Bundesregierung will Privatpersonen von (ungerechtfertigten) Abmahnungen schützen.

lufkin

Admiral
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Immerhin schon mal was...
Zypries will demnächst Privatpersonen die mehr oder weniger unbewusst im Internet z.b Urheberrechte verletzt haben (durch Stadtpläne, Bilder etc) vor den, oft unverschämten, Abmahnungen dubioser (pers. Meinung) Anwälte schützen. So sollen bei Erstabmahnungen max 50€ verlangt werden dürfen.
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/16/0,3672,4338640,00.html

Geplant ist das ganze jedoch nur für Privatpersonen, (Kleinst)Unternehmer, die auch gerne mal abgemahnt werden, sollen nicht in den Genuss des Schutzes kommen.


Ich finde das ist immerhin ein Anfang die Abmahnwelle zu stoppen oder zumindest abzuschwächen.
 
@Bokill
Aber jetzt ist es Ernst geworden. Die Bundesregierung hat heute den Entwurf des "Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" beschlossen. In diesem Gesetz ist die besagte Deckelung der Abmahnkosten auf 50 Euro enthalten.
http://www.bmj.bund.de/enid/a13fa962568fedcba9355b75c325e096,84a713706d635f6964092d0933383539093a0979656172092d0932303037093a096d6f6e7468092d093031093a095f7472636964092d0933383539/Pressemitteilungen_und_Reden/Pressemitteilungen_58.html

Edit: Der Titel ist nicht ganz zutreffend gewählt. Beabsichtigt ist nicht der Schutz vor Abmahnungen, sondern vor überzogenen Kostenerstattungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Abmahnungsrecht als gesamtes gehört, zumindest im nicht gewerblichen Bereich, abgeschafft...

Naja aber der Schritt ist erstmal ein richtiger. Wobei ich finde, dass auch Privatleute die bei einer Ebay Auktion mal was falsch machen geschützt werden müssen. Hier hätte man eine Klausel einbringen können, die eine Verhältnismäßigkeit zum tatsächlich entstandenen Schaden erzwingt. Die Gerichte hätten dann Spielraum für Entscheidungen gehabt.
 
In einigen Ländern der EU ist es (IMO) sogar so, das die erste Abmahnung der Anträger bezahlt.
 
ein "pluspunkt" für die Frau Zypris. hatte das damals schon aufmerksam verfolgt. find ich sehr gut, diesen shcritt zu gehen.
 
Der Daedalus schrieb:
Das Abmahnungsrecht als gesamtes gehört, zumindest im nicht gewerblichen Bereich, abgeschafft....

Die Konstruktion der außergerichtlichen Abmahnung soll verhindern, daß jeder, der gegen bestimmte Regelungen z.B. des Urheberrechts verstoßen hat, sofort mit einer Klage überzogen werden kann. Diesen Gedanken finde ich eigentlich ganz vernünftig. Es schützt sowohl den gewerblichen als auch den nicht gewerblichen "Täter".
Wenn nun das Abmahnungsrecht z.B. für den nicht gewerblichen Bereich abgeschafft würde, hieße das, daß dieser Bereich sofort mit höheren Kosten der gerichtlichen Rechtsverfolgung konfrontiert würde.
Ich vermute, daß ein solches Ergebnis nicht von dir beabsichtigt ist.
 
Ich halte es für ein Unding, dass der Abmahnende dem "Täter" seine Kosten in Rechnung stellen darf. Schaut man sich mal die ganzen Abmahnungen um die es hier geht an, so macht der eigentliche Streitwert meist nur einen kleinen Teil der Rechnung aus.

Beispiel letztens im ZDF:
Ein Bäcker hatte auf seiner Website ein Pumukel Logo welches er von einer Seite mit GIFs geladen hatte die, laut Aussage der Seite, nicht urheberrechtlich Geschützt sind.
Die Abmahnung folgte auf dem Fuß und die Rechnung betrug über 1000€.

Gäbe es das deutsche Abmahnrecht nicht, so wäre dies vermutlich niemals vor Gericht gegangen. Der Rechteinhaber hätte vielleicht eine kleine Mail geschrieben und gebeten das Logo zu entfernen und alles wäre in Ordnung gewesen.

Das Abmahnrecht verhindert im Grunde das "einfach miteinander Reden". Leider wird dies aber in unserem Lande durch viele Dinge immer schwerer. Sieht man auch an der Masse der Nachbarschaftsstreitereien die vor Gericht landen ...

Sicher macht es, folgt man deiner Argumentation, Sinn, dass es dieses Vorgehen gibt. Allerdings wird damit die gütliche Einigung zwischen den zwei Streitparteien in keiner Weise gefordert.

Einfaches Gegenmodell:

Die Klage kann gerne vor Gericht eingereicht werden. In minderschweren Fällen weist das Gericht die Klage ab und verweist darauf, dass erst ein Versuch der Einigung ohne das Gericht erfolgen soll (Schiedsmänner gibt es ja in jeder Gemeinde so weit ich weis).

Und die Gesetzeslage (bzw. die Rechtssprechung) sollte sich so ändern, dass wegen Bagatellen keine tausende von Euros bezahlt werden müssen.
Wenn ein kleiner Bäcker auf seiner Homepage ein Pumukel Logo hat, dann ist das kein schwerer Verstoß gegen das Urheberrecht.
Erst wenn eine gütliche Einigung daran gescheitert ist, dass der "Täter" das Fehlverhalten nicht freiwillig abstellen will, kann das Gericht mit entsprechend harten Strafen antworten.

