Rechtsstreit nach Nuvia-Übernahme: Arm entzieht Qualcomm die Architekturlizenz

Nicolas La Rocco
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Rechtsstreit nach Nuvia-Übernahme: Arm entzieht Qualcomm die Architekturlizenz

Der seit zwei Jahren brodelnde Rechtsstreit zwischen Arm und Qualcomm wird durch den jetzt erfolgten Entzug der Architekturlizenz durch Arm auf eine neue Eskalationsstufe gehoben. Im Kern geht es um die Übernahme von Nuvia und die aus deren CPU-Design abgeleitete Umsetzung bei Qualcomm als Snapdragon X Elite.

Architekturlizenz bildet Grundlage für eigene Mikroarchitektur

Wie Bloomberg unter Berufung auf ein von Arm an Qualcomm übermitteltes Dokument berichtet, hat Arm mit einer vorgeschriebenen Frist von 60 Tagen Qualcomm über den Entzug der Architekturlizenz informiert. Die Architekturlizenz bildet die Grundlage, um auf einer Befehlssatzarchitektur (ISA) von Arm basierend eine eigene Mikroarchitektur zu entwickeln. Aktuelle Beispiele dafür sind die Oryon-CPU-Kerne im Snapdragon X Elite und die jüngst zum Snapdragon Summit angekündigten Oryon-CPU-Kerne der zweiten Generation, die im Snapdragon 8 Elite zum Einsatz kommen. Beide CPU-Generationen basieren noch auf der Armv8.x-ISA, aktuell ist die Armv9.x-ISA.

Der Rechtsstreit brodelt seit zwei Jahren

Hintergrund der aktuellen Entwicklung ist die Übernahme von Nuvia durch Qualcomm und die Weiterentwicklung des auf Basis einer von Nuvia erworbenen Architekturlizenz entwickelten Phoenix-CPU-Kerns, der ursprünglich im Serversegment zum Einsatz kommen sollte, bei Qualcomm in angepasster Form aber für ein Notebook-Design verwendet wird. Qualcomm ist der Ansicht, mit der Übernahme von Nuvia auch die Architekturlizenz übernommen zu haben und das Recht zu besitzen, das von Nuvia entwickelte Design nach eigenen Anforderungen anzupassen.

Arm wiederum argumentiert, dass Nuvia eine Architekturlizenz speziell für Server-Designs besaß und ein Transfer an Qualcomm nicht ohne vorherige Zustimmung durch Arm hätte passieren dürfen. Damit verknüpft gewesen wäre vermutlich ein neues Lizenzabkommen, da Qualcomm das weiterentwickelte Phoenix-Design aktuell im Massenmarkt für Notebooks statt für Server verwendet und auf Basis der Architekturlizenz jüngst die zweite Oryon-Generation für einen Smartphone-Chip fertiggestellt und angekündigt hat. Die ehemaligen Architekturlizenzen von Nuvia wurden bereits im Februar 2023 aufgelöst, nachdem Arm und Qualcomm zu keiner Einigung finden konnten.

Qualcomm will anti-kompetitives Verhalten nicht dulden

PR-technisch könnte die aktuelle Entwicklung kaum zu einem schlechteren Zeitpunkt kommen. Das Unternehmen veranstaltet aktuell den Snapdragon Summit, auf dem Produkte wie der Snapdragon 8 Elite, Snapdragon Cockpit Elite und Snapdragon Ride Elite angekündigt wurden. All diese Lösungen basieren auf einer eigenen Mikroarchitektur und setzen eine Architekturlizenz von Arm voraus. Arm hat bereits in der Vergangenheit gefordert, dass Qualcomm alle Nuvia-Designs zerstören muss, die vor der Übernahme entwickelt wurden. Zumindest die erste Generation Oryon-CPU des Snapdragon X Elite basiert definitiv noch auf einer Nuvia-Entwicklung.

In einer ComputerBase vorliegenden Stellungnahme von Qualcomm spricht das Unternehmen von haltlosen Drohungen, die einen langjährigen Partner unter Druck setzen sollen. Ziel seien höhere Lizenzgebühren ohne Berücksichtigung der laut Qualcomm weitreichenden Rechte, die man mit der Architekturlizenz besitze. Arms „anti-kompetitives Verhalten“ werde nicht geduldet, heißt es in der Stellungnahme.

This is more of the same from ARM – more unfounded threats designed to strongarm a longtime partner, interfere with our performance-leading CPUs, and increase royalty rates regardless of the broad rights under our architecture license. With a trial fast approaching in December, Arm’s desperate ploy appears to be an attempt to disrupt the legal process, and its claim for termination is completely baseless. We are confident that Qualcomm’s rights under its agreement with Arm will be affirmed. Arm’s anticompetitive conduct will not be tolerated.

Stellungnahme von Qualcomm durch Pressesprecher

Die aktuelle Eskalation kommt wenige Wochen vor dem Start der Verhandlung vor dem United States District Court in Delaware, bei dem Arm Klage eingereicht hatte.

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