Wikileaks und die Diplomaten

Nun droht Mr. Leaks damit, in einem Rundumschlag aus Rache alle über die Klinge springen zu lassen die er kann, falls ihm sein weiteres Schicksal unangemessen erscheinen sollte.

Aber es werden nach meinem Eindruck ja bereits weniger Leute, die alles gut heissen, was mit WL zu tun hat. Zu meiner Überraschung kam dazu sogar etwas bei Nuhrs Jahresrückblick, was mir sehr gefallen hat.

Es wäre nur schön gewesen, wenn es von Anfang an mehr Leute mit Mark Twain gehalten hätten, als erstmal jeden wüst zu beschimpfen, der sich nicht brav bei den WL-Fans einreiht: Whenever you find yourself on the side of the majority, it is time to pause and reflect.
 
Ich verstehe Assange und den Hype um seine Person immer weniger. Alle jubeln ihm zu, weil er so ein mutiger Kämpfer für die Wahrheit sein soll, der die Welt angeblich zu einem besseren, ehrlicheren, transparenteren Ort macht. Tatsächlich scheint es aber Assange vor allem um seinen ganz persönliche Krieg gegen die USA und um seine Person zu gehen, und dies finde ich fast genauso verwerflich wie das vermeintlich böswillige Handeln der Mächte, die Assange an den Pranger stellen möchte. Ich möchte nicht nur wissen, welche Leichen die USA im Garten verbuddelt haben, sondern was auch in China, Nordkorea oder dem Iran vor sich geht oder wo wir möglicherweise von unserer eigenen Regierung hinters Licht geführt werden, aber all dies werden wir wohl erst erfahren, wenn Assange und Wikileaks der Meinung sind, der bösen Supermacht USA lange genug ans Bein gepinkelt zu haben.

Unter einer neutralen Aufklärungsarbeit mit dem Ziel, die Welt tatsächlich ein wenig transparenter zu machen und die Menschen dazu zu zwingen, ein wenig ehrlicher zu sein, stelle ich mir etwas ganz anderes vor. Wir sind doch mittlerweile nicht mehr nur ein vermeintlicher Spielball der Weltpolitik sondern auch den Launen des heiligen Julian Assange ausgeliefert. Und die meisten Menschen laufen ihm dafür auch noch treu und blind hinterher wie die Ratten einem Rattenfänger, nur weil er den Menschen gibt, was sie hören und wahr haben wollen. Man muss Assange dankbar sein für das, was er ins Rollen gebracht hat, aber ich hoffe, dass er und Wikileaks schon bald der Vergangenheit angehören werden und dass andere Netzwerke, die effizienter agieren können und wirklich neutral sein werden, den Platz von Wikileaks einnehmen und ganz ohne Personenkult auskommen werden
 
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Nur hätten die Medien nicht freiwillig diese Arbeit auf ein Minimum reduziert und sich lieber mit Hofberichterstattung oder schlecht recherchierter Polemik versucht über Wasser zu halten, hätte es die Lücke für Wikileaks nicht gegeben. Das gilt gerade für die dominierenden Online-Medien, die diese Chancen nicht nutzen wollen, weil billiger Content und billige Klicks wichtiger sind. Gerade bei den sogenannten Nachrichtenseiten eine Krankheit.

Wikileaks hat mit Sachen wie Sperrlisten angefangen, was unheimlich wichtig für den Widerstand gegen die Internetfilterung auch hierzulande war. Man hat gezeigt, dass man bereit ist Informationen unabhängig von politischem Kalkül verbreitet.

Damit hat man sich das Vertrauen erarbeitet um an die jetzt veröffentlichten Daten zu kommen. Man mag die neuerdings postulierte Ziele und die Reduzierung Assange nicht gutheißen (was auch gerade durch die Medien passiert, die jetzt wieder davon leben wollen), das heißt aber nicht, dass diese Informationen nicht wichtig sind.

Auch in Zeiten wo der Quellenschutz massiv ausgehöhlt wird und in kaum einen Rechtsstaat mehr konsequent garantiert wird, ist ein Medium wie Wikileaks von Bedeutung. Im Zweifel können und werden die traditionellen Medien diese Quelle nicht mehr schützen. Sie sind immer noch zur Interpretation und Relativierung wichtig und ich hoffe sie nehmen das auch mal an, statt auf pauschales Schwarz-Weiß wie Colonel Decker hier zu setzen. Leider waren die Depeschen auf Boulevard-Niveau mal wieder die prominent platzierten Meldungen und die Aufmacher. Das was jetzt veröffentlicht wird, die ganzen kleinen Verstrickungen und Lobbyarbeiten sind schon wieder von untergeordnetem Interesse. Es ist fast business as usual.

Man muss die Skript-Kiddies die sich dann zum Verteidiger aufschwingen wollen mit ihren fragwürdigen Methoden verurteilen, denn damit haben sie das Gegenteil erreicht. Dieses Event-mäßige, dabei sein ist alles, das ist leider ein Zeitgeist-Phänomen, das wiederum auch die Medien geprägt haben, das jeder Quatsch sensationell und berichtenswert ist, solange nur genug dabei sind.

Man wünscht sich, dass sich mehr auf die Inhalte konzentriert wird und weniger, dass von egal welcher Seite Assange nicht als alleinige Verkörperung und Resultat dieser Idee hingestellt wird. Die Idee, dass die Vorgänge in dieser Welt transparenter werden können und sollten.
 
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@ HappyMutant

Wo bitte male ich mutmaßlich Schwarz/Weiß?

Und dass vor allem die "Depeschen auf Boulevard Niveau" die Schlagzeilen gemacht haben ist meiner Meinung nach von WL genau so gewollt gewesen. Klar gehen da nun eventuell "kleinere Verstrickungen" unter, aber das nun den traditionellen Medien vorzuwerfen finde ich falsch. Den Weg "Masse statt Klasse" hat WL ganz allein eingeschlagen. Genau wie sich Assange auch viel mehr selbst in den Mittelpunkt gedrängt hat, als dass er dort von den traditionellen Medien "hingestellt worden" wäre.

Auf "Inhalte konzentrieren" kann man sich übrigens ganz gut, kauft man einfach FAZ oder Süddeutsche etc.
 
@Colonel Decker: Ich erkenne jedenfalls wenig substantielles zum Thema selbst. Geht nur um das alte Klischee, ich bin dagegen, es werden immer mehr und das ist gut so. Widerspricht etwas dem Zitat, was du dann bringst. Insbesondere das "nun droht" scheint mir aus der Luft gegriffen, weil es sich scheinbar auf eine seit mehreren Wochen schwelende Ankündigung dreht, diverse Bankdokumente zu veröffentlichen. Wenn es was anderes ist, dann fehlt mir da irgendwie der Verweis auf etwas aktuelles.

