Preisbindung: Millionen-Bußgeld gegen Sennheiser und Sonova verhängt

Das Bundeskartellamt hat gegen Sennheiser, Sonova und drei Mitarbeiter ein Millionen-Bußgeld wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Laut Bundeskartellamt hat Sonova, die das Geschäft mit Consumer-Audio-Produkten von Sennheiser im März 2022 übernommen hatten, den Verstoß bis zum September 2022 fortgeführt.
Knapp 6 Millionen Euro Bußgeld
Konkret hatte das Bundeskartellamt aufgrund eines Amtshilfeersuchen der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und einer Durchsuchungsaktion im September 2022 ein Verfahren gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeiter eingeleitet.
Die nun verhängten Geldbußen belaufen sich auf insgesamt knapp sechs Millionen Euro.
Bei illegalen Kartellen denkt man in erster Linie an Absprachen auf derselben Marktstufe, also etwa zwischen Herstellern oder zwischen Händlern. Der Preiswettbewerb wird aber auch dann zu Lasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern erheblich beeinträchtigt, wenn ein Hersteller mit seinen Händlern Festlegungen über den Ladenpreis trifft. Sennheiser hat über einen langen Zeitraum die freie Preisbildung bei dem Vertrieb von Premium-Kopfhörern eingeschränkt. Die Endverbraucherpreise wurden fortlaufend beobachtet und bei Bedarf wurde bei den beteiligten Händlern interveniert, um die Preise anheben zu lassen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden sogar einer kartellrechtlichen Schulung unterzogen, nutzten die gewonnenen Erkenntnisse aber, um die Preisbindung zu verschleiern. Dies zeigt, dass Compliance-Maßnahmen in Unternehmen nicht nur durchgeführt, sondern auch gelebt werden müssen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes
Preisabsprachen seit mindestens 2015
Laut Bundeskartellamt haben Mitarbeiter von Sennheiser zumindest seit dem Jahr 2015 neben den üblichen Verhandlungen über Einkaufspreise mit deutschen Vertragshändlern auch Abstimmungsmaßnahmen über Verkaufspreise für „Premium-Kopfhörer“ an Endverbraucher getroffen. Diese Abstimmungen bezogen sich auf eine Anhebung der Endverbraucherpreise. Die Endverbraucherpreise der Händler wurden dabei fortlaufend beobachtet, wobei neben Preisvergleichsdiensten im Internet zum Teil auch eine spezielle Software benutzt wurde, wie das Bundeskartellamt darlegt. Die Abstimmungsmaßnahmen sollen in unterschiedlicher Intensität erfolgt sein; insbesondere dann, wenn Endverbraucherpreise in hohem Maße unter der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) lagen oder nach entsprechenden Beschwerden von Händlern, dass diese nicht auskömmlich seien. In der Regel sagten die angesprochenen Händler laut den Untersuchungsergebnissen nach Interventionen von Sennheiser eine Erhöhung der beanstandeten Endverbraucherpreise zu bzw. passten diese nach oben an. Intern wurde für die Preispflegemaßnahmen eine „Code-Sprache“ verwendet, die sich auf die Einhaltung der selektiven Vertriebskriterien bezog. Nach dem Übergang des Geschäftsbereiches auf Sonova wurden diese Abstimmungsmaßnahmen in geringerer Intensität bis zur Durchsuchung des Bundeskartellamts im September 2022 fortgesetzt. Durch die Veräußerung im März 2022 an Sonova hatte sich Sennheiser aus dem Geschäftsbereich „Consumer Electronics“ vollständig zurückgezogen.
Sennheiser und Sonova kooperierten mit Bundeskartellamt
Bei der Bußgeldfestsetzung wurde berücksichtigt, dass Sennheiser und Sonova mit dem Bundeskartellamt umfassend kooperiert haben und das Verfahren im Wege der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung abgeschlossen werden konnte. Die Bußgeldbescheide sind rechtskräftig. Gegen die beteiligten Händler sind aus Ermessensgründen keine Bußgeldbescheide ergangen.

