Gefälschte Neuware: Jetzt sind auch IronWolf-Festplatten in den Skandal verwickelt
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Im Skandal um den vertuschten Wiederverkauf von gebrauchten Festplatten sind offenbar nicht nur Modelle aus Seagates Exos-Familie verwickelt. Jetzt gibt es vermehrt Hinweise auf einen Betrug mit gebrauchten IronWolf-HDDs für NAS.
Jetzt auch IronWolf (Pro) betroffen
Wie Heise schreibt, treffen vermehrt Hinweise auf gefälschte Werte bei HDDs der Baureihen IronWolf und IronWolf Pro mit Speicherkapazitäten im Bereich von 8 TB bis 16 TB ein. Wie bei den Exos-Modellen sollen die SMART-Parameter gelöscht sein, um die Betriebsstunden zu verschleiern. Doch bei Abruf der erweiterten FARM-Werte mit Software wie den smartmontools wurde klar, dass die HDDs alles andere als neu sind und zigtausend Betriebsstunden aufweisen.
Auch ComputerBase liegen inzwischen entsprechende Hinweise zu derart präparierten Exos- und Ironwolf-Festplatten vor. Im Austausch mit dem Online-Händler Reichelt fiel auf, dass die QR-Codes auf dem Produktaufkleber bei der betrügerisch in Umlauf gebrachten Gebrauchtware angepasst wurden.
Normal würden diese direkt zu einer Internetseite führen, auf der dann unter anderem die Speicherkapazität und die Endung der Seriennummer des jeweiligen Modells ausgegeben werden. Bei den Fake-Angeboten führt der QR-Code hingegen zum Garantiecheck von Seagate, ohne jedoch die Seriennummer oder die Kapazität anzugeben.
Bildvergleich: Fälschung und Original
Von „fanatiXalpha“ aus der Community stammen handfeste Hinweise auf gefälschte „Neuware“ der Serien Seagate Exos und IronWolf Pro. Fotos zeigen den Fake und die wirkliche Neuware im Vergleich. Bis auf eine andere Skalierung respektive Ausrichtung der Beschriftung ist kaum ein Unterschied zu erkennen. Die Farbunterschiede sind auf unterschiedliche Kameraeinstellungen beziehungsweise Lichtverhältnisse zurückzuführen.
Während die Software CrystalDiskInfo anhand der SMART-Parameter von „0“ Betriebsstunden für beide ausgeht, entlarven die smartmontools das eine Laufwerk als Gebrauchtware mit über 27.000 Betriebsstunden.
Hinweise auf gefälschte Seriennummern
Heise berichtet weiter über modifizierte Seriennummern. Bei der Gebrauchtware würde schlicht die Seriennummer eines neueren Laufwerks angebracht, sodass bei der Garantieabfrage ein längerer Restzeitraum ausgegeben wird.
Den Betrügern muss es daher mittlerweile möglich sein, die Seriennummer der Festplatten zu modifizieren. Dazu nutzen sie die Nummern neuerer Laufwerke, die noch eine ausreichend lange Garantiezeit vor sich haben; es handelt sich also um echte Seriennummern.
Lutz Labs, heise online
Verdacht solle man auch schöpfen, wenn beim Garantiecheck exakt 5 Jahre ab dem vermeintlichen Produktionsdatum herauskommen.
Normalerweise gibt Seagate auf die Retail-Versionen der Ironwolf-Pro-Laufwerke 5 Jahre Garantie. Da der Hersteller nicht weiß, wie lange die Laufwerke auf dem Weg zum Kunden sind, gibt er lieber ein paar Monate drauf. Die so gefälschten Laufwerke aber haben exakt 5 Jahre Garantie ab aufgedrucktem Produktionsdatum.
Lutz Labs, heise online
Das sagt Seagate dazu
Seagate hat derweil bestätigt, dass es auch bei den IronWolf-Festplatten zu betrügerischen Praktiken kommt. Dies sei dem Unternehmen bewusst, Untersuchungen soll laufen.
Wir sind uns dieses Problems bewusst. Betrug im Zusammenhang mit IronWolf ist nichts Neues; er ist Teil bestehender betrügerischer Praktiken. Seagate untersucht diese Praktiken.
Seagate
Wie sieht es bei Toshiba und Western Digital aus?
Auf Nachfrage der Redaktion erklärte Lutz Labs von Heise, dass bisher noch keine Hinweise auf ähnliche Betrugsfälle mit Modellen von Toshiba und Western Digital eingetroffen sind. Ohne jene FARM-Werte wie bei Seagate sei dies aber auch schwer nachweisbar.
Allerdings gibt es Möglichkeiten, um bei gelöschten SMART-Werten anderweitig einen Hinweis auf ein bereits genutztes Laufwerk zu erhalten. Christian Franke, der Entwickler der smartmontools, habe den Tipp gegeben, sich die Log-Files anzusehen. Sind Self Test Log oder Error Log bereits ordentlich gefüllt, spricht dies klar gegen Neuware. Bei Festplatten von Western Digital könne auch die Prüfung der „SATA Phy Event Counters“ Hinweise liefern.
Das genaue Vorgehen wird in einem weiteren Artikel von Heise beschrieben.
Die Meldung wurde weiter oben um eine Stellungnahme von Seagate ergänzt.
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