Ich schiebe direkt eine wichtige Info zum Textverständnis voraus:
Wenn ich von der Chipsatz-Temperatur des X570 spreche, dann meine ich den in hwinfo ausgelesenen Wert. Die Werte aus jedem BIOS stammen immer von einem externen Sensor und sind nicht zuverlässig. Mein aktueller Wissensstand ist, dass alleinig hwinfo diesen Wert wirklich zuverlässig auslesen kann. Zur Einordnung: bis ~90° spricht man bei diesem Chipsatz von "unbedenklich", aber schön finde ich's nicht![]()
Die Ausgangslage
Meinen X570 Chipsatz auf dem Mainboard versorge ich seit meinem Wechsel auf dieses Board nicht mit dem Stock Kühler, sondern hatte einen alten 3rd Party Northbridge Kühler von Zalman aus der Sockel 939 Zeit verbaut.
Zwecks noch besserer Temperaturen werkelte auch noch ein kleiner Noctua 4cm Lüfter darauf. Da der Zalman Kühler viel höher ist, als der Stock Kühler, war der Betrieb nur mit einer 1-Slot hohen Grafikkarte möglich, was durch den Wasserkühler meiner ehemaligen RX6800 gegeben war. Die Chipsatz Temperatur lag bei ~55-60°C mit ~33% Drehzahl des Fans.


Die Problemstellung und der schlimme temporary Fix 🙈
Mit der Aufrüstung auf eine RX9070 und der nicht-Verfügbarkeit eines Wasserkühlers gab es nun natürlich ein Problem. Übergangsweise habe ich folgenden Chipsatzkühler eines alten (passenderweise) Gigabyte Boards in meiner Sammlung gefunden, den ich Ghetto-Mod-mäßig mit einem Tropfen Wärmeleitpaste auf den Chipsatz gesetzt und mit einem isolierten Draht an zwei Schrauben fest gezurrt hatte.
Ein aus TK-Flammkuchen-Karton gebauter Shroud wurde mit dem 4cm Noctua Lüfter so positioniert, dass die Luftführung an der Grafikkarte vorbei etwas Luft am Chipsatz bewegte, so dass dieser mit ~78°C betrieben werden konnte unter Linux, wo die RX9070 sich noch nicht aus dem Zero RPM Fan Mode holen lässt. Unter Windows und konstant drehenden Lüftern der GPU hätte die Lösung auch ohne den Noctua Lüfter schon ausgereicht.
Das habe ich aus großem Schamgefühl natürlich nicht abgelichtet, aber hier habt ihr einen Blick auf den Kühler


Was nun? Heatpipes sind cool!
Ich hatte einige Ideen das Problem zu lösen. Wasserkühler in der Höhe passen leider nicht so richtig, außer man nimmt diese unsäglichen Kupferblöcke ohne Gewindeanschlüsse, sondern mit direktem Schlauchanschluss ganz ohne Verschraubung 🙈 Bei der relativ geringen Verlustleistung wäre Wasser hier aber auch mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Dann ist mir eingefallen, dass ich bei AliExpress über günstige abgeflachte Heatpipes gestolpert bin. Die könnte man doch sicher super nutzen, um die Hitze flach abzutransportieren und den Wärmetauscher/Kühlkörper damit verlagern zu können.
Eine kleine Kupferplatte als potentielle Base hatte ich noch über, die von einer Radeon 7970 GHz Edition stammte, um einen Wasserkühler auf der GPU montieren zu können, welche in einem Rahmen eingelassen war, so dass kein direkter Kontakt für Universalkühler möglich war. Dieses Kupferplättchen, das es genau für diesen Fall zu kaufen gab, überbrückte den Gap und wurde beidseitig mit Wärmeleitpaste zwischen Kühler und GPU gesetzt.
Jetzt besitze ich leider keine gut ausgestattete Werkstatt zu Hause und habe auch schon gesehen wie schwierig es werden kann Heatpipes zu löten, weil diese einerseits nicht zu heiß werden dürfen und andererseits die punktuelle Hitze für den Lötvorgang schnell abtransportieren. Da fehlen mir gutes Werkzeug und Erfahrung.
Ich erinnerte mich in einem Schrauberladen vor 20 Jahren als Studi-Job mal zwei-Komponenten-Thermokleber verwendet zu haben, um einen Super Sockel7 Kühler auf eine GPU zu kleben, der dann aber auch sehr aggressiv und unlösbar mit den Objekten verbunden war. Super für "für immer", aber hier muss es nicht für immer sein, falls ich die Teile mal anderweitig verwenden möchte.
In der Richtung habe ich jedenfalls weiter gesucht und bin alternativ auf einen Wärmeleitkleber mit hohem Silikonanteil gestoßen, den ich mir dann auch besorgt habe. Die Teile habe ich also händisch zusammen gepresst, damit die Kleberschicht an den Kontaktflächen möglichst gering bleibt für gute Wärmeübertragung und danach fixiert mit Wäscheklammern/Gummibändern, um alles trocknen zu lassen. Dass die Klebeflächen vorher alle mit Alkohol gereinigt und entfettet werden sollten ist selbstredend.
Eine kleine Bildergalerie der Arbeitsschritte seht ihr hier:





