Verbotene Schlüssel
Die Angebote der Key-Verkäufer sind verlockend: originale Lizenzschlüssel von originalen Datenträgern, deutlich unter dem originalen Marktpreis. Aber ist dieses Geschäftsmodell legal? Den Grundstein für den Handel mit Software-Lizenzen legte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2012 in seiner „UsedSoft“-Entscheidung. Danach dürfen Lizenzen unter bestimmten Voraussetzungen weiterverkauft werden. Grund ist der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz. Danach gilt: Wurde eine Software-Lizenz innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) für einen angemessenen Preis von dem Rechteinhaber auf den Markt gebracht, kann er den Weiterverkauf innerhalb des EWR nicht verbieten. Der Verkäufer muss allerdings seine Kopie löschen.
Genau darauf berufen sich auch die Keyseller. Solange der Original-Datenträger gelöscht ist, halten sie den Weiterverkauf der Keys für zulässig. Die dubiosen Händler verkaufen fast ausschließlich Lizenzschlüssel, die mit physischen Datenträgern wie DVDs ausgeliefert wurden. Zuvor haben sie die DVDs in Ländern gekauft, in denen Software günstiger angeboten wird als hierzulande, zum Beispiel in Osteuropa. Bei Download-Software gibt es solche krassen Preisunterschiede in der Regel nicht. Um Porto zu sparen, wird nur der Lizenzschlüssel ohne den dazugehörigen Datenträger verkauft.
In dieser Konstellation greift der Erschöpfungsgrundsatz aber nicht, wie das Landgericht Berlin im März dieses Jahres entschieden hat (Az. 16 O 73/13). Argument des Gerichts: Der Weiterverkauf von Software ist nur in der Form erlaubt, in der die Software auch auf den Markt gekommen ist. Wird eine Software-Lizenz nur als Lizenzschlüssel verkauft, darf der Lizenzschlüssel also weiterverkauft werden. Kommt die Software aber als DVD auf den Markt, darf sie nur als DVD verkauft werden. Ein Aufspalten der Software in Datenträger und Key ist nicht erlaubt.
Die meisten Keyseller stehen noch vor einem anderen Problem. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen sie beweisen, dass in jedem Einzelfall alle Voraussetzungen für die Erschöpfung vorliegen (Az. I ZR 129/08). Das ist oft nicht zu leisten, denn selten kaufen die Keyseller die Datenträger selbst an. Vielmehr bedienen sie sich meist spezieller Key-Börsen. Auf diesen oft russischsprachigen Portalen sind Lizenzschlüssel in großen Mengen zu Schleuderpreisen erhältlich. Die Herkunft der Keys lässt sich selten nachvollziehen. Ob die Lizenz innerhalb des EWR – und nicht etwa in Russland oder den USA – auf den Markt gebracht wurde und ob der Original-Datenträger wirklich vernichtet wurde, lässt sich nicht überprüfen.
Weil sich die Herkunft der Keys selten nachweisen lässt, ist legales Keyselling in der Praxis kaum möglich, schon gar nicht zu Dumping-Preisen. Nach der Ansicht des Landgerichts Berlin ist das Geschäftsmodell insgesamt illegal. Keyseller riskieren deshalb nicht nur zivilrechtliche Klagen durch Software-Hersteller, sondern auch eine strafrechtliche Verfolgung wegen gewerbsmäßiger Urheberrechtsverletzung. Das kann richtig teuer werden, bis hin zu Freiheitsentzug.
Für Kunden sind die Konsequenzen nicht ganz so drastisch. Zwar ist auch der Ankauf von Keys nach der bisherigen Rechtsprechung illegal. Dass Software-Hersteller aber juristisch gegen gutgläubige Privatkunden vorgehen, ist eher unwahrscheinlich. Auch eine strafrechtliche Verfolgung ist aktuell nicht zu erwarten, da das junge Phänomen Keyselling für die meisten Staatsanwälte Neuland ist. Vor c’t-lesenden Staatsanwälten sollte man sich in Zukunft allerdings in Acht nehmen. (Adrian Schneider/hob)
Adrian Schneider berät als Rechtsanwalt in der internationalen Wirtschafts-Kanzlei Osborne Clarke zu Fragen des IT-Rechts. Die Kanzlei hat das im Text erwähnte Urteil des Landgerichts Berlin für einen Mandanten erstritten.