Willkommen in der wahnwitzigen Welt der Energieeffizienzoptimierungen, oder auch: "In 50 Jahren haben sich die höheren Anschaffungskosten dann endlich amortisiert"
Hardware:
Intel i3 12100
Thermalright Peerless Assassin 120 SE
Gigabyte B760M Gaming X DDR4, aktives 2,5Gbit/s Ethernet, aktuelles BIOS F2d
1x 16GB Kingston DDR4-3200 @ JEDEC
Patriot P220 256GB (für das Betriebssystem)
WD Blue SN570 NVMe 1TB (für Daten)
Inter-Tech Mini-ITX PSU 200W + Leicke 120W ULL 12V 10A
Nanoxia Deep Silence 4, Front-USB und -Audio angeschlossen, aber keine Lüfter, und auch keine HDD und Power LEDs
(keine weiteren HDDs angeschlossen)
Andere herumliegende Hardware für Vergleiche:
Intel Boxed Kühler vom i3 12100
RaidSonic Icy Box 167SSK
Shnitpwr 120W Netzteil (ShitPower klingt nicht gerade vertrauenserweckend, aber die Rezensionen sahen vielversprechend aus, und bisher wurde ich nicht enttäuscht)
Test-Ablauf und Messung und Deutung:
Alle Messungen betreffen den Idle State des Systems.
Es wird eine Einstellung pro Test verändert (oder eine Gruppe zusammengehörender Einstellungen wie z.B. C-States, steht dann aber auch jeweils noch mal dabei). Ursprungszustand und Vergleichswert ist immer die o.g. Hardware mit BIOS defaults.
Danach wird Tastatur, Maus und Bildschirm entfernt, d.h. angeschlossen sind ausschließlich Netzteil und Ethernet. Gestartet wird ein Ubuntu 22.10 Server,
Wie genau die Messungen tatsächlich sind kann ich nicht sagen, aber sie sind auf jeden Fall gut reproduzierbar (mit ±0,1W). In den Messergebnissen bedeutet +0,1W dass eine "Tendenz nach oben" zu sehen war, wohingegen ±0W bedeutet, dass die Messungen nicht voneinander zu unterscheiden waren. Insgesamt ging es mir auch eher darum herauszufinden, was überhaupt etwas bringt, was Probleme bereitet, und ob sich der Aufwand überhaupt lohnt (Spoiler: Ja!), oder ob so ein moderner PC bereits out-of-the-box alles richtig macht (Spoiler: leider nein).
CPU Kühler:
Der neue Intel Boxed Kühler hat mich positiv überrascht - wobei der alte auch echt eine Frechheit war im Vergleich zu AMDs Ryzen Kühlern. Für die kleine CPU definitiv gut brauchbar, solange sie nicht unter Volllast steht. Aber mein Server soll natürlich in allen Lebenslagen leise sein, also habe ich mir den Thermaltake Assassin 120 SE gekauft, betreibe ihn aber nur mit einem der zwei beiliegenden Lüfter.
Ergebnisse:
Thermaltake Assassin 120 SE @ passiv @ 34°C CPU: baseline
Thermaltake Assassin 120 SE @ 1 Lüfter @ 700 rpm @ 25°C CPU: +0,2W
Intel Boxed Kühler: +0,2W
Weil die Kiste den Großteil der Zeit im Idle verbringt, habe ich die Kühlung im BIOS semi-passiv konfiguriert. Ab 50°C geht der Lüfter überhaupt erst an. Auf der Stromrechnung wird das am Jahresende natürlich niemand bemerken, aber es hat auch noch einen weiteren positiven Effekt: Weniger Luftbewegung und dadurch weniger Staub im Gehäuse.
Netzteil:
Ich hatte noch ein Shnitpwr 120W herumliegen, das ich vor Monaten auf Amazon für ein Bastelprojekt gekauft hatte. Bisher absolut unauffällig, mehr kann ich dazu nicht sagen. Für die teure neue Hardware habe ich mir dann aber doch noch ein Markenprodukt von Leicke geholt.
Ergebnisse:
Leicke 120W ULL: baseline
Shnitpwr 120W: +0,2W
Für die Ersparnis lohnt sich das Leicke nicht, weil es 10 Jahre dauert bis sich der höhere Einkaufspreis amortisiert hat. Über andere Punkte wie Stabilität, Sicherheitsfeatures, Langlebigkeit, etc. kann ich keine Aussage treffen. Ich werde das Markenprodukt also allein für's Gewissen nutzen.
