"Rechtssicherheit und Transparenz garantieren"
Schön wäre es ja. Allerdings kann ich kaum glauben, dass von Seiten der Politik oder auch der Lobby der Rechteverwertungsindustrie und der Abmahnanwälte wirklich Interesse daran besteht, für eine klare Rechtslage zu sorgen.
Die bisherigen (nationalen/deutschen) Gesetze in diesem Bereich zeichnen sich jedenfalls dadurch aus, dass der Gesetzgeber ganz bewusst Rechtssicherheit vermieden hat.
Als Beispiel seien nur inhaltslose Formulierungen wie "gewerbliches Ausmaß" (das natürlich gar nichts mit der üblichen Definition eines Gewerbes zu tun hat) genannt, der "wirksame Kopierschutz" bei DVDs und Co., das Gesetz zu kostenpflichtigen Abmahnungen, das sich selbst mit einer völlig undefinierten Hintertür ("in besonders schweren Fällen") faktisch gleich wieder für unwirksam erklärt, oder das Leistungsschutzgesetz, bei dem sich der Gesetzgeber geweigert hat, zu definieren, für was es denn nun eigentlich überhaupt gültig sein soll und für was nicht usw.
Diese Rechtsunsicherheit im Bereich des Urheberrechts ist kein Zufall oder das Ergebnis von schlampiger Arbeit. Die hat System. Es ist politisch gewollt, dass nicht klar ist, was unter welchen Umständen erlaubt ist und was nicht.
Das liegt daran, dass den Verantwortlichen durchaus klar ist, dass das alte Urheberrecht (ausgelegt für Schallplatten und Rundfunk) im Zeitalter von Digitalisierung und weltumspannender Vernetzung gar nicht mehr funktionieren kann, bzw. nicht konsequent durchzusetzen wäre. Man müsste gegen hunderte Millionen Menschen vorgehen, die nichts anders tun als frei Informationen untereinander auszutauschen, und alle Strafverfolger und Gerichte der Welt wären mit nichts anderem mehr beschäftigt.
Statt dessen setzt man lieber auf ein Klima der rechtlichen Unsicherheit, statuiert gelegentlich an willkürlichen Opfern ein extrem hartes Exempel und hofft, dass die meisten Menschen dadurch so eingeschüchtert sind, dass sie sich am Ende gar nichts mehr trauen. Auch nicht das, was sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch im legalem Rahmen bewegen würde. Aber sicher kann man es halt aufgrund der absichtlich unklaren Rechtslage nicht wissen. Klarheit hat an erst, wenn der jeweilige Einzelfall durch alle Instanzen gegangen ist und ein Richter seine persönliche Interpretation des schwammigen Gesetzestextes abgeliefert hat.
Das nächste Urteil kann dann wieder komplett anders herum ausfallen.
Wie gesagt, wünschenswert wäre es, wenn im Rahmen einer EU_Regelung Rechtssicherheit geschaffen würde. Aber ich glaube nicht daran. Das wäre nur möglich, wenn es vorher auch eine grundlegende Urheberrechtsreform gäbe, die es für das Internetzeitalter tauglich und praktikabel macht. Da wird sich aber kein EU-Politiker ran trauen.