Auch kann ich nicht nachvollziehen, wann diese "Drohung" mit "Rache" im Zusammenhang mit dem Strafmaß erfolgt sein soll. Die Tatsache, dass es eine Master-Schlüssel gibt, für den Fall, dass er eines unnatürlichen Todes stirbt ist lange vor der "Affäre" bekannt gewesen. Und das man noch deutlich mehr Dokumente hat ist auch schon länger bekannt.

Du stellst es als angebliche Erpressung in den Raum und deine Haltung, sorry das ich das so sage hat sich in zig Jahren nicht geändert. Es ist also nciht nur die mangelnde Auseinandersetzung und ausführliche Analsye, die hier fehlt, sondern es ist leider auch die altbekannte Ecke, aus der diese Aussagen kommen. Mark Twain kann jeder zitieren, dass du es hier wirklich umsetzt sehe ich nicht so sehr.

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Zu deine Aussagen bezüglich Wikileaks:

1. Man hat sich dazu entscheiden die Dinger nach und nach zu veröffentlichen. In dem angeschlagenen Tempo sind diese locker zu überblicken.

2. Diverse Medien hatten vorher Zugriff und konnten und können Recherche dazu betreiben, ebenso Informationen die einzelne Personen gefährden vor der Veröffentlichung entfernen (also Namen z.b.). Was sie damit machen ist ja nicht die Entscheidung von Wikileaks.

3. Der Spiegel hat sich z.b. dennoch für banale Einschätzungen zu den Trantüten in der Regierung entschlossen. Dinge, die nicht nur allgemein bekannt waren, sondern teils falsch übersetzt wurden. Interessante Einblicke wie die amerikanische Diplomatie den Einfluss der deutschen Öffentlichkeit auf das Abstimmungsverhalten z.b. in der EU einschätzt, wurden dagegen im besten Falle nebenbei erwähnt. Dinge wie die Einflussnahme auf EU-Entscheidungen, wie hier z.b. Monsanto genannt wurde, oder auch zu den ganzen Datensammlungen die den Amerikaner zugänglich gemacht werden sollen sind kaum Analyse wert.

Das ist nicht der Fehler von Wikileaks. Wikileaks stellt alle Informationen online, natürlich. Aber die Zusammenarbeit mit den Medien ist nicht zufällig, denn man versteht sich offensichtlich nicht als Presse, sondern eben als Informant.

Zu Assange sage ich nur das: Die dauerhafte Berichterstattung und die Verbindung Assange=Wikileaks wurde so von den Medien insbesondere nach seiner Verhaftung betrieben. Natürlich hat er sich als Sprecher und als Vorkämpfer generiert und das war auch nicht im Sinne vieler Wikileaks-Helfer. Sicherlich hat er das erreicht, was er wollte und das war Aufmerksamkeit. Ich kritisiere durchaus den Versuch, aber ich kritisiere auch die Berichterstattung, die sich bereitwillig des Egos annahm und es hegte und pflegte. Das wichtige passierte aber nicht in der Person Assange, sondern durch die Plattform.

Zugegeben im Print-Bereich ist manches noch besser, allerdings nutzt man auch da Informationen selten zu weitergehenden Recherche, als das man lieber das Phänomen Wikileaks beschreibt. Der Spiegel, der exklusiven Zugang hatte, enttäuschte in der Berichterstattung noch viel mehr, siehe oben Punkt 3. Gut, man hat noch ein Sonderheft auf den Markt geworfen, das etwas in die Tiefe geht.

Online ist es gleich ganz aus. Das ist eine Krankheit sicherlich der meisten etablierten Nachrichtenseiten, aber die Aufbereitung ist immer erst Boulevard, den Rest muss man sich in Flash-Animationen zusammen suchen. Oder eben Telepolis und andere Medien lesen, aber das erreicht die Masse nicht.

Die Diskussion wird deswegen nicht von den Inhalten bestimmt, sondern von Meinungen zur Person Assange. Auch die Diskussion zu der Rolle von Wikileaks selbst. Sicherlich auch teilweise Verdienst durch die Aktionen gewisser "Fans". Aber die Meinung über die habe ich ja schon ausgeführt.

Edit:

http://www.heise.de/newsticker/meld...eroeffentlichung-aller-Dokumente-1162011.html

Gerade gefunden. Darauf war die Aussage denke ich mal bezogen.

Aber wie gesagt, neu ist das jetzt nicht. Er hat es nur noch mal wiederholt. Ich fände das skizzierte Schicksal aber auch unangemessen. Da würde ich auch gerne einige mitreißen wollen, wenn man mich vorher über die Klippe springen lässt.

Das ist ein weiterer Kritikpunkt an deinem Beitrag Colonel Decker, der dem ultra-konservativen Zynismus diverser US-Politiker und -Medien folgt. Wir entscheiden wer leben darf und sterben soll und wenn dann hat er das so hinzunehmen. Deswegen ist die Veröffentlichung und eine neue Haltung zu solchen Informationen auch so wichtig.
 
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Hi
GevatterTod schrieb:
........ sondern was auch in China, Nordkorea oder dem Iran vor sich geht oder wo wir möglicherweise von unserer eigenen Regierung hinters Licht geführt werden, aber all dies werden wir wohl erst erfahren, wenn Assange und Wikileaks der Meinung sind, der bösen Supermacht USA lange genug ans Bein gepinkelt zu haben.
Sollen Sie sich die Daten selbst stricken?
Solche Daten werden zugespielt. Für die o.g. Länder liegen keine ausreichenden Datenbestände vor. Daher hast du auch keine Veröffentlichungen.

Eine Plattform wie Wikileak ist doch nicht dafür verantwortlich was du lesen möchtest und sie nicht anbieten können. :freak:

.... und wie bereits auch von vielen erwähnt, wirklich neu waren die Infos auch nicht, jeder hat es bereits vermutet. ;) Was? Alles was bisher veröffentlicht wurde.

Cu
 
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Klare Sache, wahrscheinlich hat Wikileaks schlichtweg keine diesbezüglichen Informationen oder eine Veröffentlichung konnte noch nicht angestrebt werden, womit wir wieder bei den konzeptionellen Schwächen von Wikileaks wären, die andere Netzwerke hoffentlich werden abstellen können, um tatsächlich den Zustand zu erreichen, für den Assange und Wikileaks unter Führung von Assange allenthalben gefeiert werden. Aber dies ist nicht einmal der Punkt meiner Kritik. Mir geht es darum, dass ich Assange nicht vertrauen kann, weil es ihm nur um seinen eigenen Kampf zu gehen scheint, weil er nicht neutral sein kann oder will, weil er die Informationen für seine Zwecke instrumentalisiert.

