als die SSD im Handheld, die 5.000 MB/s lesend schafft, war klar. Doch das, was CrystalDiskMark 8 ausspuckte, überraschte dann doch.

Die SSD im Asus ROG Ally X ist sehr schnell, auch 180 MB/s  ein klarer Rückschritt
Die SSD im Asus ROG Ally X ist sehr schnell, auch 180 MB/s ein klarer Rückschritt

Benchmarks auf dem Asus ROG Ally X

Wo sind sie denn jetzt, die 180 MB/s lesend und 130 MB/s schreibend?“, lautete die Frage nach dem ersten Ausführen von CrystalDiskMark 8 auf dem Asus ROG Ally X, denn der Benchmark meldete nur knapp 100 MB/s lesend und 83 MB/s schreibend.

Statt bis zu 180 MB/s liefert die microSD-Karte im Asus ROG Ally X nur knapp 100 MB/s – wie kann das sein?
Statt bis zu 180 MB/s liefert die microSD-Karte im Asus ROG Ally X nur knapp 100 MB/s – wie kann das sein?

Ein Notebook mit microSD-Kartenslot zum Prüfen, ob es an der Karte oder dem Ally X liegt, war nicht griffbereit, doch Samsung liefert die Pro Plus entweder mit SD-Karten- oder USB-Adapter aus. So wurde die microSD-Karte im USB-Adapter am Asus Zenbook S 16 mit AMD Ryzen AI 300 betrieben.

Die Samsung Pro Plus gibt es wahlweise mit USB- oder SD-Karten-Adapter und beide liefern mehr als nur einen anderen Anschluss

Und siehe da: Die versprochene Leistung lag an, wurde in Bezug auf die Schreibgeschwindigkeit sogar übertroffen (142 MB/s vs. 130 MB/s). Wie kann das sein?

Über den USB-Adapter sind im Notebook die versprochenen, ja sogar höhere Transferraten drin
Über den USB-Adapter sind im Notebook die versprochenen, ja sogar höhere Transferraten drin

Mit UHS-I ist bei 105 MB/s Schluss

Die Antwort liefert der von fast allen microSD-Speicherkarten auch heute noch genutzte Schnittstellen-Standard UHS-I: Mehr als 104 MB/s sind hiermit einfach nicht drin; auch nicht in einem UHS-II-Lesegerät, denn UHS-II sieht weitere Kontakte auf der microSD-Karte vor, die UHS-I-Karten gar nicht bieten. Aber warum werben die Hersteller dann mit mehr als 104 MB/s auch bei UHS-I?

Generation Vorgestellt im Jahr Transferrate (max.)
UHS-I 2010 104 MB/s
UHS-II 2011 312 MB/s
UHS-III 2017 624 MB/s

Weil die Speicherkarten mehr können. Dieses Potential können sie aber nur in den beiliegenden Adaptern (sei es USB oder SD-Karte) oder Lesegeräten der Hersteller ausspielen. Werden die schnellen microSD-Karten mit UHS-I hingegen an einem UHS-I/II-Interface betrieben, ist bei maximal 104 MB/s Schluss. Punkt.

Die Hersteller weisen darauf hin – irgendwie

Das Thema betrifft alle UHS-I-microSD-Speicherkarten, also auch Produkte von SanDisk, Lexar und so weiter und so fort. Und siehe da: Hinweise, dass die angegebenen maximalen Transferraten nur mit eigenen Lesegeräten erreicht werden, liefern auch diese Hersteller.

Ebenfalls nur in den Fußnoten, aber dort wenigstens mit einem Verweis auf das Limit von UHS-I vergleichsweise transparent wirbt SanDisk. Was „leistungsfähiger kompatibler Geräte“ genau bedeutet, dürfte allerdings nur den wenigsten Kunden klar sein.

Bis zu 190 MB/s Lesegeschwindigkeit. Proprietäre Technologie ermöglicht bei Verwendung entsprechend leistungsfähiger kompatibler Geräte höhere Geschwindigkeiten als die 104 MB/s von UHS-I. Bis zu 130 MB/s Schreibgeschwindigkeit.

Aus den Fußnoten bei SanDisk

Auch Lexar nennt die UHS-I-Obergrenze und wirbt mit dem Leistungszuwachs darüber hinaus. Dass „empfohlen wird“, einen Lexar-Kartenleser zu nutzen, bedeutet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aber für die meisten Kunden nicht, dass bei 104 MB/s in UHS-I-Endgeräten Schluss ist. Denn wer erwartet nicht, dass Lexar Kunden ein Lexar-Lesegerät empfiehlt?

Im ersten * auf der Seite spricht Lexar lediglich von „internen Messungen“
Im ersten * auf der Seite spricht Lexar lediglich von „internen Messungen“ (Bild: Lexar)
Erst einen Absatz später, wird ein Lexar-Kartenlesegerät „empfohlen“
Erst einen Absatz später, wird ein Lexar-Kartenlesegerät „empfohlen“ (Bild: Lexar)

Anstatt Kunden durch die Blume zu vermitteln, mit welchen Werkzeugen die maximalen Transferraten erzielt werden können, wäre es sicherlich sinnvoller zu erklären, warum die meisten Endgeräte maximal 104 MB/s liefern werden. Und welche Szenarien es gibt, in denen 180 MB/s genutzt werden können. Sie tun das aber nicht.

