Ich antworte jetzt noch einmal umfassend auf deinen Beitrag - ein letztes Mal, da ich nicht die Zeit und Muße zu solcherlei Auseinandersetzungen habe. Letztlich ist es eben so: Man kann die Dinge höchst unterschiedlich auslegen und gerade das macht es spannend.
Generell / Gewinnbeteiligung für Branchengrößen: Schön, dass du der Argumentation von Larry Page so ohne Weiteres folgst. Das gerade YouTube sich die Branchengrößen eher zu Feinden denn zu Share-Partner macht, zeichnet sich gerade in den letzten Monaten immer deutlicher ab (
clickme). Wer z.B. das Interview mit Sumner Redstone in der Welt gelesen hat ("Was YouTube macht ist Diebstahl") der weiß, dass hier die Fronten verhärtet sind. Soviel also zu dem Argument, das Branchenriesen ihren Content zur Verfügung stellen und dafür die Hälfte einsacken. Viacom geht hier ähnlich wie CBS und die Major-Labels ohnehin den entschieden richtigen Weg: Warum die Konkurrenz füttern, wenn der Content doch ohnehin bei mir liegt?!
Zu den Filterverfahren: Wieso hat es YouTube in Brasilien dann nicht geschafft, die Videos einer MTV-Moderatorin, die sie mit ihrem neuen Lover zeigen, effektiv zu filtern? Warum musste YouTube in Brasilien dann auf richterlichen Beschluss hin für mehrere Tage offline gehen? Dennoch gilt: Ja es gibt diese Techniken - bei MySpace kommen sie sogar in recht umfangreichen Maße zum Einsatz. Doch wie du selber sagst, lebt die Community auch von der Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material (die vielen Schnipsel, mit der man angeblich Zielgruppen identifizieren / definieren kann). Deshalb würde sich effektives Filtern, das wirklich
alle urheberrechtlich geschützten Inhalte entfernen würde, durchweg negativ auf die Userstruktur auswirken. Nicht jeder hat die Zeit und Muße, mit einer teuren DV witzigen Content zu drehen ... Wenn wir ehrlich sind, ist der meiste Content ontop auch noch schlecht gemacht. So kommt auf ein gutes Video mindestens fünf unansehnliche Stücke, wobei ich zugebe, dass das Geschmackssache ist. Viele Highrated-Beiträge stehen nun mal unter Urheberrecht - da reicht es, wenn der Uploader zur musikalischen Unterlegung seines Breakdances "Yeah" von Usher nimmt...
Zu der Behauptung, man könne durch die Uploads Zielgruppen identifizieren und das auch noch effektiver als sonst irgendjemand: Ich bin nicht sicher, ob Larry Page das wirklich so dargestellt hat, wie du es in deinen eigenen Worten getan hast. Es erscheint mir in jedem Fall absolut abwägig, YouTube-Upload-Zahlen mit einem komplizierten Messverfahren, wie es die GfK tagtäglich durchführt, zu vergleichen. Noch absurder ist die Annahme, dass sich daraus ablesen ließe, was der Zuschauer wirklich gerne sieht. Was fehlt dazu?
1) Eine territoriale Begrenzung.
2) Die Idenfikation des uploadenden Benutzers (woher weiß der Werbekunde, wen er erreicht?!).
3) Ein ordentlicher Querschnitt durch die potentiellen Zuschauer eines Marktes.
4) Genauigkeit: Nur weil eine kleine Fangemeinde zig Videos von Serie X hochlädt und damit prozentual auf die Community umgelegt einen großen Anteil am Upload ausmacht, heißt dass doch nicht, dass die Serie effektiv viele Menschen erreicht. Anders gesagt: Nur weil es
massig Ali G, Borat und Bruno Sequenzen auf YouTube gibt - übrigens ebenfalls eine massive Verletzung des Urheberrechts - heißt das noch lange nicht, dass die Ali G Show absolut quotenträchtig ist. Das wiederum kann ich dir wegen meines beruflichen Hintergrundes sagen - du ahnst es, mehr wird nicht erzählt.
Niemand vermag es, so genau Werbeinseln festzulegen wie die GfK respektive den Pendants im Onlinesegment. Das wird sich auch in 10 Jahren nicht ändern und auch nicht, wenn YouTube sämtlichen Content der Welt for free und ohne rechtliche Probleme nutzen darf.
Und noch mal auf den Eingangsabsatz verwiesen: Die Big Player machen es YouTube nicht so leicht, wie du es in blumigen Worten beschreibst. Es wird mittelfristig wenige solcher Share-Deals (Chelsea - wow!) geben und wieder lautet das Argument: Warum die Konkurrenz füttern, wenn
wir den Content haben. Die von dir genannten "Garantiebeträge" sind im übrigen nichts anderes als der Versuch, etwaige Klagen abzuwenden (siehe Fox-Beispiel im Kommentar).
Wir können noch ewig diskutieren - es ist und bleibt Auslegungssache. Wenn ich mir die aktuelle Situation vor Augen führe, komme ich für mich zu dem Schluss, dass die Milliardeninvestion zumindest nicht so dermaßen sinnvoll war, wie sie Anfangs immer beworben wurde. Ob Google und auch die News Corp. damit auf den Hintern fliegen werden, kann niemand genau voraussagen. Die vorab gemachten Prognosen, die letztlich die Verkaufspreise für die Portale in exorbitante Höhen trieben, haben sich für mich in keiner Weise erfüllt. Daraus resultiert der Tenor dieses Kommentars. Dass dieser unter deiner Feder anders ausgefallen wäre ist dabei wie erwähnt legitim, hat aber keine große Relevanz.