(https://www.computerbase.de/2021-10/mega65-8-bit-heimcomputer-kann-vorbestellt-werden/)
will ich mal über das größte Projekt dieser Art derzeit reden. Den MiSTer.
Um was handelt es sich. Erstmal es handelt sich nicht um einen fertigen Computer auf FPGA Basis wie der Mega65 oder der ZX Spectrum Next sondern um ein Community Projekt mit aufbauend auf einem developer board und jeder Menge Erweiterungen.
Aber bevor ich ins Detail gehe zur Geschichte.
Es fing an sich mit einem anderen Projekt an, dem MiST Projekt, das eine funktionierende Atari ST Nachbildung auf FPGA Basis erstellen sollte. Das Projekt wuchs es kamen weitere Computer und Konsolen dazu aber irgendwann stand es technisch an, deshalb wurde das MiSTer Projekt gegründet, welches auf einem stärkeren Entwicklerboard, dem Terasic DE-10 Nano aufbaute, dass damals einen vernünftigen Kompromiss zwischen Preis und Leistung darstellte. Dieses übernahm viele der Kerne des MiST und steuerte selber neue bei. Es gibt zwischen beiden Projekten nach wie vor einen regen Austausch wobei sich die Userbasis auf den MiSTer verschob. Heute dürfte der MiSTer wohl die größte Community aller FPGA Retro PRojekte haben.
Was sind die Vorteile einer FPGA Emulation? Eine FPA Emulation ist eigentlich nicht wirklich eine Emulation sondern je nachdem ein Nachbau der Original Hardware auf Verilog Beschreibungs Basis, also eigentlich ein redesign/reverse engineering der Chips, dass dann an eine programmierbare Logikeinheit übergeben wird die diese ausführen kann. Der wesentliche Vorteil und das ist vor allem bei den alten Computern und Konsolen wichtig ist, dass diese Nachbauten im Regelfall das Timing fast perfekt bis 100% perfekt hinbekommen, Emulationsungenauigkeiten, Verzögerungen durch ein darunter liegendes Betriebssystem etc.. gibt es nicht.
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Der Nachteil ist natürlich, dass es bei Weitem weniger Leute gibt, die diese Chips nachbilden können als es z.b. Software Entwickler gibt, die sowas auf C Basis nachbilden könnten. So hat auch das MiSTer Projekt nur eine Handvoll Leute, die aber beständig neue sogenannte Cores liefern. Ein weiterer Nachteil ist, FPGAs sind teurer als Einplatinencomputer und preisstabil bzw. in letzter Zeit sogar leicht steigend im Preis. Der Einstieg in die FPGA Emulation ist definitiv finanziell höherschwelliger als der in die Software Emulation mit einem PI. Auf Preissenkungen braucht man nicht zu hoffen, die FPGAs halten ihre Preise für sehr sehr lange Zeit weil es nur wenig Herstellerkonkurrenz gibt.
Das Projekt selber ist international organisiert, der Project lead Alex Mjelnikov (Sorgelig) dürfte Ukrainer sein unter den Core entwicklern finden sich aber auch US Amerikaner Deutsche ein Spanier, Japaner etc.. Eines der wesentlichen Vorteile dieses Projektes gegenüber anderen FGPA Projekten ist eine relative straffe Organisation, Sorgelig ist sehr streng bezüglich dem was rein darf und wie es reindarf, alles muss Opensource sein und bestimmte Kriterien erfüllen.
Das merkt man auch insgesamt an der Maschine selber, das Benutzerinterface ist einfach gehalten nicht unbedingt das attraktivste, aber macht genau das was es soll und man findet sich sofort zurecht.
Den für opensource projekte oft typischen Wildwuchs und eine Zweigleisigkeit gibt es nicht. Es wirkt alles wie aus einem Guss und eher nahe an einem komerziellen Produkt. Wenn man sich auf die Konsolen beschränkt bekommt man in der Tat eine vollkommene Konsolenerfahrung nach der Einrichtung.
Wie sieht das ganze nun aus.
Also zuerst, es gibt keine wirkliche Lösung von der Stange, man muss oft die Boards separat kaufen und dann zusammensetzen. Eine einfache Mister Konfiguration besteht aus einem DE-10 Nano und SD Ram, weitere Möglichkeiten, USB Board (im Prinzip ein einfacher USB Hub, IO Board für diverse Dinge wie VGA Anschluss oder digital Audio, eben auch diverse Gehäuse. Neuere Sachen die gerade in Entwicklung sind sind z.b. ein Board für ein konsolenartiges "Auftreten", ein Jamma Board um den Mister in Arcade Kabinette zu verfrachten, oder ein Mini ITX Board, sowie ein Mini Arcade Build. Man sieht die Community ist sehr aktiv.
