Arbeitsablauf zur Lautheit-Normalisierung in Audacity

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H264Frage

Gast
Hallo,

angenommen, ich habe zwei Audiodateien, wobei eine Datei laut und eine leise ist. Ich möchte nun erreichen, dass sich beide Dateien gleich laut anhören. Mein Ziel ist hierfür die Lautheit-Normalisierung mit der Einstellung "Wahrgenommene Lautheit" bis –14 LUFS und ein Peak Limit von –1.0 dBTP, damit es keine Übersteuerungen gibt (das ist die YouTube-Empfehlung und ich weiß, dass YouTube die Lautstärke selbst anpasst, wenn es Abweichungen gibt, sodass ich nicht mit diesen Werten arbeiten muss, aber es geht mir hier nur um ein Beispiel, um das Prinzip der Lautheit-Normalisierung zu verstehen).

Mein bisheriges Vorgehen:
  1. Die laute Audiodatei importiere ich in Audacity. Ich gehe auf Effekt > Lautheit-Normalisierung > –14 LUFS. Ich sehe, dass der Peak von ungefähr –1 dB auf –6 dB sinkt, einen Limiter brauche ich also nicht mehr einzusetzen. Ich exportiere die Spur als Audiodatei. Fertig.
  2. Die leise Audiodatei importiere ich in Audacity. Ich gehe auf Effekt > Lautheit-Normalisierung > –14 LUFS. Ich sehe, dass der Peak von ungefähr –4 dB auf einen Wert größer als 0 dB steigt (kann man sich in Audacity irgendwo den genauen Peak anzeigen lassen?) und Übersteuerungen zu hören sind. Also setze ich einen Hard Limiter als Nächstes ein, um die Übersteuerungen abzufangen. Ich gehe auf Effekt > Limiter > Hartes Limit > Limitieren auf –1.0 dB. Da der Limiter ein paar Spitzen abgeschnitten hat, gehe ich davon aus, dass sich der LUFS-Wert durch das Limiting ungewollt verringert hat. Um das auszugleichen, führe ich also erneut eine Lautheit-Normalisierung auf –14 LUFS durch, die anschließend wieder auf –1.0 dB limitiert werden muss. Diesen Schritt könnte ich mehrere Male wiederholen, um mich immer mehr dem Zielwert –14 LUFS zu nähern. Ich exportiere die Spur als Audiodatei. Fertig.
Ich denke, für zu laute Audiodateien ist mein Vorgehen in Ordnung. Für zu leise Audiodateien finde ich es aber sehr umständlich. Ist das der beste Weg, den es in Audacity gibt? Oder mache ich etwas falsch?

Danke Euch! 😀
 
Im ersten Fall ist das Vorgehen relativ sinnlos, weil man einfach nur das Signal-Rausch-Verhältnis verschlechtert. Die Normalisierung sollte daher seitens der Wiedergabe erfolgen.
(Deswegen macht es z.B. YouTube auch so.)
Vom Prinzip ist es aber richtig. Viel falsch machen kann man da auch nicht.

Der zweite Fall ist nicht so einfach zu automatisieren, weil es individuelle Entscheidungen bei der Dynamikkompression braucht. In einem Fall bräuchte man ein höheres Verhältnis beim höheren Schwellwert, im anderen genau umgekehrt, im dritten muss die Attack-Zeit ganz anders gewählt werden und der vierte braucht stattdessen einen Clipper. Letztendlich ändert sich ja dadurch auch immer der Klang und nicht nur die Lautheit.
(Deswegen normalisiert z.B. YouTube keine Tonspuren, die leiser sind als der Zielwert).
Nichtsdestotrotz gibt es VST-Plug-ins, die das in einem Durchgang erledigen könnten, allerdings weiß ich nicht aus dem Kopf, ob da auch kostenlose dabei sind.
 
Vielen Dank für Deine Erklärungen! Das klingt schon mal sehr schlüssig. 😄

Amaoto schrieb:
Nichtsdestotrotz gibt es VST-Plug-ins, die das in einem Durchgang erledigen könnten, allerdings weiß ich nicht aus dem Kopf, ob da auch kostenlose dabei sind.
Ich habe vorhin immerhin ein kostenloses LUFS-Meter in Audacity zum Laufen gebracht, das mir verschiedene LUFS-Werte und auch True Peak Max anzeigen kann: https://youlean.co/youlean-loudness-meter/ (die Version VST2/64 Bit funktioniert bei mir unter Windows 11).

