Guttenberg: Alles Schein und Trug?

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Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
als Doktorandinnen und Doktoranden verfolgen wir die gegenwärtige Diskussion um die Plagiatsvorwürfe gegen den Bundesminister der Verteidigung, Herrn Karl-Theodor zu Guttenberg, mit großer Erschütterung und noch größerem Unverständnis. Wir haben den Eindruck, dass Sie mit aller Macht versuchen, einen Minister zu halten, der trotz massiver Gegenbeweise immer noch die Behauptung aufrecht erhält, er habe in seiner Doktorarbeit nicht bewusst getäuscht.
Mit dieser Vorgehensweise beschädigen die Bundesregierung und die Abgeordneten der Koalition nicht nur sich selbst, sondern viel mehr.


Zu Guttenberg musste bereits in der letzten Woche mehrfach Abstand von seinen zuvor beteuerten Aussagen in Bezug auf seine Dissertation nehmen. Die Internetgemeinde hat es in einer beispiellosen Art und Weise geschafft, eine Vielzahl von eindeutigen Plagiaten in der Dissertation von Herrn zu Guttenberg zu belegen. Diese Indizien sind von jedermann einzusehen und überprüfbar. Es nimmt kaum Wunder, dass sich Plagiatsexperten darüber einig sind, dass man hier nicht mehr von einigen "peinlichen Fehlern" reden kann. Es handelt sich um massive, systematische Täuschung. Zu Guttenberg hat große Teile seiner Dissertation - und dies offenbar mit großem Ehrgeiz - zusammenkopiert und Quellen vertuscht, um sich den Doktortitel zu erschleichen, mit dem er dann nicht zuletzt auf Wahlplakaten geworben hat. Die Universität Bayreuth hat diesen Vorwurf nicht ausräumen können. Angesichts des Umfangs und der Anzahl der Plagiate wissen Sie genauso gut wie wir, dass am Ende der genauen Überprüfung durch die Universität nur ein Ergebnis stehen kann, was die Täuschungsintention des Ministers angeht. Man kann dies nicht "unbewusst" tun. Diese Täuschung als solche zu benennen, hat dabei nichts mit der Zugehörigkeit des Ministers zu einer bestimmten Partei zu tun. Auch von den Politikern der Opposition würden wir den Rücktritt als Minister fordern, hätten sie ihr Ehrenwort gegeben, ihre wissenschaftliche Leistung eigenständig und nur unter Zuhilfenahme der angegebenen Hilfsmittel erstellt zu haben, und dann trotzdem in massiver Weise dagegen verstoßen.
Herr zu Guttenberg hat am 23. Februar 2011 in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag darauf verwiesen, er wolle nur nach seiner Tätigkeit als Verteidigungsminister beurteilt werden. Er hat dabei auf eine Formulierung von Ihnen angespielt, wonach Sie ihn nicht als "wissenschaftlichen Assistenten" eingestellt hätten.
Dies ist eine Verhöhnung aller wissenschaftlichen Hilfskräfte sowie aller Doktorandinnen und Doktoranden, die auf ehrliche Art und Weise versuchen, ihren Teil zum wissenschaftlichen Fortschritt beizutragen. Sie legt darüber hinaus nahe, dass es sich beim Erschleichen eines Doktortitels um ein Kavaliersdelikt handele und dass das "akademische Ehrenwort" im wirklichen Leben belanglos sei.
Bei der Beachtung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis geht es nicht um "Fußnoten", nicht um Kinkerlitzchen, die angesichts größerer politischer Probleme vernachlässigenswert sind. Es geht um die Grundlagen unseres Arbeitens und Vertrauenswürdigkeit. Wir bemühen uns daher in unserer eigenen Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen, diesen hohen Anforderungen jederzeit nachzukommen. Wenn wir dies nicht tun, laufen wir (zu Recht) Gefahr, von der Universität verwiesen zu werden.
Die meisten von uns unterrichten zudem jüngere Studierende. Nicht selten ist es unsere Aufgabe, ihnen die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens zu vermitteln. Wir halten die Studierenden dabei dazu an, von Anfang an sehr genau darauf zu achten, korrekt zu zitieren und jedes Hilfsmittel als solches kenntlich zu machen. Wir tun dies nicht, weil wir "Fußnotenfanatiker" sind oder im "Elfenbeinturm" sitzen und nicht wissen, was im wahren Leben zählt. Es geht uns schlicht darum, das Verständnis dafür weiterzugeben, dass wissenschaftlicher und damit gesellschaftlicher Fortschritt allein dann möglich ist, wenn man sich auf die Redlichkeit in der "scientific community" verlassen kann. Verstoßen unsere Studentinnen und Studenten gegen diesen Kodex, sind wir gehalten, ihre Prüfungsleistung als ungenügend zu bewerten. Bei erneutem Verstoß droht in aller Regel die Exmatrikulation. Nach einer solchen Entscheidung bleibt der Eintritt der Betroffenen in viele Berufe zurecht verwehrt - auch in Berufe, in denen die persönliche Integrität weniger bedeutend sein mag als im Amt des Bundesverteidigungsministers.


