Corning im Visier: EU leitet Untersuchung gegen Gorilla-Glass-Hersteller ein

Stefan Sokolowski
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Corning im Visier: EU leitet Untersuchung gegen Gorilla-Glass-Hersteller ein
Bild: Corning

Das US-amerikanische Unternehmen Corning, das für seine unter anderem bei Smartphones weit verbreite Gorilla Glass-Serie von Displayabdeckgläsern bekannt ist, wird verdächtigt, mit unlauteren Methoden seine Vormachtstellung auf dem Markt ausgenutzt zu haben. Die EU-Kommission hat eine Untersuchung eingeleitet.

Unter der Marke Gorilla Glass vertreibt Corning chemisch vorgespannte Gläser mit hoher Bruch- und Kratzfestigkeit, die als Abdeckglas Touchscreens weniger anfällig für Beschädigungen durch Stürze oder Kontakt mit harten Gegenständen machen sollen. Corning ist Marktführer für derartige Abdeckungen aus Alkali-Aluminosilikatglas für die Technologiebranche, hat diese Stellung aber möglicherweise wettbewerbswidrig ausgenutzt.

Wettbewerbswidrige Vertragsklauseln

Es steht der Verdacht im Raum, dass Corning sowohl mit Herstellern von Endgeräten (OEM) als auch mit Unternehmen, die Rohglas verarbeiten (Veredler), wettbewerbswidrige Vereinbarungen zur Alleinbelieferung geschlossen hat. Die EU-Kommission nennt in der Ankündigung zur Einleitung der kartellrechtlichen Untersuchung mehrere Beispiele.

So sollen OEM-Kunden vertraglich dazu verpflichtet worden sein, fast ihren gesamten Bedarf für entsprechende Abdeckgläser von Corning zu beziehen. Bei Einhaltung dieser Alleinbezugsklauseln soll Corning den Kunden Rabatte eingeräumt haben. Ferner habe sich Corning über sogenannte Englische Klauseln zusichern lassen, über Angebote von Wettbewerbern informiert zu werden, um dann gegebenenfalls seine Preise auf das Niveau der Konkurrenz zu senken.

Auch auf Seiten des anderen Kundenstamms, den sogenannten Veredlern, soll Corning Alleinbezugsverpflichtungen in die Verträge aufgenommen haben, um Zukäufe von Konkurrenzprodukten zu unterbinden. Weiterhin sollen auch Nichtanfechtungsklauseln zur Anwendung gekommen sein, um Veredler daran zu hindern, patentrechtliche Schritte gegen Corning einleiten zu können.

Zum Nachteil der Verbraucher

Durch diese Wettbewerbspraktiken habe Corning laut EU-Kommission möglicherweise Wettbewerber vom Markt ausgeschlossen, was „eine Verringerung der Auswahl der Kunden, Preissteigerungen und die Behinderung von Innovationen zum Nachteil der Verbraucher weltweit bewirkt haben könnte“.

Sollten diese Vorwürfe im Zuge der Untersuchung nachgewiesen werden, wäre das ein Verstoß gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften. Für den Abschluss der Untersuchung gibt es keine verbindliche Frist. Corning kann seinerseits aktiv werden und durch Verpflichtungszusagen an die EU beginnen, die Bedenken der Kommission auszuräumen.