@ Tekaar oder das genaue Gegenteil
Das Ganze erinnert mich eher an die 24. Reise des Ijon Tichys in Stanislaw Lems, Sterntagebüchern:
In seinem Reisetagebüchern besucht Tichy das Volk der Indioten, wo die Erlauchten die Abgaben festlegen, sich der Produktionsanlagen angenommen haben in denen die Minderlinge ihrem Tagwerk nachgehen, zum Wohl der Allgemeinheit.
Im Laufe der Zeit erschufen nun dort die Gelehrten immer bessere Maschinen die den Minderlingen die Arbeit erleichterten, dort wo einstmals hunderte ihren Rücken bückten, taten nun nur noch zwei oder drei ihren Dienst.
Bis die Konstrukteure die Maschinen eines Tages derart verbesserten, daß diese nun vollständig autark ihre Arbeit verrichten konnten und die Minderlinge ihre Arbeit und ihren Lohn verloren und vom Hungertod bedroht waren.
Auf den Einwand Tichys, man hätte ja lediglich die Fabriken in gemeinschaftliches Eigentum überführen müssen und die Maschinen wären zum Segen Aller geworden, erhielt unserer Forschungsreisender nur die Antwort, daß dies einen Angriff auf die unveräußerlichen Freiheiten des Staates zielen würde, da niemand zu einer Sache gezwungen werden dürfe, die er sich nicht wünsche:
„ „Wer hätte da gewagt, den Erlauchten die Fabriken zu nehmen, wenn es ihr Wille war, sich des Eigentumstandes zu erfreuen? Das wäre die schlimmste Knebelung der Freiheit gewesen, die man sich vorstellen kann. So produzierten dann, wie gesagt, die Neuen Maschinen Mengen maßlos billiger Waren und vorzüglicher Lebensmittel, aber die Minderlinge kauften überhaupt nichts, denn sie hatten kein Geld."
„Aber mein lieber Indiote“, rief ich aus, „du willst doch nicht behaupten, die Minderlinge handelten aus freien Stücken so? Wo bleiben da eure Freiheit und Bürgerrechte?“
„Ach, teurer Fremder“, erwiderte der Indiote seufzend, „die Rechte bleiben weiter unangetastet, aber sie besagen ja auch nur, daß der Bürger mit seiner Habe und seinem Geld machen kann, was ihm beliebt, aber nicht, woher er beides nehmen soll. Die Minderlinge wurden von niemanden unterdrückt, keiner übte Zwang auf sie aus, im Gegenteil, sie waren völlig frei und konnten tun und lassen was sie wollten; statt aber diese uneingeschränkte Freiheit zu genießen, starben sie wie die Fliegen…“ (299 f.)
Zu dem Märchen, daß Bildung ein Problemlöser sei auch hier den Verweis auf die aktuelle Lebenswirklichkeit:
Beispiele, daß eine höhere Bildung das Gegenteil von dem bewirken kann, was eigentlich angedacht war, sind Bhutan, Thailand oder China:
In Bhutan wurden die Einnahmen aus dem limitierten Tourismus in das Schul- und Krankenwesen gesteckt.
Ergebnis: Arbeitslose Jugendliche in der Hauptstadt die nicht mehr als Bauern leben wollen, adäquate Arbeit ihrer Bildung entsprechend ist Mangelware. Jugendkriminalität, Prostitution und Rauschgiftdelikte haben extrem zugelegt während die sowieso prekäre Ernährungslage sich weiter verschlimmert hat, da nun auch noch weitere Flächen brachliegen.
Thailands Bildungsminister hat neulich angekündigt, daß kommendes Jahr (2013) wieder 29,000 Hochschulabgänger in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, da adäquate Stellen fehlen.
In China hat das Bildungsministerium dieser Tage darauf hingewiesen, daß einige Wanderarbeiter mittlerweile mehr verdienen als so mancher Hochschulabsolvent, da das Überangebot an Fachkräften deren Lohnzahlungen in den Keller drückt.
Alle diese Länder haben bereits erkannt, daß Bildung alleine nicht die Lösung ist: Nicht alle Menschen eines Landes können Flugzeugkapitäne, Lehrer oder Ärzte werden.