Meine Zukunftspläne im Personalbereich - realistisch?

BOOTSMAN Bis auf Englisch, das obligatorisch ist, sind Sprachen aus meiner Erfahrung heraus nur ein netter Bonus.
Ich verfolge den Stellenmarkt im Personalbereich schon seit Monaten und es finden sich, selbst bei international tätigen Unternehmen, nur sehr selten Sprachen bei den Anforderungen. Und wenn, dann wird meist Verhandlungssicher vorausgesetzt. Du müsstest schon ins Ausland gehen oder ein sehr spezialisiertes Unternehmen suchen, damit dir das einen echten Vorteil bringt.

FidelZastro bin Momentan im Personalbereich aber nicht im Recruiting. Durch die größe des Unternehmens muss ich mich leider zentral bewerben und habe durch meine Abteilung kaum einen Vorteil.
Wenn ich mir die Angebote anschaue, wird am meisten im Recruiting gesucht. Das interessiert mich auch. Weißt zu zufällig wie die Gehälter sind? Insbesondere das Verhältnis Grundgehalt/Prämie? Und ist die Arbeit nicht etwas oberflächlich? Es geht ja hauptsächlich darum herum zu telefonieren und Menschen zu bequatschen. Oder sehe ich das falsch?

Den Steinbeis Master habe ich mir auch schon angeschaut. Das Konzept hört sich spannend an. Kannst gerne was dazu erzählen. Insbesondere wie die Chancen fürs genommen werden aus sehen. Muss das Englisch Verhandlungssicher sitzen?
 
Hmm, da gibt es einiges zu erzählen. Meinst du mit Recruiting auch inhouse oder nur externes? Inhouse habe ich selbst keine Erfahrungen, würde aber wegen der schwierigen unmittelbaren Messbarkeit der Erfolge davon ausgehen, dass variable Gehaltsbestandteile zweitrangig sind.

Bei der Personalberatung gibt es wie auch sonst in Unternehmensberatungen grundsätzlich zwei Konzepte: Entweder ist der Berater auch selbst für die Kundenakquise zuständig, was idR hohe Erfolgsprämien bis zur Hälfte der verursachten Gewinne bringt, oder er ist tatsächlich nur ausführend tätig. Dann hast du auch erfolgsabhängige Bestandteile, aber soweit ich das einschätzen kann sind das dann meist fixe Prämien bei Projektabschluss. Bei Hays z.B. ist der Vertrieb komplett vom eigentlichen Recruiting getrennt, entsprechend werden sich die Prämien für die Recruiter nur lose am Projektvolumen orientieren, die Vertriebler verdienen idR mehr. Viele Executive Search Firmen machen das genau andersrum - da bietet es sich auch besonders an, da hier ohnehin oft ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Berater voraussetzung für gute Aufträge ist. Da ist dann natürlich keine Grenze nach oben, sofern du die Jobs auch zuende bringst. Diese Firmen stellen bei der Auswahl von Kandidaten Vertriebserfahrung naturgemäß über Personalerfahrung.

Habe mir mal exemplarisch eine Consultant-Stelle in London rausgesucht (steht nicht da, aber ich würde 2-5 Jahre Berufserfahrung ansetzen): 35k GBP base + 30% aller monatlichen Umsätze, die über der Grenze von 4.500 GBP liegen. Bringen dir deine Projekte 15k GBP im Monat ein, kommst du also auf ~5k GBP monatlich. In schwachen Monaten dafür nur auf 2k.

Ob die Arbeit oberflächlich ist? Nun, das kommt ganz darauf an. Ich würde sagen, sie ist so oberflächlich wie die Jobs, für die man rekrutiert. Das Kandidaten ansprechen ist natürlich nur ein kleiner Teil der Arbeit. Du musst Stellenprofile schreiben, dich mit den Fachabteilungen / den Kunden koordinieren, Interviews führen, Berichte schreiben, Gerne auch mal Flüge und Hotels buchen etc. Das stelle ich mir bei 08/15-Jobs stinklangweillig vor. Ich hatte das Glück, eigentlich nur nach Führungskräften in der Automotive-Industrie zu suchen. Der Job wird gleich viel spannender, wenn ein Zulieferer mit 3.000 Mitarbeitern einen neuen CTO sucht oder einer der größten der Welt kurz vor einer wichtigen Akquise steht und schon mal eine komplett neue Führungsriege für den Zukauf haben möchte - das sind dann Dinge, die man mitunter Wochen nach Projektabschluss das erste Mal in der Zeitung lesen kann. Auf Dauer wäre mir selbst das auch zu eintönig, weil mit dem unterschriebenen Arbeitsvertrag der eigene Beitrag ja zuende ist - daher habe ich entschieden, mich in Richtung corporate HR zu orientieren. Dort sind die Verdienstmöglichkeiten nicht so gut und die Jobs nicht immer so spannend, aber dafür hat man ein deutlich breiteres Tätigkeitsfeld und muss die eigene Dienstleistung nicht auch noch verkaufen (Ist nicht so meins, aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen).

