Leserartikel Sandy Bridge goes NVMe - klappt das mit PCe 2.0?

Liebe CBler,
wie ihr dem Titel entnehmen könnt, soll hier herausgefunden werden, ob ein System mit einem Alter von 10+ Jahren zum einen fähig ist, eine NVMe-SSD zu betreiben und falls ja, wie dies die Performance des gesamten Systems beeinflussen kann. Da das Ganze nun doch länger wurde als gedacht und so viele WENN und DANN beinhaltet, versuche ich mich ein wenig an eine Sortierung. Wer gleich/nur das Ergebnis sehen möchte, einfach hinspringen :D.

Inhalt:
  1. NVMeHardware
  2. Testsetup
  3. synthetische Tests
  4. Anwendungstests als Client-SSD
  5. Anwendungstests als OS-SSD
  6. SSD vs. GPU - x8 oder x16?
  7. Fazit

NVMeHardware

Zum Einsatz kommen eine SSD vom Typ Seagate FireCuda 520 SSD 1TB sowie der mit Kühlkörper ausgestattete PCIe-NVMe Adapter RaidSonic Icy Box IB-PCI208-HS
(die SSD gab es einmal kurzfristig für etwa 110-120€, da konnte ich einfach nicht ablehnen).

Zur SSD gab es hier auf CB sogar schon einen Artikel, welcher die Leistungsdaten (und das Problem "nur mit Kühler") schon betrachtet hat - aber auf einem modernen PCIe 4.0 System. zum Artikel
Aus diesem Grund möchte ich mich auf eine kurze Vorstellung des Adapters beschränken (sozusagen ein integrierter Kurztest).

Der Adapter kommt mit einer Slotblende für volle sowie halbe Höhe und beinhaltet einen Kühlkörper aus Aluminium, welcher etwa zweimal so groß ist, wie die SSD selbst. Weiter sind im Lieferumfang noch zwei Wärmeleitpads (Dicke: 0,7mm und 1,3mm), passende Schrauben mit Reserven sowie einem (für diese Schrauben) echt super greifenden Mini-Schraubendreher. An SSDs kann alles von 2280 und abwärts montiert werden.
Für meinen Fall musste das dicker Wärmeleitpad genutzt werden, da sonst zu wenig Druck/Kontakt zwischen SSD und Kühlkörper war. Der Restliche Zusammenbau war keine große Schwierigkeit.

Hardware_PCIe-Adapter.JPG
Hardware_SSD_1.JPG
Hardware_SSD_2.JPG



Testsetup

Das Testsetup besteht im Wesentlichen aus den folgenden Komponenten:
  • Board: ASROCK Fatal1ty P67 Professional zum Artikel
  • CPU: Intel i5-2500K
  • RAM: DDR3-1333MHz (4x4GB)
  • GPU: Gigabyte NVIDIA GTX 670
Die im Test verwendeten HDD/SSD-Laufwerke sind
  • Client-SSD: Samsung SSD 860 EVO 250GB
  • NVMe-SSD: Seagate FireCuda 520
  • HDD_alt: ST3320820AS 320,0 GB
  • HDD_neu: WDC WD80EFAX-68KNBN0 8001,5 GB
Besonderheiten im Test ist der Aufbau und die Anbindung der Laufwerke an die CPU. Während die GPU direkt mit einem PCIe2.0 x16-Link an die CPU angebunden ist, sind alle weiteren Anschlüsse und Slots über den PCH angebunden. Hier sitzt zwar auf dem Board ein PLX-Chip, welcher die vom PCH bereitgestellten 8 PCIe 2.0 Lanes weiter verteilt, der Flaschenhals ist aber die Anbindung des PCH an die CPU, welcher per DMI 2.0 nur 20GBit/s schafft (dies sind nach Umrechnung der 8b10b-Codierung genau die Datenraten eines x4-Links mit 2GB/s -- Overhead inklusive). Somit muss sich die SSD, wenn sie im unteren x4-Slot steckt, sich diese Bandbreite mit allen anderen Laufwerken, Netzwerkkarte, USB3, ... teilen.
Aus diesem Grund habe ich die SSDs sowohl im "alles an den PCH angeschlossen und GPU im x16-Modus belassen" getestet, als auch im "Lanesplitting von GPU/SSD in x8/x8" Modus. Im Weiteren werden hierfür die Bezeichnungen "x16" bzw "x8" genutzt - jeweils um die Anbindung der GPU zu kennzeichnen.

