Doktorarbeit nach M.Sc. - Ja oder Nein?

jumlu

Cadet 3rd Year
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Liebe CB'ler,

zur Zeit studiere ich einen interdisziplinären Studiengang (Elektrotechnik und Informatik) im Master an einer renommierten Technischen Universität. Aktuell überlege ich, ob es Sinnvoll ist eine Doktorarbeit zu schreiben, bin mir aber nicht sicher ob es sich rentiert.

Der Hauptpunkt liegt vor allem im Finanziellen. Als Doktorand bekommt man in einer vollen Stelle ca. 2000€ Netto - nach dem Master kann das in der Industrie hingegen durchaus mehr sein.

Habt Ihr vielleicht Erfahrungswerte, was das Einstiegsgehalt für einen frischen Doktoranden ist?
In wie weit sind Firmen überhaupt bereit einen Doktoranden anzumessen zu bezahlen?

Es ist anscheinend auch möglich seinen Doktor in einer Firma zu machen. Hat davon jemand schon mal was gehört?

Ein weiterer Punkt ist, dass man ja eh noch mindestens 40 Jahre arbeiten muss, da fallen die 3-5 Jahre für einen Doktor kaum ins Gewicht und man hat noch Zeit ein bisschen mehr in der Forschung zu arbeiten.

Nachteil ist, dass ich noch weitere Jahre an meinen jetzigen Standort gebunden bin.

Was würdet ihr als Hauptargument (positiv oder negativ) sehen? Habt ihr vielleicht Erfahrung? Steckt jemand grad in der Situation einen Doktor in der Tasche zu haben aber keine adäquate Stelle zu finden?
 
Ist der Doktor für dich von reinem finanziellen Interesse? Dann vergiss es, Doktor zu sein heißt ein Forscher zu sein, du wirst dich doch nicht die nächsten 3-4 (oder mehr) Jahre hinsetzen, forschen, immer mit dem Gedanken im Hintergrund was es an Geld bringt?!

Ich kenne 2 ehem. Doktoranten, beide sind fertig und vom Titel her zahlt es sich aktuell (noch?) nicht aus. Sie genießen aber die Zeit der Wissenschaft, haben es aber zu keinem Zeitpunkt für Geld oder aus Geldgründen gemacht.

Ob du später durch deinen Titel mehr Geld bekommst ist ungewiss. Mehr Geld gibt es IMO nicht durch Titel, sondern durch Aufstieg und Positionen. Und ob der Doktor wiederrum dabei helfen kann ist fraglich.

Was willst du? Forschen oder Geld? Beides gibt es leider IMO nicht.
 
Wie hilfreich Jace.

Es kann sich schon auszahlen, da es einige Arbeitgeber gibt, die explizit promovierte Meschen suchen.
Allerdings wird dies fast nur in der Forschung passieren und dort verdient man nicht annähernd soviel wie in der Wirtschaft.

Du musst überlegen, was Du willst.
Geld oder forschen.
 
Ich weiß nicht ob es sich in technischen Berufen finanziell Lohnt einen Doktor zu machen, in Naturwissenschaften lohnt es sich. Allerdings würde ich generell jedem abraten sich an eine Diss zu machen, nur weil er später mehr verdienen will. Vor allem muss man ja erstmal eine 100% Stelle ergattern, da ja 50-65% deutlich in der Mehrheit sind.

Aber im Prinzip hat FU Manchu Recht, nur Diss machen wenn man wirklich forschen will. Sonst bist du 4 Jahre unglücklich (kenn ich genug Leute)...
 
jklomp schrieb:
Der Hauptpunkt liegt vor allem im Finanziellen. Als Doktorand bekommt man in einer vollen Stelle ca. 2000€ Netto - nach dem Master kann das in der Industrie hingegen durchaus mehr sein.

Hier stellt sich die Frage, ob du einen Job findest mit >40k wobei dieser sich dann wohl schon deutlich, also mehr als 10%, abheben sollte. Ich würde mit einem Diplom/Master allerdings nicht unter 50k anfangen wollen zu arbeiten.(Achtung Pauschalisierung)

jklomp schrieb:
Habt Ihr vielleicht Erfahrungswerte, was das Einstiegsgehalt für einen frischen Doktoranden ist?
In wie weit sind Firmen überhaupt bereit einen Doktoranden anzumessen zu bezahlen?