Hier ein Paar Bilder dazu:
Hier ein MiSTer in einem offiziellem Gehäuse.
Hier in dem gerade vorgestellten Konsolenaufbau:
Und hier mein ganz privater Selbstbau:
Dies ist eine art Mini Arcade build, mit einer angeflanschten Roland MT32 PI Einheit die einen Roland MT32 emulieren kann
(funktioniert derzeit beim pc core, dem amiga und dem ST core)
Intern sieht eine klassische MiSTer Installation so aus:
Dies ist wohl die typischste Installation:
Unten das USB Board, in der Mitte der Terasic DE 10 Nano oben das IO Board.
Das Setup läuft im Prinzip darauf hinaus dass man ein angepasstes Arm Linux Image initial auf eine SD Karte spielt und von der bootet, danach fährt man das Update Script aus, dass alle unterstützten Cores einspielt. Um die Roms, Disk Images etc.. muss man sich selber kümmern, die kommen dann in die entsprechenden Verzeichnisse.
Neue Cores kommen immer einfach per Update Script herein.
Fertig installiert hat der Mister ein einfaches Benutzerinterface, dass sich vollkommen mit dem Gamepad oder den Cursortasten steuern lässt:
Die Zahl der cores ist mir nicht bekannt, aber es sind sehr sehr viele.
Sie liegt. in der Tag in etwa in ähnlichen Dimensionen wenn auch nicht ganz so hoch wie bei einer Retropi Installation.
Diese Seite gibt einen guten Überblick über die offiziellen Cores, es gibt aber noch einige Weitere aus inofiziellen Sekundärquellen:
https://github.com/MiSTer-devel/Main_MiSTer/wiki/Arcade-Cores-List
Rechts auf der Seite findet sich auch die Liste an Konsolen und Computern die unterstützt werden.
Man sieht die Zahl der Systeme ist enorm und geht derzeit rauf bis zur inklusive 16 Bit Ära.
Das älteste Gerät, das derzeit nachgebildet ist, ist ein Edsac aus dem Jahr 1939!!! auf dem rannte das erste Computerspiel überhaupt Tic Tac Toe aber auch die PDP 1 mit Spacewar und einige Ostblock Systeme und auch ein DDR Spielautomat finden sich in der Liste!
Natürlich haben die Cores unterschiedliche Qualität, vor allem wenn es um obskure Systeme wie z.b. den Dragon 32 geht gibts noch Defizite, einige der Computer Cores können z.b. noch kein Disc Write oder der ZXNext Core kann nicht mit Kopiergeschützten Disc Images des Spectrum umgehen, was das Speichern schwierig macht, und einige so wie der NeoGeo Core sind schlichtweg ident zum original (wurde schichtweise auf Mikroskop Ebene abfotografiert und dann maschinell in VHDL übersetzt).
Generell muss man aber sagen dass die Qualität der meisten Cores den Software Emulationen haushoch überlegen ist, das war auch einer der Gründe warum ich "aufgesprungen" bin. Ich wuchs mit den Atari 8 Bit Systemen auf und da ist die Software Emulation gelinde gesagt am "Bit Rotten". Die Emulatoren altern immer mehr und die MESS Emulation ist ungenau.
MiSTer lieferte hier eine perfekte Nachbildung ab!
Weitere Cores die hochqualitative Emulation liefern sind z.b.:
a) C64, Amiga, Atari ST, wobei hier die neueren Modelle aufgrund der Grenzen des FPGA nicht unterstützt werden
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Eine weitere Besonderheit, der ZX Spectrum Next findet sich auch, der FPGA Code dieses Projektes wurde schlichtweg quer portiert und läuft jetzt.
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Wo liegen die Grenzen des Projektes, was geht noch nicht?
Das wird gerade ausgelotet. Was sicher kommen wird, ist die PS1,
N64 wird vermutlich nicht mehr gehen, der Grund die Zahl der Logikzellen reicht nicht. Atari Jaguar und Sega Saturn sind aber noch in Arbeit.
(Zusatz nachträglich angefügt, der Entwickler des PS1 Cores brachte diese Woche die ersten Spiele zum Laufen, hier sein Video:
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Auf der Computer Seite ist mit den ersten Amiga und ST Modellen mit reiner Hardware Emulation schluss. Die höheren Motorola Prozessoren würden zu viele Logik Gates verbrauchen.