P67-blockdiagram.png
Bildquelle: TECHNIK3D

synthetische Tests

Als Testsoftware kam hier sowohl ASSSD, als auch CrystalDiskMark zum Einsatz. Gemessen wurden jeweils Schreib-Lese-Geschwindigkeiten, als auch die IO/s der oben genannten Laufwerke. Es wurden drei Durchgänge ausgeführt und das Mittel dieser als Ergebnis notiert.
Die Ergebnisse sind in folgendem Bild/Tabelle aufgeführt
Messwerte_1.png


Um einen Vergleich der Laufwerke mit den verschiedenen Messgrößen zu erhalten, wuren diese im Anschluss auf den Wert der NVMe-SSD im x8 Modus normiert (100%). Lediglich bei der Zugriffszeit wurde hierzu die alte HDD herangezogen.
Graph_IO-Test.png
Graph_Speed-Test.png


Wie erwartet, sind die HDDs in allen Kategorien deutlich unterlegen, vor allem bei den IO/s sehen diese in den synthetischen Benchmarks noch nicht mal mehr die Rücklichter. Auch gut zu erkennen ist, dass die NVMe-SSD in beiden Modi eine SATA-SSD um 50-80% übertrifft. Ein Unterschied zwischen den Anbindungen x8/x16 ist zwar zu sehen (x8 ist hier leicht besser als x16 da direkt an der CPU angeschlossen), jedoch sind diese Abweichungen oft im Bereich von wenigen Prozentpunkten, sodass nicht von einem klaren Gewinner im Modus x8/x16 gesprochen werden kann.

Erzeugt man aber auf der PCH-Seite weitere Last durch Dateitransfers, Netzwerk, TV-Karte, ... so sieht die Sache schon anders aus (Ergebnisse sind oben in der Tabelle schon enthalten)
Graph_SPEED-Test & weitere Last.png

Eigentlich habe ich mir hierbei erhofft, einen klaren Sieger der Moduswahl x8/x16 ausrufen zu können, allerdings kann ich mir dieses Ergebnis auch nicht so einfach erklären. So sollten im x16-Fall eigentlich die Werte mit der LOAD einbrechen, da hier mit der Datenübertragung parallel das DMI für mehrere Geräte geteilt werden muss. Aber manchmal steigt die Performance unter der Last tatsächlich an...interessant und unerklärlich zugleich. Da dies aber nur im x16-Fall passiert (also alles über den PCH geht) und vor allem die 4k-Testwerte so nach oben ziehen, fällt mein Verdacht auf den PLX-Chip, welcher hier noch seine Finger im Spiel haben kann. Auch ein zufälliger 3-facher Messausreißer wäre denkbar.
Wer eine bessere Erklärung dafür hat, bitte antworten.

Anwendungstests als Client-SSD

Nachdem die synthetischen Benchmarks oft nicht allzu anwendungsnah sind, habe ich die SSDs (SATA und NVMe) im folgenden als Client-SSDs getestet. Also die Frage, wie performen diese im Alltag und gibt es hierbei einen klaren Sieger. Getestet wurden die SSDs/HDD_neu als Ort für VMs, Datenübertragung im Windows, (ent)packen von Dateien, ... Die NVMe ist im x8-Modus eingebaut gewesen. Die Ergebnisse (Auszug):
Messwerte_2a.png

Während die HDD in eigentlich allen Fällen deutlich den hinteren Platz einnimmt, so zeigen die beiden SSD-Typen in den meisten Fällen dieselbe Performance. Lediglich beim ZIP-Archiv kann die NVMe deutlicher punkten, da hier die Kombination aus Schreib/Lese-Rate und die hohen IO/s in Kombination ihren Vorteil zeigen - alles unter PCIe 2.0 wohl gemerkt :cool_alt:

Anwendungstests als OS-SSD

Im nächsten Test ging es um die Antwort auf die Frage "Welche SSD wird das neue Zuhause für das OS sein?"
Aus diesem Grund sind beide SSDs einzeln und ohne weitere Laufwerke ins System gebaut und Windows 10 (21H1) per USB3-Stick installiert worden. Die ersten beiden automatisierten Reboots wurden abgewartet und die Zeiten gestoppt. Am Ende ist auch der Updateprozess in Windows Gestoppt worden, um einen "einfachen Anwendungsfall" zu simulieren.
Messwerte_2b.png

Während die reine Installation praktisch identisch ist, hat die NVMe-SSD sowohl bei der Bootzeit, als auch bei den Updates (=Anwendungen) die Nase vorn. Auch muss noch bedacht werden, dass auf der NVMe-Seite schon eine automatische Bereinigung beim Updaten erfolgt ist, die SATA-SSD aber noch einen weiteren Neustart nach dem Update-Neustart wollte. Die NVMe-SSd ist also auch hier (etwas) perfomanter.