Und wenn ich bei Ebay eine Hose verkaufe, die ich in Deutschland eigentlich nicht verkaufen dürfte, weil sie nur in den USA gehandelt wird (da gab es auch mal ne riesen Abmahnungswelle), dann ist es doch ein Witz, wenn deswegen gleich hunderte von Euros verlangt werden.
 
Der Daedalus schrieb:
...Gäbe es das deutsche Abmahnrecht nicht, so wäre dies vermutlich niemals vor Gericht gegangen. Der Rechteinhaber hätte vielleicht eine kleine Mail geschrieben und gebeten das Logo zu entfernen und alles wäre in Ordnung gewesen.
....

Richtig.
Es gab mal Zeiten da haben die Leute miteinander gesprochen ohne das ein Anwalt dazwischen geschaltet wurde.
Heute ist es auch ganz oft so, das nicht mal der Rechteinhalber der Initiator ist, sondern ein Anwalt. Er sucht sich Verstöße, sag das dem Rechteinhalber inkl. einem Angebot der Abmahnung. Der Rechteinhaber kennt sich nicht aus und der Anwalt erzählt evtl noch was vom Pferd und schon geht der Brief raus.

In diesem Fall mit dem Bäcker hätte bestimmt ein kleiner Anruf das Problem gelößt, der Bäcker hätte sich entschuldigt, ein Blech mit Kuchen geschickt und alles wäre ok.

Es sind IMO die Anwälte die die meisten Abmahnungen initiieren.
 
Die Hoffnung stirbt zuletzt ...

vielleicht schafft diese Regierung ja auch noch etwas sinnvolles
 
@Daedalus

Ich weiß leider nicht, welche Beweggründe damals den Gesetzgeber leiteten, eine Abmahnung dem gerichtlichen Rechtsweg zwangsweise vorzuschalten. Ich vermute, daß es zur Entlastung der Gerichte eingeführt wurde.
Wenn deine Annahme, daß statt einer vorgerichtlichen gütlichen Einigung sofort zur Abmahnung gegriffen wird, zutrifft, dann rennst du mit deiner Ansicht auch bei mir offene Türen ein.
Die Deutschen sind nachweislich das klagefreudigste Volk der Erde. Ich bin daher sehr unsicher, ob deine Annahme in dem Maße zutrifft, daß eine Abschaffung zur einem außergerichtlichen Lösungsverhalten führen würde. Denn das setzt im Regelfall Kompromißfähigkeit voraus und ist eine Abkehr von der penetranten Rechthaberei.

Das überfordert jedoch mein Vorstellungsvermögen.

Nachtrag:

Jetzt hat sich auch die "Gegenseite" zu Wort gemeldet und beklagt den Gesetzentwurf der Bundesregierung bitterlich.
Nach Auffassung des Phonoverbandes wird das Urheberrecht durch die Begrenzung der Kostenerstattungsansprüche bei Abmahnungen zum "zahnlosen Tiger". Außerdem werde die Musikwirtschaft doppelt bestraft: Sie habe nicht nur den Schaden, sondern müsse auch noch die Kosten der Rechtsverfolgung überwiegend selbst tragen.
http://www.ifpi.de/

In dieselbe Kerbe schlägt die Bundesrechtsanwaltskammer: http://www.brak.de/seiten/04_07_03.php

So schlecht kann der Gesetzentwurf doch nicht sein, wenn sich alle als Verlierer fühlen ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Klar das die Anwälte da ein Problem mit haben. Soll ja so manche Kanzlei in Deutschland geben, die sich durch Abmahnungen dumm und dämlich verdient.

Und der Phonoverband soll mal ganz still sein.
Wenn ein Ladenbesitzer jemanden erwischt, der einen Ladendiebstahl begeht, dann kann der Ladenbesitzer dem Dieb auch keine Abmahnung schicken und das dreifache des Wertes der gestohlenen Ware verlangen.
Nichts anderes ist das illegale runterladen von Musik im Internet. Ladendiebstahl online.

Sollen die Verbände eine ordentliche Klage vor einem Gericht anstreben und fertig. Ist die Beweislage ausreichend, dann bekommt hinterher auch der Beklagte die Kosten der Gegenseite aufgedrückt.
Reicht die Beweislage nicht aus, so wäre auch eine Abmahnung nicht in Ordnung gewesen.
 
Ja, der Phonoverband hat zur Zeit wirklich schlechte Karten: Auch mit seiner Forderung, ihm per Gesetz einen direkten Auskunftsanspruch an die Provider zu eröffnen, ist er gescheitert. Zur Identifizierung wird auch künftig immer noch der Richter erforderlich sein.

Dem BMJ sei Dank :)
 
Der Daedalus schrieb:
Nichts anderes ist das illegale runterladen von Musik im Internet. Ladendiebstahl online.

Kommt drauf an. Lädt man es mit einem Torrent-Client runter, verteilt man es ja dabei auch gleich wieder. Das wäre also im Grunde Diebstahl + CDs brennen + verteilen.
 
Der Daedalus schrieb:
Klar das die Anwälte da ein Problem mit haben. Soll ja so manche Kanzlei in Deutschland geben, die sich durch Abmahnungen dumm und dämlich verdient.
Wenn das in Deutschland wie in anderen Ländern wäre, dass die erste Abmahnung grundsätzlich kostenlos für den Abgemahnten ist, dann gäbe es auch diesen Missbrauch nicht.
 
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