Sega Saturn: Die Konsole, die Nintendo schlagen sollte, ist 30 Jahre alt
Am 22. November 1994 wurde die Sega Saturn, die das Sega Mega Drive beerbte und, so hofften die Entwickler, im Verkauf das sehr erfolgreiche Super NES von Nintendo überholen würde, veröffentlicht. Mit dem ungewöhnlichen Einsatz einer Dual-CPU und gleich sechs Co-Prozessoren wollte Sega im 3D-Zeitalter weit vorne mitmischen.
Die Entwicklung und Technik
Segas Saturn zählte zur fünften Generation der Spielekonsolen und war damit eine der ersten, die bereits 32-Bit-Prozessoren einsetzte. Ursprünglich wurde der Name Saturn 1992 nur als interner Codename genutzt, fand er im weiteren Verlauf aber seinen festen Platz auf den Verkaufsverpackungen.
Zusammen mit Hitachi begann das Entwicklerteam ab 1993 die bereits vorhandene CPU SH-1 zum SH-2 weiterzuentwickeln. Dabei basieren diese CPUs auf einer RISC-ähnlichen Architektur und liefern bei 28,6 MHz eine theoretische Rechenleistung von 25 MIPS.
Ein großer Nachteil dieses Gespanns ist die Tatsache, dass sich beide den gleichen Bus teilen und eine in Wartestellung ist, während die andere zugreift. Hier ist es extrem wichtig, den 4 KB Cache so gut wie möglich auszunutzen.
Ursprünglich als schnelle 2D-Konsole gedacht, zeigte sich kurz vor Markteinführung, dass die kommende PlayStation von Sony eine relativ starke 3D-Leistung bieten wird. Aus diesem Grund entschied sich Sega für einen zweiten SH-2 Prozessor, um die 3D-Fähigkeiten und generell die Leistung weiter auszubauen. Hierbei setzten die Entwickler ebenfalls auf ein duales System und so zeigt sich einer der Co-Prozessoren für die Hintergründe verantwortlich, während der zweite für Sprites und Polygone genutzt wird.
Vom ursprünglichen Ziel, eventuell Cartridges als Speichermedium zu nutzen, nahmen die Entwickler Abstand, da CDs die kostengünstigere Alternative waren und dazu mehr Speicherplatz boten. Dazu lieferten diese mit 307 KB/s genügend konstante Datenraten.
Die weitere Technik
Für den Ton sind jeweils ein Motorola 68EC000 sowie ein DSP von Yamaha, der FH1, verantwortlich. Um Ladezeiten zu verkürzen und die Haupt-CPUs zu entlasten, wurde das CD-Laufwerk nicht direkt von diesen angesteuert. Dies übernimmt der ältere SH-1, ebenfalls von Hitachi. Der sechste Co-Prozessor ist dann die System Control Unit, SCU, die sämtliche Busse in der Sega Saturn steuert.
Aufgrund der Komplexität, gerade durch die zwei Hauptprozessoren, hätte der Sega Entwickler Yū Suzuki eine einzelne, stärkere CPU bevorzugt, doch war dieses Gespann aus Preis-Leistungssicht günstiger. Dies führte dazu, das ein Großteil der Entwickler den Mehraufwand scheute und nur eine CPU ansprachen.
Optional existiert noch eine Cartridge mit 512 KB Speicher, die von geübten Programmierern als interne RAM-Erweiterung genutzt werden kann.
- 2× Hitachi SH-2 32-Bit RISC-Prozessoren auf Basis der MIPS-Architektur
- 2× 28,6 MHz Taktfrequenz
- 50 oder 56 MIPS Gesamtleistung
- 2× 4 kByte „On-Chip“-Cache
- 6× Co-Prozessoren (2x Grafik, 2x Sound, 1x CD-Bus, 1x Bus)
- 2.048 kByte Hauptspeicher
- 1.536 kByte Videospeicher
- 512 kByte Audiospeicher
- Double-Speed-CD-ROM-Laufwerk
- 512 kByte CD-ROM-Cache
- 512 kByte große Cartridge für die Spielstandsicherung, optional
- Abmessungen: 260 × 230 × 83 mm (L×B×H)
- Stromverbrauch: 25 Watt
3D, ja aber mit Einschränkung
Wie Nvidias nv1 (Leserartikel) setzten auch die Saturn-Entwickler auf eine ungewöhnliche Lösung. Standard war seit jeher die Verwendung von Dreiecken als geometrisches Grundgerüst, entschied man sich bei Sega für Vierecke, was zu Mehraufwand bei Portierungen führte.
