@Happy Mutant
Fein, dann sehen wir es ja doch im Großen und Ganzen ähnlich. Hatte mich schon ein wenig gewundert, aber ich wohl noch ein wenig müde
Assange ist natürlich nicht Wikileaks, aber so wie ich es wahrnehme, ist Wikileaks doch sein "Instrument" und Wikileaks tut das, was Assange will, oder etwa nicht? Oder ist Assange nicht mehr Teil der Organisation?
Das ist aber kein Problem von Wikileaks sondern ein generelles. Es gibt nur eine begrenzte Menge vertrauenswürdiger Personen in jeder Organisation.
Es geht nicht um vertrauenswürdige Personen sondern um die Größe der Organisation. Wikileaks will die Masse an Informationen alleine stemmen, bewerten, prüfen, veröffentlichen, aber das kann Wikileaks nicht alleine schaffen, was wiederum "Arbeitsweisen" führt, die Wikileaks der dringend nötigen Neutralität berauben. Sobald Wikileaks entscheiden, ob zuerst der Klatsch der Diplomaten oder die Mauscheleien der Banken in der Finanzkrise veröffentlicht werden sollen, haben wir ein Problem.
Das ist aber nicht die Schuld der Plattform selbst, sondern die Schuld derer, die die Arbeit mit dem Material erschweren.
Häh? Wer erschwert denn die Arbeit mit dem Material?
Über die Zusammenarbeit mit den Medien kann man streiten, aber nicht über den Weg der Prüfung - die sollte auch von der Plattform mit getragen werden, denn willst du dich wirklich darauf verlassen, dass egal welche Medien die Dingen kriegen, diese auch genau prüfen?
Die Prüfung würde schon mit der Wahl des Informanten, welche Journalisten oder Organisation die Informationen erhalten und veröffentlichen sollen, beginnen. Und der investigative Journalismus würde in der Folge sicherlich gewissenhafter mit den erhaltenen Informationen umgehen als Wikileaks. Kurzum: Ja, ich würde mich besser fühlen, wenn die Informationen durch die Medien destilliert würden und nicht durch Wikileaks, die sich nicht einmal darum scheren, dass durch die Informationen, die nahezu ungeprüft heraus geschleudert werden, Menschen in akute Gefahr gebracht werden o.Ä.
Was ist dein Anhaltspunkt dafür das Wikileaks nicht neutral sei?
Wikileaks kann gar nicht neutral sein, wenn es entscheiden muss, welche Informationen als erstes veröffentlicht werden sollen, welche Informationen auf die lange Bank geschoben werden (müssen) oder wer die Informationen als erstes erhalten soll (wenn eine entsprechende Geldsumme geflossen ist). Mit Neutralität meine ich, dass alle wichtigen Informationen, die irgendwelche Greueltaten oder unmoralische Mauscheleien offen legen können, zügig einen geeigneten Abnehmer finden, der diese Informationen gewissenhaft aufbereitet zur Veröffentlichung bringen kann, und zwar ohne dass das im Hintergrund arbeitende Netzwerk Einfluss darauf nimmt, welche Informationen relevanter als andere sein sollen und daher eher eine Veröffentlichung verdienen.
Ich glaube es lassen sich viel zu viele Leute von den Aktionen von Assange blenden(bzw. dessen medialer Inszenierung).
Assange potenziert mit seinem Handeln nur noch das Misstrauen, dass ich in die Plattform (nicht jedoch in die grundsätzliche Idee) habe. Aber wenn wir Assange weg dividieren, bleiben die massiven konzeptionellen Probleme von Wikileaks bestehen.
Relevant hingegen sind die Enthüllungen über die Zusammenarbeit der arabischen Staaten mit den USA gegen den Iran(das wurde sogar im Spiegel teilweise veröffentlicht)
Und es stimmt dich nicht bedenklich, wie diese Informationen auf die Stabilität in der Region wirken könnten?
Ich jedenfalls möchte auch weiterhin das die genutzten Rohdaten auf Stichhaltigkeit und Gefährdung Dritter geprüft wird
Wo tut Wikileaks das denn?
Dir kann ich auch nur bedingt folgen. Wenn nur Informationen aus einer Quelle (USA) vorliegen, was nicht der Fall ist, dann lieber Garnichts veröffentlichen?
Nein, natürlich sollten diesbezügliche Informationen weiter hin veröffentlicht werden. Ich habe nur gesagt, dass ich (auch) aufgrund des Auftretens und den Aussagen von Assange kein Vertrauen in die Neutralität von Assange und Wikileaks habe.
Mein Eindruck ist, dass unsere so hochgelobte Presse nicht in der Lage ist die Informationen zu verarbeiten und damit verantwortlich umzugehen.
Ich habe unsere Presse ja nicht gelobt, und zum Glück gibt es nicht nur die deutsche Presse. Dass die Presse mit den Informationen scheinbar nicht sonderlich "verantwortlich" umgeht, hat aber zwei Probleme, die direkt aus Wikileaks selbst erwachsen:
1. Die Welt bekommt einfach hunderttausende Dokumente vor die Nase gesetzt, aus der sie sich die brandheißen Informationen selber heraus suchen muss. Das sollte natürlich möglich sein, aber dauert seine Zeit.
2. Die meisten Dokumente enthalten keinen bemerkenswerten "Schmutz", der einer Veröffentlichung bedarf, was bei vielen hunderttausend Dokumenten nicht sonderlich erstaunlich ist.
Wäre es da nicht besser, wenn die Informanten die wichtigen Informationen ohne Umwege den Journalisten zur Verfügung stellen würden.
Ob die Information einfach in den leeren Raum geschleudert werden, oder ob sie gezielt von den Informanten bereit gestellt und mit deutlich weniger Aufwand von den Medien zur Veröffentlichung gebracht werden, wir kommen ohnehin nicht ohne die Medien aus. Zwar kann jeder für sich selbst die schmutzigen Details aus der Masse an Informationen heraus filtern - was wahrscheinlich kaum jemand tut bei all den vielen Dokumenten - aber für die große Diskussion in der Gesellschaft, die "denen da oben" tatsächlich weh tun könnte, brauchen wir die Medien.
Ich hoffe darauf, dass es viele Nachahmer gibt (ohne so Typen wie Assange) und noch mehr Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, von allen Staaten die vor ihrem Volk Informationen verbergen.
Das ist mal eine Aussage, die ich verstehen kann. Wenn ich mich im Web umschaue, habe ich das Gefühl, dass es den Menschen gar nicht um die eigentliche Sache geht sondern darum, einem Popstar zu huldigen und diesen gegen jegliche Kritik zu verteidigen. Wer es aber mit der "Freiheit der Informationen" und einer "besseren, ehrlicheren Welt" ernst meint, muss doch erkennen, dass Wikileaks noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Man muss Wikileaks wie gesagt für alles dankbar sein, was es angestoßen hat, aber die Zukunft braucht effizientere und unauffälligere Lösungen.