Undervolting:
CPU @ stock: baseline
CPU @ -0,075V Offset: -0,1W
RAM @ stock 1,2V: baseline
RAM @ 1,11V: -0,1W
Im Idle ist der Unterschied zu vernachlässigen bzw. Messtoleranz. Unter Last lässt sich damit die Leistungsaufnahme aber ordentlich eindampfen. Je nach Tool und Test sind -10W bis -20W drin - kühleres und leiseres System inklusive. Allerdings ist das natürlich ziemlich zeitaufwändig bis man sich sicher sein kann, dass es wirklich stabil läuft.
RAM Takt:
RAM @ stock DDR4-3200: baseline
RAM @ DDR4-2400: -0,7W
Getestet habe ich einmal ohne und einmal mit RAM Undervolting. Dazu habe ich im BIOS einfach nur den RAM Takt angepasst, alle Timings und co. stehen auf "Auto". In beiden Fällen sah das Messergebnis gleich aus. Ich hätte nicht gedacht, dass der Takt deutlich mehr Einfluss auf die Leistungsaufnahme hat als die Spannung.
Ethernet:
2,5 GbE Switch Port: baseline
2,5 GbE Switch Port, gedrosselt auf 100 Mbit/s mit
1 GbE Switch Port: -2W
Kabel rausgezogen: -5W WTF?!
Damit hatte ich bei der Planung des Systems überhaupt nicht gerechnet. Der dämliche Ethernet Port ist für 50% des Verbrauchs verantwortlich, ohne dass dort aktiv Daten übertragen werden. Und das obwohl es "nur" 2.5GbE ist. Aber ein Rechner ohne Netzwerkverbindung ist heutzutage auch nur noch ein Briefbeschwerer, also muss ich wohl damit leben.
BIOS Settings:
Hier beginnt der spaßige Teil! Getestet habe ich um die 40 Einstellungen, die irgendwie nach Power Management bzw. abschaltbaren Komponenten und Features klangen.
TL;DR Die wenigsten Einstellungen haben einen messbaren Effekt - auch wenn man mehrere dieser unmessbaren Settings gleichzeitig aktiviert, und darauf hofft, dass die Summe daraus vielleicht doch was ausmacht. Deshalb liste ich hier nur das auf, wo es zumindest einen Hinweis auf Veränderungen in der Leistungsaufnahme gab.
BIOS defaults (+ Lüfterkurve): baseline
C-States alle manuell aktiviert: -9W
Audio + Serial Port deaktiviert: -0,3W
ASPM aktiviert: -0,8W
Alles zusammen aktiviert: -10,5W
Vorläufiges Fazit:
Mit allem zusammen kommt der PC im Idle auf grob 10W. Die Optimierungen bringen pro Jahr eine Ersparnis von ca. 40€. Einziges Sorgenkind scheint der Ethernet Port zu sein. Vielleicht hat ja jemand anders in dem Bereich schon Experimente gemacht und eine Lösung / Alternative gefunden?
Und aktiviert die C-States im BIOS!
Andere Experimente:
NVMe SSD: Es lässt sich kein Unterschied messen, ob die WD Blue SN570 NVMe 1TB verbaut ist oder nicht. Was aber auch zu erwarten war, weil SSDs dank Power Management sich im Bereich von 0,001W bewegen sollten.
Wechselrahmen: Es handelt sich um einen RaidSonic Icy Box 167SSK. Es macht keinen Unterschied, ob die Stromversorgung angeschlossen ist oder nicht. Messbar wird das Teil erst, wenn auch eine HDD drin steckt. Das war zwar auch zu erwarten, aber ich wollte es genau wissen.
Windows? Was ist mit Windows?
Darauf kann ich nur kurz eingehen, weil ich Windows 11 Pro nur temporär installiert hatte, um Undervolting und Stabilität zu testen. Der gemessene Verbrauch im Idle war identisch(*) zu Ubuntu.
(*) naja, fast. Unter Windows laufen offensichtlich zu viele Dienste im Hintergrund, wodurch das System ständig wieder aufgeweckt wird. Es war aber zu sehen, dass in den kurzen Ruhephasen dieselben niedrigen Werte wie unter Ubuntu erreicht werden konnten. Also gehe ich davon aus, dass es grundsätzlich möglich ist, wenn man sich die Mühe macht und alle unnötigen Hintergrunddienste deaktiviert.
Weitere Anregungen, Tipps, Erfahrungen oder Empfehlungen?
Her damit!
Hobbys dienen dem eigenen Vergnügen und sind demnach weder wirtschaftlich noch ökologisch "sinnvoll".
Heißt für mich: Der Anschaffungspreis ist grundlegend erst mal egal, solang es nicht vollkommen aus dem Ruder läuft. Ich bin mir darüber im Klaren, dass sich dieses Projekt mit Blick auf einen voraussichtlichen Verwendungszeitraum von 5 Jahren in keiner Weise irgendwie finanziell lohnt.
Heißt für euch: Kostenlose Informationen!