Mit Adaptern gibt es den versprochenen Speed

Eine microSD-Speicherkarte nach UHS-I kann vom Hersteller mit noch so hohen sequentiellen Transferraten jenseits von 104 MB/s spezifiziert sein, solange sie in einem UHS-I-Steckplatz zum Einsatz kommt, wird sie nicht mehr als 104 MB/s liefern können.

Um die vom Hersteller genannten höheren Transferraten nutzen zu können, müsse die proprietären USB- oder SD-Karten-Adapter oder -Lesegeräte Verwendung finden. Samsung bietet aktuell alle microSD-Karten mit USB- oder SD-Karten-Adapter an.

Wer seine microSD-Karte nur in einem UHS-I-Endgerät nutzen wird, sei es Smartphone oder Gaming-Handheld, der kann getrost auf Modelle mit Transferraten weit jenseits der 100 MB/s verzichten.

Samsung, Lexar und SanDisk weisen auf diesen Umstand nur in Fußnoten hin, die dem Ottonormalanwender wenig sagen dürften. Er wird im Alltag allerdings auch nicht auf die Idee kommen, die vermeintlich versprochenen 180 MB/s in seiner Action-Cam oder dem Gaming-Handheld zu prüfen.

Fazit

Die Erkenntnis dieses Tests ist keine neue, sicherlich ist der beschriebene Umstand vielen Lesern bekannt. Das Kopfschütteln über die Unwissenheit des Autors groß. Der ein oder andere wurde aber vielleicht auch genauso kalt erwischt? Das Fazit soll daher sehr persönlich ausfallen.

Hätte ich (ja, ganz persönlich ich) es besser wissen müssen? Rückblickend betrachtet ja, denn die UHS-I-Obergrenzen waren mir bekannt. Aber trotz dieser Kenntnis war es mir nie in den Sinn gekommen zu hinterfragen, warum eine UHS-I-micro-SD-Speicherkarte nach der anderen mit mehr als 104 MB/s auf den Markt gekommen ist. Der Markt ist voll mit entsprechenden Modellen. „Wahrscheinlich werden die Spezifikationen einfach etwas freier ausgelegt“, schwang stets im Hinterkopf mit. Wird also schon passen.

Beim Einsatz der Samsung Pro Plus mit 1 TB und bis zu 180 MB/s lesend im Asus ROG Ally X, wo nur noch 100 MB/s nutzbar sind, wurde ich jetzt wach gerüttelt: UHS-I ist UHS-I und mehr als 104 MB/s geht in solchen Steckplätze nicht. Nur über Adapter oder Lesegeräte der Hersteller geht mehr.

Mit der Nase darauf gestoßen werden Kunden von den Herstellern aber nicht. Hinweise in den Fußnoten der Produktseite sind maximal ein Fingerzeig. Mir haben sie bisher nicht gereicht.

Die Samsung Pro Plus microSD-Speicherkarte ist schnell, aber im UHS-I-Steckplatz des ROG Ally X nicht ansatzweise ausfahrbar
Die Samsung Pro Plus microSD-Speicherkarte ist schnell, aber im UHS-I-Steckplatz des ROG Ally X nicht ansatzweise ausfahrbar

Der Blick ins Netz hat zumindest mir nicht den Eindruck vermittelt, dass das „Problem“ allgegenwärtig ist – oder wissen wirklich alle außer mir darüber Bescheid, wundern sich daher nicht und stellen im Netz auch keine Fragen wie „warum ist meine microSD-Speicherkarte langsamer als gedacht?“. Das Gegenteil dürfte der Fall sein: Viele Kunden nutzen microSD-Karten, die vermeintlich viel schneller als 104 MB/s sind, ohne zu wissen, was das bedeutet.

Dass die Samsung Pro Plus mit 1 TB zu leisten im Stande ist, was Samsung behauptet, die maximale Transferrate schreibend sogar über den 130 MB/s im Datenblatt liegt, konnte die Speicherkarte im Test wiederum im USB-Adapter unter Beweis stellen. Anwender, die die Speicherkarte also beispielsweise in einer Kamera mit UHS-I-Interface beschreiben und die Daten dann über den USB-Adapter zum Bearbeiten auf einen PC ziehen, profitieren von 80 Prozent mehr Leistung als UHS-I erlaubt. Anwender wie Gamer mit Handhelds hingegen nicht.

Wer mehr Leistung im ROG Ally X sucht, der muss zu teureren microSD-Modellen mit UHS-II-Standard greifen. Der Handheld von Asus unterstützt diesen Standard ebenfalls.

Erst im USB-Adapter von Samsung wird die volle Leistung der Samsung Pro Plus microSD-Speicherkarte sichtbar
Erst im USB-Adapter von Samsung wird die volle Leistung der Samsung Pro Plus microSD-Speicherkarte sichtbar
War dir bewusst, dass microSD-Speicherkarten mit UHS-I, egal mit welcher Leistung sie angegeben sind, abseits von Adaptern nur maximal 104 MB/s bieten?
  • Ja
    22,9 %
  • Nein
    77,1 %

ComputerBase hat die Pro Plus microSD-Speicherkarte (2024) mit 1 TB von Samsung leihweise zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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