Was würde wohl passieren, wenn Wikileaks und Assange brandheiße (und wirklich wichtige) Informationen aus den Ländern wie China oder Nordkorea erhielten, die nicht dazu taugen, die USA in ein noch schlechteres Licht zu rücken? Würden Assange und Wikileaks die knappen Ressourcen nutzen, um diese Informationen zugänglich zu machen, oder würde man irgendwelchen Klatsch und Tratsch, der die USA oder die Banken schlecht aussehen lässt, vorziehen? Ich habe nicht viel Vertrauen, dass sich Wikileaks unter Assange richtig und neutral verhalten würde und ich fühle mich nun mal dem Willen und den Launen dieses Mannes ausgeliefert.


@HappyMutant
Du hast all die Gründe genannt, warum Wikileaks nicht mehr als ein gut gemeinter Anfang ist, dem aber keine Große Zukunft beschieden ist. Wikileaks kann die Information nur nach und nach veröffentlichen. Wikileaks muss entscheiden, welche Informationen als erstes veröffentlicht werden und welche Information auf ihre Veröffentlichung warten müssen. Wikileaks muss entscheiden, welche Journalisten bestimmte Informationen exklusiv erhalten. Wikileaks ist weder neutral, was es aber dringend sein sollte, noch ist es effektiv, weil Wikileaks der Masse an Informationen kaum Herr werden kann und weil die Welt einfach mit ungeheuren Informationsmassen überschüttet wird, aus denen sie die kleinen und großen Skandale heraus filtern muss - was wahrscheinlich nicht selten dazu führt, dass die schmutzigen Details, die wir vielleicht wissen sollten, gar nicht oder viel zu spät erfahren, weil sich die Medien auf den kleinen Tratsch der Diplomaten stürzen.

Deshalb hoffe ich auf nachfolgende Netzwerke, die es Informanten (Whistleblower) ermöglichen, direkt mit den geeignet erscheinenden Journalisten und Organisationen Kontakt aufzunehmen und mit den wirklich wichtigen Information zu versorgen, um so eine schnelle, effektive und gewissenhaft aufbereitet Veröffentlichung der Informationen anzustreben (die "Rohdaten" werden in der Folge der Veröffentlichung ebenfalls zugänglich gemacht). Derartige Netzwerke wären nicht nur deutlich neutraler als Wikileaks und Assange sondern vor allem wesentlich effektiver und effizienter.

Wie lange soll das denn noch mit Wikileaks und Assange so weitergehen? Assange wird irgendwann auf die eine oder andere Weise von der Bildfläche verschwinden, und irgendwann wird auch der letzten blindwütige Fan, der durch Wikileaks auf eine Veränderung der Welt hofft, begreifen, dass mit dem Datenwust auf den Servern von Wikileaks nicht viel anzufangen ist und eigentlich gar nicht wahr genommen wird. So wie Wikileaks im Moment aufgestellt ist und arbeitet, wird Wikileaks irgendwann am eigenen Anspruch und der Masse an häufig völlig wertlosen Informationen ersticken und das Interesse wird schwinden, weil die Menschen merken werden, dass Wikileaks eigentlich gar nicht so viel bewirkt.
 
@GevatterTod:

Ich gebe dir in fast allen Punkt recht. Auch wenn es so ist, aber es klingt schon wie eine Drohung: Wikileaks ist nur der Anfang. ;)

Selbstverständlich ist es entscheidend, wie man mit Information umgeht, wie man sie vermittelt und das ist noch sehr rudimentär. Man kann zu dem Anspruch stehen wie man will, dass man eben alle Informationen veröffentlicht, unabhängig vom Grad der Wichtigkeit. Im Sinne von Wikileaks ist das logisch, das war letztendlich der Anspruch. Deswegen würde ich die Neutralität der eigentlichen Plattform gar nicht mal so sehr anzweifeln. Das die Masse an Informationen aus den USA kommen mag zwar kein Zufall sein, aber liegt auch daran, dass die einzelnen Leaks deutlich größer waren.

Was die Medien daraus machen halte ich immer noch für deren Verantwortung. Das man den Klatsch der Diplomaten in Gänze veröffentlichen "muss" liegt ja auch daran, dass die Informationen um die sich viele davon manchmal auch nur am Rande drehen leider so nicht erfährt. Wir wissen zwar, dass die USA versuchen die Länder in Europa zu beeinflussen und die EU selbst, aber selten in welchem Umfang, mit welchen Mittel und mit welchen Hintergedanken.

Würde man mit offenen Karten spielen, hätte keiner Interesse den Beifang zu veröffentlichen bzw. zu lesen. Der Klatsch ändert nichts, da hast du völlig recht und die Masse wirkt kontraproduktiv. Dafür brauchen wir eine Presse, die das einordnen kann, wichtigem von unwichtigem unterscheidet. Das ist ja jetzt schon ihre Aufgabe, aber sie wird dem auch nicht in den alltäglichen Sachen wirklich immer zufriedenstellend gerecht.

Assange mag ein wichtiger Bestandteil der Bewegung sein, Wikileaks auch durch seine Idee so und nicht anders entstanden sein. Aber das die Entscheidungen, Taten und deren Hintergründe unserer Regierungen und von denen, die sie beeinflussen grundsätzlich offen zugänglich sein sollten, egal wie banal für den Einzelnen, diese Idee ist nicht nur seine und sie wird sich weiter entwickeln, auch ohne hin. Ohne die Vernetzung wäre es nicht möglich gewesen, aber genauso wie das Netz selbst, wird sich auch das weiterentwickeln. Anfangs war auch Wikileaks nur eine für Insider interessante Sache und ansonsten von den Medien ignoriert, im besten Fall milde belächelt. Die gesellschaftliche Relevanz hat es dennoch mittlerweile erreicht und damit kann sich die Idee verfeinern.

Deswegen stört es mich halt schon etwas, wenn nur Assange Wikileaks sein soll und die Kritik und die Aufmerksamkeit an ihm festgemacht wird. Das man in Zukunft mehr von solchen Plattformen erwarten sollte und sich eine differenziertere Herangehensweise durchsetzen sollte (und mMn auch wird), das sehe ich ganz genauso. Solange es nichts besseres gibt, begrüße ich aber Wikileaks als Konzept.
 
HappyMutant schrieb:
@Colonel Decker: Ich erkenne jedenfalls wenig substantielles zum Thema selbst.

Wenn du damit meinst, dass ich mich größtenteils darauf beschränke WL blöd zu finden und warum, dann hast du Recht. Ich erhebe gar nicht den Anspruch, WL hier wissenschaftlich und neutral zu analysieren. Was an WL positiv sein mag, das führst u.a. du aus. Ich ergänze, was ich negativ finde, weil ich glaube dass das bisher zu kurz kommt. Die Analyse bleibt jedem selbst überlassen.

HappyMutant schrieb:
Geht nur um das alte Klischee, ich bin dagegen, es werden immer mehr und das ist gut so. Widerspricht etwas dem Zitat, was du dann bringst.

