US-Regierung klagt chinesische Hacker an
Die US-Administration erhebt Anklage gegen fünf chinesische Hacker. Bei den Verdächtigen handelt es sich laut US-Justizministerium um Angehörige des Militärs, die angeblich im staatlichen Auftrag sechs US-Unternehmen ausspioniert haben. Die chinesische Regierung bestreitet die Vorwürfe.
Die Anklage umfasst im Einzelnen Punkte wie den unberechtigten Zugang zu geschützten Systemen, die Installation von Malware, Identitätsdiebstahl, Wirtschaftsspionage und den Diebstahl von Betriebsgeheimnissen. Demnach hätten die Militär-Hacker die Systeme von amerikanischen Unternehmen geknackt und Betriebsgeheimnisse gestohlen, um den chinesischen Konkurrenten der US-Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen. In einigen Fällen hätten es die Angreifer aber auch auf die interne Kommunikation abgesehen, die Einblicke in die Strategie und Schwachstellen der betroffenen Unternehmen gestattet. Solche Informationen wären sowohl für Konkurrenten als auch Gegner in Rechtsstreitigkeiten von großem Interesse.
Die Spionage-Aktivitäten richteten sich gegen Unternehmen aus der Kernkraft-, Metal- und Solarindustrie. Betroffen ist der Anklageschrift zufolge auch die amerikanische Tochter des deutschen Solarkonzerns Solarworld, der chinesische Konkurrenten im Jahr 2012 wegen Dumping-Preisen verklagt hatte. Zur selben Zeit sollen dann auch die Zugriffe auf sensible Betriebsinformationen erfolgt sein. „Wir sind froh, dass die amerikanische Regierung jetzt die Initiative ergreift und unterstützen alle Ermittlungen der US-Behörden“, sagte Solarworld-Chef Frank Asbeck im Gespräch mit Spiegel Online.
„Cyber-Diebstahl ist echter Diebstahl.“
Nichtsdestotrotz ist die Anklage ein Novum, weil das US-Justizministerium erstmals Gerichtsverfahren gegen Hacker eröffnet, die im staatlichen Auftrag agieren. Laut FBI-Direktor James B. Comey sind diese Verfahren zwar ein „wichtiger Schritt“, aber wären erst der Anfang, da es noch „viel mehr Opfer“ geben würde. Der Generalbundesanwalt Eric Holder erklärt, die US-Regierung werde nicht tolerieren, dass amerikanischen Unternehmen von irgendeinem Staat sabotiert werden. In einem offenen Markt dürfe die Integrität eines fairen Wettbewerbs nicht untergraben werden.
„Cyber-Diebstahl ist echter Diebstahl und staatlich gesponserte Cyber-Diebe verfolgen wir daher genauso wie andere kriminelle Organisationen, die unsere Waren stehlen und unser Recht brechen“, sagte John Carlin, Assistant Attorney General for National Security. Staatliche Hacker sollten also nicht mit Immunität vor einer Strafverfolgung rechnen, selbst wenn die Cyber-Angriffe für ökonomische Vorteile unter staatlicher Flagge erfolgen.
Die entscheidende Frage ist nun, ob die US-Behörden nachweisen können, dass die chinesischen Militär-Hacker für die Wirtschaftsspionage verantwortlich sind. Generell bereitet es einige Schwierigkeiten, die Urheber von Cyber-Attacken zweifelsfrei zu lokalisieren. Hinzu kommt, dass die US-Regierung angesichts der NSA-Aktivitäten selbst mit den Vorwürfen konfrontiert ist, staatliche Wirtschaftsspionage zu Gunsten von US-Unternehmen zu betreiben. Erst vor einigen Wochen wurde etwa bekannt, dass die NSA den Datenverkehr von chinesischen Regierungsbehörden und dem Netzwerk-Ausrüster Huawei abgreift. Und ebenso wie die chinesische Regierung bestreitet die NSA, dass die erbeuteten Informationen für wirtschaftliche Vorteile eingesetzt werden.
Chinesische Regierung bestreitet die Vorwürfe
Die chinesische Regierung hat die Anschuldigungen bereits zurückgewiesen. Die Anklage sei erfunden, es müsse eine „sofortige Richtigstellung“ erfolgen. Ein Regierungssprecher erklärte auf Anfrage von Spiegel Online, bei der Internetsicherheit wäre die Haltung der chinesischen Regierung „klar und beständig“. Weder die Regierung noch Militärangehörige würden Wirtschaftsspionage betreiben.
Chinas stellvertretender Außenminister Zheng Zeguang hat bereits den amerikanischen Botschafter einbestellt, um offiziell Protest gegen die Anklagen einzulegen. Diese hätten die Beziehung zwischen beiden Staaten ernsthaft beschädigt, sagte Zheng laut einem Bericht von Reuters. Mögliche Reaktionen der chinesischen Regierung würden nun vom weiteren Verlauf der Verfahren abhängen. Sollte sich die Situation weiter zuspitzen, kann es zu Retourkutschen der chinesische Regierung kommen, befürchtet etwa Shi Yinhong, Direktor vom Center for American Studies an der Pekinger Universität. Denkbar wären etwa Konter-Klagen gegen die US-Regierung und amerikanische Unternehmen, die in den NSA-Skandal verstrickt sind.