Heißt für mich: Der Anschaffungspreis ist grundlegend erst mal egal, solang es nicht vollkommen aus dem Ruder läuft. Ich bin mir darüber im Klaren, dass sich dieses Projekt mit Blick auf einen voraussichtlichen Verwendungszeitraum von 5 Jahren in keiner Weise irgendwie finanziell lohnt.
Heißt für euch: Kostenlose Informationen!
Hardware:
Intel i3 12100
Thermalright Peerless Assassin 120 SE
Gigabyte B760M Gaming X DDR4, aktives 2,5Gbit/s Ethernet, aktuelles BIOS F2d
1x 16GB Kingston DDR4-3200 @ JEDEC
Patriot P220 256GB (für das Betriebssystem)
WD Blue SN570 NVMe 1TB (für Daten)
Inter-Tech Mini-ITX PSU 200W + Leicke 120W ULL 12V 10A
Nanoxia Deep Silence 4, Front-USB und -Audio angeschlossen, aber keine Lüfter, und auch keine HDD und Power LEDs
(keine weiteren HDDs angeschlossen)
Andere herumliegende Hardware für Vergleiche:
Intel Boxed Kühler vom i3 12100
RaidSonic Icy Box 167SSK
Shnitpwr 120W Netzteil (ShitPower klingt nicht gerade vertrauenserweckend, aber die Rezensionen sahen vielversprechend aus, und bisher wurde ich nicht enttäuscht)
Test-Ablauf und Messung und Deutung:
Alle Messungen betreffen den Idle State des Systems.
Es wird eine Einstellung pro Test verändert (oder eine Gruppe zusammengehörender Einstellungen wie z.B. C-States, steht dann aber auch jeweils noch mal dabei). Ursprungszustand und Vergleichswert ist immer die o.g. Hardware mit BIOS defaults.
Danach wird Tastatur, Maus und Bildschirm entfernt, d.h. angeschlossen sind ausschließlich Netzteil und Ethernet. Gestartet wird ein Ubuntu 22.10 Server,
powertop --auto-tune
ausgeführt, und 15 Minuten lang der Idle Verbrauch mit einem Shelly Plug S über HomeAssistant aufgezeichnet, damit das System genügend Zeit hat sich zu beruhigen und alle Stromsparmechanismen aktiv sind.Wie genau die Messungen tatsächlich sind kann ich nicht sagen, aber sie sind auf jeden Fall gut reproduzierbar (mit ±0,1W). In den Messergebnissen bedeutet +0,1W dass eine "Tendenz nach oben" zu sehen war, wohingegen ±0W bedeutet, dass die Messungen nicht voneinander zu unterscheiden waren. Insgesamt ging es mir auch eher darum herauszufinden, was überhaupt etwas bringt, was Probleme bereitet, und ob sich der Aufwand überhaupt lohnt (Spoiler: Ja!), oder ob so ein moderner PC bereits out-of-the-box alles richtig macht (Spoiler: leider nein).
CPU Kühler:
Der neue Intel Boxed Kühler hat mich positiv überrascht - wobei der alte auch echt eine Frechheit war im Vergleich zu AMDs Ryzen Kühlern. Für die kleine CPU definitiv gut brauchbar, solange sie nicht unter Volllast steht. Aber mein Server soll natürlich in allen Lebenslagen leise sein, also habe ich mir den Thermaltake Assassin 120 SE gekauft, betreibe ihn aber nur mit einem der zwei beiliegenden Lüfter.
Ergebnisse:
Thermaltake Assassin 120 SE @ passiv @ 34°C CPU: baseline
Thermaltake Assassin 120 SE @ 1 Lüfter @ 700 rpm @ 25°C CPU: +0,2W
Intel Boxed Kühler: +0,2W
Weil die Kiste den Großteil der Zeit im Idle verbringt, habe ich die Kühlung im BIOS semi-passiv konfiguriert. Ab 50°C geht der Lüfter überhaupt erst an. Auf der Stromrechnung wird das am Jahresende natürlich niemand bemerken, aber es hat auch noch einen weiteren positiven Effekt: Weniger Luftbewegung und dadurch weniger Staub im Gehäuse.
Netzteil:
Ich hatte noch ein Shnitpwr 120W herumliegen, das ich vor Monaten auf Amazon für ein Bastelprojekt gekauft hatte. Bisher absolut unauffällig, mehr kann ich dazu nicht sagen. Für die teure neue Hardware habe ich mir dann aber doch noch ein Markenprodukt von Leicke geholt.