Nein, tatsächlich passt das genau. Eine gewisse Opposition ist sehr wichtig und gesund. Aber leider ist es in Internetforen zum Thema WL so (oder so gewesen), dass es eine riesige Mehrheit gibt, die absolut und bedingungslos dafür ist. Und der Mensch hat die (teils gefährliche) Eigenart, sich ab einer gewissen Schwelle einfach nur der Mehrheit anzuschließen anstatt sich eigene, kritische Gedanken zu machen. (Sieht man besonders oft auch im Straßenverkehr haha.)
Und ja, ich finde es gut, wenn sich eine solche Entwicklung teilweise wieder umkehrt, und es wieder eine erträglichere Mischung der Meinungen gibt. Egal ob es um WL, Klimawandel oder die Wahl der Fahrspur geht.

HappyMutant schrieb:
Gerade gefunden. Darauf war die Aussage denke ich mal bezogen.

Richtig.

HappyMutant schrieb:
Ich fände das skizzierte Schicksal aber auch unangemessen. Da würde ich auch gerne einige mitreißen wollen, wenn man mich vorher über die Klippe springen lässt.

Vermutlich würde es fast jeder ggf. so machen. Dadurch wird es aber weder richtig noch verantwortungsvoll. Und er will ja nicht "einige" mitreißen, sondern "alle"(?). Wie auch immer, wenn der Mann der westlichen Welt schadet, dann schadet er uns allen.

HappyMutant schrieb:
Das ist ein weiterer Kritikpunkt an deinem Beitrag Colonel Decker, der dem ultra-konservativen Zynismus diverser US-Politiker und -Medien folgt.

Ich denke das Problem ist hier eher der Unterschied in der Diskussionskultur. Und es mag ja auch nobler sein, von jedem vollständige und sachliche Analysen bzw. den absolut wahren und richtigen Weg zu verlangen, auf den wir in Europa immer sehr scharf sind.
Aber in der Praxis führt unsere Diskussionskultur meiner Meinung nach immer wieder dazu, dass Meinungsmonopole entstehen, Debatten beendet werden, da man das vermeintliche Ideal ja gefunden zu haben glaubt.
In Amerika ist es zwar weniger nobel, wenn sich Politiker gegenseitig teils auf übelste oder auch lächerliche Weise beschimpfen, aber zumindest kommt es dort eigentlich nie* zu einer Form von allgemeiner Einigkeit, die ich potenziell gefährlich (zumindest aber doof) finde. Und so gibt es neben den von dir genannten Ultra-Konservativen eben auch noch immer Hippies. Und neben Rap auch Rock. Und neben Fußball noch diverse andere populäre Ballsportarten etc. etc. und ich finde das prima.

*(ausser eine gewisse Zeit nach dem 11. September, was sehr gut gezeigt hat, wie gefährlich Einigkeit sein kann.)
 
Gut, wenn man es so sieht, Opposition ist immer gut, das dient der Meinungsfindung und der Horizonterweiterung, sonst hätten wir ja hier auch nichts zu besprechen. Ich wünsche mir halt nur etwas tiefer gehende Kritik, was den genannten Zweck sicherlich besser erfüllt und nicht Kritik um der bloßen Kritik willen. ;)
 
Wikileaks kann die Information nur nach und nach veröffentlichen. Wikileaks muss entscheiden, welche Informationen als erstes veröffentlicht werden und welche Information auf ihre Veröffentlichung warten müssen.
Das ist aber kein Problem von Wikileaks sondern ein generelles. Es gibt nur eine begrenzte Menge vertrauenswürdiger Personen in jeder Organisation.
Die Vorarbeit von Wikileaks ist es ja gerade zu prüfen was wahr ist(oder scheint). Was nützt eine Plattform die zwar alles Material raus pustet aber dieses völlig ungeprüft ist?

weil Wikileaks der Masse an Informationen kaum Herr werden kann
Das ist aber nicht die Schuld der Plattform selbst, sondern die Schuld derer, die die Arbeit mit dem Material erschweren.

Deshalb hoffe ich auf nachfolgende Netzwerke, die es Informanten (Whistleblower) ermöglichen, direkt mit den geeignet erscheinenden Journalisten und Organisationen Kontakt aufzunehmen und mit den wirklich wichtigen Information zu versorgen, um so eine schnelle, effektive und gewissenhaft aufbereitet Veröffentlichung der Informationen anzustreben
Über die Zusammenarbeit mit den Medien kann man streiten, aber nicht über den Weg der Prüfung - die sollte auch von der Plattform mit getragen werden, denn willst du dich wirklich darauf verlassen, dass egal welche Medien die Dingen kriegen, diese auch genau prüfen?
. Derartige Netzwerke wären nicht nur deutlich neutraler als Wikileaks und Assange sondern vor allem wesentlich effektiver und effizienter.
Was ist dein Anhaltspunkt dafür das Wikileaks nicht neutral sei?

Ich glaube es lassen sich viel zu viele Leute von den Aktionen von Assange blenden(bzw. dessen medialer Inszenierung).
Ich will nicht behaupten ich wüsste es besser, aber mir scheint es deutlich einleuchtender zu sein, dass Assange selbst-inszenierung eine sehr effiziente Ablenkung von der Plattform Wikileaks ist, welche den "arbeiten" Aktivisten ermöglicht ungestörter zu arbeiten.
Solange sich alle um Assange prügeln, gibt es einen anderen Fokus auf Wikileaks. Ob das auch Assanges Intention ist weiß ich nicht und will ich auch gar nicht werten.
Klar ist doch auch insbesondere bei den Depechen, dass man nicht wirklich den USA ans Bein pisst.
Wie du ja selbst feststellst, ist der Klatsch und Tratsch völlig irrelevant. Relevant hingegen sind die Enthüllungen über die Zusammenarbeit der arabischen Staaten mit den USA gegen den Iran(das wurde sogar im Spiegel teilweise veröffentlicht).
Was ich ausdrücken will ist, auch wenn es scheint, als wäre das ein Schlag gegen die USA ist es viel mehr eine Enthüllung über die Machenschaften aller mit den USA verbündeten Staaten und insofern äußerst wichtig.

Das man an der Art der Aufarbeitung noch arbeiten muss ist klar, dass hier eine Form des Crowdsourcing genutzt werden sollte ist auch offenkundig - nur braucht es dafür eine Plattform, Kapazitäten, Vertrauenswürdigkeit und Ideen.

Ich jedenfalls möchte auch weiterhin das die genutzten Rohdaten auf Stichhaltigkeit und Gefährdung Dritter geprüft wird und das kann nicht durch eine große Öffentlichkeit geschehen.
 
@ Colonel Decker: Das du Wl blöd findest ist dein gutes Recht, nachvollziehen kann ich es nicht und habe auch Verständnis dafür.

Du verallgemeinerst und steckst pauschal alle, die sich für WL aussprechen, in einen Sack und unterstellst, diese seien unkritisch.