Ich habe einen Artikel gefunden, der zur Begrenzung auf einen Spitzenwert vorschlägt:
Ihr echtes Spitzenwertziel/True Peak Target kann mit einem ähnlichen Ansatz erreicht werden. Anstatt jedoch die (Eingangs-)Verstärkung/Gain des Masters anzupassen, werden wir den Ausgang des Limiters einstellen. Wenn Ihr Ziel -1,0 dBTP ist (wie es die Empfehlung für Streaming-Dienste ist), Ihr Track aber einen Spitzenwert von -0,23 dBTP hat, dann müssen Sie Ihren Ausgang/Output um 0,77 dB reduzieren. Damit erreichen Sie zwar Ihr Ziel von -1,0 dBTP, aber auch Ihre integrierte LUFS wird um 0,77 reduziert, so dass Sie die (Eingangs-)Verstärkung/Gain erhöhen müssen, um dies auszugleichen. Quelle: https://www.masteringthemix.com/blo...ic-to-get-an-exact-true-peak-and-lufs-reading
Könntest Du mir vielleicht erklären, wie das funktionieren soll? Ich verstehe nicht, wie ich mit einer höheren Eingangsverstärkung eine reduzierte Ausgangsverstärkung und damit verbundene reduzierte LUFS-Werte kompensieren kann. Wenn ich die Eingangsverstärkung erhöhe, müsste ich doch genauso stark mit der Ausgangsverstärkung des Limiters entgegenwirken, sodass ich die LUFS-Werte gar nicht kompensieren kann? Oder verstehe ich hier etwas falsch?

Lieben Dank Dir! 😄
 
Ja, das ist tatsächlich ein etwas seltsames Beispiel. Es impliziert wohl, dass da schon ein Limiter drauf ist, der die Peaks auf -0,23 dB begrenzt. Weil man sie aber bei -1,00 dB haben möchte, senkt man den Pegel am Ende um 0,77 dB. Dadurch sinkt aber auch LUFS um den gleichen Wert. Möchte man jetzt exakt den gleichen LUFS-Wert wie vorher haben, erhöht man den Pegel vor dem Limiter, d.h. der Limiter wird stärker komprimieren und der LUFS-Wert wird steigen.
Allerdings hätte man auch einfach direkt im Limiter die -1,00 dB Peak einstellen können und sich das ganze sparen. Also wirklich nützlich wäre es höchstens für irgendwelche besonderen Limiter (bzw. eher Kompressoren nach analogem Vorbild o.Ä.), die das nicht bieten.
 
Aha, ich verstehe, danke für Deine Erklärung! 😀

Für eine leise Audiodatei, die ich Audacity anpassen möchte, wären also das die neuen Schritte:

Neu:
Die leise Audiodatei importiere ich in Audacity. Ich gehe auf Effekt > Lautheit-Normalisierung > –14 LUFS. Ich sehe, dass der Peak von ungefähr –4 dB auf +2 dB steigt (der Peak lässt sich mit dem Plug-in find-peak.ny bestimmen) und Übersteuerungen zu hören sind. Also setze ich einen Hard Limiter als Nächstes ein, um die Übersteuerungen abzufangen. Ich gehe auf Effekt > Limiter > Hartes Limit > Limitieren auf –1.0 dB. Da sich durch das Limiting der LUFS-Wert ungewollt verringern würde, kompensiere ich die Änderung der Lautstärke im Limiter mit den Feldern "Eingangsverstärkung Mono/Links" und "Eingangsverstärkung Rechter Kanal" jeweils mit dem Wert +3 dB (Rechnung: +2 dB – -1 dB = +3 dB). Hierdurch wird der Limiter die Audiodatei stärker komprimieren und der LUFS-Wert wird steigen. Ich exportiere die Spur als Audiodatei. Fertig.

Alt: Die leise Audiodatei importiere ich in Audacity. Ich gehe auf Effekt > Lautheit-Normalisierung > –14 LUFS. Ich sehe, dass der Peak von ungefähr –4 dB auf einen Wert größer als 0 dB steigt und Übersteuerungen zu hören sind. Also setze ich einen Hard Limiter als Nächstes ein, um die Übersteuerungen abzufangen. Ich gehe auf Effekt > Limiter > Hartes Limit > Limitieren auf –1.0 dB. Da der Limiter ein paar Spitzen abgeschnitten hat, gehe ich davon aus, dass sich der LUFS-Wert durch das Limiting ungewollt verringert hat. Um das auszugleichen, führe ich also erneut eine Lautheit-Normalisierung auf –14 LUFS durch, die anschließend wieder auf –1.0 dB limitiert werden muss. Diesen Schritt wiederhole ich zweimal, um mich dem Zielwert –14 LUFS zu nähern. Ich exportiere die Spur als Audiodatei. Fertig.

Eine allerletzte Frage bleibt dann aber noch übrig:

Führen meine hier beschriebenen neuen Schritte nicht zum identischen Ergebnis wie mein ursprünglicher, alter Plan? Wenn ich das richtig sehe, dann führen die neue und die alte Vorgehensweise zur gleichen Komprimierung der Audiospur. Die alte Vorgehensweise ist nur zeitsparender, da ich die wiederholten Schritte mit einem Makro (https://manual.audacityteam.org/man/macros.html) automatisieren kann und nicht händisch die Peaks auslesen muss.

