Bundeskartellamt: Vodafone soll 1&1 beim Netzausbau behindert haben

Ein Abkommen zwischen 1&1 und Vodafone respektive Vantage Towers sieht die Mitnutzung einer vierstelligen Zahl an Antennenstandorten durch 1&1 vor. Die Bereitstellung der zugesagten Standorte habe sich jedoch seit Vertragsschluss massiv verzögert, moniert das Bundeskartellamt, das darin eine missbräuchliche Behinderung sieht.
Das Bundeskartellamt wertet die verzögerte Bereitstellung der Standorte als kartellrechtswidrige Behinderung von 1&1. Hintergrund ist eine Ende 2021 geschlossene Vereinbarung über die Mitnutzung einer vierstelligen Zahl an Antennenstandorten, die nach ursprünglicher Planung bis Ende 2025 hätte realisiert werden sollen. Später hatte man dieses Ziel vertraglich festgehalten nochmal um ein Jahr nach hinten verschoben.
Massive Verzögerungen bei Bereitstellung
Seit Vertragsschluss sei es jedoch zu massiven Verzögerungen gekommen. Laut Bundeskartellamt sei aktuell nur ein Bruchteil der vertraglich vereinbarten Standorte für 1&1 nutzbar. Das stehe im Kontrast zu Vodafones eigenem Netzausbau, der in den Jahren nach Vertragsschluss auch an den für 1&1 vorgesehenen Standorten etwa für 5G erfolgt sei. Weil die Standorte von Vodafone respektive Vantage Towers ein wesentlicher Faktor für den Aufbau des Mobilfunknetzes von 1&1 sind, habe sich dieser in der Folge stark verzögert.
Nach den bislang gewonnenen Erkenntnissen ist die verzögerte Bereitstellung der vertraglich vereinbarten Standorte als kartellrechtswidrige Behinderung von 1&1 bei seinem Markteintritt als vierter Netzbetreiber zu werten. Diese Verzögerung und ihre negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb auf den betreffenden Märkten hätten nach unserem derzeitigen Kenntnisstand vermieden werden können und aufgrund des kartellrechtlichen Missbrauchsverbot auch vermieden werden müssen. Wir ziehen vorläufig in Betracht, die Bereitstellung der noch ausstehenden Standorte mit unseren kartellbehördlichen Mitteln durchzusetzen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes
Hintergrund zu Vantage Towers
Vantage Towers ist die ausgegliederte Funkturmsparte von Vodafone. Nach der Ausgliederung war Vodafone zunächst Mehrheitseignerin, mittlerweile steht Vantage Towers unter Kontrolle der Vodafone Group und zweier Finanzinvestoren. Verwaltet werden ca. 20.000 Antennenstandorte in Deutschland, wobei Vodafone Hauptmieterin ist. Das Geschäftsmodell von Vantage Towers sieht allerdings vor, Flächen zur Antennenmontage – in enger Abstimmung mit Vodafone – auch an andere Netzbetreiber zu vermieten.
Schwerwiegende Folgen für den Wettbewerb
Das Bundeskartellamt sieht in der Verzögerung schwerwiegende Folgen für den Wettbewerb und stuft das Verhalten von Vodafone und Vantage Towers deshalb als missbräuchliche Behinderung im Sinne des §§ 19, 20 GWB ein. Die Unternehmen hätten zahlreiche Möglichkeiten gehabt, auf etwaige Schwierigkeiten in der Vertragserfüllung zu reagieren, ohne dass es zu derart massiven Verzögerungen gekommen wäre. Vodafone hätte den eigenen Ausbau zum Beispiel für eine Zeit auf andere als die für 1&1 vorgesehenen Standorte verlagern und/oder insgesamt mehr konzerneigene Ressourcen auf die Vertragserfüllung konzentrieren können.
Schleppende Erfüllung kam Vodafone gelegen
In seinem Bericht geht das Bundeskartellamt sogar so weit Vodafone zu unterstellen, dass die schleppende Vertragserfüllung dem Netzbetreiber nicht ungelegen kam, da sich hierdurch der Marktzutritt eines weiteren Netzbetreibers verzögerte und sich gleichzeitig die Position von 1&1 hinsichtlich der Vergabe von Mobilfunkfrequenzen durch die Bundesnetzagentur verschlechterte. Bis Ende 2023 sei mit Vodafone über die Abgabe von Zusagen, mittels derer die nach vorläufiger Einschätzung bestehenden wettbewerblichen Probleme hätten ausgeräumt werden können, verhandelt worden. Doch bis zuletzt blieben die von den Unternehmen eingereichten Zusagenvorschläge derart weit hinter den zugesagten Bereitstellungen zurück, dass diese insgesamt vom Bundeskartellamt als ungeeignet angesehen wurden.
Derzeit werde vom Bundeskartellamt in Betracht gezogen, neben der Feststellung der Kartellrechtswidrigkeit die Bereitstellung der ausstehenden Standorte innerhalb von drei Jahren anzuordnen sowie diese Anordnung mit weiteren Maßnahmen zu flankieren. Die aktuelle Abmahnung bilde einen Zwischenschritt, der den Unternehmen die Möglichkeit einräumen soll, zur vorläufigen Einschätzung im Einzelnen Stellung zu nehmen. Eine abschließende Entscheidung soll Mitte dieses Jahres ergehen.