Inxession
Captain
- Registriert
- Sep. 2008
- Beiträge
- 3.414
Hallo zusammen,
ich möchte Euch hier mein Projekt der letzten Monate vorstellen.
Als kurze Intro - Headline
Mein Industrieroboter verarbeitet G-Code zur Lasergravur.
Wen die Geschichte dahinter interessiert ... bitte weiterlesen. Ich hole allerdings etwas aus.
1. Die Vorgeschichte
Ich bin Projektleiter für Automatisierung bei einem großen deutschen Spielzeug-Hersteller. Seit 2007 arbeite ich mit Industrie-Robotern und hab mir über die Praxis und auch Schulungen, einiges an Expertise angeeignet.
Wir sind im Betrieb nicht an bestimmte Hersteller gebunden. Wir nutzen Roboter von den bekannten Herstellern wie Kuka oder ABB. Aber der größte Teil kommt von Kawasaki. Die Modelle sind in Europa nicht sehr verbreitet, aber für unsere Anwendung ("Pick and Place") die beste Wahl, weil die Teach-In Sprache sehr einfach gehalten ist.
Im Laufe der Jahre hab ich immer wieder mal, in Portalen wie eBay und eBay Kleinanzeigen, nach Industrie Robotern geschaut. Für Privat sind die Preise generell jenseits von Gut und Böse. Aber irgendwie wartet man auf das Eine, perfekte Angebot.
So habe ich mir im Januar 2017 einen neuwertigen Kawasaki FS03N Roboter in der Nähe von Koblenz gekauft. Zustand wie gesagt neuwertig, aber nicht funktionsfähig. Noch vor Ort beim Händler habe ich das Gerät aber zum laufen bekommen und der Deal war fix.
Zuhause auf eine Holzplatte geschraubt, diverse Brücken gesetzt und mit dem Netzwerk verbunden. Ab diesem Punkt konnte ich mit dem Gerät arbeiten, ohne das der Roboter sich in irgendeiner Form bewegen musste.
Kurze Zeit später begann ich ein kleines Spiel zu programmieren. Der Roboter schaltete RANDOM LED Leisten an und ich konnte diese mit einem Ball aus-kicken. 4 solche "LED-Zellen" habe ich gebaut und verdrahtet um dieses kleine Fitness-Spiel zu realisieren. (Ähnlich dem Spiel "Passen" bei Schlag den Raab Hier)
Das Spiel habe ich mittlerweile auf einen Raspberry Pi portiert.
2. Die Frage, was mach ich damit?
Generell hab ich den Kauf als Hobby abgestempelt, ohne den Hintergrund jemals produktiv zu werden. Gänzlich ausgeschlossen ist das natürlich nicht. Vor allem, diverse Heimarbeitstätigkeiten sind mit so einem Gerät automatisierbar. Immer wieder kam mir die Idee mit dem Roboter zu fräsen. Die Bahnpunkte einzeln zu teachen ist aber extrem aufwendig und verliert mit der Zeit an Charme. Dennoch hab ich das Ganze mal Testweise versucht. Ein Rotationswerkzeug provisorisch an den Roboter gebastelt und damit Hersteller Logo´s in Spanplatten gefräst. Fazit - es funktioniert. Ist übelst laut und ababrtig staubig.
Die Sache war dann relativ schnell klar. Fräsen ist in der Garage mit dem Equipment nicht auf Dauer machbar. Auf der Suche nach Alternativen bin ich dann auf die Idee mit einem Laser gekommen. So hat der Roboter keine Kräfte gegen ein Objekt auszuüben sondern kann sich frei bewegen. Auch hier macht das Teach-In sicher keinen Spaß. Alleine schon aus dem Grund, das man den Laser zum einlernen mit geringer Leistung -AN- haben müsste. Also machte ich mich wieder auf die Suche ... wie kann ich ein Bild einlesen und dieses Bild dem Roboter "abfahren" lassen. Quasi G-Code verarbeiten. Ich fand sogar ein kleines Tool bei Github, welches G-Code auf die Robotersprache um"parsen" konnte. Allerdings nur sehr eingeschränkt. Die Suche ging weiter .... es folgte aber...