Auch dass Assange „alle“ mitreißen will ist eine Unterstellung. Es wird, sollte der Fall wirklich eintreten, wohl nur die treffen, die auch Dreck am Stecken haben. Sollten dann indirekt Dritte davon betroffen sein, sollten wir uns alle mal fragen warum das so ist. Tragen wir nicht auch eine gewisse Mitschuld, wenn wir das mit uns machen lassen? Ich jedenfalls möchte nicht in einer „westlichen Welt“ leben, in der es reicht, ein paar Informationen zu veröffentlichen um diese zum Wanken oder gar zum Einsturz zu bringen.

Auch kann ich nicht nachvollziehen, was an einem Kompromiss schlecht sein soll. Deine Argumentation beruht auf dem Recht des Stärkeren. Auch etwas, was ich nicht will. Und du solltest das auch nicht wollen, wenn du dir die aufstrebende Macht von China betrachtest.

@Gevatter Tod: Dir kann ich auch nur bedingt folgen. Wenn nur Informationen aus einer Quelle (USA) vorliegen, was nicht der Fall ist, dann lieber Garnichts veröffentlichen?

Nun mal zur Presse: Mein Eindruck ist, dass unsere so hochgelobte Presse nicht in der Lage ist die Informationen zu verarbeiten und damit verantwortlich umzugehen. Es wird zum größten Teil über Assange berichtet und nicht über die Informationen und nicht über die Konsequenzen. Die von C. D. angesprochene Süddeutsche (hab ich im Abo) geht hier mit schlechtem Beispiel voran. Die beschwören einen Generationen Konflikt der Journalisten herauf, anstatt sich kritisch mit den Informationen auseinander zu setzen und betrachten die ganze WL-Enthüllung sowas von undifferenziert. Das ist in meinen Augen ein Armutszeugnis.

Und unsere Politiker tun auch nichts. Da wird müde gegen ein neues Pressegesetz aus Ungarn protestiert und darüber, dass die USA massiv die Pressefreiheit unterbinden habe ich nicht einen Kommentar gehört.

Das alles zeigt, dass WL eine der wichtigsten Errungenschaften der letzten Jahre ist.
Ich hoffe darauf, dass es viele Nachahmer gibt (ohne so Typen wie Assange) und noch mehr Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, von allen Staaten die vor ihrem Volk Informationen verbergen.
 
Mike Lowrey schrieb:
Was ist dein Anhaltspunkt dafür das Wikileaks nicht neutral sei?

Also mal abgesehen davon, dass ich das offensichtlich finde, habe ich auch irgendwo gelesen, dass der WL-Aussteiger vom CCC, der nun an OpenLeaks arbeitet, ausdrücklich betont hat, dass OpenLeaks "keine Agenda" haben soll. Und wenn die ehemalige Nr. 2(?) bei WL sich auf diese Art von WL absetzen möchte, kann das schon zu denken geben.

Mike Lowrey schrieb:
Wie du ja selbst feststellst, ist der Klatsch und Tratsch völlig irrelevant. Relevant hingegen sind die Enthüllungen über die Zusammenarbeit der arabischen Staaten mit den USA gegen den Iran(das wurde sogar im Spiegel teilweise veröffentlicht).

Meinst du das "relevant" positiv? Meiner Meinung nach sind die Leute die dort mit der westlichen Welt kooperieren die größte und vielleicht einzige Hoffnung, die die Region hat.

Was genau ist plötzlich gut daran, die US-Diplomatie zu beschädigen? Hatten nicht immer alle verlangt, die USA sollten mehr auf Diplomatie setzen? Nun, Überraschung, Diplomatie hat in der Realität auch immer gewisse Intrigen. (Darum sind Frauen ja so gut in Diplomatie und wir besser in Schlägereien und Kriegen. ;) )


tingeltangel111 schrieb:
Das du Wl blöd findest ist dein gutes Recht, nachvollziehen kann ich es nicht

Und genau das ist gefährlich. Ich dagegen kann sehr wohl auch nachvollziehen, was an WL nicht blöd ist.

tingeltangel111 schrieb:
Du verallgemeinerst und steckst pauschal alle, die sich für WL aussprechen, in einen Sack und unterstellst, diese seien unkritisch.

Nein, mir geht es um Mehrheiten und Machtverhältnisse bzw. Meinungsmonopole. Wenn du aber wirklich gar nicht verstehen kannst, dass jemand WL kritisch sieht, nun, dann kommst du wirklich in meinen Sack zu den gänzlich Unkritischen.


tingeltangel111 schrieb:
Deine Argumentation beruht auf dem Recht des Stärkeren. Auch etwas, was ich nicht will. Und du solltest das auch nicht wollen, wenn du dir die aufstrebende Macht von China betrachtest.

Ich weiss zwar nicht, inwiefern meine Argumentation auf dem Recht des Stärkeren beruhen sollte, aber China wird allgemein überschätzt. Und wenn du nicht das Recht des Stärkeren willst, dann solltest du vielleicht einmal hinterfragen, ob es wirklich so klug ist die westliche Welt auf dem globalen Parkett diplomatisch zu schwächen, indem man massenhaft interne Informationen veröffentlicht. Denn sowas liest man in China vielleicht auch gerne - und den Chinesen wird es herzlich egal sein, ob du gegen das Recht des Stärkeren bist. Wenn die Nutzen aus WL schlagen können, werden sie es mitnehmen, wie sie es mit westlicher Technologie oder afrikanischen Bodenschätzen bereits heute machen.

tingeltangel111 schrieb:
Ich jedenfalls möchte nicht in einer „westlichen Welt“ leben, in der es reicht, ein paar Informationen zu veröffentlichen um diese zum Wanken oder gar zum Einsturz zu bringen.

Von "Einsturz" kann keine Rede sein. Übrigens redest du nun wie ein Märtyrer, der die westliche Welt irgendeinen Heldentod sterben lassen will oder so. Gefährlich.
 
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Also mal abgesehen davon, dass ich das offensichtlich finde
Okay wenn es so offensichtlich ist, dann sag doch mal an was du meinst. Handfest. Nicht "ist halt so".
Meinst du das "relevant" positiv?
Ja natürlich. Wen interessiert, ob Merkel wie Teflon sei? (also ernsthaft...). Wen interessiert das die arabischen Staaten gerne einen Krieg gegen den Iran hätten? Mich jedenfalls deutlich mehr.

Meiner Meinung nach sind die Leute die dort mit der westlichen Welt kooperieren die größte und vielleicht einzige Hoffnung, die die Region hat.
Hast du eigentlich irgendwas von den Depeschen auch gelesen? Das sich die USA in die EU Politik einmischen ist das eine, dass unsere Politiker das mit machen ist meines Erachtens die weitaus wichtigere Information.
(Ob man das alles gewusst hat, oder es einfach nicht abwegig erschien das es so ist, ist das eine. Es aber offen auf dem Tisch liegen zu haben das andere.)