Ich hab nur eine höchst spekulative Aussage die sich auf ca. 60k bewegt, wobei ggf. deine "Überqualifikation" für die Stelle von manchen Firmen nicht bezahlt wird und du auch i.d.R. mit einem Alter > 30 bzw. ~5Jahre später dann in die Industrie einsteigst.
Unter der Annahme, dass du eben davor mit 50k angefangen hast und nach 5 Jahren auch bei 60k oder drüber liegst, holst du evtl. das eine Jahresgehalt von 50k nie mehr raus.

jklomp schrieb:
Es ist anscheinend auch möglich seinen Doktor in einer Firma zu machen. Hat davon jemand schon mal was gehört?

Soweit ich weiß heißt es in viele Firmen, dass der Doktor freiwillig und demnach in der Freizeit zu machen ist. Ob das stimmt weiß ich nicht.

Slobad schrieb:
Vor allem muss man ja erstmal eine 100% Stelle ergattern, da ja 50-65% deutlich in der Mehrheit sind.
Also ich weiß nicht bezogen auf die Fachrichtung des TE würde ich behaupten es gibt dort mehr 100% Stellen als 50%. Zumindest ist das aktuell die subjektive Wahrnehmung von mir und auch durch Dritte, deren Argumentation war, dass man ja auch mit der Wirtschaft konkurrieren muss.
 
@NuminousDestiny ja kann natürlich sein, dass das in der Fachrichtung anders ist, das kann ich nicht beurteilen.
 
Gerade in großen Unternehmen ist der Doktor-Titel ein Karriere-Booster. Ein bisschen Berufserfahrung vorausgesetzt steigt man sofort übertariflich ein, also > 80k/Anno. Auch als Abteilungsleiter sind Dr.-Titel absolut gerne gesehen und schon beinahe die Regel.

Jedoch dürfte ein Doktor-Titel ohne entsprechende Berufserfahrung für die Wirtschaft weniger interessant sein als für die Wissenschaft. Wenn du also Kohle verdienen möchtest dann würde ich eine Industrie-Promotion anstreben und danach mit den ca. 3-4 Jahren Berufserfahrung aus deiner Promotion zur Konkurrenz wechseln.
 
der dr-titel kann aber auch ziemlich hinderlich sein, vor allem wenn man weniger forschen und mehr geld verdienen möchte... warum sollte ein unternehmen einen doktor einstellen, wenn sie nur einen master brauchen?

wenn du forschen willst -> doktor
wenn du nur in der wirtschaft arbeiten willst -> bleib beim master
 
Die Annahme das ein Dr. nur für die Forschung gut ist, ist falsch (weil ich es in meinem Großkonzern sehe)! Für ET und Inf stimmt es einfach nicht. Funnyman sagt es schon richtig. Das Einstiegsgehalt unterscheidet sich beim Dr. nur eine ERA-Stufe vom Master. Aber sobald du paar Jahre 3-4 gearbeitet hast wechselst du mit ca.30% Aufschlag, das ist bei Dipl und Master nicht drin (ja gibt Ausnahmen). Wenn du die mittlere Führungsebene anpeilst wirst du um einen Wechsel der Firma nicht herumkommen.

Bedenke aber auch das die 3 Jahre in der Industrie für den Doktor sehr hart werden, ca. 55 std die Woche werden normal sein bei einem evtl miesen Gehalt, die 2000€ netto sind schon eher die obere Grenze. Nach den 3 Jahren nimmst du eine Stelle an und schreibst in 6 Monaten deine Arbeit, während du 40-50 std die Woche noch arbeitest. Und erst dann hast du evtl. den Dr. von dem du erst wieder nach 3-4 Jahren profitierst. So schildern es mir zahlreiche meiner Kollegen die den Dr. in der Industrie gemacht haben. Ihre Stimme hat mehr Gewicht, sie sind freier in ihren Aufgaben, sie tragen aber auch mehr Verantwortung auch wenn sie auf der gleichen Ebene sind.
 
Funnyman schrieb:
.... Auch als Abteilungsleiter sind Dr.-Titel absolut gerne gesehen und schon beinahe die Regel. ...

Quatsch: Du meinst wahrscheinlich Aufsichtsräte und Vorstände - dort sind Doktoren eher die Regel (siehe München Rück), aber doch nicht als Abteilungsleiter. Wieviele Doktoren soll es denn in Deutschland geben um das (beinahe) zur Regel zur machen? ;).
 