3. Die lange, aber schöne, Unterbrechung
Mit der Geburt meines Sohnes im August 2017 hat sich das Projekt erstmal verschoben. Man hat einfach die Zeit nicht um sich intensiv in die Sache reindenken zu können. Der Nachwuchs geht in allen Belangen vor. Stellenweise kam auch die Frage auf, ob man den Roboter nicht wieder verkaufen sollte. Aber er blieb stehen. Es ging eben nichts voran.
4. Eine Pandemie, die nicht nur Nachteile hat ...
Mit Beginn der Pandemie und den Ausgangsbeschränkungen, hat das Projekt quasi seinen zweiten Frühling erlebt. Der Sohnemann hat sich gut entwickelt und schläft auch meist zu bestimmten Zeiten. An Urlaub war nicht zu denken. Die Firma hat allerdings drauf bestanden das bereits genehmigter Urlaub auch zu nehmen ist. Diese Freizeit konnte ich dann intensiv in mein Projekt stecken.
Ich hab mir ein 24V Lasermodul von Opt Lasers aus Polen gekauft. Habe dieses Modul über einen Digital zu Analog Konverter von Murr, an den Roboter angeschlossen und habe mir einen eigenen ...
5. G-Code Parser in Node-Red
programmiert. Das "Herz" des ganzen Projekts ist sicher dieser Code-Schnippsel. Ich kann nun jegliches Bild mit der freien Software LaserGRBL zum G-Code umwandeln. Der Software kann man einen Header und Footer hinzufügen, welcher nicht auf bestimmten (G-)Code beschränkt ist, also auch Robotercode annimmt. Der errechnete G-Code kann als *.nc File mit eben diesem Header und Footer exportiert werden. Nun kopiere ich die NC-Datei mit Swish SFTP auf meinen RevolutionPi (welcher auch mit dem Roboter verbunden ist) und die Node-Red Instanz liest mir jede Zeile einzeln ein, wandelt Sie um, und gibt diese in eine *.AS Datei aus. Diese Datei wird mit Swish wieder vom RevPi geholt und mit einer Kawasaki eigenen Software mit dem Namen "KASLoad" dann zerstückelt und nach und nach an den Roboter gesendet.
Im Prinzip hab ich am Roboter einen fixen Punkt eingelernt (point a). Mittels des G-Codes werden dann die Versatzwerte auf diesen Punkt addiert und der Roboter fährt dort hin.
Man muss wissen, das ältere Roboter wie meiner, nur 1 MB Speicher haben. Stellenweise haben neue Modelle bisher nur 2 GB.
Bei großen G-Code Dateien wird selbst dieser Speicher schon knapp. Dafür gibt es eben KASLoad.
6. Das Drumherum
Laserstrahlung ist für das menschliche Auge sehr gefährlich. Ich habe mir, mit Hilfe eines Bekannten Maschinenbauers, eine Zelle gebaut welche mit Schutzglas ausgerüstet wurde. Zudem steht der Roboter dort fest verankert auf einem Stahltisch.
Begrenzt durch die Kinematik hat der Roboter nun einen Laser-Bereich von 120x20cm.
Der Controller des Roboter sitzt zusammen mit dem I/O Verteiler unter dem Tisch.
Ein weiterer Raspberry Pi mit Kamera ist in der Zelle um auch Live dabei sein zu können.
Der RevolutionPi stellt mir dabei jeweils 14 Ein- sowie Ausgänge zum/vom Roboter zur Verfügung. Ich kann den Roboter auch aus dem Node-Red Dashboard aus, komplett steuern.
7. Fazit
Im Prinzip habe ich hier meinen Beruf zum Hobby gemacht. Man kennt es eigentlich umgekehrt. Hier ist es aber so. Es ist sehr viel Zeit, Brainschmalz und Geld in das Projekt geflossen. Aber ich habe damit richtig viel Spaß.
Es ist mittlerweile sogar angedacht das Ganze noch nebengewerblich laufen zu lassen.
Bis dahin muss ich die Gravuren aber noch perfektionieren. Das Problem ist das der Roboter für zig-kleine Schritte stellenweise zu langsam ist. Baujahr 2007 - mit bis Dato 50 Betriebsstunden. Fast Neu .... aber doch irgendwie Alt.
Bevor ich den Beitrag mit vielen Fotos zumülle, steht es Euch frei die Videos bei YouTube mal anzuschauen.
Ich freue mich über jegliche, sachliche Kritik.