Der nv1 war dabei relativ nah an der Sega Saturn – ein Aspekt, der Portierungen vereinfachte. Ursprünglich sollte diese Variante auch im Saturn eingesetzt werden, was zum Beispiel dazu führte, das Karten mit diesem Chip eine Audioverarbeitung sowie Anschlüsse für den Sega Joypad bieten. Während die Technik bei Sprites vor der PlayStation lag, lieferte die Sony Konsole bei Polygonen die bessere Leistung.
Die Saturn entsprach eher einer 2D-Konsole mit einigen 3D-Fähigkeiten, während Nintendo und Sony reine 3D-Technik boten. Mit der Hilfe von 2D-Sprites wurde eine 3D-Umgebung simuliert, während zum Beispiel die PlayStation auf polygonalem 3D-Rendering basiert.
Der tiefe Fall
Nach der Veröffentlichung in Japan, am 22. November 1994, kam die Konsole am 11. Mai 1995 in den USA und ab dem 08. Juli auch in Europa auf den Markt. Eines der Zugpferde sollte das Sonic-Abenteuer X-treme werden, welches aber gestrichen wurde. Als Alternative vom selben Entwicklerteam gab es später das Burning Rangers, das aber erst am Lebensende der Konsole erschien. Und obwohl offiziell mehr als 600 Titel angeboten wurden und damit doppelt soviel wie für Nintendos N64, reichte dies nicht für einen Spitzenplatz. Das Kampfspiel Virtua Fighter, hier für die Erweiterung 32X des Mega Drive, zeigt, welche Möglichkeiten die Konsole bieten kann.
-
Virtua Fighter für die Erweiterung 32X (Bild: en.wikipedia.org)
Aber schon bei Tomb Raider, welches große Erfolge auf der PlayStation und dem PC feiern konnte, war nach einer Portierung Schluss. Die Verkaufszahlen waren nicht hoch genug, sodass sich eine weitere Entwicklung nicht lohnte. Weitere hochwertige Titel, die gerade in Japan erfolgreich waren, wurden in Europa oder den USA erst gar nicht angeboten, was ein weiterer Sargnagel für die Konsole bedeutete.
weiteres Zubehör
Neben dem originalen Gamepad, welches sich im Lieferumfang des Sega Saturn befand, bot Sega eine zweite Revision des Controllers sowie das 3D-Pad mit dem seinerzeit revolutionärem Analog-Stick an.
Mit zwei Multitap, eine Art Docking-Station, die an einer einzelner Sega Saturn betrieben werden können, besteht die Möglichkeit, dass bis zu zwölf Spieler gleichzeitig an der Spielkonsole spielen. Der Sega Saturn Arcade Racer sollte Rennspiele realistischer und besser steuerbar machen. Zusätzlich existiert bereits für diese Konsole ein externes Modem, NetLink genannt, das eine Geschwindigkeit von 28,8 kbit/s bietet und für erste Online-Funktionen gedacht war.
Der Nachfolger
Bereits am 27. November 1998 erschien dann auch schon der Nachfolger Sega Dreamcast, der weiterhin auf eine Hitachi-CPU in Form des mit 200 MHz taktenden SH-4 setzte. Bei der Grafikeinheit wurde ursprünglich auf die sehr erfolgreiche Voodoo-Serie von 3dfx gesetzt. Nach einer Pflichtmitteilung von 3dfx an die Börse, dass das Unternehmen als Lieferant für Sega auftritt, entschieden sich die Japaner aber gegen die Voodoo-Entwickler und nutzten einen Grafikchip der Kyro-Entwickler und ihre innovative Technik des Tile Based Renderings.
Das Highlight dieser Generation war aber die sehr frühe Möglichkeit, ein ab Werk verbautes Modem und das Internet zu nutzen – 1998 noch lange keine Selbstverständlichkeit. Zu den noch heute nutzbaren Spielen zählen ein Shooter von id Software und StarLancer von Digital Anvil.
Retro
Und auch wenn die Konsole bereits 30 Jahre auf dem Buckel hat, wird sie von einigen Usern immer noch aktiv genutzt. Weitere Impressionen zu Retro-Hardware findet sich im entsprechenden Der Retro-Hardware-Bilderthread, der seit mehreren Jahren einen Teil der Community anzieht.
-
Sega Saturn neben dem Mega Drive (Bild: Martin K.)