Linux: Fedora-Entwickler wollen Flatpak zum Standard küren

Ferdinand Thommes
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Linux: Fedora-Entwickler wollen Flatpak zum Standard küren

Fedora plant für die nächsten Veröffentlichungen tiefgreifende Änderungen, die dazu führen können, dass RPMs für die grafische Oberfläche völlig von Flatpaks verdrängt werden. Noch gibt es aber eine rege Diskussion, in der die Paketbetreuer die lautesten Kritiker sind.

Fedora kennt keinen Stillstand und ist unbestritten die innovativste Mainstream-Distribution im Linuxland. Viele Entwicklungen, die bei Fedora und GNOME erdacht und entwickelt werden, landen später bei der Mutter-Distribution Red Hat. Im Zuge der neueren Planung einiger Entwickler sollen Techniken aus dem Bereich Container und atomare Updates auch in Fedora Workstation zum Einsatz kommen.

Mehr Flatpaks für Fedora 27

Anfang Juli hatte Fedora-Entwickler Owen Taylor unter dem Titel Graphical Applications as Flatpaks einen Änderungsantrag für Fedora 27 eingebracht, der für die im Oktober erwartete Veröffentlichung vorsieht, möglichst viele grafische Anwendungen in den Paketsystemen RPM und Flatpak anzubieten. Damit soll eine breite Testbasis garantiert werden, um Flatpaks in der freien Wildbahn ausgiebig probieren zu können. Hierbei sollen die Paketbetreuer, die sich bisher um das traditionelle RPM-Format der Anwendungen kümmern, eingespannt werden um sich mit der neuen Art und Weise der Paketierung vertraut zu machen.

Die Änderungen sollen künftig Anwendern bei der Wahl der Versionen von Anwendungen mehr Freiheit. Jede Fedora-Veröffentlichung soll zumindest eine Laufzeitumgebung für Flatpaks bieten. Anwender können mehrere dieser Runtimes auf ihren Geräten haben und somit Anwendungen verschiedener Veröffentlichungen mischen.

Hitzige Diskussion

Die aus dem Vorschlag resultierende Diskussion zeigt sowohl Zuspruch als auch scharfe Kritik an den Plänen. Das Fedora-Leitungsgremium FESCo hat den Vorschlag von Taylor am 21. Juli unter Kenntnisnahme der Kritik einstimmig angenommen.

Projektleiter Matthew Miller stellte in der Diskussion klar, dass Fedora nicht an ein bestimmtes Paketformat gebunden sei. Der Red-Hat-Mitarbeiter und GNOME-Entwickler Christian Schaller schlug vor, den möglichen Entwicklungsvorsprung, den sich Fedora erarbeiten könne, nicht zu unterschätzen, sollten Linux-Betriebssysteme in den nächsten Jahren den Weg zu mehr Containerisierung einschlagen.

Fedora Atomic Workstation

Die Pläne einiger Entwickler gehen aber bedeutend weiter. So hat Fedora-Entwickler Kalev Lember auf der gerade abgehaltenen GNOME-Konferenz Guadec 2017 einen Vortrag mit dem Titel Atomic Workstation gehalten, in dem er seine Zukunftsvision von Fedora erläutert. Auf einem Basissystem, das als Image ausgeliefert wird und auch als solches (atomar) aktualisiert wird, laufen grafische Anwendungen als Flatpaks. Am Ende könnte eine Distribution ohne herkömmliche feingranulare Paketformate stehen. Canonical wendet dieses Prinzip bereits bei Snappy Ubuntu Core an, wobei diese Distribution sich eher nicht an Desktop-Anwender richtet, sondern für das Internet der Dinge prädestiniert ist.

Entwickler paketieren selbst

Die Vorschläge, die Fedora jetzt bewegen und als Idee nicht neu sind, sondern von Systemd-Mastermind Lennart Poettering in der Theorie bereits 2014 beschrieben wurden, ändern nicht nur die Art, wie eine Distribution aufgebaut ist, sondern rütteln auch am Sozialgefüge der Projekte. Besonders die Tätigkeit der Paketbetreuer würde sich bei reinen Flatpak-Distributionen stark verändern, denn das Ziel der Bemühungen ist unter anderem auch, dass die Entwickler (upstream) ein Flatpak ihrer Software selber bauen, das dann für viele Distributionen nutzbar wäre. Der Rolle der Paketbetreuer könnte sich damit weg vom individuellen Zusammenstellen und Packen der Software hin zu einer Kontrollinstanz für die Container der Entwickler wandeln.

Insgesamt ist allen Beteiligten klar, dass hier noch viel Ausprobieren vonnöten ist, bis absehbar ist, wie tragfähig Flatpaks als alleinige Paketquelle für Fedora sind. So ist die Entwicklung von Flatpak selbst und den Sandboxen in denen sie isoliert laufen sollen noch ständig im Fluss. Fedora 27 wird jedenfalls mehr Anwendungen in diesem Containerformat anbieten, darüber hinaus ist alles offen.