Vielleicht sind wir altmodisch und vertreten überholte konservative Werte, wenn wir die Auffassung hegen, dass Aufrichtigkeit und Verantwortungsbewusstsein Werte sein sollten, die auch außerhalb der Wissenschaft gelten sollten. Herr zu Guttenberg schien bis vor kurzem auch dieser Meinung zu sein.
Forschung leistet einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung. Redliche und innovative Wissenschaft ist eine Grundlage des Wohlstands in unserem Land. Wenn der Schutz von Ideen in unserer Gesellschaft kein wichtiger Wert mehr ist, dann verspielen wir unsere Zukunft. Wir erwarten für unsere wissenschaftliche Arbeit keine Dankbarkeit, aber zumindest den Respekt, dass man unsere Arbeit ernst nimmt. Durch die Behandlung der Causa Guttenberg als Kavaliersdelikt leiden der Wissenschaftsstandort Deutschland und die Glaubwürdigkeit Deutschlands als "Land der Ideen". Möglicherweise aber halten Sie unseren Beitrag zur Gesellschaft schlicht für vernachlässigenswert. Dann möchten wir Sie aber bitten, in Zukunft nicht mehr von der von Ihnen selbst ausgerufenen "Bildungsrepublik Deutschland" zu sprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,747702,00.html
 
Die Stellungnahme des Herrn Kasper im von Canopus verlinkten "Kontraste-Bericht", ist ein treffender Beleg für die verkommene Denkweise die offenbar in gewissen Kreisen vorherrscht.

Andreas Kasper, laut "Kontraste-Bericht" vom 24.02.11, Zitat:

"Er hoffe, dass wenn sein Parteifreund Guttenberg im Amt bleiben darf, auch sein Ansehen wieder hergestellt ist und er wieder ein Amt übernehmen kann."

Minus mal minus gibt plus? Oder keimt hier eher die Hoffnung, daß, wenn genügend mitmachen, der Betrug gesellschaftsfähig wird?

Welche abenteuerlichen Gedanken durchströmen diesen Herrn, auf die abstruse Idee zu kommen, die Verfehlungen Guttenbergs, die nahezu seinen eigenen entsprechen, wären dazu geeignet, sein (Kaspers) Ansehen wieder herzustellen?

Unrechtsbewußtsein? Fehlanzeige! Nicht mal als Jurist, der er ja nun mal ist, scheint ihn weder seine eigene Vergangenheit, noch die "Affaire Guttenberg" zu belasten - außer, daß sie seine Karriere belastet hat - im Gegenteil, hofft er doch mit Hilfe der Schlechtigkeiten anderer, wieder in Amt und Würden zu kommen. Abgründe tun sich auf!

Der Meinung des Deutschen Hochschulverbandes - in maksims Beitrag über mir - schließe ich mich gerne an: "Es ist unerträglich!"
 
Es geht bei Guttenberg nicht nur um die Doktorarbeit sondern generell um die Persona Guttenberg: An Guttenbergs Vita ist kaum etwas echt.

Der Fall Guttenberg hat nun auch das Ausland erreicht, das auch nicht gut darauf reagiert.

Morgen findet auf dem Potsdamer Platz in Berlin eine Demo zu diesem Fall statt.
Es geht nicht nur allein um Guttenberg, sondern eben generell um den Wert Doktorarbeit, Gerechtigkeit, das alle gleich sind und auch um Open Access in wissenschaftlichen Kreisen.

