Welche IT-Bereiche gibt es, die "kreativer" und "fürsorglicher" sind?

P

pvalerio

Gast
Hallo zusammen

Bin 29, aus der Schweiz und habe vor 8 Jahren meine Ausbildung als "Informatiker Systemtechnik EFZ" abgeschlossen (keine Ahnung was das DE-equivalent dazu ist). Ich war schon immer von Technik begeistert, seit ich klein bin.

Zurzeit arbeite ich in einem sehr kleinen und chaotischen IT-Betrieb. Ich muss sagen, dass ich inzwischen sehr unglücklich, wenn nicht schon depressiv bin. Ich bin es Leid die ständig wiederkehrenden IT-Probleme zu lösen, oder die unfreundlichen Kunden im Telefon-Support zu bedienen. Bei den vorigen Betrieben (eines war grösser, eines eher StartUp-mässig) war es auch nicht viel besser. Ich habe zwar auch schon "gröberes" gemacht (SCCM, komplexe PowerShell-Scripts, Migrationen, Java Entwicklung in Nebenprojekt), aber inzwischen ist mir das einfach alles zu trocken und zu technisch. Mir fehlt die Kreativität, die "Wärme" und vor allem auch Menschen helfen können.

Bevor ich also meine IT-Karriere komplett an den Nagel hänge, frage ich mich, ob es in der IT vielleicht einen Bereich gibt, der mir besser gefallen könnte. Ich möchte mein Wissen und meine Erfahrungen weitergeben können, zudem habe ich die starke Fähigkeit, Zusammenhänge erkennen zu können. Da ich jedoch eher introvertiert bin, fällt es mir schwer im Mittelpunkt zu stehen, oder dauerhafter emotionalen Druck einstecken zu können.

Irgendwelche konkrete Ideen? Ich denke da in die Richtung Schulung, oder vielleicht Digitalisierung im Bildungsbereich, etc...

Wäre für Inputs sehr dankbar.

Gruss
 
Moin,

ich kann deine Frustration sehr gut verstehen.
Vieles ist auch Kopfsache. Der Telefonsupport ist zwar ärgerlich, wenn du jemanden dran hast der 1) keine Ahnung von deiner Arbeit hat und 2) auch noch unfreundlich ist. Dennoch gehört es in einer Dienstleistungsgesellschaft leider dazu, dass du da freundlich bleiben musst (/solltest).
Viele Kunden haben oft auch Druck und geben das dann zu dir durch. Da hilft nur tielf durchathmen und dann freundlich bleiben. Meistens zahlt es sich aus ruhig, freundlich und kompetent zu bleiben. Sollten sich die Kunden wieder bei dir melden sind Sie meistens froh, wenn Ihr Ansprechpartner kompetent ist und Ihnen bekannt ist, dass er die Probleme auch lösen kann. Das entspannt die Situaion oft.

Und nun zu deiner Frage:
Überdenke deine aktuelle Situation und deine jetzige Arbeit. Gibt es Möglichkeiten vom 1st-Level-Support wegzukommen und mehr zu den "Projekten" zu wechseln? Deine Berufserfahrung und deine Leistungen, die du geschreiben hast, sprechen dafür dir mehr Verwantwortung zu geben. Vielleicht hilft auch ein Gespräch mit deinem Vorgesetzten?
pvalerio schrieb:
Mir fehlt die Kreativität, die "Wärme" und vor allem auch Menschen helfen können.
Vielleicht bringt dir ein weiterer Wechsel des Arbeitgebers mehr? Du kannst dann z.B. für dich explizit ausschließen dass du an der Hotline arbeiten willst. Deine Worte zeigen, dass du komplett unzufrieden bist. Sowohl die Aufgaben sind eintönig/ zu einfach, das Betriebsklime ist nicht gut und du siehst keinen Sinn on der Arbeit. Also entweder das Gespräch suchen oder eben versuchen zu Wechseln.

Und zu guter Letzt: Ist vielleicht ein Studium für dich das Richtige? Passt es zu deiner Lebenssituation?

Gruß

PS: Fortbildungen/Schulungen sind schwierig zu empfehlen, wenn du kein Richtung angegeben hast, in die du dich weiterentwickeln willst bzw interessiert bist. :D

EDIT: Deine Ausbildung würde in D dem Fachinformatiker Systemintegration wohl am Besten enstprechen.
 
Ich würde definitiv einen Unternehmenswechsel in Betracht ziehen.

Wenn du etwas "kreatives" in der IT machen möchtest, würde ich in Richtung UX (User Experience) und UI (User Interface) Design gehen. Beide Themen bedingen aber auch, dass du dich mit Kollegen und potentiellen internen und externen Kunden auseinandersetzen.