Hallo Fu Manchu, ich kenne sowohl Gruppenleiter wie auch Abteilungsleiter mit Dr. Titel, wenngleich auf dieser Ebene der Titel noch nicht semi-obligatorisch ist und eher in der Forschungsabteilung vertreten :-)
Ab der Segmentsebene nimmt die Anzahl aber deutlichst zu wohingegen auf der Divisionsebene eher über einen Prof.-Titel nachgedacht wird als über den vorhandenen Dr. :-)

Bei den Vorständen braucht man nicht drüber reden, da gehört sich ein Titel einfach und wenn es nur ein h. c. oder Honorar-titel ist :-)
 
::1 schrieb:
dwenn du forschen willst -> doktor
wenn du nur in der wirtschaft arbeiten willst -> bleib beim master

Falsch Falsch

Gerade Dr. Ing. sind in Unternehmen gerne gesehen, eben für die Entwicklung und Forschung. :)

@TE

Wenn du wegen des Geldes einen Dr. machen willst, dann lass es direkt. Das ist keine Einstellung. Man braucht Hingabe und Idealismus zum du deinem Thema. Zumal du gerne noch Klausuren stellen und korrigieren darfst... oder auch mal eine Übung/Vorlesung als Vertretung halten darfst... "Scheiße fließt von oben nach unten" ;)
Für sowas bracht man Idealismus :)
 
Funnyman schrieb:
... ich kenne sowohl Gruppenleiter wie auch Abteilungsleiter mit Dr. Titel, wenngleich auf dieser Ebene der Titel noch nicht semi-obligatorisch ist und eher in der Forschungsabteilung vertreten...

Na also, doch keine Regel für Abteilungen wie du anfangs behauptet hast ;). Man kann das auf Forschung einschränken, zustimm.
 
jklomp schrieb:
Liebe CB'ler,

zur Zeit studiere ich einen interdisziplinären Studiengang (Elektrotechnik und Informatik) im Master an einer renommierten Technischen Universität. Aktuell überlege ich, ob es Sinnvoll ist eine Doktorarbeit zu schreiben, bin mir aber nicht sicher ob es sich rentiert.

Der Hauptpunkt liegt vor allem im Finanziellen. Als Doktorand bekommt man in einer vollen Stelle ca. 2000€ Netto - nach dem Master kann das in der Industrie hingegen durchaus mehr sein.

Habt Ihr vielleicht Erfahrungswerte, was das Einstiegsgehalt für einen frischen Doktoranden ist?
In wie weit sind Firmen überhaupt bereit einen Doktoranden anzumessen zu bezahlen?

Es ist anscheinend auch möglich seinen Doktor in einer Firma zu machen. Hat davon jemand schon mal was gehört?

Ein weiterer Punkt ist, dass man ja eh noch mindestens 40 Jahre arbeiten muss, da fallen die 3-5 Jahre für einen Doktor kaum ins Gewicht und man hat noch Zeit ein bisschen mehr in der Forschung zu arbeiten.

Nachteil ist, dass ich noch weitere Jahre an meinen jetzigen Standort gebunden bin.

Was würdet ihr als Hauptargument (positiv oder negativ) sehen? Habt ihr vielleicht Erfahrung? Steckt jemand grad in der Situation einen Doktor in der Tasche zu haben aber keine adäquate Stelle zu finden?


Ich hab meinen Dr.-Ing nachm Diplom gemacht. Hauptgrund war, das ich noch nicht arbeiten wollte :lol: Geht doch nix über ein schönes gammeliges Studentenleben.

Zum Geld als Doktorand: Welche Hochschule zahlt denn volle Stellen für Doktoranden? Bei uns waren 30-50%-Stellen üblich. Man braucht ja offizielle Zeit um die Arbeit zu schreiben, das sieht bei ner 100% Stelle schonmal schlecht aus. 800-1200€ hatten unsere Doktoranden verdient + Stipendien. Durchschnittszeit waren 4-7 Jahre, ich hab 5 Jahre gebraucht.

In der Firma? Bei uns war es immer in Kooperation mit Firmen, aber zu 90% an der Hochschule...halte ich auch für weitaus stressfreier. Wenn ich mir den Arsch wund arbeiten will, kann ich auch direkt nachm Master irgendwo anfangen.