Das größte Loch auf der Computerseite dürfte derzeit wohl der Apple IIgs und die späteren Farbmacs oder alte Sun und Next Workstations auf Motorola Basis darstellen (ein SW Mac ist aber unterstützt)
Das heißt, das Projekt hat seine Grenzen, die aber noch unklar sind, weil das Board offen für Erweiterungen ist und bereits mit einem zugegeben langsamen aber dennoch vorhandenen ARM Teil kommt. So wurde bereits die ScummVM auf den Arm Teil portiert und derzeit wird mit sogenannter Mixed Emulation auf der Amiga Seite experimentiert, sprich Teile des Computers bleiben Software timing kritische Teile gehen ins FPGA. Ob es was wird steht noch in den Sternen, aber es laufen Versuche.
Worin unterscheidet sich der MiSTer zum Mega65...
es ist erstmal der FPGA, der Mega65 hat zwar einen stärkeren FPGA dieser muss aber mehr auf der FPGA Seite nachbilden, weil eben der ARM Teil fehlt, so kann der MiSTer das gesamte UI, die IO etc.. direkt am ARM abbilden, welcher FPGA höhere Grenzen hat wird sich zeigen. Der MiSTer hat definitiv derzeit mehr Kerne und die größere Userbasis, das kann sich natürlich ändern.
Es ist aber auch eine Lösung die man einfach kauft und dann loslegen kann man muss im Normalfall halt die paar Teile selber zusammenschrauben und stecken, dann die SD beschreiben und danach halt alles einspielen.
Es ist auch keine Lösung mit der man die alten Discs die man gesammelt hat so einfach ins Laufwerk schieben kann. In dieser Hinsicht ist es näher am RetroPI am z.b. ZX Spectrum Next oder eben dem Mega65.
Sind diese Projekte Konkurrenten? Jein, Mister bedient sich am Mist, liefert selber, Mega65 hat anscheinend den c64 Core des MiSTer übernommen, ZXNext hat seine Software ebenfalls Richtung MiSTer geliefert, auf der MiSTer Seite wiederum liefert Jotego, einer der Sekundärquellenentwickler , im Zuge seiner Arbeit an den Capcom Arcade Systeme, VHDLs von undokumentierten nicht mehr erhältlichen Yamaha Soundchips ab, die wiederum dann in Hardware gegossen werden damit man für Originalhardware endlich Ersatzchips für die eingehenden Soundprozessoren hat. Also einfach alles opensource typisch, jeder liefert und es wandert Kreuz und quer sogar bis in die original Hardware zurück.
Letztendlich gehts bei FPGA darum, dass neben der Erhaltung der Software selber die Hardware auch erhalten wird, indem man das Reverse Engineering der Bauteile soweit treibt, dass man sie irgendwann wieder produzieren kann. Und da ist das Beispiel von Yamaha und Jotego wirklich perfekt dafür.
Der Wesentliche Vorteil des MiSTer gegenüber den meisten anderen FPGA Projekten, ist halt, man kann ihn derzeit bekommen, und es ist bereits ein Riesenprojekt und nicht nur ein Projekt dass genau eine Maschine oder eine hand-voll Maschinen unterstützt. Es geht natürlich nicht soweit wie Mame, aber gerade was non Arcade Systeme angeht ist MiSTer Mame/Mess qualitativ überlegen und auch weiter als alle anderen FPGA Projekte was die schiere Zahl an unterstützten Systemen angeht!
Der Nachteil ist dieser Universalität ist dass der Mister weiter vom Feeling der Originalhardware entfernt als Projekte wie der ZX Spectrum Next, also eher weniger was für Sammler!
Anbei noch ein paar wichtige Links
- Hier das communty forum: https://misterfpga.org/
- Das Github Repository zum Projekt: https://github.com/MiSTer-devel
- Übersicht: https://www.youtube.com/watch?v=e5yPbzD-W-I
- Midi auf dem MiSTer: https://www.youtube.com/watch?v=qUz5-hW1n0U
Hier ein paar Artikel dazu:
- https://www.polygon.com/22640171/mi...ng-retro-fpga-board-chip-io-explainer-usb-hub
- https://www.topfree.de/mister-fpga-fuer-den-ultimativen-retro-fan
- https://kotaku.com/and-now-the-ultimate-retro-gaming-device-1847608362
- https://www.theverge.com/22323002/mister-fpga-project-retro-computer-console-early-pc
Denke das wars, ich hoffe ich hab Interesse für das Projekt geweckt! und stehe für Fragen zur Verfügung.