Ich würde dir ein Umfeld empfehlen, dass nach agilen Werten arbeitet. Welche das sein könnten, findest du z.B. über lokale Scrum-Gruppen heraus. Davon gibt es einige in der Schweiz. In agilen Teams werden auch introvertierte Personen von einen guten (!) Scrum Master entsprechend eingebunden.

Bei Fragen hierzu kannst du mich auch gerne via PM kontaktieren.
 
@pvalerio für Kreativität im eigentlichen Sinne würden mir auch nur Dinge wie der Vorschlag von @w764 einfallen, also etwa UX/UI Designer. Das geht sicherlich auch mit Umschulungen. Man könnte auch generell 3D-/Grafikdesigner machen. Vielleicht wäre was kreatives in der Richtung auch in puncto Spieleentwicklung drin.

Ansonsten Projektmanagent, v.a. in Start-Ups & Co., insbesondere wenn die, wie @w764 ja auch schon vorschlug, im Agile-Dev-Bereich unterwegs sind. Das ist definitiv abwechslungsreich und bedingt auch Sozialkompetenzen.

Fernab davon gibt es bestimmt noch 1-2 andere Nischen. Grundsätzlich wird die IT aber immer komplexer und immer spezialisierter (also abseits - etwa in der Entwicklung - vom Code-Monkey). D.h. richtige Innovativtätigkeiten sind zunehmend spezialisierten Akademikern vorbehalten.

Diesbezüglich wäre dann diese Frage durchaus relevant:
error schrieb:
Ist vielleicht ein Studium für dich das Richtige?
 
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Vielen Dank für eure Antworten, und auch die spezifischen Tipps. Das hilft mir wirklich weiter und gibt mir zumindest ein bisschen Hoffnung. Wenn ich mir jedoch die typischen Job-Inserate anschaue (Projektplanung, Koordination, Support, Pikett-Dienst), dann sehe ich da einfach schwarz. Das möchte ich auf keinen Fall mehr machen. Bzgl. Gespräch mit Vorgesetzten: Habe ich selbstverständlich mehrmals probiert, aber ausser leeren Versprechungen passiert da garnichts.

Das mit agiler Entwicklung/Scrum schaue ich mir definitiv an. Ob ein Studium für mich in Frage kommt: Falls dies mich meinen Zielen/Wünschen weiterbringt, dann werde ich das sicherlich irgendwie ermöglichen können. Aber generell bin ich weniger der Typ für ein Studium.

Ich bin der Typ, der gerne etwas liest, in die Praxis umsetzt, tüftelt, DIY-mässig. Ich liebe es in Foren mitzuwirken, oder bei Github etwas mitzuentwickeln, wo man sich austauscht, Feedback holt, testet... Aber halt alles konzentriert und virtuell, am liebsten von Zuhause aus. Ein kleineres, dafür bedeutungsvolleres Projekt. Ohne, dass ich mich gross mit Administration, Marketing, Kundenkontakt etc. umherschlagen muss. Vom technischen Aspekt her bin ich noch nie an meine Grenze gestossen. Solange mein Interesse da ist lerne ich alles bis ich mich Experte schimpfen kann, und das völlig alleine. Sowas muss sich doch finden lassen?

Ich habe finanziell sehr geringe Ansprüche ans Leben. Ich lebe eher minimalistisch (bis auf mein Hobby "Auto", bei dem ich jedoch zu 90% alles selbst Instand halte, und auch bereit wäre darauf zu verzichten). Ich habe auch keine grossen Verpflichtungen. Aktuell arbeite ich auch nur Teilzeit 60% (seit über einem Jahr) und das reicht mir locker. Die Zeit nutze ich lieber um selbst nebenbei was zu machen, was mir wirklich Spass macht. Wie meine 2 kleineren Nebenprojekte (1 davon alleine dank dem Hobby "Auto" :-), die mir inzwischen regelmässig was einbringen, aber leider zu wenig, um nur davon zu leben). Oder meinen Kopf freimachen und einfach mal wegfahren, neue Inspiration holen.

Ich hoffe das klingt jetzt nicht zu fantasievoll und surreal, ich wollte das einfach mal ungefiltert loswerden. Vielleicht bringt das jemand zu einer Idee, die mir bisher noch völlig entgangen ist.
 
pvalerio schrieb:
Vom technischen Aspekt her bin ich noch nie an meine Grenze gestossen.
pvalerio schrieb:
Ich bin der Typ, der gerne etwas liest, in die Praxis umsetzt, tüftelt, DIY-mässig
pvalerio schrieb:
generell bin ich weniger der Typ für ein Studium.