Was genau ist plötzlich gut daran, die US-Diplomatie zu beschädigen?
Wird die US Diplomatie beschädigt? Nein nicht wirklich. Die USA werden jetzt versuchen ihre Lücken zu schließen(was bei der enormen Anzahl autorisierter Personen lustig wird) und wir wissen indirekt mehr über die Politik der anderen Staaten.
Wo da der enorme Schaden für die US Diplomatie ist, sehe ich zumindest nicht.
 
ok, ich hab vielleicht in meinem letzten Beitrag verschwiegen, dass ich WL auch kritisch betrachten und nicht alles gutheiße, was veröffentlicht wird. Insbesondere das Auftreten und gebaren von Assange.
Dass du WL blöd findest, klang halt auch sehr pauschal, Dass du auch Dinge nicht blöd findest, hast du auch verschwiegen.
Meiner Meinung nach überwiegen die positiven Dinge aber bei Weitem. Die Ansprüche die hier im an WL gestellt werden sind absolut überzogen. Wl ist eine kleine Organisation die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Informationen die für Öffentlichkeit relevant sind zugänglich zu machen. Die Informationen zu verarbeiten ist Aufgabe der Presse. Ich glaube, dass nur ein Bruchteil, der an der öffentlichen Diskussion um WL Teilnehmenden, die Informationen im Rohformat gesichtet hat.
Und jetzt mal zu den Inhalten und zur Diplomatie: Ich für meinen Teil verabscheue eine Diplomatie, die dazu dient, auf Kosten anderer, die nationalen Interessen durchzusetzen, insbesondere dann wenn dadurch Kriege angezettelt werden und viele Tausende sterben. Oder ein Anderes Beispiel: Da werden Entwicklungsländer nur Entwicklungsgelder zugesagt, wenn sie gegen das Klimaabkommen sind. Ist es das was du unter Diplomatie verstehst? was es zu verteidigen gilt? Was nicht an die Öffentlichkeit soll?
Das ist Erpressung ersten Grades und das sind Machenschaften die man sonst nur von Staaten wie eben China kannte.

Ich will die westliche Welt nicht einen Heldentod sterben lassen! Auch wieder eine pauschale Unterstellung. Ich hab einfach das geschrieben was du anscheinen befürchtest. Ich baue darauf, dass sich die westliche Welt ändert und das muss von mir aus nicht von heute auf morgen sein, aber sie muss sich ändern! Und zwar nicht so, wie es im moment die USA vormachen: Vorverurteilung, Aufruf zum Mord, Beschneidung der Pressefreiheit...
 
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Mike Lowrey schrieb:
Hast du eigentlich irgendwas von den Depeschen auch gelesen? Das sich die USA in die EU Politik einmischen ist das eine, dass unsere Politiker das mit machen ist meines Erachtens die weitaus wichtigere Information.

Hast du meinen Beitrag gelesen? Da ging es nämlich um den Nahen Osten.

Mike Lowrey schrieb:
Wird die US Diplomatie beschädigt? Nein nicht wirklich.

Das kann niemand hier ernsthaft beantworten. Aber schön, dass du dir so sicher bist, es doch zu können.


tingeltangel111 schrieb:
Ich baue darauf, dass sich die westliche Welt ändert und das muss von mir aus nicht von heute auf morgen sein, aber sie muss sich ändern! Und zwar nicht so, wie es im moment die USA vormachen: Vorverurteilung, Aufruf zum Mord, Beschneidung der Pressefreiheit...

Ich finde es muss sich in der westlichen Aussenpolitik nicht sehr viel ändern. Die ist doch sehr erfolgreich, wenn man sich mal die letzten 70 Jahre ansieht.
Die Abhängigkeit von Öl und Staatsverschuldung oder die Sozialsysteme bei uns machen mir viel mehr Sorgen. Oder wie man es schaffen kann, dass in Amerika jeder krankenversichert ist, ohne dass man die Nachteile unserer Systeme hat. Oder überhaupt wie eine Gesellschaft funktionieren soll, in der mehr und mehr Leute sehr sehr alt sind. (Bei uns wird bereits jetzt insgeheim mit der Versorgung rationalisiert.)
 
Zuletzt bearbeitet:
@Happy Mutant
Fein, dann sehen wir es ja doch im Großen und Ganzen ähnlich. Hatte mich schon ein wenig gewundert, aber ich wohl noch ein wenig müde :)

Assange ist natürlich nicht Wikileaks, aber so wie ich es wahrnehme, ist Wikileaks doch sein "Instrument" und Wikileaks tut das, was Assange will, oder etwa nicht? Oder ist Assange nicht mehr Teil der Organisation?

Das ist aber kein Problem von Wikileaks sondern ein generelles. Es gibt nur eine begrenzte Menge vertrauenswürdiger Personen in jeder Organisation.

Es geht nicht um vertrauenswürdige Personen sondern um die Größe der Organisation. Wikileaks will die Masse an Informationen alleine stemmen, bewerten, prüfen, veröffentlichen, aber das kann Wikileaks nicht alleine schaffen, was wiederum "Arbeitsweisen" führt, die Wikileaks der dringend nötigen Neutralität berauben. Sobald Wikileaks entscheiden, ob zuerst der Klatsch der Diplomaten oder die Mauscheleien der Banken in der Finanzkrise veröffentlicht werden sollen, haben wir ein Problem.

Das ist aber nicht die Schuld der Plattform selbst, sondern die Schuld derer, die die Arbeit mit dem Material erschweren.

Häh? Wer erschwert denn die Arbeit mit dem Material?

Über die Zusammenarbeit mit den Medien kann man streiten, aber nicht über den Weg der Prüfung - die sollte auch von der Plattform mit getragen werden, denn willst du dich wirklich darauf verlassen, dass egal welche Medien die Dingen kriegen, diese auch genau prüfen?

Die Prüfung würde schon mit der Wahl des Informanten, welche Journalisten oder Organisation die Informationen erhalten und veröffentlichen sollen, beginnen. Und der investigative Journalismus würde in der Folge sicherlich gewissenhafter mit den erhaltenen Informationen umgehen als Wikileaks. Kurzum: Ja, ich würde mich besser fühlen, wenn die Informationen durch die Medien destilliert würden und nicht durch Wikileaks, die sich nicht einmal darum scheren, dass durch die Informationen, die nahezu ungeprüft heraus geschleudert werden, Menschen in akute Gefahr gebracht werden o.Ä.

Was ist dein Anhaltspunkt dafür das Wikileaks nicht neutral sei?

