Recht auf Vergessen: Google veröffentlicht Lösch-Formular
Gut zwei Wochen nach dem „Recht-auf-Vergessen“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat Google ein Online-Formular für Löschanträge bereitgestellt. Internetnutzer erhalten so die Möglichkeit, dass Links zu Webseiten mit unliebsamen Inhalten unter bestimmten Bedingungen aus den Suchergebnissen entfernt werden.
Google kündigt an, zwischen den Datenschutzrechten des Einzelnen und dem Recht der Öffentlichkeit auf Auskunft und Informationsweitergabe abzuwägen. Es soll bei jedem Löschantrag individuell geprüft werden, ob dieser den im EuGH-Urteil skizzierten Vorgaben entspricht. Das bedeutet: Die beanstandeten Links müssen Informationen über den Antragssteller enthalten, die veraltet sind und an denen kein öffentliches Interesse besteht. Als Beispiele für solche Informationen nennt Google: finanzielle Betrugsfälle, Berufsvergehen oder Amtsmissbrauch, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Regierungsbeamten.
Für einen gültigen Löschantrag müssen neben Namen, E-Mail-Adresse und den beanstandeten Links noch die Kopie eines gültigen Lichtbildausweises mitgeschickt werden. Grund: „Um Anträgen von Personen vorzubeugen, die Identitätsdiebstahl begehen, Wettbewerber unrechtmäßig behindern oder auf andere unangemessene Weise zulässige Informationen unterdrücken wollen, ist ein Nachweis Ihrer Identität erforderlich.“ Außerdem behält Google es sich vor, den Löschantrag sowie alle zugehörigen Informationen unter Umständen an die zuständige Datenschutzbehörde weiterzuleiten. Dasselbe gilt für die Möglichkeit, Webmaster zu benachrichtigen, deren Inhalte aufgrund der Beschwerde aus den Suchergebnissen entfernt wurden.
Bei dem Online-Formular handelt es sich aber nur um eine „erste Maßnahme“. Google will in den nächsten Monaten „eng mit Datenschutzbehörden und anderen Stellen zusammenarbeiten“, um die Mechanismen zu verbessern.
Kritik von Datenschützern
Das wird auch nötig sein, denn bereits kurz nach der Veröffentlichung kritisieren Datenschützer die Umsetzung des Online-Formulars. Den Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar stört vor allem, dass Google die Kopie eines Lichtbildausweises zur Identitätskontrolle einfordert. „Die automatisierte Speicherung des Personalausweises durch nicht-öffentliche Stellen ist jedoch nach deutschem Personalausweisgesetz nicht zulässig“, sagte Casper laut einem Bericht von Futurezone.
Darüber hinaus kritisiert er, dass aus dem Online-Formular nicht hervorgehe, wie lange die eingetragenen Daten gespeichert werden. Google müsse an diesen Punkten „unverzüglich nachbessern“. Grundsätzlich lobt Casper aber Googles schnelle Reaktion auf das EuGH-Urteil. Eingehende Löschanträge sollten nun aber ebenfalls zeitnah bearbeitet werden.
Schlichtungsstellen für strittige Fälle?
Nach wie vor fehlen aber konkrete Richtlinien, anhand derer Google und andere Suchmaschinenbetreiber entscheiden können, ob Löschanträge berechtigt sind. Schon in der letzten Woche forderte Ole Schröder (CDU), Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Schlichtungsstellen einzurichten, um ein willkürliches „Löschen von Meinungen und Informationen“ zu verhindern.
Unterstützt wird die Idee von Justizminister Heiko Maas. Dieser erklärte am Dienstag, dass ein „freiwilliges und kostenloses Schlichtungsverfahren“ sinnvoll für Nutzer sein könnte. Es dürfe aber nicht deren Rechte aushebeln. Zudem fordert er, dass auch die Betreiber von Webseiten, die von Löschanträgen betroffen sind, eine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Immerhin bestehe das Risiko, dass diese Angebote infolge von Löschungen „praktisch nur noch schwer auffindbar“ sind.
Allerdings könne so eine Schlichtungsstelle nur eine freiwillige Alternative darstellen, so die Einschätzung des Hamburger Datenschutzbeauftragen Casper. Grundsätzlich würden Suchmaschinenbetreiber wie Google die datenschutzrechtliche Verantwortung für das Löschen von Links tragen. Lehnen diese einen Löschantrag ab, können Betroffene sich an die zuständigen Datenschutzbehörden wenden, um eine „unzulässige Erhebung und Verarbeitung von Daten“ zu unterbinden. Dieses Vorgehen entspreche dem Urteil des EuGH. Zudem hätten Datenschutzbehörden auch die Möglichkeit, ihre Entscheidungen mit Bußgeldern von bis zu 300.000 Euro durchzusetzen.
Trotz des Online-Formulars von Google ändert sich also nur wenig an der gegenwärtigen Lage. Nach wie vor ist unklar, wie das „Recht auf Vergessen“ letztlich in der Praxis aussehen wird.