Delikt "Totschlag": Woher kommt dieser marzialische Name?

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McMoneysack91

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Liebe Freunde,

ich komme aus der öffentlichen Verwaltung und musste das Delikt des Totschlags während des Studiums noch und nöcher durchdefinieren. Doch blieb mir immer die Herkunft der Bezeichnung selbst verborgen und verursacht bei mir bis heute Juckreiz.

Wieso in aller Welt heißt das Delikt "Totschlag" so? Dabei deckt es doch alle erdenklichen Formen der Tötung ab. Wieso heißt das Delikt nicht "Tötung"?

A) Wäre der Begriff weitaus weniger marzialisch und gegenüber Angehörigen/Hinterbliebenen/Prozessbeteiligten würdevoller.
B) Wäre der Begriff "Tötung" auch einfach viel zutreffender.

Jetzt mal OHNE die Tatbestandsmerkmale von Mord etc zu prüfen, fällt es mir schwer, bei einer Tötung durch Beigabe von chemischen Substanzen, Giften oder falscher Arzneidosierung von einem TotSCHLAG zu sprechen. Das Wort impliziert bei mir gedanklich sofort, dass das Leben buchstäblich aus wem rausgeprügelt wurde.

Gibt es Jura-Historiker unter euch, die den Begriff irgendwo einordnen können? Und vielleicht auch den Grund, warum man bis heute an einem so...primitiven Wort festhält?
 
Das ist eine sehr spezifische etymologische Frage, da ist die Wahrscheinlichkeit, sie in einem PC-Forum beantwortet zu bekommen eher gering.

Auffällig ist, dass die englische Entsprechung „manslaughter“ ähnlich martialisch klingt. Vermutlich hat es einen gemeinsamen Ursprung? Vielleicht im römischen oder antiken griechischen Recht? Napoleons Code Civil hatte auch großen Einfluss auf modernes europäisches Recht, vielleicht wird man da fündig?
 
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Bei mir verursacht eher "marzialisch" Juckreiz. ;)

Mich verwundert es nicht, dass in der juristischen Fachsprache altertümliche Wörter heute noch verwendet werden.
 
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Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen sind vorsätzliche Tötungsdelikte und unterscheiden sich nur in der Motivation. Bei allen drei liegt der Straftatbestand einer vorsätzlichen Tötung eines Menschen vor.

Totschlag liegt vor, wenn der Tat die Mordmotive (Mordlust, Habgier, niedrige Beweggründe usw.) fehlen und es sich nicht um "Tötung auf Verlangen" handelt.

Zum Beispiel, wenn eine Frau, die von ihrem Ehemann über Jahre misshandelt wurde, diesen dann irgendwann mit voller Absicht erschießt. Dann fehlen die Mordmerkmale und es ist keine Tötung auf Verlangen.

Mord verjährt nicht, Totschlag schon. Die Strafandrohung für Mord ist höher angesetzt als für Totschlag.
Man kann aber auch für Totschlag, in besonders schweren Fällen, zu einer lebenslänglicher Haftstrafe verurteilt werden.

Die vorsätzliche Tötung eines Menschen kann nie im "Affekt" oder "aus Versehen" geschehen. Dafür gibt es dann andere gesetzliche Grundlagen und andere Strafmaße.

Warum man ausgerechnet den Begriff "Totschlag" gewählt hat, wissen die Geister. Der Grund war wahrscheinlich, dass man die unterschiedlichen Merkmale der Tatbestände auch über die Begrifflichkeiten abgrenzen wollte.

Ob der Begriff "Totschlag" jetzt marzialisch ist, oder nicht, spielt doch im Grunde keine Rolle.
Klar ist es etwas merkwürdig, wenn ich jemanden mit Vorsatz vergifte ich ich dann wegen "Totschlags" angeklagt und verurteilt werde.
Es ist und bleibt aber dennoch die vorsätzliche Tötung eines Menschen, egal wie ich den aus dem Leben befördere.
 
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Es ist ja fleißig, dass du einen Lexikoneintrag zum Begriff kopiert hast, @NotNerdNotDau ,aber es geht ja nicht um die Begriffsbestimmung (die hat der TE selbst lernen müssen, s.o.), sondern um die Begriffsherkunft.
 
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Pym schrieb:
Bei mir verursacht eher "marzialisch" Juckreiz. ;)
Abgeleitet von Mord durch Verabreichung einer Überdosis an Marzipan.
 
