IEEE Storage Roadmaps: Vierfache SSD-Kapazität bis Höhenflug bei HDD und Tape

Michael Günsch
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IEEE Storage Roadmaps: Vierfache SSD-Kapazität bis Höhenflug bei HDD und Tape

Der Berufsverband IEEE hat Prognosen für die Weiterentwicklung bei Massenspeicher wie NAND, HDD und Tape in Form von Roadmaps abgegeben. 3D-NAND mit 8 Tbit wird schon für 2029 erwartet. Der HDD-Absatz soll bald wieder deutlich steigen und Bandspeicher könnte bald 1.500 TB pro Tape speichern.

Der Bericht „IEEE International Roadmap for Devices and Systems Mass Data Storage“ befasst sich mit Prognosen für die wichtigsten Kategorien von Massenspeicher (Storage) für Computersysteme. Was ist in den kommenden Jahren und Jahrzehnten im Bereich der technischen Weiterentwicklung zu erwarten? Auf diese Frage versucht der Berufsverband Institute of Electrical and Electronics Engineers Antworten in Form von Roadmaps zu geben.

Zu dem von Tom Coughlin und Roger Hoyt verfassten Bericht haben auch Vertreter von IBM, Kioxia und Western Digital beigetragen.

NAND-Flash mit 8 Tbit für 2029 erwartet

Als wichtigster Massenspeicher hat sich in den letzten Jahren NAND-Flash etabliert. Dieser hat in Form von SSDs die mechanischen Festplatten (HDDs) aus PCs nahezu vollständig verdrängt und ist auch in Smartphones, Speicherkarten und USB-Sticks zu finden.

Bereits seit 10 Jahren wird NAND-Flash als 3D-NAND mit übereinander liegenden Zellschichten produziert. Die Zahl der Ebenen (Layer) wurde immer weiter erhöht, um dadurch noch mehr Bit auf gleicher Fläche unterbringen zu können. Waren es anfangs noch 32 Layer für MLC-Flash mit 128 Gbit Speicherkapazität, ist die Branche inzwischen bei über 200 Layern für TLC-Chips mit 1 Tbit Speichervolumen angekommen.

Durch die steigende Flächendichte konnten die Kosten pro Bit reduziert werden. Doch das Stapeln von immer mehr Ebenen macht die Fertigung komplex. Immer mehr Arbeitsgänge werden nötig, sodass die Kosteneinsparungen immer geringer werden. Daher suchen Hersteller nach anderen Möglichkeiten, die Speicherkapazitäten weiter zu erhöhen. Dazu zählt die Maßnahme, pro Speicherzelle mehr Bit unterzubringen. Aktuell ist TLC mit 3 Bit der gängige Standard. QLC mit 4 Bit findet aber immer mehr Verbreitung und PLC mit 5 Bit pro Zelle funktioniert zumindest schon als Prototyp.

IEEE-Roadmap für NAND-Flash bis 2029
IEEE-Roadmap für NAND-Flash bis 2029 (Bild: IEEE)

Die bisher höchste Speicherkapazität von 2 Tbit haben Kioxia und Western Digital mit ihrem BiCS8 QLC Flash erreicht, den die IEEE-Roadmap noch unterschlägt. Für das Jahr 2027 erwartet der Verband die ersten NAND-Chips mit 4 Tbit und 2029 sollen es bereits 8 Tbit werden, was einer Vervierfachung des Status Quo gleichkäme. Zumindest theoretisch wären dann M.2-SSDs mit bis zu 32 TB statt bisher 8 TB denkbar. Da NAND-Flash in diesen Größenordnungen aber ein teures Vergnügen ist, dürften Hersteller ihren Verbraucherprodukten zu Beginn eher weniger davon spendieren.

Was NAND-Flash pro Terabyte in fünf Jahren kosten wird, dazu wird an dieser Stelle allerdings keine Prognose abgegeben. Die Zahl der Zellschichten soll sich aber ab 2027 auf mehr als 500 erhöhen. Samsung hatte schon vor einigen Jahren die Schätzung gewagt, dass bis zum Jahr 2030 über 1.000 Layer möglich werden.

HDDs sollen regelrechten Aufschwung erleben

Immer weniger Festplatten werden verkauft. Im Jahr 2022 wurden weltweit nur noch 166 Millionen Stück verkauft, zehn Jahre zuvor waren es noch über 500 Millionen. Zwar hat sich in dieser Zeit die Speicherkapazität pro Laufwerk deutlich erhöht, dennoch nimmt der Bedarf an diesem Typ Massenspeicher immer weiter ab. In Desktop-PCs und Notebooks spielen HDDs praktisch keine Rolle mehr. Nur in Storage-Servern sind HDDs aufgrund ihres unschlagbaren Preises pro Terabyte weiterhin gefragt. Und neue Anwendungen mit hohem Speicherbedarf wie etwa KI-Programme könnten den HDD-Absatz der mechanischen Festplatten in den kommenden Jahren sogar wieder beflügeln.

