GeForce 9600 GT: Übertakten via PCIe-Bus
Vom Einstand der Nvidia GeForce 9600 GT in der Grafikkarten-Mittelklasse war die Fachpresse relativ angetan, beschert sie doch, gemessen an ihren technischen Daten, überraschend viel Leistung für bezahlbares Geld.
Beschert sie vielleicht zu viel Leistung? Diese Frage stellte man sich jedenfalls bei techPowerUp! schon seit Längerem, nachdem bei ersten Übertaktungsversuchen je nach Software unterschiedliche Taktfrequenzen des Grafikchips vom Typ G94 ausgelesen wurden. Dieser verfügt über 64 Shader-Prozessoren, also halb so viele Einheiten wie eine GeForce 8800 GTS 512 mit dem G92. Laut den Nvidia-Treibern und auch den meisten Programmen, die einfach die Treiber zum Auslesen der Taktfrequenzen nutzen, liegt der Takt einer GeForce 9600 GT bei 650 MHz, also allem Anschein nach auf dem Niveau einer GeForce 8800 GTS 512 (G92).
Wie sich inzwischen herausstellte, soll sich die besagte Verwirrung bei techPowerUp! um die verschiedenen Taktraten einzig in der nicht vorhandenen Unterstützung der GeForce 9600 GT durch RivaTuner in der Version 2.06 begründen, so der Entwickler Unwinder. Der G94 einer GeForce 9600 GT taktet offiziell mit 650 MHz.
Durchaus interessant sind jedoch die Ergebnisse, die man im Zuge der Nachforschungen zu diesem Phänomen der unterschiedlichen ausgelesenen Werte bei techPowerUp! zu Tage fördern konnte. Auslöser war wie gesagt der nicht ganz einwandfreie Einsatz von RivaTuner. Bei Übertaktungsversuchen zeigte dieser 783 MHz an, obwohl nur 725 MHz eingestellt waren. Das war Anlass genug, sich über den Taktgeber der GeForce 9600 GT Gedanken zu machen. Der Taktgeber einer Grafikkarte nutzt einen kristallinen Oszillator, welcher typischer Weise eine Grundfrequenz zwischen 13 bis 27 MHz erzeugt. Diese Frequenz kann dann mit ganzzahligen Werten multipliziert und dividiert werden, um auf eine gewünschte Taktfrequenz zu kommen. Beispiel: 27 MHz * 70 / 3 = 630 MHz. Welcher Kristall auf einer jeweiligen Grafikkarte zum Einsatz kommt, wird in so genannten Strap-Registern auf der Karte gespeichert, welche von einer bestimmten Konfiguration an Widerständen und dem Grafik-BIOS initialisiert werden. Mit anderen Worten ist die Information über den Kristall des Taktgebers in Hardware gegossen.
Nicht aber bei einer GeForce 9600 GT. Nvidia bestätigte zwar auf Anfrage, dass eine 9600 GT mit 650 MHz taktet und einen Taktgeber mit 25 MHz Grundfrequenz nutzt, doch über das Verfahren zur Erzeugung dieser Frequenz schwieg man sich aus. Fakt scheint zu sein, dass man sich nicht wie üblich eines Kristalls bedient, sondern eine bereits vorhandene Frequenz nutzt und zwar die des PCIe-Bus, über den die Grafikkarte angebunden ist. Dieser taktet üblicher Weise mit 100 MHz. Nvidia teilt diese Frequenz einfach durch vier und kommt auf diesem Wege an die geforderten 25 MHz.
Damit verbunden sind dann auch etwaige Übertaktungen der Grafikkarte, sollte man den Takt des PCIe-Bus über das BIOS des Mainboards anheben. Das kann durchaus als ein Novum gewertet werden, denn bislang erbrachte die Erhöhung dieses Takts allenfalls eine Bandbreitenerhöhung in der Kommunikation zwischen der Grafikkarte und dem PC-System, welche keine nennenswerten Auswirkungen auf die Grafikleistung hatte. Der Chiptakt einer Grafikkarte war bis dato nicht vom PCIe-Bus abhängig, sondern wurde wie gesagt von einem auf dem PCB integrierten Taktgeber erzeugt.
Im Multitexture-Fillrate-Test des 3DMark06 zeigt sich eine GeForce 8800 GT von einer Erhöhung des PCIe-Bus-Takts erwartungsgemäß unbeeindruckt, während eine GeForce 9600 GT mit Leistungsgewinnen reagiert, die sich auf eine konsequente Übertaktung des Chips durch seinen Taktgeber, den PCIe-Bus, zurückführen lassen. Es ist nun also möglich, den Taktgeber der 9600 GT direkt zu beeinflussen, indem man am PCIe-Bus-Takt dreht. Das ist gar nicht schlecht oder uninteressant, doch gibt es hierbei ein paar Punkte zu beachten.
Einige Nvidia-Chipsätze unterstützen die so genannte LinkBoost-Technologie [PDF], welche ausgerechnet den PCIe-Bus-Takt automatisch anhebt. Die Technik wurde erstmals mit dem nForce i590 eingeführt, ist aber seitdem nicht überall integriert worden. Unabhängig vom Chipsatz integrieren aber auch einige Hersteller wie z.B. ASUS dieses Feature, indem der PCIe-Bus-Takt jenseits der üblichen 100 MHz betrieben wird, wenn man die entsprechende Einstellung im BIOS auf „Auto“ setzt. Im Falle von LinkBoost wird der PCIe-Bus um 25 Prozent übertaktet. Ohne es zu merken würde man eine GeForce 9600 GT also bei Inbetriebnahme in einem solchen System von 650 MHz auf 812,5 MHz übertakten, was nicht jede 9600 GT mitmachen könnte.
Davon abgesehen kann man sich die gewonnenen Erkenntnisse über diese, von Nvidia seltsamer Weise gut gehüteten, Geheimnisse zu Nutze machen und seine GeForce 9600 GT bequem über das BIOS des Mainboards übertakten. Diese Einstellungen genießen den Vorteil, dass sie sowohl von einer Neuinstallation des Betriebssystems unberührt bleiben, als auch unabhängig von den Möglichkeiten des Betriebssystems wie zum Beispiel einem Linux-Derivat sind.
Zu beachten gilt hierbei jedoch, dass eine derartige Übertaktung nicht auf Softwareebene nachvollziehbar ist: Die Nvidia-Treiber und davon abhängige Tools werden von einer Taktgeberfrequenz von 25 MHz ausgehen und dementsprechend einen 650 MHz schnellen Chiptakt anzeigen, auch wenn dieser durch eine Übertaktung des PCIe-Bus erhöht wurde. Den Takt des PCIe-Bus eines jeden Mainboards zu berücksichtigen, kann und wird jedenfalls nicht Aufgabe des Grafiktreibers sein.