Leserartikel Reparatur der Blende eines alten Objektivs

LordB

Commodore
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Als ich 14 war ... das ist schon ganz schön lange her, schenkte mir mein Vater zum Geburtstag meine erste Spiegelreflex Kamera.

Eine Vivitar V2000. Die Kamera stammte aus dem Hause "Cosina", einem Auftragshersteller. Die Kamera gab in ganz ähnlicher Form auch als Pentax K-1000, etwas abgewandelt als Canon T60 (die hatte noch eine Zeitautomatik), Olympus OM 2000, oder als Cosina CT1g zu kaufen.
Die Vivitar wurde mit dem Pentax K (PK) Bajonett und einem 35-70mm Vario-Objektiv ausgeliefert.

Neulich stolperte ich über eine Online-Kleinanzeige dieser Kamera, schwelgte ein wenig in Erinnerungen und habe meinem Vater davon erzählt ... Er hatte nichts besseres zu tun, als die Kamera zu kaufen. ;)

Na, nun reizt es mich doch, mal wieder einen echten Film einzulegen und 36 Bilder analog aufzunehmen.

Außerdem ist diese Kamera super geeignet, um jemanden die Grundlagen der Fotografie zu erklären, denn sie ist ein rein manuell zu bedienendes Modell. Es gibt ein Einstellrad für die ISO-Vorwahl für den eingelegten Film, eines für die Zeit von B bis 1/2000s und das Objektiv hat einen Blendenring von 3,5 - 22 und den Zoom. Nicht mehr, nicht weniger!

Aber leider währte die Freund nur kurz. Beim mitgelieferten Blitz, den mein Vater behalten will, waren die Batterien ausgelaufen und beim Objektiv schloss sich die Blende nicht mehr! Und das macht das Objektiv natürlich unbrauchbar.

Aber es gibt ja schlaflose Nächte und daher war ich mal fleißig. ;) Den Grund, warum die Blende nicht funktionierte hatte ich dann gefunden, nachdem ich diese komplett zerlegt hatte: Jemand hatte das Objektiv offenbar bereits einmal auseinander gehabt, und die Deckplatte der Blende verkehrt herum montiert, sodass die Lamellen schwergängig wurden, was durch die kleine Feder nicht überwunden werden konnte.

Auch der Grund für die Versuchte Reparatur fiel mir in Form eines kleinen, zerrissenen Stückes Filmmaterial aus dem Objektiv entgegen. Ich frage mich nur, wie das da hat hinein kommen können?

Hier die Foto-Tour des Zusammenbaus:



Eine zerlegte Blende, mit 6 Lamellen, welche die Iris bilden.



Hier lege ich die Lamellen auf die Deckplatte - übrigens auch im ersten Moment verkehrt herum, weil ich es auch so auseinander gebaut hatte. Dann fiel mir aber auf, dass dies wohl die Ursache für das Abklemmen sein müsste.



Das hier ist die Rückseite mit den Führungen, welche für die Lamellenbewegung der Iris verantwortlich sind.



Die Deckplatte - dieses mal richtig herum.



Verschraubt und umgedreht.



Die Rückstellfeder ist nun auch eingehängt und die Blende wieder komplett.



Hier mal die innere Linsengruppe ... nebeneinander.



Diese Teile und Linsen wollen alle wieder rin der richtigen Reihenfolge in das Objektiv eingebaut werden.



Die Mechanik, welche die Linsengruppe beim zoomen bewegt.



Die wieder eingesetzte Blende.



Der Zoomring nebst Schräubchen. Damit verändert man die Brennweite.



Das ist der Antrieb, der mittels eines langen Steges vom Blendenring aus die Blende verstellt.



Dann wird es Zeit die Linsengruppe wieder einzusetzen.



Die letzte Linse. Ich benutze einen kleinen Saugnapf, der eigentlich für Kontaktlinsen gedacht ist, bei solchen Arbeiten aber gute Dienste leistet.



Es wird einem Objektiv nun langsam wieder ähnlicher.



Nun müssen noch der Blendenring und das Bajonett aufgesetzt werden. Am Bajonett befindet sich ein Mechanismus, welcher die Blende offen hält, sobald das Objektiv an der Kamera montiert ist. Dies dient dazu um vernünftig scharf stellen zu können. Die Blende wird erst beim Auslösen wieder auf die am Blendenring eingestellte Position gebracht und öffnet sich danach wieder.
Der silberne, perforierte Streifen stellt die Rasterung dar. Die kleine Kugel, die man oben sieht, wandert über die Perforation, während von der anderen Seite eine Feder dagegen drückt.

Im Blendenring liegt das Stück Filmmaterial, was mir aus dem Objektiv entgegen kam.



Fertig zusammengebaut.



Da ist sie, komplett und wieder nutzbar.

Habe mir aber dennoch zur Sicherheit ein altes 35-140mm Soligor ersteigert ;) Man weiß ja nie.

Ich hoffe es hat euch gefallen mal zuzuschauen, wie so ein altes Ding von innen ausschaut.

Hier noch der Aufbau:

 
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Gehört im DSLR Forum auf die startpage!
Vielen Dank, einfach nur super dokumentiert. Ich selber habe ein altes 50er auseinander gebaut, aber trotz Mühen (bin nicht doof in Sachen Technik & Mechanik) nicht ohne Macken zusammengebaut. Es ist halt eine Welt für sich.

Sehr gut!
lg
 
Meine Hochachtung für diese Fotoreportage und Deine feinmechanischen Fähigkeiten.
Klasse Bericht !
 
Vielen Dank für diesen Einblick in die verwendete Technik. Ich wette da hat sich in den letzten 20 Jahren vom rein apparativen Aufbau (mehr Lamellen und mehr Kunststoff) nicht vel getan.
 
Danke sehr für das Lob. Auf den Bildern wirken die Teile viel größer, als sie sind. Nur mal so zum Vergleich, die Hinterlinse ist gerade mal so groß wie ein 2 Cent Stück.
Ja, für so etwas braucht man eine ruhige Hand ;) Die Lamellen der Iris sind aus hauchdünnem Blech. Einmal verkantet wäre ein Knick drin gewesen und man hätte sie wegwerfen können. Ich habe noch ein Bild vom Aufbau dazu gestellt. Freihand mit 1/6s bei 36mm. Ich denke - wenn auch Unterstützt vom Stabilisator der PEN - ruhig halten kann ich ;)
 
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Haha, geil, ich werde ab sofort meine Küche auch zum Fotolabor umfunktionieren :D

Gute Arbeit übrigens!
 
Danke. Mich wundert, dass noch keiner gefragt hat, ob ich die Bilder auch in der richtigen Reihenfolge eingestellt habe und nun vor einem Haufen Einzelteile sitze ... :D
 
ich denke mal das dir durchaus zuzutrauen ist das du die Teile wieder zusammen bekommst.
wie lange hast du gebraucht?
 
Das geht bei diesem Objektiv recht schnell. Ich habe es vorhin noch mal wiederholt, weil ich vergessen habe die letzte Lamelle unter die Erste zu schieben. Sollte zwar keine Auswirkungen haben, aber so kann ich nun ruhig schlafen ;) Ging jetzt ca 1h für drauf. Gestern war es unweit länger, da ich ja erst mal schauen musste, wie alles funktioniert, wie alles zusammengebaut ist, mir Notizen gemacht und auch die Linsen gereinigt, sowie mit Silikonöl die Gleitlager geölt habe. Und die Fotos zwischendurch haben auch Zeit geschluckt. Denke es waren gut und gerne zw. 3 und 4h.
 
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