Neues XR-Betriebssystem mit Gemini: Googles Android XR will visionOS und HorizonOS angehen

Dennis Krause
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Neues XR-Betriebssystem mit Gemini: Googles Android XR will visionOS und HorizonOS angehen
Bild: Google

Samsung und Google haben gestern mit Projekt Moohan und smarten Brillen bereits erste Hardware gezeigt, mit der sie die Vision Pro und Meta Quest jagen wollen. Mit Android XR soll Android mit XR, Gemini und dem virtuellem Schreibtisch verbunden und so visionOS und vor allem HorizonOS Marktanteile streitig machen.

Ein komplettes Ökosystem soll entstehen

Grundlage für den gemeinschaftlichen Vorstoß von Samsung und Google soll Android XR bilden – ein für andere Hersteller nutzbares Betriebssystem, das auf Googles Android für Smartphones aufbaut. Damit sollen genannte XR-Headsets ausgestattet, aber auch ein neues Ökosystem, mitsamt Hardware und Software, geschaffen werden.

Kurzer Überblick über die Begriffe XR, MR und VR

XR steht für einen nun vermutlich vollends etablierten Begriff, der alle Technologien der vergangenen Jahre umschließen soll: Mixed-, Augmented- und Virtual-Reality.

Oberbegriff XR (eXtended Reality)
Abkürzung MR (Mixed Reality) AR (Augmented Reality) VR (Virtual Reality)
Bedeutung Vermischt die physische Realität mit virtuellen Inhalten Ergänzt die physische Realität mit Informationen Virtuelle Realität, welche die physische komplett ersetzt
Beispiele Virtuelle Monitore am heimischen Schreibtisch Navigations-Anweisungen auf der Straße Besuch des Mondes oder Mars

Aber zurück zu Googles Vorstellungen: Android XR erinnert nach Angaben von Bloomberg, die bereits einen Blick auf das neue OS werfen konnten, stark an visionOS von Apple. Wer helle, einladende schwebende Fenster mit Blureffekten gutheißt, der wird sie auch hier wertschätzen.

Wohl wenig Rückstand zu visionOS und HorizonOS

Viele Funktionen, die in visionOS gelobt wurden, gibt es auch hier: Es unterstützt Hand- und Augensteuerung, kann normale Fotos in 3D-Fotos umwandeln und unterstützt sowohl virtuelle Realität, wie einen Schreibtisch auf dem Mond, als auch gemischte Realität im heimischen Wohnzimmer. Besonders ist, dass auch Videos in 3D umgewandelt werden können und die Eingabe vollständig per Maus und Tastatur geschehen darf. Meta unterstützt viele dieser Funktionen in HorizonOS selbstverständlich auch, es ist daher ein gutes Zeichen, dass Android XR nicht bereits zu Beginn die wichtigsten Funktionen vermissen lässt.

GIF Google TV in Android XR (Bild: Google)

Im Gegensatz zu Apple kann Google allerdings auf VR-Inhalte von YouTube bauen, um das Headset mit Leben zu füllen. Ein Schelm, wer denkt, Google habe aus diesem Grund zum Start der Vision Pro keine YouTube-App bereitgestellt. In Android XR sind Karten, YouTube, Google TV, Fotos, Docs und Chrome natürlich vorinstalliert. HorizonOS verfügt zwar nicht über ganz so viele Google-Apps, kann aber wenigstens auf eine YouTube-App setzen.

GIF YouTube in Android XR (Bild: Google)

Gemini bringt KI in alle Winkel des Betriebssystems

Ein weiterer Vorteil für Googles Android XR: Im Gegensatz zu visionOS setzt Android XR direkt zum Start auf künstliche Intelligenz. Auf Samsungs Projekt Moohan hat The Verge etwa Google Gemini nach einem Ort fragen können und der KI-Assistent verwandelte die Umgebung daraufhin in einen japanischen Vorort über Google Maps großes Street-View-Angebot. Übersetzungen der Außenwelt in Echtzeit sind ebenfalls gezeigt worden. Auch andere Funktionen wie Circle-to-Search werden unterstützt. Samsung selbst spricht in einem Blogeintrag auch von den eigenen Galaxy-AI-Funktionen. KI ist damit im Gegensatz zu Apples Ansatz fester Bestandteil von Android XR.