Für das Jahr 2028 erwartet die IEEE-Roadmap erstmals wieder mehr als 200 Millionen verkaufte Festplatten. Der Formfaktor 2,5 Zoll, der momentan quasi nur noch in externen HDDs zu finden ist, soll dann aber verschwunden sein. Bis zu 60 TB pro Laufwerk und Kosten von nur noch 3,5 US-Dollar pro Terabyte werden in diesem Zeitraum erwartet.

IEEE-Roadmap für Festplatten (HDD)
IEEE-Roadmap für Festplatten (HDD) (Bild: IEEE)

Bis zum Jahr 2037, so die sehr weitreichende und somit potenziell grobe Prognose, soll der HDD-Absatz wieder mehr als 350 Millionen Einheiten pro Jahr erreichen. Dann sollen 3,5-Zoll-HDDs bis zu 100 TB Speichervolumen bieten und das für weniger als 200 US-Dollar das Stück. Für 24-TB-Festplatten zahlt man aktuell noch mehr als 500 US-Dollar. HDDs mit 30 TB werden noch nicht öffentlich verkauft, sind aber technisch schon machbar.

Während Techniken wie HAMR und MAMR die Flächendichte und somit die Speicherkapazität pro Magnetscheibe immer weiter steigern werden, sind die Prognosen zur Leistungssteigerung ernüchternd. Hier wird sich demnach auch in den nächsten Jahrzehnten kaum etwas ändern. Der Datenzugriff bleibt also erheblich langsamer als bei SSDs. Dank Multi-Aktor-Technik sind aber zumindest doppelte Durchsatzraten möglich.

Roadmap für Bandspeicher (Tape)

Auch dem Bandspeicher wird vom IEEE noch ein langes Leben bescheinigt. Erst vor einigen Jahren wurde ein neuer Absatzrekord erzielt.

Die maximale Speicherkapazität von aktuell rund 45 TB (komprimiert) bei LTO-9 soll schon im Jahr 2031 auf über 300 TB ansteigen. Bis 2037 werden sogar Tapes mit 1.550 TB oder 1,55 Petabyte erwartet.

IEEE-Roadmap für Bandspeicher (Tape)
IEEE-Roadmap für Bandspeicher (Tape) (Bild: IEEE)

Hier bietet sich ein Blick auf die regelmäßig aktualisierte Roadmap des LTO Program an. Diese sieht bis zu 576 TB unkomprimiert und bis zu 1.440 TB für komprimierte Daten bei Generation LTO-14 vor, macht aber keine Zeitangaben.

LTO Roadmap 2022
LTO Roadmap 2022 (Bild: LTO Program)

Roadmap für Optische Datenträger

Optischer Datenspeicher in Form einer Disk hat ebenfalls noch nicht ausgedient. Für den Blu-ray-Standard sieht die IEEE aber keine Weiterentwicklung mehr. Rund 200 GB Speicherkapazität bei der Erweiterung BDXL sind das Ende der Fahnenstange. In den regulären Handel haben es nur Modelle mit bis zu 128 GB geschafft.

Die von Sony und Panasonic entwickelte Archival Disc soll in den kommenden Jahren eine Speicherkapazität von 1 TB erreichen und die maximale Datentransferrate auf 750 MB/s verdoppeln. Bei zugleich niedrigerem Preis pro Terabyte, so die Prognose, wäre sie der BDXL in allen wesentlichen Punkten überlegen.

IEEE-Roadmap für Optische Datenträger
IEEE-Roadmap für Optische Datenträger (Bild: IEEE)

Noch viel günstiger pro Terabyte soll wiederum die DataFilm Disc (DFD) vom Startup Folio Photonics werden. Hierbei handelt es sich um eine neue Technik zur Langzeitarchivierung, die nach aktuellen Plänen erst ab 2026 kommerziell eingesetzt wird. Auf anfangs 16 Lagen werden 500 GB bis 1 TB Daten gesichert. Bis 2037 sollen 64 Lagen mit höherer Datendichte eine DFD mit 64 TB ermöglichen.

Die Kosten pro Terabyte werden aktuell mit 3 US-Dollar veranschlagt. Im weiteren Verlauf soll der Preis pro Terabyte auf unter 1 US-Dollar sinken. Allerdings sind die Kosten für die passenden Laufwerke noch hoch.