Der Fall Guttenberg und seine Doktorarbeit ist ein absolutes Pro für Open Access und einem Wikiprinzip, denn nur so konnten die unzählichen Plagiate aufgedeckt werden.
 
Das vorzeitige Führen des Doktortitels war rechtens:
......zeigt aber auch sehr gut, wie wichtig ihm der Titel war!
 
Lars_SHG schrieb:
......zeigt aber auch sehr gut, wie wichtig ihm der Titel war!
etwa, um seinen politischen Werdegang zu befördern? :D

Mich würde interessieren, wieso der Mann das 2. Staatsexamen nicht gemacht hat. Durchgefallen oder gar nicht erst versucht, da es ihm von vornherein nur um den Titel ging, um in der Berufspolitik durchstarten zu können? Jedenfalls steht der ehemalige Doktor de facto ohne eine Berufsausbildung da.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bleibt die Frage warum es ihm so wichtig war.
Ein Herr von und zu.
Minister für Wirtschaft gewesen und Minister für Verteidigung.
Kanzlerkanditat(?)

Warum noch nen (vergleichsweise minderwertigen) Doktor machen?
 
@ Haudrauff
Na ja, sind wir mal ehrlich, mit dem richtigen Parteibuch und Kontakten zur richtigen Zeit kann jeder Minister für irgendwas werden. Fachleute haben wir doch nur zu selten!

Der Dr. Titel ist (sollte) eine persönliche Leistung sein, die in seinen Kreisen sicher noch wichtiger ist.
 
Tja der Gute(nberg) hat zu hoch gepokert und jetzt fällt sein mühsam aufgebautes Kartenhaus in sich zusammen. Ich war nie euphorisch für ihn, fand aber schon, dass er einer der besseren Politiker ist.

Jeder der schon eine wissenschaftliche Arbeit verfasst hat, weiß welche gravierenden Schnitzer sich der Schreiber von Guttenbergs Arbeit geleistet hat. Ich schreibe bewusst der Schreiber, denn die Vermutung, dass er die Arbeit nicht alleine geschrieben hat erhärtet sich doch von Tag zu Tag mehr.

Als Verteidigungsminister ist so jemand leider absolut unbrauchbar. Gerade in diesem Ressort geht es sehr viel um Vertrauen und Ehrlichkeit.

Ich weiß nicht ob er das durchstehen wird. Für die Opposition natürlich wie Weihnachten und Geburtstag an einem Tag ;). Mal sehn.
 
Bookstar schrieb:
Gerade in diesem Ressort geht es sehr viel um Vertrauen und Ehrlichkeit.

Warum gerade in diesem? Ich seh das komplett anders.
Im Verteidigungsministerium kann man sich mitunter die größten Schnitzer erlauben, dies hat sich auch immer wieder bestätigt, weil von möglichen Fehlern die wenigsten Bürger direkt betroffen sein würden.
Ebenso kann man im Umwelt- und Entwicklungshilfeministerium nicht viel verkehrt machen, damit man sich den direkten Zorn seiner Bürger auf sich zieht.


Da haben Finanz- und Innenminister ganz andere Probleme, wenn sie eine große Reform anstreben.
 
Sehe es mal aus dem Blickwinkel der Soldaten oder Länder die mit Guttenberg direkt in Relation gebracht werden. Die Loyalität von Soldaten und das Vertrauen in der Gruppe sind wohl größte Veraussetzung um eine leistungsfähige und verlässliche Bundeswehr zu haben.

Wenn man bedenkt, dass der salop formulierte Boss der Truppe Guttenberg gegen diese Grundsätze massiv verstoßen hat und zu seinem eigenen Nutzen vielen anderen fair/hart arbeitenden Doktoranden einen Arschtritt verpasst hat, dann zeigt das nicht von vorbildlichen Gruppenverhalten.

Das ist keine Bagliattele was sich der Guttenberg hier erlaubt hat, da wurden nicht ein paar Zitate vergessen. Das Ausmaß des Plagiats ist schon erstaunlich und deshalb auch so schockierend.