GIF Echtzeit-Übersetzungen mit Gemini in Android XR (Bild: Google)

Interoperabilität durch neue SDK und APK-Support

Entwickler bekommen ab heute Zugriff auf die Android XR SDK, die bisherige und zukünftige Apps fit für das virtuelle Zeitalter machen soll. Android XR soll sich hier einfach in den Entwicklungsprozess einbinden lassen, dafür wird mit Unity zusammengearbeitet und der offene OpenXR-1.1-Standard unterstützt. Android-Apps vom Smartphone werden auch ohne weitere Bearbeitung unterstützt.

GIF Eine 2D-App (Smartphone) wird in eine XR-App umgewandelt (Bild: Google)

Samsung legt Kriegsbeil nieder

Samsung sagt offen, dass ihr eigenes Betriebssystem Tizen bei den Samsung VR-Brillen nicht zum Einsatz kommen wird, ein Sprecher teilt mit: „Wir sehen keinen Vorteil, eine andere Plattform zu entwickeln“.Damit legt Samsung direkt zu Beginn das Kriegsbeil nieder, denn früher hatte der Konzern oft versucht, ohne Google auszukommen und entwickelte Tizen für TVs, Uhren und einige wenige Smartphones.

Schlussendlich konnte sich gerade bei den Smartphones dieser Ansatz jedoch nicht durchsetzen, hier wird weiterhin auf Android gesetzt, die Smartwatches setzen auf einen Mix aus Android und Tizen. Nur bei Smart-TVs konnte Samsung reines Tizen etablieren. Google und Samsung arbeiten dementsprechend erst einmal zusammen und laden andere Hersteller ein, ebenfalls Brillen zu entwickeln. Asus und Lenovo sollen sogar schon zugesagt haben.

Meta versucht sich auch am offenen Ansatz

Einen ähnlichen Vorstoß wie Google hat übrigens auch Meta jüngst gestartet und das Betriebssystem der Quest-Brillen in HorizonOS umbenannt, die Grafik überarbeitet und für andere Hersteller zugänglich gemacht. Nach eigenen Angaben sollen in Zukunft Asus ROG und Lenovo VR-Brillen mit HorizonOS anbieten. Gleichzeitig fokussiert sich Meta mit den eigenen Brillen ausschließlich auf das erschwingliche Preissegment unter 500 Euro, denn die Meta Quest Pro für 1.000 Euro hat der Konzern jüngst eingestellt und plant in naher Zukunft auch keinen Nachfolger.

Android XR und HorizonOS – gleiche Strategie und gleiche Software?

Damit setzt auch Meta auf einen offeneren Ansatz, um das eigene Ökosystem zu erweitern. Da sowohl HorizonOS als auch Android XR APKs (2D-Android-Apps vom Smartphone) unterstützen und generell auf Android basieren, bleibt abzuwarten, ob am Ende nicht auch diese beiden Systeme und damit Spiele und Anwendungen über Systemgrenzen hinweg kompatibel werden.

Kampf um den virtuellen Schreibtisch beginnt

Nachdem zuerst Meta mit der Quest 3 Ende vergangenes Jahres und Apple wenige Monate später erste vollwertige Mixed-Reality-Headsets veröffentlicht haben, beteiligen sich jetzt auch Google und Samsung am Kampf um Marktanteile um den virtuellen Schreibtisch.

Bisher herrscht jedoch ein Ungleichgewicht: während sich Apple mit der 4.000 Euro teuren Vision Pro ausschließlich auf große Brieftaschen konzentriert, deckt Meta das Einsteigersegment ab. Zwischen 500 und 4.000 Euro gibt es wenig Auswahl an Standalone-MR-Brillen. Samsung macht zur Vorstellung von Moohan keinen Hehl daraus, dass diese Lücke anvisiert wird.

Und ein Weltkonzern macht es gänzlich anders: Microsoft zieht sich aus Mixed Reality schon wieder zurück.