Raijintek Orcus 240 im Test: Mit Pumpe am Schlauch und bunten Lichtspielen
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Das Testsystem mit dem AMD Ryzen 7 1700X findet im Thermaltake F51 Suppressor Platz, welches mit zwei einsaugenden 140-mm-Lüftern in der Front sowie einem 140-mm-Lüfter im Heck zum Abtransport von Wärme bestückt ist. Diese Ventilatoren laufen für die Messungen mit fixierten 800 U/min, was den Testbedingungen für Luftkühler entspricht, weshalb ein direkter Vergleich möglich ist. Die Kompaktwasserkühlung wird im Deckel des Gehäuses angebracht und die beiden Radiatorlüfter drücken Luft durch die Lamellen des Radiators nach oben aus dem Gehäuse. Die Details der Testmethodik können im Artikel „So testet ComputerBase Kompaktwasserkühlungen“ nachgelesen werden.
Resultate Serien- und Referenzlüfter
Der ComputerBase-Testparcours sieht neben Messungen mit Serienlüftern auch den Einsatz von Referenzlüftern vor. Im Falle der Orcus 240 werden diese Ergebnisse aber nicht in einem gesonderten Abschnitt, sondern gemeinsam mit den Serienlüftern dargestellt. Da die Orcus auch als Core-Edition ohne Serienlüfter erworben werden kann, entsprechen diese Messungen also dem Test der lüfterlosen Variante, die mit Noctua NF-F12 PWM als Radiatorlüfter ausgestattet wird.
Die Orcus kann wie alle anderen Kompaktwasserkühler und auch größeren Luftkühler den Ryzen 7 problemlos kühlen, solange er im Standardtakt betrieben wird. Es fällt aber auf, dass die Serienlüfter der Orcus im Vergleich zu den Referenzlüftern merklich zurückliegen: Als Radiatorlüfter machen die RGB-LED-Lüfter von Raijintek keine gute Figur. Doch auch mit den Referenzlüftern liegt die Orcus noch knapp hinter den anderen Kompaktwasserkühlungen zurück, wobei das relativiert werden muss. Die Corsair H115i Pro (Test) setzt auf größere 140-mm-Lüfter und der Arctic Liquid Freezer 240 (Test) nutzt vier anstelle von zwei Ventilatoren auf seinem 240-mm-Radiator.
Damit bleibt also die NZXT Kraken X52 (Test) Konkurrenz im gleichen Format, welche nur knapp verfehlt wird. Der leicht zunehmende Rückstand bei steigender Drehzahl lässt sich durch die höhere Lamellendichte des Radiators von NZXT erklären – und am oberen Ende des Drehzahlspektrums erreicht die Kraken X52 die Spitze des Diagramms nur durch eine absurd hohe Geräuschkulisse.
Messungen mit übertakteter CPU
Anspruchsvoller wird es für die Kühlungen, wenn der Prozessor mit 1,35 V Kernspannung auf 3,8 GHz übertaktet wird. Erst jetzt wird ein Leistungsbereich erreicht, in dem eine Kompaktwasserkühlung tatsächlich einen sinnvollen Vorteil gegenüber einem Tower-Kühler erreichen kann. Die Raijintek Orcus benötigt dafür aber bessere Lüfter als ihre Serienbestückung, andernfalls verharrt sie mit den großen Tower-Kühlern Thermalright HR-02 Macho (Test) und Scythe Mugen 5 (Test) auf einem Level. Erst bei maximaler Drehzahl kann sie sich von den beiden Luftkühlern absetzen – benötigt dafür aber auch eine hohe Lüfterdrehzahl.
Mit den Referenzlüftern von Noctua ist die Orcus hingegen wieder mit knappem Abstand hinter der NZXT Kraken X52, kann sie aber nicht ganz einholen. Der Wechsel der Lüfter lohnt sich bei der Raijintek Orcus dennoch in zweifacher Hinsicht: Nicht nur ist die Kühlung bei gleicher Umdrehungsgeschwindigkeit leistungsstärker, sie wird zudem auch noch leiser.
Schalldruckpegel
Die Messung des Schalldruckpegels erfolgt bei abgeschalteten Lüftern und geöffneter Seitenwand, um die Kühlung ohne weitere Variablen beurteilen zu können. Dabei zeigt sich eine grundsätzliche Kluft zwischen den Wasserkühlungen, denn die 140-mm-Lüfter der Corsair H115i Pro bewegen bei gleicher Drehzahl mehr Luft, wodurch sie lauter wird. Dasselbe gilt für den Liquid Freezer 240 von Arctic, der mit vier anstelle von zwei Lüftern antritt.