YT-Channel = https://www.youtube.com/channel/UCbVLNfS9cRsWwVAwKJh_cPw
Gruß
Michael (roboterkunst.info)
ich möchte Euch hier mein Projekt der letzten Monate vorstellen.
Als kurze Intro - Headline
Mein Industrieroboter verarbeitet G-Code zur Lasergravur.
Wen die Geschichte dahinter interessiert ... bitte weiterlesen. Ich hole allerdings etwas aus.
1. Die Vorgeschichte
Ich bin Projektleiter für Automatisierung bei einem großen deutschen Spielzeug-Hersteller. Seit 2007 arbeite ich mit Industrie-Robotern und hab mir über die Praxis und auch Schulungen, einiges an Expertise angeeignet.
Wir sind im Betrieb nicht an bestimmte Hersteller gebunden. Wir nutzen Roboter von den bekannten Herstellern wie Kuka oder ABB. Aber der größte Teil kommt von Kawasaki. Die Modelle sind in Europa nicht sehr verbreitet, aber für unsere Anwendung ("Pick and Place") die beste Wahl, weil die Teach-In Sprache sehr einfach gehalten ist.
Im Laufe der Jahre hab ich immer wieder mal, in Portalen wie eBay und eBay Kleinanzeigen, nach Industrie Robotern geschaut. Für Privat sind die Preise generell jenseits von Gut und Böse. Aber irgendwie wartet man auf das Eine, perfekte Angebot.
So habe ich mir im Januar 2017 einen neuwertigen Kawasaki FS03N Roboter in der Nähe von Koblenz gekauft. Zustand wie gesagt neuwertig, aber nicht funktionsfähig. Noch vor Ort beim Händler habe ich das Gerät aber zum laufen bekommen und der Deal war fix.
Zuhause auf eine Holzplatte geschraubt, diverse Brücken gesetzt und mit dem Netzwerk verbunden. Ab diesem Punkt konnte ich mit dem Gerät arbeiten, ohne das der Roboter sich in irgendeiner Form bewegen musste.
Kurze Zeit später begann ich ein kleines Spiel zu programmieren. Der Roboter schaltete RANDOM LED Leisten an und ich konnte diese mit einem Ball aus-kicken. 4 solche "LED-Zellen" habe ich gebaut und verdrahtet um dieses kleine Fitness-Spiel zu realisieren. (Ähnlich dem Spiel "Passen" bei Schlag den Raab Hier)
Das Spiel habe ich mittlerweile auf einen Raspberry Pi portiert.
2. Die Frage, was mach ich damit?
Generell hab ich den Kauf als Hobby abgestempelt, ohne den Hintergrund jemals produktiv zu werden. Gänzlich ausgeschlossen ist das natürlich nicht. Vor allem, diverse Heimarbeitstätigkeiten sind mit so einem Gerät automatisierbar. Immer wieder kam mir die Idee mit dem Roboter zu fräsen. Die Bahnpunkte einzeln zu teachen ist aber extrem aufwendig und verliert mit der Zeit an Charme. Dennoch hab ich das Ganze mal Testweise versucht. Ein Rotationswerkzeug provisorisch an den Roboter gebastelt und damit Hersteller Logo´s in Spanplatten gefräst. Fazit - es funktioniert. Ist übelst laut und ababrtig staubig.
Die Sache war dann relativ schnell klar. Fräsen ist in der Garage mit dem Equipment nicht auf Dauer machbar. Auf der Suche nach Alternativen bin ich dann auf die Idee mit einem Laser gekommen. So hat der Roboter keine Kräfte gegen ein Objekt auszuüben sondern kann sich frei bewegen. Auch hier macht das Teach-In sicher keinen Spaß. Alleine schon aus dem Grund, das man den Laser zum einlernen mit geringer Leistung -AN- haben müsste. Also machte ich mich wieder auf die Suche ... wie kann ich ein Bild einlesen und dieses Bild dem Roboter "abfahren" lassen. Quasi G-Code verarbeiten. Ich fand sogar ein kleines Tool bei Github, welches G-Code auf die Robotersprache um"parsen" konnte. Allerdings nur sehr eingeschränkt. Die Suche ging weiter .... es folgte aber...
3. Die lange, aber schöne, Unterbrechung
Mit der Geburt meines Sohnes im August 2017 hat sich das Projekt erstmal verschoben. Man hat einfach die Zeit nicht um sich intensiv in die Sache reindenken zu können. Der Nachwuchs geht in allen Belangen vor. Stellenweise kam auch die Frage auf, ob man den Roboter nicht wieder verkaufen sollte. Aber er blieb stehen. Es ging eben nichts voran.
