Geisteswissenschaftliches Studium oder lieber Ausbildung?

Systemstörung

Cadet 1st Year
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Aug. 2011
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Hallo,

ich stehe momentan vor einer für mich recht schwierigen Entscheidung. Vor zwei Jahren habe ich Abitur gemacht und mich seither so von Job zu Job gehangelt, womit ich jetzt endlich aufhören will, um mal weiterzukommen.
Mein Problem ist, dass meine Interessen in erster Linie in den Bereichen liegen, die grundsätzlich wohl eher als brotlos verschrien sind und keine sonderlich guten Berufsaussichten haben - konkrete Studiengände wären da Politikwissenschaft oder auch Medienwissenschaft. Für technische Bereiche konnte ich mich leider nie begeistern.

Jedenfalls habe ich jetzt also vor, im Oktober mit dem Politikwissenschaft-Studium zu beginnen. Da ich aber ziemliche Angst vor den Berufsaussichten habe, dachte ich mir, dass es vielleicht nicht verkehrt wäre, vor so einem Studium erstmal eine Ausbildung im Medienbereich zu machen, um dann auch entsprechende Kontakte knüpfen zu können.

Deswegen habe ich mich für die Ausbildung zum Medienkaufmann Digital/Print bei der Axel Springer AG in Berlin beworben, zumal man dort wohl auch die Möglichkeit hat, nach erfolgreicher Ausbildung ein Studium (bspw. Medienwissenschaft) zu beginnen und währenddessen wie auch danach bei der Axel Springer AG arbeiten zu können. Somit wären die sonst scheinbar so miesen Berufsaussichten für einen Studiengang wie diesem ja umgangen.

Falls ich eine Zusage zur Ausbildung bekommen würde, würde ich im nächsten Jahr also das Politikwissenschaft-Studium abbrechen und erstmal die Ausbildung beginnen. Des Weiteren habe ich mich auch bei Universal auf die Ausbildung zum Medienkaufmann für audiovisuelle Medien beworben. Ich mache selbst unheimlich gerne Filme und Musik, sodass ein Einstieg in die Medienbranche mich schon immer gereizt hat - zumal da ja auch politische Themen eine Rolle spielen, was perfekt zu meinen Interessen passt.

Was haltet ihr von der Idee? Wäre es tatsächlich gar nicht so dumm, erstmal so eine Ausbildung zu machen (zumal es ja immerhin bei einem großen Unternehmen wäre - bleibt halt nur die Frage, ob man mich auch nimmt) und gegebenenfalls danach das abgebrochene Studium wieder aufzunehmen oder doch etwas anderes (bspw. Medienwissenschaft) zu studieren, oder sollte ich das PoWi-Studium lieber direkt durchziehen und die Ausbildung im Zweifelsfall danach anstreben? Allerdings wird man ja leider auch nicht jünger...
Mein Hauptproblem ist einfach die Angst, mit einem Studium wie Politikwissenschaft zum Schluss nicht weit zu kommen, auch wenn ich mir selbstverständlich Tätigkeiten als studentische Aushilfskraft in entsprechenden Bereichen suchen würde, um während des Studiums möglichst Kontakte zu knüpfen. Aber das ist ja auch kein Wundermittel.

Für Ideen, Anregungen und Ratschläge bin ich sehr dankbar. Liebe Grüße. :)
 
Ich bin darüber nicht so gut im Bilde, aber führt der Weg über die Politikwissenschaften nicht in Richtung Forschung/Lehre oder Journalismus? Das sind doch zwei Felder, in denen man eine Perspektive für sich suchen könnte, auch wenn es nicht leicht wird.
Von solchen Vernunftsausbildungen halte ich relativ wenig. Die kann man machen, wenn das Studium den Bach runtergeht oder sich im Anschluss keine Möglichkeiten eröffnen. Meine Meinung dazu ist, dass man sich klar von seinen Interessen leiten lassen sollte. Wenn du dich wirklich für Geistes- bzw. politikwissenschaftliche Inhalte interessierst und genügend Leistungsbereitschaft zeigst, dann kannst du in diesem Feld auch richtig gut werden, und gute Leute werden immer gebraucht.

Ich habe entgegen aller Warnungen aus meinem Umfeld ein Studium aus dem Bereich der Sozialwissenschaften angefangen, einfach weil es mich inhaltlich am meisten interessiert hat, und habe heute ein Vollzeitstellenangebot im öffentlichen Dienst bekommen, das ich dankend annehmen werde - gleich mit der ersten Bewerbung. Für mich ist die Sache daher klar. Mach das, wofür du dich interessierst!
 
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Eine Lehre vor dem Studium zu machen ist sicherlich keine dumme Idee, vor allem wenn man danach in eben diesem Bereich ein Studium anstrebt.
Aber bei so einem Weg sollte man auch bedenken, wie man das Studium danach finanzieren will, zumal man sich in den 2 oder 3 Ausbildungsjahren ja auch ans Geld gewöhnt & sich privat vll auch einige Dinge ergeben.


