Lunar Lake im Benchmark: Der laut Intel effizienteste x86-Prozessor aller Zeiten
Was im Juni die Computex für Qualcomm mit dem Snapdragon X Elite war, ist jetzt die IFA für Intel mit Lunar Lake. In Berlin hat Intel die neue Baureihe im Detail mit SKUs vorgestellt und gibt anhand eigener Benchmarks einen Ausblick auf die Leistung, die Käufer im Vergleich zu AMD, Intel und Qualcomm im Notebook erwarten können.
x86 soll es mit Arm aufnehmen
Nicht die Architektur, also x86 oder Arm, sei entscheidend für Leistung und Verbrauch eines Laptop-Prozessors, sondern wie die eigenen Technologien, die Mikroarchitektur und mehr in die Lösung implementiert werden, erklärte Intel zur Keynote. Das Unternehmen sieht sich nämlich durchaus imstande, mit Lunar Lake auch die neu aufgekommene Konkurrenz aus dem Hause Qualcomm in Schach zu halten (wenn die Fertigung TSMC übernimmt).
Nachdem Qualcomm über die letzten Monate kaum eine Gelegenheit ausgelassen hat, mit eigenen Benchmarks in Richtung Intel zu schießen und die Vorteile der Snapdragon X Elite hervorzuheben, war bei Intel in Berlin jetzt die gleiche Angriffslust in entgegengesetzte Richtung zu verspüren.
Benchmarks auf echten Notebooks
Benchmarks direkt vom Hersteller sind zwar stets immer mit einer gewissen Portion Skepsis zu betrachten, Intel stellte gegenüber dem Publikum aber klar, dass keine eigens entwickelten Referenzgeräte, sondern fertige Notebooks von den zahlreichen Partnern für die internen Messungen herangezogen wurden. Alle Benchmarks wurden Intel zufolge mit dem stärksten Leistungsprofil in Windows 11 durchgeführt, für die Batterielaufzeiten wurde hingegen zum Profil mit bester Effizienz gewechselt.
Der effizienteste x86-Prozessor aller Zeiten
Lunar Lake sei nichts weniger als der effizienteste x86-Prozessor aller Zeiten, sagte Intels Robert Hallock (Vice President, Client Computing Group) und hatte die passenden Zahlen im Gepäck, um diese Aussage im Vergleich zum eigenen Vorgänger Meteor Lake und gegenüber dem Arm-SoC Snapdragon X Elite (X1E-80-100) zu untermauern. Demnach liefert ein Core Ultra 9 288V (Lunar Lake) eine 129 Prozent höhere Leistung pro Watt als ein Core Ultra 7 165H (Meteor Lake) und eine 20 Prozent höhere Leistung pro Watt als der Qualcomm X1E-80-100 im UL Procyon Office Productivity Benchmark, der Microsoft Word, Excel, PowerPoint und Outlook umfasst. Rein auf die Leistung bezogen liegen Meteor Lake und Snapdragon X Elite gleichauf und Lunar Lake 7 Prozent vor den Wettbewerbern. Im Vergleich zu Meteor Lake kommt Qualcomm in dem Benchmark auf eine 49 Prozent und Lunar Lake auf eine 53 Prozent geringere Package Power.
Lunar Lake mit RAM auf Package
Neben dem UL Procyon Office Productivity Benchmark zeigte Intel auch Messungen für MobileMark 30 (-36 %), Browsing (-34 %), Zoom (-45 %), Teams (-41 %) und YouTube 4K30 AV1 (-33 %), die den reduzierten Verbrauch der Plattform gegenüber Meteor Lake verdeutlichen sollen. Dabei hat Lunar Lake sogar noch den „Nachteil“, dass der für den Test 32 GB große RAM als On-Package-Lösung untergebracht wird und damit zur Package Power zählt, was bei Meteor Lake noch nicht auf diese Art und Weise umgesetzt war.
Um die gesteigerte Effizienz zu demonstrieren, beschränkte sich Intel allerdings nicht auf Anwendungen, auch aktuelle Spiele, die auf der neuen Xe2-Grafikeinheit liefen, standen im Vergleich zu Meteor Lake (Core Ultra 7 165H) im Fokus. Assassin's Creed Valhalla läuft demnach 32 Prozent schneller mit dem Ultra 9 288V, der zugleich 35 Prozent weniger verbraucht. Für Cyperpunk 2077 und den Farming Simulator 22 liegen die von Intel ermittelten Werte bei +44/-22 und +68/-11 Prozent.