Was beim Installieren von Windows auf die NVMe-SSD seltsames aufgetreten ist, möchte ich hier aber nicht vorenthalten. Die Installation lief bis zur Auswahl des Laufwerks ohne Probleme, jedoch kam dann die folgende Meldung
Install_Problem.JPG

Na toll, dann kann mein Board nicht direkt von der NVMe booten (habe ich auch teilweise mit einkalkuliert). Also schnell die andere SSD an SATA angeschlossen, damit dort der Bootloader drauf kommt und auf die NVMe verweist. Installation lief dann auch sauber durch...aber in Windows selbst war die SATA-SSD ohne eine Partition, die Bootpartitionen befanden sich alle auf der NVMe.
Auch nach dem Entfernen der SATA-SSD hat Windows brav von der NVMe gestartet, lediglich die Partitonierung wollte es nich tautomatisch machen.
Ich muss hier aber fairerweise dazusagen, dass ich ein gemoddetes BIOS habe, welches den NVMe-Support besitzt, jedoch in der Oberfläche diese Speicher nicht anzeigen kann. Deswegen hat vermutlich der Bootloader(UEFI) ausgereicht, um davon zu starten. Klappt vielleicht auch bei anderen.

SSD vs. GPU - x8 oder x16?

Da die GPU im Falle des x8/x8-Betriebs der NVMe-SSD nur die Hälfte ihrer Lanes zur verfügung hat, bleibt am Ende die Frage, wie das die Gamingperformance beeinflusst.
In synthetischen Benchmarks (Furmark, 3D-Mark, ...) ist dieser Unterschied nicht messbar (lediglich 5-10 Punkte Unterschied). Deswegen die oben erwähnten Spiele getestet. Einstellungen waren so gesetzt, dass der Grafikspeicher maximal gefüllt ist und außer der GPU keine andere Hardware limitiert.
Während die FPS in beiden Modi (x8 bzw x16) in der Regel jeweils identisch waren, so waren bei Spielen mit größerer Objektzahl kurzzeitig Einbrüche auf die Hälfte der FPS zu erkennen. Dies lässt den Schluss darauf zu, dass die Anbindung der GPU/des Grafikspeichers nicht mehr mit dem nachladen der Objekte/Texturen nachkommt und deswegen kurzzeitig ainbricht.

Fazit

Nun mein Fazit zum Test und das Einsatzgebiet der NVMe-SSD.
Da zwischen den beiden Modi x8/x16 kaum ein Untershied zu erkennen ist, der x8-Modus aber noch die Nachteile der kurzen FPS-Einbrüche hat, wird die NVMe ihren Platz im unteren PCIe-Slot haben, welcher per PCH angebunden ist. Auch wird sie die Heimat für das Betriebssystem und Programme werden, da sie in den Realszenarien eine identische oder oft bessere Leistung aufweist.
Spiele und VMs können entweder auf die NVMe, oder auf die SATA SSD gelegt werden. Hier ist es oft eine Frage der Ordnung und wie einfach sich diese Anwendungen verschieben lassen (zB. Spiele liegen als Backup auf einer HDD und werden nur im Spielefall auf eine der SSDs gezogen).

Funktioniert eine NVMe-SSD unter einem PCIe 2.0-System und lohnt sich die Aufrüstung gegenüber einer einfachen SATA-SSD?
Nun, "funktionieren" wird sie, wenn auch nicht alle älteren Systeme davon direkt booten könnten. Eine große Leistungssteigerung im Vergleich zu einer identischen SATA-SSD darf man aber nicht erwarten. Wem dies bewusst ist und noch SATA-Steckplätze/Platz im Computer ist, kann also getrost noch zu einer SATA-SSD greifen.
Bei etwa gleicher Preislage oder mit dem Hintergedanken, diese NVMe-SSD später direkt in sein neues Sytem zu packen, würde ich aber der NVMe-SSD den Vorzug geben. Ein weiteres Plus ist der Wegfall der Kabel. Auch wer keine freien SATA Ports mehr hat, kann hier mit diesen SSDs aufrüsten.