Wikileaks kann gar nicht neutral sein, wenn es entscheiden muss, welche Informationen als erstes veröffentlicht werden sollen, welche Informationen auf die lange Bank geschoben werden (müssen) oder wer die Informationen als erstes erhalten soll (wenn eine entsprechende Geldsumme geflossen ist). Mit Neutralität meine ich, dass alle wichtigen Informationen, die irgendwelche Greueltaten oder unmoralische Mauscheleien offen legen können, zügig einen geeigneten Abnehmer finden, der diese Informationen gewissenhaft aufbereitet zur Veröffentlichung bringen kann, und zwar ohne dass das im Hintergrund arbeitende Netzwerk Einfluss darauf nimmt, welche Informationen relevanter als andere sein sollen und daher eher eine Veröffentlichung verdienen.

Ich glaube es lassen sich viel zu viele Leute von den Aktionen von Assange blenden(bzw. dessen medialer Inszenierung).

Assange potenziert mit seinem Handeln nur noch das Misstrauen, dass ich in die Plattform (nicht jedoch in die grundsätzliche Idee) habe. Aber wenn wir Assange weg dividieren, bleiben die massiven konzeptionellen Probleme von Wikileaks bestehen.

Relevant hingegen sind die Enthüllungen über die Zusammenarbeit der arabischen Staaten mit den USA gegen den Iran(das wurde sogar im Spiegel teilweise veröffentlicht)

Und es stimmt dich nicht bedenklich, wie diese Informationen auf die Stabilität in der Region wirken könnten?

Ich jedenfalls möchte auch weiterhin das die genutzten Rohdaten auf Stichhaltigkeit und Gefährdung Dritter geprüft wird

Wo tut Wikileaks das denn?

Dir kann ich auch nur bedingt folgen. Wenn nur Informationen aus einer Quelle (USA) vorliegen, was nicht der Fall ist, dann lieber Garnichts veröffentlichen?

Nein, natürlich sollten diesbezügliche Informationen weiter hin veröffentlicht werden. Ich habe nur gesagt, dass ich (auch) aufgrund des Auftretens und den Aussagen von Assange kein Vertrauen in die Neutralität von Assange und Wikileaks habe.

Mein Eindruck ist, dass unsere so hochgelobte Presse nicht in der Lage ist die Informationen zu verarbeiten und damit verantwortlich umzugehen.

Ich habe unsere Presse ja nicht gelobt, und zum Glück gibt es nicht nur die deutsche Presse. Dass die Presse mit den Informationen scheinbar nicht sonderlich "verantwortlich" umgeht, hat aber zwei Probleme, die direkt aus Wikileaks selbst erwachsen:
1. Die Welt bekommt einfach hunderttausende Dokumente vor die Nase gesetzt, aus der sie sich die brandheißen Informationen selber heraus suchen muss. Das sollte natürlich möglich sein, aber dauert seine Zeit.
2. Die meisten Dokumente enthalten keinen bemerkenswerten "Schmutz", der einer Veröffentlichung bedarf, was bei vielen hunderttausend Dokumenten nicht sonderlich erstaunlich ist.
Wäre es da nicht besser, wenn die Informanten die wichtigen Informationen ohne Umwege den Journalisten zur Verfügung stellen würden.

Ob die Information einfach in den leeren Raum geschleudert werden, oder ob sie gezielt von den Informanten bereit gestellt und mit deutlich weniger Aufwand von den Medien zur Veröffentlichung gebracht werden, wir kommen ohnehin nicht ohne die Medien aus. Zwar kann jeder für sich selbst die schmutzigen Details aus der Masse an Informationen heraus filtern - was wahrscheinlich kaum jemand tut bei all den vielen Dokumenten - aber für die große Diskussion in der Gesellschaft, die "denen da oben" tatsächlich weh tun könnte, brauchen wir die Medien.

Ich hoffe darauf, dass es viele Nachahmer gibt (ohne so Typen wie Assange) und noch mehr Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, von allen Staaten die vor ihrem Volk Informationen verbergen.

Das ist mal eine Aussage, die ich verstehen kann. Wenn ich mich im Web umschaue, habe ich das Gefühl, dass es den Menschen gar nicht um die eigentliche Sache geht sondern darum, einem Popstar zu huldigen und diesen gegen jegliche Kritik zu verteidigen. Wer es aber mit der "Freiheit der Informationen" und einer "besseren, ehrlicheren Welt" ernst meint, muss doch erkennen, dass Wikileaks noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Man muss Wikileaks wie gesagt für alles dankbar sein, was es angestoßen hat, aber die Zukunft braucht effizientere und unauffälligere Lösungen.
 
@ Gevatter Tod: Das mit dem hochgelobt war etwas polemisch und nicht auf die bezogen.
Die Presse (ausgewählte) hatte die Informationen vorher und hat meiner Meinung nach, daraus recht wenig gemacht. S.h. Teflon Merkel.
Und die Informationen enthalten vielleicht wenig "Schmutz", aber diesen Schmutz rauszufiltern sollte doch Aufgabe der Presse sein und eben nicht über Merkel, Westerwelle oder Hinz und Kunz zu berichten.

Ich finde auch, dass es im Moment zuviele und noch wichtiger zuviele unwichtige Informationen gibt die veröffentlicht werden. Da blickt dann am Ende wirklich keiner mehr durch. und von mir aus kann WL auch gerne einen anderen Weg wählen die Informationen unters Volk zu bringen. Aber wie gesagt die Presse scheint es auch nicht geregelt zu bekommen und im Moment gibt es keine andere Organisation/ Institution als WL. Und ich bin dafür dankbar, dass es wenigstens WL gibt.
 
Zum Glück gibt es eben nicht nur die deutschen Medien, die den Datenwust nach verwertbaren Informationen durchsuchen. Wie dem auch sei, es wäre offensichtlich effektiver, wenn die Informanten wirklich relevanten Information geeigneten Abnehmern zur VErfügung stellen, darin sind wir uns ja anscheinend einig.

Soweit ich weiß sollte Wikileaks ursprünglich auch in eine ähnliche Richtung entwickelt, unter der Federführung von Domscheit-Berg. Da Domscheit-Berg nun Wikileaks aufgrund einiger Probleme, die auch von Assange verursacht wurden, verlassen hat, ist aus dieser Weiterentwicklung von Wikileaks nun offenbar Openleaks geworden. So verstehe ich zumindest diesen Artikel.

P.S.: Ich bin ja auch dankbar für den Stein, der dank WL ins Rollen gebracht wurde.
 
Colonel Decker schrieb:
Hast du meinen Beitrag gelesen? Da ging es nämlich um den Nahen Osten.
Ich habe in deiner Antwort auf mich nichts vom Nahen Osten gelesen, nur das du meine Einteilung in Relevant und Irrelevant nicht nachvollziehen kannst.