Politikwissenschaften halte ich nicht für eine brotlose Kunst, und wenn dich das wirklich interessiert, wirst du auch gut werden und in diesem Bereich aufgehen. Möglichkeiten hättest du danach genug, z.B. im Journalismus, oder als Lobbyist eines Konzerns, usw.

Ich kann dir nur raten, mach was dir gefällt. Bringt dir nichts iwas zu machen, dass dir zwar Geld bringt, aber dich nicht glücklich macht ;)
 
Danke erstmal für die Antworten. :)

Es ist ja nicht so, dass die Ausbildung zum Medienkaufmann eine "Notlösung" für mich wäre. Im Gegenteil - damit hätte ich direkt den Schritt in die Medienbranche geschafft, den ich gehen will. Mich interessiert das politische, kulturelle und mediale Leben - vor allem in Berlin, wo die Ausbildung stattfinden würde, sofern man mich nimmt. Da ist es sicher nicht verkehrt, eine Ausbildung zum Medienkaufmann in einem großen Konzern zu machen.

Auf der anderen Seite reizt mich aber eben auch das Studium der Politikwissenschaft sehr, weswegen ich nicht so recht weiß, was nun der bessere Weg wäre... Rein vom finanziellen Aspekt her macht sich sicherlich die Ausbildung besser, aber von dem Gesichtspunkt her, dass man sein Abitur ja eigentlich nicht "umsonst" gemacht haben will, wäre es natürlich folgerichtig, studieren zu gehen. Mein Interesse dürfte für beide Bereiche, das Studium der Politikwissenschaft und die Ausbildung zum Medienkaufmann, jedenfalls gleich stark ausgeprägt sein. Mir stellt sich jetzt halt nur die Frage, was letztendlich mit Blick auf den Arbeitsmarkt sinnvoller wäre.
 
also ich halte Politikwissenschaften auch nicht für eine brotlose Kunst. Es kommt immer drauf an, was man aus seinem Studium macht. Klar ist allerdings, dass eine gewisse Eigeninitiative nötig ist. Eben, Kontakte knüpfen, schon während des Studiums sich in bestimmten Bereichen qualifizieren, Praktika machen und dadurch erstmal mögliche Berufsfelder entdecken. Und auch wenn der Berufseinstieg möglicherweise etwas holppriger ist, wie in anderen Bereichen, hat man mit eben jener Eigeninitiative doch ein breites Spektrum an Möglichkeiten.
"Vernunfts"entscheidungen führen aber oftmals nicht zu dem gewünschten Erfolg, wenn es ums Studieren bzw. die Berufswahl geht. Primär sollte hier wirklich das Interesse für einen Bereich sein, obwohl in einem gewissen Rahmen die Betrachtung der Berufsaussichten natürlich auch nicht verkehrt ist.
Ich finde beide Ideen die du hast recht gut und diejenige "sinnvoller" für welche das größere Interesse da ist.
 
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Systemstörung schrieb:
Mir stellt sich jetzt halt nur die Frage, was letztendlich mit Blick auf den Arbeitsmarkt sinnvoller wäre.
Ich würde es weniger davon abhängig machen, weil man die Situation auf dem Arbeitsmarkt sowieso nicht genau planen kann. Auf längere Sicht wird man vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung vermutlich in allen Bereichen gute Karten haben, wenn man nur qualifiziert ist. Darum halte ich es für viel wichtiger darauf zu achten, was mit Blick auf die eigenen Interessen am besten passt.

Ich habe vor meinem Studium eine Berufsausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Aus Sicherheitsgründen, und weil ich mir nicht im Klaren darüber war, wohin die Reise überhaupt gehen soll. Im Nachhinein war das ein Fehler und verschwendete Zeit. Das Niveau war niedrig, es hat mich inhaltlich nicht wirklich interessiert, der Job war dröge und eintönig, es hat mich schlichtweg kein Stück vorwärts gebracht. Ganz anders dagegen das Studium. Für mich ist die Sache so klar. Wenn es etwas gibt, das einen interessiert und die Möglichkeit eines Studiums besteht, dann sollte man davon Gebrauch machen.

Natürlich besteht diese Möglichkeit auch im Nachhinein, nur ist dann zu bedenken, dass man sich an den Job und das regelmäßige Einkommen gewöhnen könnte und dann möglicherweise aus Bequemlichkeit die Studienpläne verwirft. Außerdem wird Studieren mit zunehmendem Alter immer schwieriger finanzierbar, da gewisse Vorteile, die man als junger Mensch noch hat, nach und nach entfallen. Zu nennen sind Bafög und die Familienversicherung der GKV (später der ermäßigter Beitragssatz für Studenten), hinzu kommen auch gewisse Ansprüche, die sich entwickelt haben, oder vielleicht sogar familiäre Verpflichtungen.