Zum Thema Englisch: Das ist definitiv pflicht, und gerade in deutschen Ausschreibungen muss es anscheinend auch grundsätzlich "Verhandlungssicher" sein. Interessanterweise scheinen die Vorstellungen von Verhandlungen weit auseinander zu gehen ;) Ich hatte während meines Praktikums mit Spaniern, Franzosen, Briten, Amerikanern, Mexikanern, Belgiern, Slovaken, Indern, Chinesen, Italienern usw. zu tun und selbstverständlich Englisch geredet. Das funktionierte sehr gut und hin und wieder hatte ich das Gefühl, dass mein Englisch besser war als das des Gesprächspartners. Dennoch würde ich meine Kenntnisse (Laut Cambridge ESOL-Test auf gutem C1-Level) niemals Verhandlungssicher nennen. Darauf kommt es aber eigentlich auch nicht an. Du musst nur effektiv und Mißverständnisfrei kommunizieren können. Wenn du - wie es mir einmal passiert ist - dich in einer Telefonkonferenz mit einem Italienischen Entwicklungsleiter Europa, einem Schweizer Personalchef Europa, einem Walisischen HR-Manager und einem Deutschen Business Unit Leiter wiederfindest, ist ohnehin nicht die Sprache das Problem, sondern die Akzente - immerhin konnte ich sie so gut auseinander halten ;)

Zum Steinbeis-Master selbst kann ich dir nicht viel sagen. Ich weiß nur, dass besagte Kollegin drei bis vier Sprachen fließend konnte, eine sehr gute Recruiterin war und entsprechend recht jung schon recht viel verdient hat. Dazu haben andere sicher mehr beizutragen.
 
Danke für die Infos.
Prinzipiell habe ich nichts gegen erfolgsabhängige Prämien, weil ich für das bezahlt werde, was ich auch Leiste. Aber bei Headhuntern ist doch gerade das persönliche Netzwerk enorm wichtig und nach meinem ersten Studienabschluss gehe ich nicht grade jeden Tag mit CEOs ein Bier trinken. Daher stellt sich mir die Frage ob ein hoher Prämienanteil am Gehalt gerade bei Berufseinsteigern nicht eher Abzocke als Anreiz ist?

Aber prinzipiell hört es sich nicht uninteressant an. Im Moment bin ich eh heiß aufs praktische Arbeiten und Lernen. Je vielfältiger und unstandardisierter die Arbeit, desto besser.

Mich auf Englisch verständlich ausdrücken bekomme ich hin, aber elaboriert hört sich das nicht an.
 
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Naja bis auf wenige Ausnahmen sind auch für Headhunter die Brot-und-Butter-Mandate Spezialisten und mittleres Management - sofern man bei einem bekannten Namen arbeitet, kommen solche Aufträge auch rein, wenn man noch nicht mit den Vorständen Golf spielt. Würde ich dort Karriere machen wollen, würde ich nach einer Associate-Stelle bei einem der großen Firmen/Netzwerke Ausschau halten und mit etwas Erfahrung in der Tasche versuchen, einen "warm desk" als Consultant zu übernehmen, also eine Stelle, die es auch vor mir schon gab mit entsprechenden Bestandskunden. Da jeder erfolgreich vermittelte Kandidat ein potentieller neuer Kunde ist, sollte man so vergleichsweise schnell einiges nachholen können.

Bei meinem AG war es übrigens so, dass die Aufträge in aller Regel von Bestandskunden kamen oder vom GF akquiriert wurden. Die Berater haben eine fixe Prämie pro Abschluss bekommen sowie natürlich eine, wenn sie selbst Aufträge mitgebracht haben. Im Vergleich mit der Konkurrenz war die Bezahlung eher schlecht, dafür konnte man sich eben sofort an großen Projekten beweisen, die man allein nie an Land gezogen hätte.
 
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