Dragon Age: The Veilguard: EA schiebt Schuld an Misserfolg dem Konzept zu

Max Doll
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Dragon Age: The Veilguard: EA schiebt Schuld an Misserfolg dem Konzept zu

Das jüngste Spiel von EA, Dragon Age: The Veilguard (Test), hat die Erwartungen des Publishers nicht erfüllen können. Schuld sei das Konzept: Entwickelt wurde ein lineares Einzelspieler-Rollenspiel. Die Zukunft liegt anderswo, zeigen die Zahlen, das klassische Modell hat ausgedient – mal wieder.

EAs CEO Andrew Wilson und CFO Stuart Canfield nahmen im Rahmen des jüngsten Quartalsberichts Stellung zum Abschneiden von Dragon Age: The Veilguard und erklärten dort auch, warum das Spiel hinter den finanziellen Erwartungen zurückgeblieben sei. Die Schuld am Misserfolg wird dem Konzept zugeschoben. Um mehr als nur eine Kernzielgruppe zu erreichen, müsse ein Spiel die sich verändernden Bedürfnisse von Spielern bedienen.

Bedürfnisse der Spieler

Diese würden, sagte Wilson, „zunehmend Shared-World-features“, „deeper engagement“ und „hochqualitative Erzählungen“ suchen. Veröffentlichung und Aufnahme in Medien seien zwar gut gewesen, es habe jedoch eine zu schmale Zielgruppe angesprochen.

Dragon Age had a high-quality launch and was well reviewed by critics and those who played. However, it did not resonate with a broad enough audience in this highly competitive market.

Andrew Wilson

Den Begriff des Live Service nimmt Wilson nicht in den Mund. In welche Richtung die Bedürfnisse wahrgenommen werden, verrät der Begriff des „Engagements“. Im Grunde geht es darum, Spieler möglichst lange und oft zum Interagieren mit einem Produkt zu bringen – und das funktioniert bei linearen Einzelspieler-Titeln nicht.

Canfield ergänzte, dass das Spiel in Wettbewerbsdynamiken unterlegen sei. Blockbuster-Storytelling sei der historische Weg der Branche gewesen, Marken an Spieler zu bringen – ein Satz, der eindeutig in der Vergangenheitsform formuliert wird. Das finanzielle Abschneiden des Spiels belege allerdings, dass sich die Branche wandle und bestärke das Unternehmen darin, Ressourcen in Richtung der größten und besten Chancen und Gelegenheiten zu verlagern.

Zahlen als Scheinargument

Die Zahlen bestärken EA scheinbar. Der jüngste Quartalsbericht verrät, dass mittlerweile 74 Prozent, also gut drei Viertel des Umsatzes, aus Live-Service-Angeboten stammen, die zudem viel verlässlicher Umsätze erzeugen als einmalige Verkäufe. Dass darin kein Allheilmittel zu sehen ist, sollte klar sein. Auch Free-to-Play wurde als Game Changer bejubelt und führte zu allerlei sang- und klanglos verschwundenen Spielen und Projekten.

Reine Einzelspieler-Titel haben aber auch im Service-Zeitalter weiterhin ihren Platz. Ironischerweise belegt gerade EA das mit der Star-Wars-Jedi-Serie von Respawn. Parallel lässt sich mittlerweile eine Vielzahl durchschnittlicher, bemerkenswert generischer Service-Spiele beobachten, die eine extrem kurze Halbwertszeit besitzen – zumal der Markt gesättigt scheint.

Provokant formuliert: Gute Spiele haben immer einen Platz, Durchschnitts-Stangenware hat es schwer. Darin ist das Scheitern von Dragon Age viel eher zu suchen: Dem Titel fehlte der Mut, ein relativ sicheres Konzept in irgendeiner Richtung zu verlassen. Er war gut, aber nicht bemerkenswert – darin und nicht im Geschäftsmodell dürfte der eigentliche Grund für das Abschneiden liegen.

Auch die Relation fehlt. Dragon Age wurde 2017 angekündigt, die Entwicklung als Live-Service-Spiel neu gestartet und 2021 schließlich in einen Einzelspieler-Titel überführt. In Anbetracht solcher Irrfahrten ist ein „gutes“ Spiel schon ein erheblicher Erfolg – und das Abschneiden unter den Erwartungen eben auch hausgemacht und strukturell angelegt.

Mass Effect 5

Was das für Mass Effect 5 bedeutet, ist unklar, man kann sich aber ausrechnen, in welche Richtung EA denken wird: Spieler müssen zumindest mit Service-Einflechtungen und Spielmodi rechnen. Einen angetackerten Multiplayer-Modus kennt die Serie allerdings schon. Nach dem Ende von The Veilguard sind BioWare-Mitarbeiter aber auf neue Posten bei EA verteilt worden, das Sci-Fi-RPG wird von einem neuen, aktuell sehr kleinen Team entwickelt. Das spricht ebenfalls für eine Neuausrichtung.