Wenn ich dir noch abschließend einen Tipp geben kann, womit ich im Rückblick häufig besser bedient gewesen wäre: Höre bei solchen Entscheidungen auch auf dein "Bauchgefühl"... ;)
 
Also verschwendete Zeit ist eine Ausbildung mal sicher nicht. Höchstens wenn man danach in eine ganz andere Richtung geht zum studieren, okay - dann hätte man sich das schenken können.
 
Mach eine Ausbildung. Ich bin "Geisteswissenschaftler", Historiker um genau zu sein.
Sicher machen Geisteswissenschaftliche Studiengänge in aller Regel viel Spass. Aber sie sind wirklich wirklich brotlos. Kontakte knüpfen? Ich war mit einigen Dozenten und Professoren bei Du. Na und? Nützt nichts. Stellen werden ganz krass intern vergeben, da bleiben auch 1,0er auf der Strecke. Dann gibt es das Gerücht: "Geisteswissenschaftler können alles machen" . Klaro. Aber es gibt immer Spezialisten, die dann den speziellen Teil von "Alles" besser können. Das ist ein Studium für Frauen, die gut einheiraten oder für diejenigen, die verwandte oder sehr sehr gut Bekannte in wichtigen Positionen haben. Der Rest bleibt auf der Strecke. Entweder was Richtiges studieren oder aber eine handfeste Ausbildung machen. Geisteswissenschaftler haben es unendlich schwer. Such einfach mal nach Stellen für solche. (Ah, wenn du was gutes findest (hahaha) PN an mich.) Auf eine Stelle (auch in der Wirtschaft oder Journalismus), selbst wenn sie noch nicht intern vergeben ist (Ausschreibungen sind nur aus gesetzlichen Gründen öffentlich, das bedeutet aber nichts) , kommen hunderte (habe ich selbst erlebt) Bewerbe auf eine Stelle von "Alles".
Betriebswirtschaft ist sicher nicht schlecht. In Richtung Börsenzockerei oder Risikobewertung (das wird zwar in den Medien als "böse" dargestellt, aber mal ehrlich, die Leute bei Banken oder Finanzistituten verdienen wenigstens Geld.)
Wenn dir so was dröges nicht liegt: Geologie, oder Geografie in Richtung Klimatologie. Die Klimawandelindustrie läuft ja gerade erst warm. Bitte nur nichts Geisteswissenschaftliches. Dann haben wir noch weniger Platz am Arbeitsamt oder auf den Bewerbungsfluren. Danke.

PS: Wenn du dir jetzt denkst, Taxifahrende Geisteswissenschaftler sind nur Legende: Stimmt, so einfach wird man nämlich gar nicht Taxifahrer.
 
Naja, bleibt ja immer noch die Möglichkeit als Lehrer zu Arbeiten (bzw. drauf zu studieren), wobei auch da nicht so viel Nachfrage herrscht (Mathe und Physiklehrer werden aber gesucht wie verrückt :D)
 
Meinen wenigen Erfahrungen nach, kommt es zumindest im Journalismus deutlich mehr auf Kontakte und Erfahrungen an als auf eine bestimmte Ausbildungsform. Der Hochschulabschluss ist da eher Formalität, um zu zeigen, dass man sich auch langfristig in komplexe Themen eindenken und selbstständig recherchieren kann.

In 4 Jahren Studentenzeitung ist noch kein Chefredakteur (die wechseln im Jahresturnus) nicht danach auf Anhieb bei großen Zeitungen oder Agenturen untergekommen, eine sogar noch während ihres Studiums als DPD-Korrespondentin. Ein anderer hat nach der Chefred-Zeit sein Studium abgebrochen und glücklich ein Volontariat bei einer Tageszeitung begonnen. Auch viele andere Redakteuere sind bei großen Zeitungen untergekommen, hab neulich erst im Zug eine getroffen, die gerade vom Erfolgreichen Bewerbungsgespräch bei Spiegel Online in Hamburg zurück kam. Ein Urgestein aus unserem Laden ist seit längerem in der Spam-Rubrik Stammkarikaturist.

Diese ganzen Entwicklungen fanden weitgehend unabhängig vom Studium statt - darunter waren Germanisten, PoWis, Psychologen, Juristen und was weiss ich noch alles (da es eine Studentenzeitung war, natürlich keine nicht-Akademiker). Wenn du schonmal den Steinmeier Interviewed hast, musst du auch nicht mehr deinen Schein in Gesprächstechniken ansprechen ;)

Daher lautet mein Tipp ganz klar: wenn feststeht, dass du in eine bestimmte Medienrichtung gehen willst, gehe den Weg, der dir erlaubt, möglichst schnell möglichst viel Praxiserfahrung zu sammeln. Ob ein Studium dich auf deinem Weg wirklich unterstützt, kannst du unterwegs viel besser entscheiden.
 
Ehrliche Antwort?

Sowohl im Bereich Medien als auch in einem geisteswissenschaftlichen Studium (Politikwissenschaften eventuell bessere Chancen, wenn du auch wirklich in die Politik gehen willst) mit Schwerpunkt Medien wirst du zu einer hohen Wahrscheinlichkeit als Taxifahrer oder ewiger Praktikant enden.
 
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