50 Prozent längere Akkulaufzeiten
Wie sich der reduzierte Verbrauch effektiv auf die Laufzeiten auswirkt, dazu äußerte sich Intel anhand zwei annähernd identisch ausgestatteter OEM-Systeme, die mit dem Snapdragon X Elite X1E-80-100 und Core Ultra 7 268V nur beim Prozessor unterschiedlich bestückt waren. Intel nannte den OEM zwar nicht beim Namen, die genannte Ausstattung legt aber ein Dell XPS 13 nahe. Im UL Procyon Office Productivity Benchmark schaffte die Intel-Version 20,1 Stunden, das Qualcomm-Modell aber nur 18,4 Stunden. Intel war sich dabei auch nicht zu schade, bessere Ergebnisse der Konkurrenz zu zeigen. In Teams standen nämlich 10,7 Stunden mit Lunar Lake 12,7 Stunden mit Snapdragon X Elite gegenüber. Vor Ort wiegelte Intel scherzhaft ab, dass ja ohnehin kaum jemand mehr als 12 Stunden am Stück in Teams verbringen möchte.
Und wie sieht es im Vergleich zu AMD aus? Drei Notebooks aus der 14- bis 16-Zoll-Klasse mit 1080p-Bildschirm mussten dafür herhalten, die ebenso durch den UL Procyon Office Productivity Benchmark und Teams in Dauerschleife geschickt wurden. Zum Einsatz kamen Asus Zenbook S14 mit 72 Wh (Core Ultra 9 288V), Asus Vivobook S15 mit 70 Wh (Snapdragon X Elite X1E-78-100) und Asus Zenbook S16 mit 78 Wh (Ryzen AI 9 HX 370), sodass die Intel-Variante nicht einmal mit dem größten Akku bestückt war. Dennoch lieferte das Intel-Notebook mit 14 Stunden zu 9,5 Stunden (Qualcomm) und 10,1 Stunden (AMD) die längste Office- und mit 9,9 Stunden zu 9,4 Stunden (Qualcomm) und 8,2 Stunden (AMD) die längste Teams-Laufzeit.
Neue Lion-Cove- und Skymont-Mikroarchitektur
Zurückzuführen sind Leistung und Effizienz neben dem neuen Package in erster Linie auf die neuen P- und E-Kerne mit neuer Lion-Cove- und Skymont-Mikroarchitektur, die ComputerBase bereits im Vorfeld der Computex im Detail beleuchtet hat. „The Fastest Cores. Period.“ ist eine selbstbewusste Aussage für die neuen P-Kerne von Intel und wird durch Single-Thread-Ergebnisse im Cinebench 2024 (+20 %), Geekbench 6.3 (+21 %) und SPECrate*2017_int_base (+61 %) im Vergleich zum Snapdragon X1 Elite X1E-78-100 untermauert. Mit geringerem Abstand werden in diesen drei Single-Core-Tests auch die P-Kerne von Snapdragon X Elite X1E-80-100 und Ryzen AI 9 HX 370 geschlagen.
Lunar Lake verzichtet auf Hyper-Threading
Lion Cove und Skymont sollen bei der Effizienz derart zugelegt haben, dass bei 20 Watt eine 8-Thread-Lunar-Lake-CPU auf dieselbe Leistung einer 22-Thread-Meteor-Lake-CPU kommt. Bei 9 Watt sei man im Vergleich 8T vs. 14T 22 Prozent vor Meteor Lake und bei 23 Watt im Vergleich 8T vs. 22T 6 Prozent hinter Meteor Lake. Der Vorgänger kommt auf derart viele Threads, weil Meteor Lake noch Hyper-Threading unterstützt, das bei Lunar Lake nicht zugegen ist. Der Verzichte auf SMT steigert Performance/Power/Area (PPA) von Lunar Lake um 30 Prozent gegenüber einer hypothetischen Lunar-Laker-Lösung mit SMT.