Verstehe ich das richtig? Wenn Du mir bestätigen würdest, dass beide Vorgehensweisen zum identischen Ergebnis führen, dann wäre mein Thema tatsächlich geklärt. Vielen Dank Dir! ☺️👍
 
H264Frage schrieb:
Führen meine hier beschriebenen neuen Schritte nicht zum identischen Ergebnis wie mein ursprünglicher, alter Plan?
Nimm beide Varianten und subtrahiere eine Spur von der anderen, bzw. addiere ihre Inverse (Effekt -> Invertieren). Sind beide gleich, löschen sie sich aus und es bleibt nur Stille.
 
Das ist eine super Idee! Danke! 👍 Ich habe es gerade getestet.

Eigenschaften der Ausgangsdatei:
General
Complete name : Sprachaufnahme.wav
Format : Wave
File size : 16.6 MiB
Duration : 1 min 30 s
Overall bit rate mode : Constant
Overall bit rate : 1 536 kb/s

Audio
Format : PCM
Format settings : Little / Signed
Codec ID : 1
Duration : 1 min 30 s
Bit rate mode : Constant
Bit rate : 1 536 kb/s
Channel(s) : 2 channels
Sampling rate : 48.0 kHz
Bit depth : 16 bits
Stream size : 16.6 MiB (100%)

Quelle: https://mediaarea.net/MediaInfoOnline

Ausgangsdatei in Audacity: -8.953 dB Peak
1654083771608.png


Alte Vorgehensweise:

Nach der Lautheit-Normalisierung auf –14 LUFS: +6.948 dB Peak
1654084046442.png


Nach der Limitierung auf –1.0 dB: -1.000 dB Peak
1654084146592.png


Nach einem zweiten Durchgang Lautheit-Normalisierung auf –14 LUFS: -0.407 dB Peak
1654084246266.png


Danach wird wieder eine Limitierung auf –1.0 dB durchgeführt. Nach einem dritten Durchgang Lautheit-Normalisierung auf –14 LUFS erhöht sich der Pegel nur noch auf -0.877 dB. Nach einem vierten Durchgang sogar nur noch auf -0.969 dB.

Beobachtung: Zwischen dem ersten und zweiten Durchgang findet eine sichtbare Pegelanhebung statt, zwischen dem zweiten und dritten Durchgang ist diese minimal und zu vernachlässigen.

Neue Vorgehensweise:

Nach der Lautheit-Normalisierung auf –14 LUFS: +6.948 dB Peak
1654084839925.png


Nach der Eingangsverstärkung von +7,948 dB (Rechnung: +6.948 dB – -1 dB = +7.984 dB) und Limitierung auf –1.0 dB: -1.000 dB Peak
1654085022792.png


Differenz zwischen altem Vorgehen (nach drei Durchgängen) und neuem Vorgehen zeigt, dass es riesige Unterschiede gibt:
1654085438840.png


Mit etwas Herumprobieren erziele ich mit einer Eingangsverstärkung von +0,8 dB ein sehr gutes Ergebnis und eine Abweichung von nur -0,001 dB zu –14 LUFS:
1654087000702.png


Das Einzige, was ich nur nicht verstehe, ist, warum es mit der Eingangsverstärkung von 0,8 dB klappt (aber auch nur bei dieser Audiodatei, bei anderen funktioniert der Wert 0,8 dB wieder nicht so gut). Ich verstehe nicht, wo dieser Wert herkommt. Es ist leider doch komplizierter als ich dachte. 🤔
 
So, ich habe die neue Vorgehensweise mittlerweile aufgegeben, da ich nicht verstehe, wie sie genau funktionieren soll und da sie zudem sehr umständlich ist und viele Zwischenschritte und Plug-ins erfordert. Darum arbeite ich nun mit der ersten Methode, wobei ich die Einzelschritte als Makro abgespeichert habe:

LUFS -14, Hard Limiter -1 dB.txt
Code:
SetProject:Rate="44100"
LoudnessNormalization:DualMono="1" LUFSLevel="-14" NormalizeTo="0" RMSLevel="-20" StereoIndependent="0"
Limiter:gain-L="0" gain-R="0" hold="10" makeup="Nein" thresh="-1" type="HardLimit"

In den Einstellungen habe ich dieses Makro als Kurzbefehl auf die Tastatur gelegt:
Bearbeiten > Einstellungen > Tastatur
1656081933347.png


Somit kann ich eine gesamte Spur oder einzelne Abschnitte der Spur auswählen und mit der Tastenkombination STRG+LEERTASTE ganz einfach beliebig viele Durchgänge des Makros durchführen und mich so dem Zielwert von –14 LUFS sehr gut annähern.

Für mich ist das Problem nun gelöst. Vielen Dank für Deine hilfreichen Erläuterungen und die gute Unterstützung, @Amaoto ! 😄
 
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