Allein mit Laufzeitunterschieden (ITD) lässt sich noch keine zuverlässige Ortung bezwecken. Der Anteil des Pegelunterschiedes (ILD) zwischen beiden Kanälen ist mindestens genau so wichtig!
Die beiden Größen bestimmen vereinfacht gesagt allerdings nur die links-rechts-Ortung. Was sich auf der vertikalen Medianebene abspielt, wird über die individuell ausgeformte Ohrmuschel (Pinna) interpretiert. Wenn hierbei die spektrale Zusammensetzung einer Surround-Simulation nicht zur eigenen Hörerwartung passt, dann kann zum Beispiel das Vorne und Hinten nicht richtig zugeordnet werden. Solche Lokalisationsfehler lassen sich jedoch durch Kopfbewegungen (Headtracking) recht einfach ausgleichen. Ingame muss man dazu einfach nur die Spielfigur drehen.
Das Argument mit den "hast ja nur zwei Ohren" geht ein wenig an der Sache vorbei. Es geht bei dem ganzen Unterfagen darum, die Vielzahl der Kanäle beziehungsweise die darin kodierten Rauminformationen korrekt auf die beiden Kanäle des Kopfhörers runterzumixen. Bei Kopfhörern landet am Ende immer alles bei 2.0 (die Surround-Gurken, die tatsächlich mehr als zwei Treiber liefern, an der Stelle mal ausgenommen).
Virtual Surround ist ansich eine schöne Sache. In der Praxis scheitert es allerdings oft an der technischen Implementierung und der Inkompatibilität der HRTF zur eigenen Hörerfahrung. Ich habe schon etliche Simulationen durchprobiert, zum Beispiel von HeSuVi oder Spatial Sound Card. Auf Dauer sehe ich in diesen Modifikationen für meinen Teil leider nur unschöne Klangverbieger, die nur bei sehr wenigen Quellmaterialien gut funktionieren. Willkürlich mikrofonierte und abgemischte Musik geht damit so gut wie gar nicht. Die Klangkulisse von Spielen wirkt durch solche Simulationen meist größer und voluminöser. Dies oft aber auch zu Lasten der Klarheit und Trennschärfe. Für Multiplayer-Titel daher nur bedingt geignet. Hängt aber natürlich auch immer davon ab, ob das Spiel 5.1 oder 7.1 systemseitig überhaupt abgreifen kann.
Neben den verschiedenen HRTFs, die zum Beispiel über HeSuVi zur Verfügung stehen, sollte man auch mal verschiedene Kopfhörer durchprobieren. Je nachdem, wie dieser klingt beziehungsweise den Schall leitet, können nochmal deutliche Unterschiede aufkommen. Ich bevorzuge Kopfhörer, die von sich auch bereits sehr räumlich klingen (z.B. den Audioquest Nighthawk), und lasse die Softwarefilter (bis auf ein wenig EQ zur Linearisierung) gänzlich weg. Was an Surround ausgegeben wird, entscheidet dann die jeweilige Audio-Engine des Spiels (die ja selbst schon eine Raumberechnung bereitstellt).
In Ear Kopfhörer sind insofern praktisch, als dass sie den Schall direkt zum Trommelfell leiten. Dadurch werden die Auswirkungen von Ohrmuschel und Gehörgang nicht doppelt angewandt (einmal durch die softwareseitige Surround-Simulation und einmal auf natürlichem Wege bei der Kopfhörerwiedergabe), was zu einer besseren Ortung und einem lineareren Klangbild führen kann. Andererseits können In Ears gegenüber gleichpreisigen Over Ears jedoch auch klangliche Einbußen mitbringen. Zum Beispiel aufgrund der limitierten Membrangröße.
Auch hier gilt letztlich Trial and Error.
Es gibt keine Universallösung, die bei jedem Nutzer gleich gut funktioniert!
Wer behauptet, dass Surround-Simulation X oder Y in Verbindung mit Kopfhörer X oder Y das Non-Plus-Ultra in Sachen Raumklang und Ortung sei, verkennt die Individualität der Thematik!