Ergebnisse:
Leicke 120W ULL: baseline
Shnitpwr 120W: +0,2W
Für die Ersparnis lohnt sich das Leicke nicht, weil es 10 Jahre dauert bis sich der höhere Einkaufspreis amortisiert hat. Über andere Punkte wie Stabilität, Sicherheitsfeatures, Langlebigkeit, etc. kann ich keine Aussage treffen. Ich werde das Markenprodukt also allein für's Gewissen nutzen.
Undervolting:
CPU @ stock: baseline
CPU @ -0,075V Offset: -0,1W
RAM @ stock 1,2V: baseline
RAM @ 1,11V: -0,1W
Im Idle ist der Unterschied zu vernachlässigen bzw. Messtoleranz. Unter Last lässt sich damit die Leistungsaufnahme aber ordentlich eindampfen. Je nach Tool und Test sind -10W bis -20W drin - kühleres und leiseres System inklusive. Allerdings ist das natürlich ziemlich zeitaufwändig bis man sich sicher sein kann, dass es wirklich stabil läuft.
RAM Takt:
RAM @ stock DDR4-3200: baseline
RAM @ DDR4-2400: -0,7W
Getestet habe ich einmal ohne und einmal mit RAM Undervolting. Dazu habe ich im BIOS einfach nur den RAM Takt angepasst, alle Timings und co. stehen auf "Auto". In beiden Fällen sah das Messergebnis gleich aus. Ich hätte nicht gedacht, dass der Takt deutlich mehr Einfluss auf die Leistungsaufnahme hat als die Spannung.
Ethernet:
2,5 GbE Switch Port: baseline
2,5 GbE Switch Port, gedrosselt auf 100 Mbit/s mit
ethtool
: -0,5W1 GbE Switch Port: -2W
Kabel rausgezogen: -5W WTF?!
Damit hatte ich bei der Planung des Systems überhaupt nicht gerechnet. Der dämliche Ethernet Port ist für 50% des Verbrauchs verantwortlich, ohne dass dort aktiv Daten übertragen werden. Und das obwohl es "nur" 2.5GbE ist. Aber ein Rechner ohne Netzwerkverbindung ist heutzutage auch nur noch ein Briefbeschwerer, also muss ich wohl damit leben.
BIOS Settings:
Hier beginnt der spaßige Teil! Getestet habe ich um die 40 Einstellungen, die irgendwie nach Power Management bzw. abschaltbaren Komponenten und Features klangen.
TL;DR Die wenigsten Einstellungen haben einen messbaren Effekt - auch wenn man mehrere dieser unmessbaren Settings gleichzeitig aktiviert, und darauf hofft, dass die Summe daraus vielleicht doch was ausmacht. Deshalb liste ich hier nur das auf, wo es zumindest einen Hinweis auf Veränderungen in der Leistungsaufnahme gab.
BIOS defaults (+ Lüfterkurve): baseline
C-States alle manuell aktiviert: -9W
Audio + Serial Port deaktiviert: -0,3W
ASPM aktiviert: -0,8W
Alles zusammen aktiviert: -10,5W
Vorläufiges Fazit:
Mit allem zusammen kommt der PC im Idle auf grob 10W. Die Optimierungen bringen pro Jahr eine Ersparnis von ca. 40€. Einziges Sorgenkind scheint der Ethernet Port zu sein. Vielleicht hat ja jemand anders in dem Bereich schon Experimente gemacht und eine Lösung / Alternative gefunden?
Und aktiviert die C-States im BIOS!
Andere Experimente:
NVMe SSD: Es lässt sich kein Unterschied messen, ob die WD Blue SN570 NVMe 1TB verbaut ist oder nicht. Was aber auch zu erwarten war, weil SSDs dank Power Management sich im Bereich von 0,001W bewegen sollten.
Wechselrahmen: Es handelt sich um einen RaidSonic Icy Box 167SSK. Es macht keinen Unterschied, ob die Stromversorgung angeschlossen ist oder nicht. Messbar wird das Teil erst, wenn auch eine HDD drin steckt. Das war zwar auch zu erwarten, aber ich wollte es genau wissen.
Windows? Was ist mit Windows?
Darauf kann ich nur kurz eingehen, weil ich Windows 11 Pro nur temporär installiert hatte, um Undervolting und Stabilität zu testen. Der gemessene Verbrauch im Idle war identisch(*) zu Ubuntu.
(*) naja, fast. Unter Windows laufen offensichtlich zu viele Dienste im Hintergrund, wodurch das System ständig wieder aufgeweckt wird. Es war aber zu sehen, dass in den kurzen Ruhephasen dieselben niedrigen Werte wie unter Ubuntu erreicht werden konnten. Also gehe ich davon aus, dass es grundsätzlich möglich ist, wenn man sich die Mühe macht und alle unnötigen Hintergrunddienste deaktiviert.
Weitere Anregungen, Tipps, Erfahrungen oder Empfehlungen?
Her damit!
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