Gehalt jetzt: Einstiegsgehalt waren bei mir ~70.000€ (Maschinenbau, Projektverantwortung, Automobilzulieferer), ein befreundeter Chemie-Doktor ist mit 50.000€ eingestiegen, ein anderer in einer Unternehmensberatung bei über 100.000€ inkl. all seiner variablen Gehaltsanteile (aber der Arbeit halt auch 12h+ pro Tag)

Ab einer bestimmten Gehaltsstufe zählt der akademische Grad oder Titel eher wenig nach meinem Empfinden, da kommt es nur darauf an wie man sich verkauft, und das können selbst manche Bachelor-Versager ganz gut :D
Nur mit Diplom wäre ich jetzt sicher auf einer ähnlichen Gehaltsstufe, aber mir hätten 5 Jahre Spass in der Hochschule gefehlt ;D

Zukunftspläne: Noch weitere 3-5 Jahre in der Wirtschaft bleiben und dann wieder an die Hochschule zurückgehen. Auf riesen Gehälter kann ich verzichten wenn ich gemütlich von 8 bis 15 Uhr "arbeiten" kann :D
 
Oh wow, ich hätte nicht mit so viel Resonanz gerechnet! Vielen Dank für alle die Eindrücke.

Es ist tatsächlich so, dass ich mich wohl falsch ausgedrückt habe. Meine Überlegungen den Doktor zu machen, basieren nicht auf der Annahme, dass ich mich dem Doktor mehr Geld machen könnte, sondern eher anders herum: Ob ich mit / während dem Doktor finanziell sehr in den Nachteil gerate.

Manche schreiben auch, dass es keinen Sinn macht ohne Interesse an der Forschung einen Doktor zu machen - das ist natürlich absolut richtig und es ist auch so, dass mir das Erarbeiten eines komplexen Themas sehr spaßt macht. Also zusammen gefasst: Der Doktor ist für mich NICHT aus finanziellen Gründen interessant - ich bin davon ausgegangen, dass ich mit dem Doktor Geld "verliere". Ich bin an dem Doktor auch interessiert, da ich die Idee, selbständig an einem ungelösten Problem zu arbeiten, sehr spannend finde.

Da das Thema auch öfters aufgekommen ist: An meiner Hochschule (zumindest an den interessanten Instituten) werden nur volle Stelle für Doktoranden vergeben.

In einem Gespräch mit einer meiner Professoren stellte sich heraus, dass der Doktor ein guter Schub für Karriere in Richtung Führungskraft mit Management Aufgaben sei. Es hieß vor Allem, dass man mit einem Master länger und hauptsächlich als Entwickler tätig ist und mit dem Doktor viel schneller in die Führungsebene gelangt. Kann das jemand bestätigen?

@ostzonaler:
Sehr interessanter Einblick, danke! Wärst du bereit eine typische Arbeitswoche während deines Doktors mal grob zu umschreiben? Das wäre super :)
 
Der Dr. kann sicher zur richtigen Zeit helfen die Tür öffnen. Aber nur deswegen würde ich keinen Dr. machen.

Finanziell würde ich sagen, ist es sicher ein Einschnitt, da die Uni nicht immer volle Stellen anbieten. Allerdings muss man sagen ist der "Dr" ja auch keine "Arbeit" in diesen Sinne sondern etwas was du nur für dich selbst machst.
 
Zuletzt bearbeitet:
voll Stelle ist doch super

Chemiker, Biologen, Physiker und andere echte Naturwissenschafler genießen keineswegs solche Privilegien.

Allerding sind sie in der Regel früher fertig als der Ingenieur.

Handelt es sich bei dir um Grundlagenforschung? Du kannst auch für Ein Unternehmen arbeiten und dir einen drittmittel-affinen Doktorvater suchen. Jetzt wo es eh bald keine Studiengebühren gibt.

Da es bei dir eher ums schnelle Geld geht, würde ich ,da ein Platz im Vorstand eines großen Unternehmens unrealistisch ist, auf die Doktorarbeit verzichten.

Obwohl ein Dr. ing. passt besser zu einem Porsche als ein M.Sc. ;)
 
Fairy Ultra schrieb:
Allerdings muss man sagen ist der "Dr" ja auch keine "Arbeit" in diesen Sinne sondern etwas was du nur für dich selbst machst.

Natürlich ist die Entscheidung einen Doktor zu machen meine, allerdings mache ich einen Doktor wohl auf für die Wissenschaft und nicht nur für mich selbst. Wenn ich einen Doktor machen würde, hätte ich auch den Anspruch etwas zu produzieren was verwendet werden kann und die Wissenschaft weiter vorantreibt.

MunichRules schrieb:
Handelt es sich bei dir um Grundlagenforschung?

Nunja, es ist noch nicht soweit, dass ich bereits ein Thema für die Doktorarbeit habe ;)

Fu Manchu schrieb:
Das sollte bei der Doktorarbeite dann besser nicht passieren. ;)

Man sollte auch keine Birnen mit Äpfeln vergleichen ;)
 
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