Un da die Seagate-SSD zum einen so günstig war für PCIe 4.0 und mit einer Schreibleistung von 1,8 PB daher kommt, kann ich sie auch später als schnellen Cache in einem 10G-NAS sehen. Vorausgesetzt, die Preise werden irgendwann wieder vernünftig.

Und wie immer am Ende: Fragen, Wünsche, ... einfach in die Antwort.

 

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eine neue CPU hätte unterm Strich mit der alten SATA-SSD mehr Alltagsperformance gebracht :)
aber danke für deine Mühe, schon interessant, dass es überhaupt möglich ist :)
 
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Karre schrieb:
Scheitern kann das Ganze am BIOS, wenn es die Option über pcie zu Booten nicht bietet..
a) Gemoddetes BIOS benutzen (wie hier im Artikel)

oder b) Bootloader bei der OS-Installation auf z.B. kleinen USB-Stick packen (bei Linux trivial, bei Win weiß ich nicht)

oder c) z.B. Clover auf kleinen USB-Stick packen und als Bootloader benutzen, dann kann man auch ganz alte (BIOS-)Rechner sogar mit GPT-Layout und NVMe installieren.

Schöner Artikel und schöne Tests! Auch gut, dass man da doch an ein paar Stellen sieht (GTA), dass NVMe durchaus in der Praxis deutlich schneller sein kann.
 
danke für den interessanten Test,
ich habe meine P67 Plattform erst kürzlich in Rente geschickt.
 
@GrumpyCat
ja, das mit Bootloader auf anderes Laufwerk hatte ich so auch als Alternative in der Hinterhand (auch fix mit Stick in einem USB-Header onboard). zunächst sah es auch so aus, als dass es nötig wäre. Aber Win10 hat dann doch den Bootloader auf die NVMe gemacht und das BIOS/UEFI hat diesen dann als solchigen erkannt und davon gebootet. Wenn die NVMe also nicht von Beginn an will, erst einmal testen, ob ein von extern aufgespielter Bootloader schon ausreicht.

Und das bei GTA oder bei dem ZIP-Archiv scheint tatsächlich die Kombination Geschwindigkeit + IO/s zu sein. Und da klemmt es bei SATA erheblich.

@GokuSS4 ja, andere CPU (und damit Board und RAM) hätten mehr gebracht, die SSD hätte es aber auch zusätzlich gebraucht. 250 GB sind halt schon etwas klein, selbst wenn man zwei davon hat
 
Danke für die Machbarkeitsstudie. Eine NVMe SSD kann praktisch in jedem PCIe tauglichen Mainboard betrieben werden, wenn auf einem SATA Laufwerk ein aktuelles Betriebssystem installiert ist, das NVMe Treiber laden kann. Die Schwierigkeit ist, dem BIOS/UEFI NVMe beizubringen. Da gibt es die Möglichkeit, die Firmware zu patchen. Dann braucht man kein SATA Laufwerk mehr und der PC kann etwas schneller booten.
 
Bunkeropfer schrieb:
Aber manchmal steigt die Performance unter der Last tatsächlich an...interessant und unerklärlich zugleich. Da dies aber nur im x16-Fall passiert (also alles über den PCH geht) und vor allem die 4k-Testwerte so nach oben ziehen, fällt mein Verdacht auf den PLX-Chip, welcher hier noch seine Finger im Spiel haben kann. Auch ein zufälliger 3-facher Messausreißer wäre denkbar.
Wer eine bessere Erklärung dafür hat, bitte antworten.
Vermutlich weil irgendwelche Energiesparmodi aktiv sind, die bei zusätzlicher Last durch andere Geräte deaktiviert werden. Hattest du den Energiesparplan von Windows auf Höchstleistung gesetzt oder auf der Standardeinstellung gelassen?
 
Zuletzt bearbeitet:
@Madnex alles auf Höchstleistung gesetzt und wie geschrieben je 3 Durchgänge gemacht. Wenn das OS aber mal neu aufgesetzt ist mit allem drum und dran, kann/werde ich das aber noch einmal testen. Nicht dass da wirklich etwas verschlepptes im Hintergrund läuft
 
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