In Kombination mit den Referenzlüftern von Noctua ist die Raijintek Orcus dann gleichauf mit der NZXT Kraken X52, welche bereits über gute Serienlüfter verfügt. Abgeschlagen bleiben die Serienlüfter der Orcus 240, welche die AiO bei niedrigen 800 U/min sogar insgesamt auf den letzten Platz verbannen – die Nebengeräusche der Ventilatoren sorgen für eine höhere Lautstärke.
Kühlvermögen über Schalldruckpegel
Um den Vergleich mit Kühlungen wie der Push-Pull-AiO Liquid Freezer und der 280-mm-Kompaktwasserkühlung H115i Pro anschaulicher zu gestalten, werden die Leistungswerte der verschiedenen Prozessorkühler noch einmal geplottet. Diesmal ohne Angabe der Lüfterdrehzahl, stattdessen wird der Schalldruckpegel der Kühlungen berücksichtigt.
Die ermittelten Messpunkte dienen als Grundlage des folgenden Diagramms, wobei die Datenpunkte zur besseren Übersicht linear miteinander verbunden wurden. In der Abszisse sind die Schalldruckpegel der gemessenen Drehzahlstufen aufgetragen; in der Ordinatenachse befinden sich die Temperaturdifferenzen zwischen CPU- und Raumtemperatur, welche die Kühlungen bei der entsprechenden Lüfterdrehzahl erreichen.
In dieser Darstellung schrumpfen die Abstände zwischen den Kompaktwasserkühlungen zusammen: Während der Arctic Liquid Freezer bei gleicher Drehzahl vor der Kraken X52 von NZXT liegt, zeigt sich nun, dass dieser vermeintliche Vorteil durch eine höhere Lautstärke erkauft wird. Die Corsair H115i Pro liegt nur knapp vor den beiden 240-mm-Radiatoren. Die Raijintek Orcus mit Serienlüftern ist abgeschlagen auf dem Nivau der beiden großen Tower-Kühler. Der Wechsel auf die Referenzlüfter ist dafür umso beeindruckender und verschiebt die Kurve deutlich zu den anderen Wasserkühlungen. Das Bild sieht bei übertaktetem Prozessor identisch aus – lediglich die absoluten Werte verschieben sich.
Einflüsse durch die Pumpe
Die Orcus trägt ihre Pumpe nicht auf dem CPU-Kühler, sondern am Schlauch. Das hilft bei der Entkopplung, weil der flexible Schlauch Vibrationen abfängt, bevor sie aufs Gehäuse übertragen werden. Tatsächlich kann mit den Fingern gespürt werden, dass die Vibrationen am Pumpengehäuse deutlich präsenter sind, als am Radiator – vollständig werden sie jedoch nicht kaschiert. Dafür ist der Schlauch zu steif und der Abstand zwischen Pumpe und Radiator zu gering. Einen Vorteil bietet diese Pumpenposition dennoch.
Ein Blick auf die Messwerte der Pumpe zeigt, dass sie selbst ungedrosselt zu den leiseren Vertretern aus AiO-Kühlungen gehört. Bei laut Tachosignal fast 6.000 U/min gibt sie ein konstantes Summen ab, welches außerhalb des PC-Gehäuses nur bei sehr ruhiger Umgebung wahrgenommen werden kann. Beim Betrieb mit den Serienlüftern kann die Pumpe übrigens überhaupt nicht gehört werden – selbst bei ihrer Minimaldrehzahl übertönen die Laufgeräusche der Lüfter die Pumpe.
Im Vergleich zu den üblichen Asetek-Derivaten ist die Pumpe der Raijintek Orcus bereits ungedrosselt etwas unauffälliger. Gedrosselt wird die Pumpe dann so leise, dass sie bei geschlossenem Gehäuse nicht mehr zu hören ist. Dabei sinkt die Kühlleistung messbar, weshalb Nutzer abwägen müssen, ob der leise Betrieb über die Leistung der Kompaktwasserkühlung gestellt werden soll.
ComputerBase hat insgesamt zwei Muster der Raijintek Orcus erhalten, da das erste Modell Probleme mit der Pumpe hatte: Sie war generell lauter und die Kühlleistung fiel schwächer aus als beim zweiten Muster, dessen Werte in diesen Test aufgenommen wurden. Die Produktseite von Raijintek gibt die Lebenserwartung der Pumpe mit nur 10.000 Stunden an, was bei Dauerbetrieb gerade einmal knapp über ein Jahr ist. Nach Rücksprache mit dem Hersteller handelt es sich dabei aber um eine Fehlinformation – die Pumpe ist für 25.000 Stunden Betriebszeit spezifiziert. Im Falle des Falles gewährt Raijintek zwei Jahre Garantie auf die Orcus.