Testing und Montage
Der erste "Test" wie gut dieser Kleber, der sich ein bisschen wie eine Mischung aus Wärmeleitpaste und Bausilikon verarbeiten lässt, Wärme wirklich zwischen den Komponenten überträgt war ein Feuerzeug unter der Kupferplatte. Der Kühlkörper, den ich dabei fest gehalten habe, wurde ganz schön schnell warm

Jetzt ging es noch an die Montage. Zur Arretierung hatte ich auch noch ein paar nutzbare Restmaterialien, wie z.B. eine Querstrebe mit federnder Vorspannung, die ich mit 2 Metallarmen an den vorhandenen Löchern im Board mit Schrauben ausrichten konnte (auch hier hätte ich mir gerne was passenderes zurecht gesägt / gebohrt, aber es ist stabil und der Anpressdruck passt).
Ein dickes doppeltseitig klebendes Wärmeleitpad habe ich als Puffer auf die Heatpipes geklebt, damit die Querstrebe nicht punktuell auf die Heatpipes drückt und auch etwas isolierter ist (ja es ist offiziell ein "Wärmeleitpad", aber wirklich alt und 2mm dick


Lüfter wieder auf den Kühlkörper und jetzt passt alles, wie ich mir das vorgestellt habe, unabhängig davon ob eine 1 bis 2,5 Slot Grafikkarte verbaut wird.
Die Temperaturen sind sogar leicht besser als zu Anfang, wo der Kühlkörper direkt auf dem Chipsatz-Die saß. Ich erkläre mir das dadurch, dass der wirklich kleine Chipsatz-Die die Hitze an die Kupferplatte besser abgeben kann, als an das Alu der Kühlers. Der Abstransport durch die Heatpipes ist schnell und die Kontaktfläche der Heatpipes zum Kühler ist ebenfalls größer als wenn der Kühler direkt auf dem Chipsatz-Die aufliegt.
Der kleine 4cm Lüfter kann jetzt mit ~25% Drehzahl betrieben werden für die selben Temperaturergebnisse, wenn die GPU im Zero RPM Mode läuft.
Das ist kein großer Unterschied, aber konsistent messbar.



Schlusswort und Spinnereien
Was hab ich gelernt? Thermokleber ist gut und funktioniert. Heatpipes sind super um ein vorhandenes Kühlkonzept zu ändern oder zu verstärken. Auf Youtube sind mir schon einige Notebook-Mods mit zusätzlichen Heatpipes zur Kühlungsunterstützung durch die Suggests geflogen, die sicherlich auch ein wenig Inspiration für mich waren.
Andere Problemfälle kann man auch ähnlich angehen, wie z.B. die schlimme VRM Kühlung des Gigabyte X470 Aorus Ultra Gaming. Hier könnte man die Kühlkörper untereinander verbinden und dann vllt. auf die Heatpipes noch weitere Kühlkörper kleben, um (haltet euch fest) CPU Drosselung bei ü115°C VRM Temp zu verhindern. Super Board Austattung damals... aber VRMs aus der Hölle 🔥.
Auch hitzköpfige SSDs, die vielleicht nur eine kleinen passiv-Kühler besitzen, könnte man vllt. "aufrüsten".
Hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen. Ich freu mich, mir jetzt keine Sorgen mehr um meinen Chipsatz mehr machen zu müssen

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