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Natürlich hat die Geschichte eines Wortes „etymologische und historische Gründe“, das ist bei jedem Wort so. Die Frage ist ja, welchen spezifischen Grund es gab, einen allgemeinen Begriff für Tötung als „Schlag“ zu bezeichnen, wenn doch alle anderen Tötungsarten darunter fallen, nicht nur Schläge. Der verlinkte lexikalische Eintrag leitet ja nur getrennt voneinander die Wörter Tot und Schlag her.
 
Ohne nachrecherchiert zu haben so aus dem Bauchgefühl:

Vielleicht, weil der Tod "schlagend wird" (also eintritt)?
Das deckt ja dann eine Vielfalt von Fällen ab und nicht nur den "Tod durch einen Schlag auf die Rübe".

MfG, R++
 
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Da soll mal einer sagen, dass in einem PC-Forum nicht auch unterhaltsame Diskussionen entstehen können :)

Sicherlich wird der Wortteil "schlag" irgendwo historisch verankert sein (auch wenn ich zu gern wüsste wo und warum). Aber die Gesetzestexte sind ja nicht sooo in Stein gemeißelt, wie man das vielleicht glauben möge. Es gibt sehr viele Normen die eher moderne Deliktsfelder abdecken und da ändern sich sowohl die Normen selbst als auch ihre Namen gerne mal hin und wieder.

Ist bei der Tötung (mit das älteste Delikt der Menschheitsgeschichte) natürlich nicht so. Vielleicht hält man ja DESWEGEN so an dem Wort fest, welches ...naja... vielleicht sogar antiken (wie hier schon vermutet wurde) oder biblischen Ursprung inne hat.

Und ja, das englische manslaughter klingt ja nach einem Horrorfilm. Und ja, wohl wissend, dass "man" nicht Mann sondern Mensch heißt, welches alle Geschlechter mit einschließt. Aber das "slaughter", manoman.

Kopfkino.


EDIT: Ich habe eine Theorie! Im Mittelalter wurden Ritter durch einen "Schlag" ernannt. Sie wurden ja nicht wirklich geschlagen. Hier ist "schlagen" eher als "machen" zu verstehen. Zum Ritter geschlagen = zum Ritter gemacht. Vielleicht ist der Totschlag ja die Totmachung! Und eben mit diesem altertümlichen "Schlag" als "Machung".
 
Man wurde/wird schon mit einem Schwert "geschlagen", natürlich sanft und mit der breiten Seite, aber es war/ist ein Schlag.
"Schlagende" Verbindungen könnte man auch eher "säbelnd" oder "ritzend" nennen, da hätten die aber vermutlich Einwände.

Bzgl. der nicht in Stein gemeißelten Gesetzestexte empfehle ich einen Blick auf z.B. § 981 f. BGB
Das Namensänderungsgesetz enthielt auch noch viele solcher Begriffe und wurde erst 2021 entsprechend geändert. Die Todesstrafe war bis 2018 noch im Wortlaut des Art. 21 der Hessischen Landesverfassung zu finden.
 
Ich bin schon drauf und dran, unsere örtlichen Amtsgerichte anzuschreiben :D Aber ich glaube die mildere Stufe wäre, meinen ehemaligen Dozenten zu fragen. Vielleicht hat er ja dieses historische Hintergrundwissen :)
 
Abe81 schrieb:
Es ist ja fleißig, dass du einen Lexikoneintrag zum Begriff kopiert hast
Ich habe die entsprechenden Texte gelesen und dann meinen Beitrag frei verfasst.

McMoneysack91 schrieb:
historische Hintergrundwissen
Wer weiß.
Ist es aber wirklich so wichtig, sich an einer Begrifflichkeit aus anno dazumal abzuarbeiten?
Wenn ein Mensch einen anderen Menschen aus dem Leben befördert, aus welcher Motivation heraus auch immer, dann kann der Begriff gar nicht martialisch genug sein.
 
Teeschlürfer schrieb:
Beim Überfliegen dieser doch schwer zu lesenden Quelle bestätigt sich jedoch der martialische Aspekt des Schlags. Denn es wird in der Tat auf das "Schlagen" wie in "Klatschen", "Prügeln" abgestellt. Ich mein OK, der erste Totschlag der Menschheitsgesichte passierte vermutlich WIRKLICH mittels Keule auf Kopf, aber seitdem ist die Menschheit doch weitaus kreativer geworden. Allerspätestens im 13. Jhdt, wo laut Quelle erste Aufzeichnungen des Wortes datiert werden. :D
 
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