Spiele: Die Demütigung von Qualcomm
Beim Gaming hat Intel leichtes Spiel gegen Qualcomm, da bislang keine der Snapdragon-X-Plattformen explizit für Spiele ausgelegt war und die GPU außerdem nicht dem aktuellen Stand entspricht, den man bei Qualcomm im Smartphone erhält, wo auch bereits Features wie Hardware-Raytracing zugegen sind, die im Notebook noch fehlen. Qualcomms Demütigung erfolgt zwar auch über Intels Vorsprung von im Schnitt 68 Prozent aus (geplant) 45 Spielen beim Vergleich von Core Ultra 9 288V und Snapdragon X Elite X1E-84-100, peinlich ist für Qualcomm in erster Linie aber die Tatsache, dass 23 der 45 Spiele überhaupt nicht auf der noch jungen Arm-Plattform laufen.
23 Prozent höhere GPU-Leistung als Meteor Lake
Beim hausinternen Vergleich mit diesmal allen 45 Spielen arbeitet die Intel Arc 140V des Core Ultra 9 288V 31 Prozent schneller gegenüber der Intel Arc Graphics des Core Ultra 7 155H. Zur stärkeren Radeon 890M des Ryzen AI 9 HX 370 (Test) hält Intel einen Vorsprung von noch 16 Prozent. Mittels Upscaling per XeSS sind bei Intels teils deutliche Zugewinne im Bereich von 30 bis 60 Prozent gegenüber der nativen Auflösung zu erwarten. Und im Gegensatz zu Qualcomm ist bei Intel (und AMD) auch Hardware-Raytracing über die iGPU möglich.
Neue Media Engine auch für VCC alias H.266
Intels neue Media Engine unterstützt das Encoding und Decoding von bis zu 8K60 10-Bit HDR für H.265 und H.264, AV1 und VP9 sowie zusätzlich nur das Decoding von VCC alias H.266. Für das Encoding von 4K HEVC zu 1080p AVC, HEVC und AV1 in Handbrake legte Intel Zahlen bis zum Abschluss vor, die kürzer als bei AMD oder Qualcomm ausfielen.
Intels AI-Ökosystem ist am größten
Die Vorteile von Lunar Lake will Intel auch rund um das Thema Künstliche Intelligenz ausspielen, wo je nach SKU eine NPU mit bis zu 48 TOPS von dem SoC geboten wird, das damit die Anforderungen an das Label Copilot+ PC von Microsoft erfüllt. Hinzu kommen bis zu 67 TOPS über die GPU und bis zu 5 TOPS für die CPU, sodass insgesamt bis zu 120 „Platform TOPS“ geboten werden. Damit sieht sich Intel auch besser als der AI-Vorreiter Qualcomm aufgestellt und demonstrierte, wie Stable Diffusion 1.5 in GIMP schneller auf der NPU und überhaupt auf der GPU lief, was bei Qualcomm nicht unterstützt wird.
Dass Intel allgemein im Software-Ökosystem rund um AI derzeit besser aufgestellt ist als die Mitbewerber, zeigen die in UL Procyon AI Computer Vision, UL Procyon AI Image Generation und Geekbench AI ausgeführten Benchmarks, wo AMD und Qualcomm entweder um Längen geschlagen werden oder die Tests gar nicht erst ausführen können. In der Praxis mit Anwendungen wie Blender oder der Creative Suite von Adobe soll die AI-Leistung 58 Prozent höher im Vergleich zu Meteor Lake ausfallen.
Erster Eindruck
Hersteller-Benchmarks bleiben zwar genau das und sind deshalb stets mit Vorsicht zu genießen, die von Intel präsentierten Zahlen zu Leistung und Effizienz von Lunar Lake sind aber beeindruckend und die Redaktion konnte sich eine reduzierte Auswahl von Benchmarks und Verbrauchsmessungen auch an echten Notebooks live ansehen und damit einen Teilaspekt der Werte nachvollziehen. Der „Schock“ von Qualcomms Markteintritt scheint intern verdaut bei Intel, die jetzt mit voller x86-Wucht unter Zuhilfenahme der TSMC-Fertigung zurückschlagen und aufseiten der Software weiterhin das ausgereiftere Ökosystem besitzen. Mit ersten unabhängigen Tests zu Lunar Lake ist in den kommenden zwei Wochen zu rechnen, wenn erste Notebooks bei den Kunden und Testern eintreffen.