Zur Verteidigung Guttenbergs: Was sich die Uni Bayreuth dabei gedacht hat, diese Arbeit so abzusegnen, ja dass ist ein großes Fragezeichen. Wenn die Einleitung schon teilweise kopiert ist, dann fällt das jedem auch bei nur grober Analyse der Arbeit sofort ins Auge.
 
Bookstar schrieb:
Zur Verteidigung Guttenbergs: Was sich die Uni Bayreuth dabei gedacht hat, diese Arbeit so abzusegnen, ja dass ist ein großes Fragezeichen. Wenn die Einleitung schon teilweise kopiert ist, dann fällt das jedem auch bei nur grober Analyse der Arbeit sofort ins Auge.
Ein weiterer Punkt mit Klärungsbedarf. Die Uni Bayreuth zählt mit ihrer juristischen Fakultät zu den angesehensten Hochschulen im Bereich der Rechtswissenschaften. Auch Guttenbergs Doktorvater, Peter Häberle, war ein hochdekorierter Rechtswissenschaftler. Das wirft doch wirklich die Frage auf, wie ein Plagiat von derartigem Ausmaß übersehen und mit 'summa cum laude' bewertet werden kann, zumal sich der Verfasser Medienberichten zufolge nicht einmal Mühe gegeben haben soll, die Stilbrüche des Flickwerks zu glätten.

Ob hier wohl der "Stallgeruch" des Freiherren in die Note eingeflossen ist?
 
Nein, muß ich dir wieder Widersprechen.
Schau dir doch mal die letzten Pfeiffen von Verteitigungsministern an!
Ich erinnere da nur an Scharping, welcher Aufmarschrouten in PKs verrät oder mittem im Krieg mit seiner Gräfin im Pool planscht.
Oder der glorreiche 1-Monats-Minister Jung.
Und Struck hat sich auch nicht mit Ruhm bekleckert.
 
Was hat das mit seinem Post zu tun ?
Ist doch ein vollkommen anderes Thema.

PS: Wäre Guttenberg damals schon Verteidigungsminister gewesen wäre er im Gegensatz zu Jung im Posten geblieben. Nicht weil er besser ist oder was anderes gemacht hätte sondern weil er fotogener und beliebter ist.
Was er im Job macht ist doch vollkommen zweitrangig solange er nicht erwischt wird wie er seine achsotolle Frau mit ner Prostituierten betrügt (oder irgendwas macht was der Bild in den Karren fährt).
Nimm doch mal die rosa Brille ab.
 
@ crespo:

Ja die politische Ebene weint dir jetzt schon nach.
Willkommen in der Realität.

Du Politologe hast dir sicherlich die Öffentliche Anhörung von und zu Guttenberg angesehen? :D

Dann wäre dir klar, dass egal welcher Politiker Dreck am Stecken hat. Eine derartige öffentliche und vorallem unqualifzierte Diffamierung habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Dort wurde Gift und Galle von der Opposition geschossen, alle male unter der Gürtellinie und du denkst der Guttenberg wäre da bloß eine Ausnahme.

Ohwe. :)
Ergänzung ()

@ crespo: Sicher nicht. Du bist nicht einen Millimeter sachlich, stattdessen bist du einzig mit persönlichen und emotional fehlgeleiteten Kommentaren am Start.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ schluckspecht
Das Problem ist doch, auch wenn sich die Opposition (zu Zeiten SPD Regierung war die CDU/CSU & FDP genauso beleidigend, was es aber nicht besser macht) daneben benommen hat, jeder kann jetzt Guttenberg eine Lügner und Betrüger nennen, er kann nichts dagegen unternehmen.

Würde er klagen, würde er verlieren und könnte sich erst recht nicht mehr im Amt halten.

Allein schon deshalb sollte er gehen - und wenn er nicht von sich aus geht, dann sollte man ihn entlassen!

Was ich persönlich wirklich abstossend finde ist dieses klammern am Job um ja nicht die Pension zu verlieren, obwohl er nicht darauf angewiesen ist.
 
@ Lars_SHG

Der klammert garantiert nicht wegen der Pension. Für seine Familie sind die paar Kröten nicht mal Peanuts.
Der klammert aus dem gleichen Grund, aus dem er bei seiner Dissertation beschissen hat. Ehrgeiz.
 
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