Fazit
Das Ergebnis der Raijintek Orcus muss zweigeteilt betrachtet werden. Denn die Orcus gibt es sowohl als normale Kompaktwasserkühlung inklusive Lüfter als auch als Core-Edition ohne Ventilatoren. Erstere kann aktuell für knapp 110 Euro erworben werden; der Verzicht auf die Lüfter spart 25 Euro ein. Für diesen Kaufpreis gibt es zur Abwechslung kein minimal angepasstes OEM-Design von Asetek, sondern tatsächlich eine Neuentwicklung.
Raijintek geht einen neuen Weg, indem die Pumpe aus dem CPU-Kühler an den Schlauch wandert. Auf dem Kühlblock gibt es eine weitere Besonderheit – ein Strömungsanzeiger macht auf den Betrieb der Kühlung aufmerksam. RGB-Beleuchtung ist bei AiO-Wasserkühlungen mittlerweile zum Standard geworden. Bei der Orcus gibt es daher zusätzlich einen Hub, der bis zu acht RGB-LED-Geräte synchron zum Leuchten bringt. Zusammen mit einer kleinen Flasche Kühlflüssigkeit wird mit der Raijintek Orcus so ein gut ausgestattetes Paket geschnürt. Doch die Orcus hat auch ihre Tücken.
Die Ventilatoren können besser leuchten als lüften
Der größte Kritikpunkt an der Orcus trifft nur die Variante mit Serienlüftern: Diese wurden augenscheinlich vorwiegend mit dem Ziel entwickelt, ein leuchtendes Produkt herzustellen. Der Vergleich mit den Referenzlüftern zeigt deutlich, dass die Serienlüfter ungeeignet für den Einsatz auf Radiatoren sind. Zwar sind die Lichteffekte schön anzusehen – über konstante Laufgeräusche und ratternde Lagergeräusche bei höheren Drehzahlen können diese aber nur hinwegtrösten, wenn ausschließlich buntes Leuchten im Fokus liegt. Wer eine leise Kühlung möchte, sollte auf jeden Fall zur Raijintek Orcus Core-Edition greifen und sie mit einem Satz hochwertiger Radiatorlüfter kombinieren. Dadurch sinkt der Lärmpegel und gleichzeitig steigt die Kühlleistung.
Mit leiser Pumpe auf Verfolgungsjagd
Auf der Habenseite der Orcus ist die leise Pumpe, die vom Hersteller sogar unbeschränkt zum Senken der Betriebsspannung freigegeben wurde. Bezüglich der etwas lauteren Pumpe des ersten ComputerBase-Testmusters betreibt Raijintek Ursachenforschung und hat Besserung bei der Qualitätskontrolle gelobt. Mit leiser Pumpe taugt die Raijintek Orcus beim Verzicht auf die Serienlüfter zum Einsatz in Silent-PCs, muss allerdings in Sachen Kühlvermögen zurückstecken: Sie reicht auch mit den Noctua-NF-F12-Referenzlüftern nicht ganz an die im Test vertretene 240-mm-Konkurrenz heran.
Anstelle der Standard-Edition mit Serienlüftern für über 100 Euro gibt es die Orcus in der Core-Version in einer deutlich attraktiveren Variante, welche zum Preis von gut 80 Euro durchaus konkurrenzfähig ist – vor allem, wenn bei alternativen Kompaktwasserkühlungen ohnehin die Lüfter ausgetauscht werden würden. Die Leistungskrone bleibt der Orcus zwar verwehrt, doch dafür gibt es mit ihr nach längerer Durststrecke endlich wieder eine Neuerung auf dem AiO-Markt. Man darf gespannt sein, was Raijintek in Zukunft aus diesem Konzept entwickeln wird.
- Pumpe über den Schlauch entkoppelt
- Als Core-Version ohne Lüfter erhältlich
- Beleuchtung per Mainboard und Fernbedienung steuerbar
- Laute Serienlüfter
- Kühlleistung mit Serienlüftern
Weitere Informationen zum Thema PC-Kühlung gibt es im Grundlagen-Artikel Luft- & Wasserkühlung: Übersicht und Kaufberatung für jedermann. Das Archiv hält sämtliche Tests zum Themengebiet PC-Kühlung sowie spezifisch zum Bereich Wasserkühlung bereit.
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