Glasfaserausbau: Wie die Telekom vom Abschalten der Kupfernetze profitieren kann

Je mehr der Glasfaserausbau voranschreitet, desto näher rückt das Ende der Kupfer-Infrastruktur. Derzeit stellt sich nur die Frage, wie der Übergang reguliert ist. Die Sorge der Wettbewerber: Die Telekom könnte sich beim Abschalten der Kupfernetze einen Vorteil verschaffen.
Wichtig ist zunächst: Das Kupfernetz in Deutschland gehört praktisch vollständig der Deutschen Telekom. Diese kann also auch entscheiden, wann die Netze abgeschaltet werden – das ist also der Zeitpunkt, zu dem alle Haushalte final auf das Glasfasernetz wechseln müssen, selbst wenn sie bis dahin noch keinen Anschluss haben. Es ist also der endgültige Umstieg auf die neue Infrastruktur.
Die Sorge, die Provider-Verbände wie der Breko beschreiben: Die Telekom könnte das Kupfernetz in den Regionen, in denen sie selbst Glasfaser ausbaut, schneller abschalten, um so Kunden auf die neue Infrastruktur zu ziehen. Wenn in einer Region hingegen ein konkurrierender Glasfaseranbieter ausbaut, bestehe für die Telekom kein Anlass, schnell einen Umstieg zu forcieren. Während die Telekom also die eigenen Ausbauvorhaben unterstützen kann, besteht die Gefahr, dass Wettbewerber wesentlich länger mit dem Kupfernetz um Kunden konkurrieren – und somit einen Nachteil haben.
Wie und ob sich so etwas verhindern lässt, diskutiert die Branche schon länger. Das Abschalten der Kupfernetze zu regeln, bezeichnete Breko-Geschäftsführer Stephan Albers bereits bei der Glasfasermesse Fiberdays Anfang April als bedeutendes Infrastrukturthema für die kommende Bundesregierung.
Bislang entscheidet die Telekom über die Abschaltung des Kupfernetz
Wie der Umstieg von Kupfer- auf Glasfasernetze ablaufen muss, ist grundsätzlich geregelt. Vorgaben zu dieser Kupfer-Glasfaser-Migration – so der Begriff in der Branche – macht das Telekommunikationsgesetz (§34 TKG). Wie diese Regeln in der Praxis umgesetzt werden, ist aber Teil der Diskussion, zu der die Bundesnetzagentur am Montag ein Impulspapier veröffentlicht hat. Das beschreibt, was bei der Kupferabschaltung passieren muss.
Untergliedern lässt sich das Vorgehen in drei Phasen:
- Phase 1 – Freiwilliger Wechsel: Anbieter bauen Glasfaseranschlüsse aus und die Haushalte sowie Unternehmen steigen freiwillig um. Je mehr Haushalte in einer Region bereits Glasfaser nutzen, desto einfacher ist das Verfahren.
- Phase 2 – Start des förmlichen Verfahrens: Das zugangsverpflichtende Unternehmen – also die Telekom – zeigt bei der Bundesnetzagentur an, das Kupfernetz in bestimmten Orten abschalten zu wollen. Das muss mit ausreichend Vorlaufzeit passieren und es muss ein Plan für die Haushalte existieren, die noch keinen Glasfaseranschluss haben.
- Phase 3 – Abschaltung des Kupfernetzes: Der technische Prozess beginnt. Zu diesem Zeitpunkt muss klar sein, welche Alternative die Haushalte haben und wie weitere Anbieter die jeweiligen Zugänge im Rahmen von Vorleistungsprodukten nutzen können. Sichergestellt sein muss zudem, dass alle Kunden auch nach der Abschaltung „ordnungsgemäß angeschlossen“ sind.
Das Papier soll laut Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller eine Orientierungshilfe geben. Alle Akteure im Markt haben nun bis zum 23. Juni Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben. Konkrete Einzelentscheidungen will die Bundesnetzagentur treffen, sobald Migrationsanträge vorliegen. Bisher hat die Telekom noch keinen gestellt.
Streitfrage: Darf die Telekom allein entscheiden, wann abgeschaltet wird?
Den Wettwerbern reicht es aber nicht. Im Kern geht es um die Frage: Kann die Telekom verpflichtet werden, das Kupfernetz in einer bestimmten Region abzuschalten, wenn ein Wettbewerber dort eine ausreichende Anzahl an Glasfaseranschlüssen errichtet hat?
„Die Telekom selbst hat kein betriebswirtschaftliches Interesse, ihr Kupfernetz in diesen Gebieten zeitnah abzuschalten“, sagt Breko-Geschäftsführer Stephan Albers in einer aktuellen Stellungnahme. Deshalb werde der Markt allein den Umstieg nicht regeln können. Wie es besser laufen könnte, beschrieb der Breko bereits auf den Fiberdays Anfang April. Denkbar wäre etwa, dass bestimmte Richtwerte definiert werden. Wenn eine ausreichend große Anzahl an Haushalten in einer Region mit Glasfaser versorgt ist, müsse der Umstieg erfolgen – unabhängig davon, wer der jeweilige Netzbetreiber ist.
Der Vorteil einer solchen Lösung sei zudem: Wer flächendeckend ausbaut, wird belohnt. „Ein fair geregelter Abschied aus der alten DSL-Welt kann ein echter Booster für weitere Investitionen in den Glasfaserausbau werden“, so Albers in der aktuellen Stellungnahme. Dass der Umstieg von DSL entscheidend ist für den Glasfaserausbau, zeigen aktuelle Studien. Laut der TK-Marktanalyse des Provider-Verbands Breko werden zwar immer mehr Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen, die Kunden hinken aber immer noch hinterher. Selbst nach einer optimistischen Prognose soll DSL noch bis Ende 2030 der vorherrschende Anschlusstyp in Deutschland sein.
Wichtig ist aber auch den Wettwerbern, dass der Umstieg verbraucherfreundlich erfolgt. In der Praxis heißt das: Es muss ausreichend lange Vorlaufzeiten geben. Im Rahmen der Fiberdays sprach Albers etwa von einer 24-monatigen Ankündigungsfrist.
Aufgabe für die Politik?
CDU/CSU und SPD haben das Thema im neuen Koalitionsvertrag angesprochen, halten sich inhaltlich aber bedeckt. Die Rede ist lediglich von einer „markt- und verbraucherfreundlichen Kupfer-Glas-Migration“. Was aber naheliegend scheint: Wenn die Telekom nicht mehr das alleinige Initiativrecht beim Kupferende haben soll, müsste es vermutlich eine Gesetzesänderung geben.
Die Telekom verweist in einer Antwort auf eine ComputerBase-Anfrage von Mitte April auf die Regeln im Telekommunikationsgesetz. Den Satz im Koalitionsvertrag wertet man „als eine Absage an jegliche Gedankenspiele bezüglich eines Zwangs zur Abschaltung und zum Anbieterwechsel“, so ein Telekom-Sprecher.