4. Eine Pandemie, die nicht nur Nachteile hat ...
Mit Beginn der Pandemie und den Ausgangsbeschränkungen, hat das Projekt quasi seinen zweiten Frühling erlebt. Der Sohnemann hat sich gut entwickelt und schläft auch meist zu bestimmten Zeiten. An Urlaub war nicht zu denken. Die Firma hat allerdings drauf bestanden das bereits genehmigter Urlaub auch zu nehmen ist. Diese Freizeit konnte ich dann intensiv in mein Projekt stecken.
Ich hab mir ein 24V Lasermodul von Opt Lasers aus Polen gekauft. Habe dieses Modul über einen Digital zu Analog Konverter von Murr, an den Roboter angeschlossen und habe mir einen eigenen ...
5. G-Code Parser in Node-Red
programmiert. Das "Herz" des ganzen Projekts ist sicher dieser Code-Schnippsel. Ich kann nun jegliches Bild mit der freien Software LaserGRBL zum G-Code umwandeln. Der Software kann man einen Header und Footer hinzufügen, welcher nicht auf bestimmten (G-)Code beschränkt ist, also auch Robotercode annimmt. Der errechnete G-Code kann als *.nc File mit eben diesem Header und Footer exportiert werden. Nun kopiere ich die NC-Datei mit Swish SFTP auf meinen RevolutionPi (welcher auch mit dem Roboter verbunden ist) und die Node-Red Instanz liest mir jede Zeile einzeln ein, wandelt Sie um, und gibt diese in eine *.AS Datei aus. Diese Datei wird mit Swish wieder vom RevPi geholt und mit einer Kawasaki eigenen Software mit dem Namen "KASLoad" dann zerstückelt und nach und nach an den Roboter gesendet.
Im Prinzip hab ich am Roboter einen fixen Punkt eingelernt (point a). Mittels des G-Codes werden dann die Versatzwerte auf diesen Punkt addiert und der Roboter fährt dort hin.
Man muss wissen, das ältere Roboter wie meiner, nur 1 MB Speicher haben. Stellenweise haben neue Modelle bisher nur 2 GB.
Bei großen G-Code Dateien wird selbst dieser Speicher schon knapp. Dafür gibt es eben KASLoad.
6. Das Drumherum
Laserstrahlung ist für das menschliche Auge sehr gefährlich. Ich habe mir, mit Hilfe eines Bekannten Maschinenbauers, eine Zelle gebaut welche mit Schutzglas ausgerüstet wurde. Zudem steht der Roboter dort fest verankert auf einem Stahltisch.
Begrenzt durch die Kinematik hat der Roboter nun einen Laser-Bereich von 120x20cm.
Der Controller des Roboter sitzt zusammen mit dem I/O Verteiler unter dem Tisch.
Ein weiterer Raspberry Pi mit Kamera ist in der Zelle um auch Live dabei sein zu können.
Der RevolutionPi stellt mir dabei jeweils 14 Ein- sowie Ausgänge zum/vom Roboter zur Verfügung. Ich kann den Roboter auch aus dem Node-Red Dashboard aus, komplett steuern.
7. Fazit
Im Prinzip habe ich hier meinen Beruf zum Hobby gemacht. Man kennt es eigentlich umgekehrt. Hier ist es aber so. Es ist sehr viel Zeit, Brainschmalz und Geld in das Projekt geflossen. Aber ich habe damit richtig viel Spaß.
Es ist mittlerweile sogar angedacht das Ganze noch nebengewerblich laufen zu lassen.
Bis dahin muss ich die Gravuren aber noch perfektionieren. Das Problem ist das der Roboter für zig-kleine Schritte stellenweise zu langsam ist. Baujahr 2007 - mit bis Dato 50 Betriebsstunden. Fast Neu .... aber doch irgendwie Alt.
Bevor ich den Beitrag mit vielen Fotos zumülle, steht es Euch frei die Videos bei YouTube mal anzuschauen.
Ich freue mich über jegliche, sachliche Kritik.
YT-Channel = https://www.youtube.com/channel/UCbVLNfS9cRsWwVAwKJh_cPw
Gruß
Michael (roboterkunst.info)
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