Das kann niemand hier ernsthaft beantworten. Aber schön, dass du dir so sicher bist, es doch zu können.
Ich weiß ja nicht wie es bei dir ist, aber ich verfolge das entsprechende Drumherum der Staaten. Dabei wird offenkundig, welche Konsequenzen gezogen werden(z.B. die Verschärfung der Vertraulichkeit).
Ich weiß nicht ob es dir bewusst ist, aber die geleakten Depeschen sind von Millionen Menschen einsehbar gewesen. Wer ernsthaft glaubt, die wären für betreffenden Staaten wirklich neu, der erscheint mir naiv.
Ich finde es muss sich in der westlichen Aussenpolitik nicht sehr viel ändern. Die ist doch sehr erfolgreich, wenn man sich mal die letzten 70 Jahre ansieht.
Die Abhängigkeit von Öl und Staatsverschuldung oder die Sozialsysteme bei uns machen mir viel mehr Sorgen. Oder wie man es schaffen kann, dass in Amerika jeder krankenversichert ist, ohne dass man die Nachteile unserer Systeme hat. Oder überhaupt wie eine Gesellschaft funktionieren soll, in der mehr und mehr Leute sehr sehr alt sind. (Bei uns wird bereits jetzt insgeheim mit der Versorgung rationalisiert.)
Das kannst du so sehen, ich jedenfalls betrachte die Politik mit wachsender Sorge. Insbesondere das stetige Aushöhlen unserer Gesetze durch Sondervereinbarungen mit den USA schmecken mir jedenfalls nicht.

GevatterTod schrieb:
Assange ist natürlich nicht Wikileaks, aber so wie ich es wahrnehme, ist Wikileaks doch sein "Instrument" und Wikileaks tut das, was Assange will, oder etwa nicht? Oder ist Assange nicht mehr Teil der Organisation?
Klar ist Assange Teil der Organisation. Aber er ist kein Herrscher. Zur Zeit ist er vor allem ein Gesicht. Ob man das leiden kann oder nicht, die Art und Weise mag oder nicht ist jedem selbst überlassen.

Es geht nicht um vertrauenswürdige Personen sondern um die Größe der Organisation. Wikileaks will die Masse an Informationen alleine stemmen, bewerten, prüfen, veröffentlichen, aber das kann Wikileaks nicht alleine schaffen, was wiederum "Arbeitsweisen" führt, die Wikileaks der dringend nötigen Neutralität berauben. Sobald Wikileaks entscheiden, ob zuerst der Klatsch der Diplomaten oder die Mauscheleien der Banken in der Finanzkrise veröffentlicht werden sollen, haben wir ein Problem.
Natürlich geht es um vertrauenswürdige Personen. Der der das Material sichtet, sollte vielleicht nicht unbedingt kompromittiert sein. Sonst ist seine Sichtung nutzlos.
Und das zu erst Klatsch und Tratsch veröffentlicht wird, ist den ausführenden Medien zu verdanken.


Häh? Wer erschwert denn die Arbeit mit dem Material?
Der Umgang mit öffentlich arbeitenden Whistlerblowern ist nicht erschwerend? Warum müssen die Wikileaks Aktivisten dann anonym arbeiten?


Die Prüfung würde schon mit der Wahl des Informanten, welche Journalisten oder Organisation die Informationen erhalten und veröffentlichen sollen, beginnen.
Ja beginnen. Und wer prüft dann ob der Informant nicht kompromittiert ist, oder das Material war er glaubte zu entwenden? Die investigative Presse die dpa Meldungen abschreibt?
Kurzum: Ja, ich würde mich besser fühlen, wenn die Informationen durch die Medien destilliert würden und nicht durch Wikileaks, die sich nicht einmal darum scheren, dass durch die Informationen, die nahezu ungeprüft heraus geschleudert werden, Menschen in akute Gefahr gebracht werden o.Ä.
Welche Informationen werden denn ungeprüft heraus geschleudert?
Irgendwie widersprichst du dir hier selber. Wenn sie doch eh nichts prüfen, können sie doch der Informationsflut problemlos Herr werden.
Weil sie aber eben doch prüfen, werden sie ihr nicht Herr, was denn nun?
Und exakt welche Personen sind in akute Gefahr gebracht worden? Das ist doch gerade die Arbeit die Wikileaks zusammen mit den Medienpartnern durchführen.


Wikileaks kann gar nicht neutral sein, wenn es entscheiden muss, welche Informationen als erstes veröffentlicht werden sollen, welche Informationen auf die lange Bank geschoben werden (müssen) oder wer die Informationen als erstes erhalten soll (wenn eine entsprechende Geldsumme geflossen ist). Mit Neutralität meine ich, dass alle wichtigen Informationen, die irgendwelche Greueltaten oder unmoralische Mauscheleien offen legen können, zügig einen geeigneten Abnehmer finden, der diese Informationen gewissenhaft aufbereitet zur Veröffentlichung bringen kann, und zwar ohne dass das im Hintergrund arbeitende Netzwerk Einfluss darauf nimmt, welche Informationen relevanter als andere sein sollen und daher eher eine Veröffentlichung verdienen.
Okay und nur weil es eine andere Organisation macht, wird das sofort durch geeignete Abnehmer verarbeitet?
Dazu gehören immer mehrere. Wenn die eine Seite fehlt, leidet die andere. Ich glaube aktuell leiden da beide Seiten, aber ob das andere Organisationen besser machen können, müssen sie erst einmal beweisen oder?


Assange potenziert mit seinem Handeln nur noch das Misstrauen, dass ich in die Plattform (nicht jedoch in die grundsätzliche Idee) habe. Aber wenn wir Assange weg dividieren, bleiben die massiven konzeptionellen Probleme von Wikileaks bestehen.
Das ist eben die Frage, tut er das wirklich? Ich glaube, dass nicht er das Problem ist, sondern die Medien, die die Inhalte an die Bevölkerung bringen.
Einerseits sind sie notwendig, andererseits machen sie es so, dass Wikileaks auch ohne Assange in Verruf gebracht wird.
Welche Konzeptionellen Probleme dich abseits davon, dass die Informationen in Reihenfolge veröffentlicht werden jetzt stören kann ich auf Grund deiner Widersprüchlichkeit leider nicht erkennen.


Und es stimmt dich nicht bedenklich, wie diese Informationen auf die Stabilität in der Region wirken könnten?
Doch das stimmt mich bedenklich. Aber ich sehe keine Alternative dazu. Klar ist die Informationen müssen raus - klar ist aber auch das dies Konsequenzen in sich trägt.



Wo tut Wikileaks das denn?
Zumindest laut Aussage eines Wikileaks Aktivisten im Anschluss an den Erhalt durch den Informanten.
Demnach ist das Prozedere wie folgt:
Sichtung
Prüfung auf Verlässlichkeit
Und in Zusammenarbeit mit den Medien Bereinigung der potenziell personengefährdenden Informationen.

Das der Prozess schneller werden muss und von mehr Plattformen ausgeführt werden sollte, ist denke ich Konsens oder?
 
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