Open RAN: 1&1 kämpft mit eigenem Mobilfunknetz und Kundenabgang
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Der Netzbetreiber United Internet mit der Mobilfunkmarke 1&1 hat weiterhin mit dem Aufbau des eigenen Mobilfunknetzes und dem Kundenabgang infolge einer großen Netzstörung im letzten Jahr zu kämpfen. Beides hat Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis, weshalb United Internet darauf jetzt per Ad-hoc-Mitteilung eingehen musste.
United Internet respektive 1&1 baut in Deutschland derzeit das vierte Mobilfunknetz neben Deutscher Telekom, Vodafone und Telefónica auf. Dabei setzt das Unternehmen vollständig auf die offene Open-RAN-Architektur, die Netzbetreiber unabhängig von einzelnen Anbietern machen soll, sodass für den Aufbau nicht mehr zwingend die Komponenten nur eines Ausrüsters mit proprietärer Hard- und Software erworben werden müssen. Open RAN setzt dafür mehr auf generische anstelle spezialisierter Hardware und virtualisiert darauf basierend die Netzwerkelemente. Standardisierte Schnittstellen sollen Interoperabilität unter den Anbietern gewährleisten.
Mit dem Netzausbau kommt 1&1 allerdings nur eher schleppend voran, wie es auch die Zahlen zur Flächenabdeckung der Bundesnetzagentur zeigen. Laut jüngster Statistik von Oktober 2024 (PDF) deckt 1&1 bei 5G 0,5 Prozent der Bundesrepublik ab, bei 4G sind es 0,4 Prozent und bei 2G 0,0 Prozent. Auf der aktuellen Mobilfunk-Monitoring-Karte der Bundesnetzagentur ist in einigen Ballungsräumen aber immerhin ein Ausbau mit eigener Infrastruktur anstelle von National Roaming zu erkennen.
Unerwartete Unterdimensionierung
In der Ad-hoc-Mitteilung erklärt United Internet, dass die geplante Migration von Bestandskunden auf das eigene Mobilfunknetz aufgrund einer „unerwarteten Unterdimensionierung einzelner Netzbestandteile“ vorübergehend stark eingeschränkt gewesen sei und erst im vierten Quartal 2024 wieder umfangreich aufgenommen werden konnte. Das habe Einfluss auf das Geschäftsergebnis, da die im Geschäftsjahr 2024 erwarteten Einsparungen aus der Migration bestehender Kundenverträge auf das eigene Mobilfunknetz von 1&1 nur zu kleinen Teilen realisiert werden konnte.
Teuer sind Kunden außerhalb des eigenen Netzes deshalb für 1&1, weil das Unternehmen parallel zum Aufbau eigener Kapazitäten nationales Roaming nutzen muss, zuerst in Kooperation mit Telefónica und aktuell mit Vodafone.
Viele Kündigungen nach Netzstörung
Darüber hinaus wirken sich „erhöhte Kündigungsaussprachen“ infolge der großen Netzstörung im Mai letzten Jahres negativ auf die Zahlen aus. Letztes Frühjahr war es nach Software-Updates im Netz zu größeren Ausfällen für laut 1&1 rund 4 Prozent der Kunden gekommen. Die Störung sei zwar noch im Tagesverlauf behoben worden, als Nachwirkung des Vorfalls kam es in Teilen des Netzes aber weiterhin zu Einschränkungen.
Die Verhandlungen mit dem für die Unterdimensionierung und den Netzausfall verantwortlichen Ausbaupartner, die zu Entschädigungszahlungen führen sollen, konnten bislang nicht abgeschlossen werden, heißt es von United Internet. Die Verhandlungen würden aus heutiger Sicht noch einige Zeit in Anspruch nehmen und es werde vor der am 27. März geplanten Veröffentlichung der Geschäftszahlen 2024 voraussichtlich nicht zu einer Einigung kommen.
Deshalb geht der Netzbetreiber davon aus, dass sich das vorläufige EBITDA im Geschäftsjahr 2024 auf 1,29 Milliarden Euro und damit unter der zuvor herausgegebenen Prognose von 1,38 Milliarden Euro belaufen wird. Im EBITDA sind neben den vorgenannten Ergebnisbelastungen stärker als erwartet gestiegene Aufwendungen für den Ausbau des eigenen Mobilfunknetzes enthalten. Im Geschäftsjahr 2024 hat United Internet 265,3 Millionen Euro für den Aufbau des eigenen Netzes ausgegeben.