Ohne zusätzliche Details ist das nur spekuliert, aber nicht selten stößt man auch deshalb nicht an seine Grenzen, weil man außerhalb von der Wissenschaft und ohne Studium selten an komplexe Tätigkeiten in der Wirtschaft oder Hobby kommt.
In die Wissenschaft kommt man gar nicht ohne Studium, in z.B. Forschung&Entwicklung in der Wirtschaft ist es ohne Studium auch extrem schwer und bezüglich Hobby mangelt es dann meistens an konkreten Kontakten, Projekten und dementsprechend Ideen.


pvalerio schrieb:
alles konzentriert und virtuell, am liebsten von Zuhause aus
pvalerio schrieb:
kleineres, dafür bedeutungsvolleres Projekt
pvalerio schrieb:
Ohne, dass ich mich gross mit Administration, Marketing, Kundenkontakt etc. umherschlagen muss.

Das ist nur sehr schwer miteinander vereinbar. Home-Office sind i.d.R. nur Spezialisten. Z.B. bei der Entwicklung jeden "Code-Monkey" ins Home-Office zu entlassen, wäre für Unternehmen nur schwer zu managen.

Selbstständigkeit oder Freelancer-Tätigkeiten würden dann wohl mit Abstand am Besten zu dir passen. Wobei dort natürlich wieder Administration, Marketing, Kundenkontakt, ... auftreten wird.


pvalerio schrieb:
generell bin ich weniger der Typ für ein Studium.

Ohne die Motivation, sich über Jahre in ein Feld einzuarbeiten im Studium, wird es auf jeden Fall immer schwieriger, in irgendwas wirklich Spezialist zu sein und dort auch gute Jobchancen zu haben.
Umgekehrt allerdings bringt dir ein liebloses Studium, durch das man sich durchquält, auch relativ wenig.

Da bleibt kreativ neben UX/UI oder Nischen wie Dev im Agile-Bereich nicht mehr so schrecklich viel übrig.
 
Moin,

pvalerio schrieb:
Wenn ich mir jedoch die typischen Job-Inserate anschaue (Projektplanung, Koordination, Support, Pikett-Dienst), dann sehe ich da einfach schwarz.
pvalerio schrieb:
Ich bin der Typ, der gerne etwas liest, in die Praxis umsetzt, tüftelt, DIY-mässig. Ich liebe es in Foren mitzuwirken, oder bei Github etwas mitzuentwickeln, wo man sich austauscht, Feedback holt, testet... Aber halt alles konzentriert und virtuell, am liebsten von Zuhause aus. Ein kleineres, dafür bedeutungsvolleres Projekt. Ohne, dass ich mich gross mit Administration, Marketing, Kundenkontakt etc. umherschlagen muss.
pvalerio schrieb:
Vom technischen Aspekt her bin ich noch nie an meine Grenze gestossen. Solange mein Interesse da ist lerne ich alles bis ich mich Experte schimpfen kann, und das völlig alleine. Sowas muss sich doch finden lassen?
nuja, leider geht es nicht ohne. Wirklich "alleine" gibt es heute nur noch extrem selten. Je komplexer die Aufgaben werden umso mehr Kommuniktaion ist meistens gefordert. In der Regel ist die technische Lösung relativ simpel, das Gesamtzusammenspiel zwischen den verschiedenen Komponenten und das Einhalten von Standards macht es komplex. Und da kommt die Kommunikation zum tragen.

Als Selbständiger arbeitest du zwar "alleine" aber hast dennoch sehr viel Kundenkontakt und es wird Kommununikationstalent verlang, wie @ascer schon geschreiben hat.

pvalerio schrieb:
Wie meine 2 kleineren Nebenprojekte (1 davon alleine dank dem Hobby "Auto" :-), die mir inzwischen regelmässig was einbringen, aber leider zu wenig, um nur davon zu leben).
Wie sieht es bei dir in der Automobilindustrie aus? Autonomes Fahren oder Car-to-Car Kommunikation? Dann könntest du dein Hobby mit der Arbeit verbinden. Bei Porsche z.B. ist es gerne gesehen, wenn der Mitarbeiter eine Leidenschaft für Autos (Porsche) mitbringt.
Allerdings sind die Anforderungen recht hoch. Das Ganze fällt wieder unter "Forschung und Entwicklung" und wird ohne Studium sehr schwer.

ascer schrieb:
Da bleibt kreativ neben UX/UI oder Nischen wie Dev im Agile-Bereich nicht mehr so schrecklich viel übrig.
Leider fällt mir auf Anhieb auch nicht mehr ein.

gruß
 
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