Tim Höttges: Telekom-Chef will 3 bis 4 Netzbetreiber für die komplette EU

Telekom-Chef Tim Höttges fordert im Rahmen der MWC-Keynote in Barcelona umfangreiche Reformen für den europäischen Telekommunikationsmarkt. Sein Wunsch: Nur noch drei bis vier Netzbetreiber für Europa, weniger Regulierungen und Geld von Meta, Google und Co.
Dass Vertreter der europäischen Top-Telkos bei der MWC einen Forderungskatalog präsentieren, ist nicht neu. Höttges steht mit seinen Aussagen auch nicht allein, mit ihm auf der Bühne waren die CEOs von Vodafone, Orange und Telefónica.
USA als Vorbild für Telko-Markt
Was der Chef der Deutschen Telekom in diesem Jahr fordert, war aber in mehreren Richtungen weitreichend. Sein erster Punkt: Die EU müsse den Binnenmarkt so vervollständigen, dass sich die Anzahl der Netzbetreiber reduziert. Als Vorbild nennt er die USA, das Ökosystem sei überlegen. „Nach den Übernahmen und der Konsolidierung auf drei Akteure für den kompletten US-Markt sehen wir die Vorteile“, so Höttges. Man habe eine höhere 5G-Abdeckung und die Preise würden sinken, zudem gebe es mehr Investitionen und die Telko-Konzerne wären mehr wert. Vorteile gebe es auch bei den Frequenzen, die würde man nicht nur für eine bestimmte Zeit, sondern dauerhaft kaufen.
Konsolidieren will er den Markt daher auch in der EU. Drei bis vier Netzbetreiber nennt er als Zahl, die nicht nur pro EU-Staat existieren sollen, sondern im kompletten Markt. Je größer die Konzerne, desto mehr würden die Kunden profitieren, so Höttges.
Der nächste Punkt in seiner Liste sind die regulatorischen Auflagen. Die Deutsche Telekom habe laut Höttges mit 270 Regulierungsbehörden zu tun, betroffen wären unterschiedliche Bereiche wie Medien, Cybersicherheit, Datenschutz sowie Telekommunikation auf verschiedenen Ebenen. Das fresse Ressourcen. Zusätzlich kritisiert er Unsicherheiten, die durch die Regelungen entstehen. Als Beispiel nennt er das Network Slicing bei 5G, bei dem Verfahren können mehrere virtuelle Netzwerke auf einer physischen Infrastruktur laufen. Die Frage sei nun, inwieweit das Network Slicing gegen die Netzneutralitätsvorgaben der EU verstößt. Bei den 5G-Frequenzen fordert er längere Laufzeiten und mehr Sicherheit für die Netzbetreiber.
Zusätzlich fordert er noch, dass die sogenannten Over-the-top-Players – also Internetdienste – für den anfallenden Datenverkehr zahlen sollen. Der Streit ist altbekannt: Nach Lesart der europäischen Telko-Konzerne sollen amerikanische Internetdienste wie Meta mit Plattformen wie Facebook und Instagram sowie Google mit YouTube oder Netflix den meisten Datenverkehr verursachen. Diese profitieren also von der Infrastruktur der Netzbetreiber, ohne zahlen zu müssen.
Ein weiterer Punkt auf Höttges Liste ist die technische Souveränität im Bereich der Cloud- und KI-Dienste. Es handelt sich ebenfalls um Geschäftsfelder, in denen die Telekom tätig ist.
Alte Forderungen, bekannte Kritik
Im Kern sind es also viele Forderungen, die die europäischen Telkos seit Jahren immer wieder vorbringen. Altbekannt ist etwa die Diskussion um Gebühren für Internetdienste, die Kritiker als „Datenmaut“ bezeichnen. Tech-Konzerne wie Meta lehnen diese – wenig überraschend – ab. Ein Argument ist, dass die Internetdienste erst der Grund sind, warum Kunden sich überhaupt hochpreisige Anschlüsse buchen. Bürgerrechtler befürchten zudem, dass kleine Anbieter leiden könnten, wenn die Telkos mit führenden Plattformen Datenabkommen abschließen.
Investitionen in die Netze sind ein weiterer Bereich, der seit Jahren strittig ist. Beim Glasfaserausbau hinkte die Telekom etwa jahrelang hinter, stattdessen forcierte der Konzern Übergangstechnologien wie Vectoring. Einer der neuen Streitpunkte ist nun, ob sich die Telekom mit einem strategischen Überbau konkurrierende Ausbauprojekte sabotiert.
Klar ist in so einem Marktumfeld: Wenn Wettbewerbsregeln wegfallen und der Markt konsolidiert wird, profitiert insbesondere ein Telko wie die Telekom. Neu ist aber auch dieser Vorstoß nicht. Entsprechende Pläne wurden etwa schon 2014 diskutiert, damals war Günther Oettinger noch EU-Innenkommissar und wollte Fusionspläne forcieren.
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