AMD Ryzen 9 3950X im Test: Der Einfluss von BIOS, Takt und Windows 10 1909
2/5Vier Monate sind seit dem Start von Ryzen 3000 am 7. Juli vergangen und wer auf die teils hektische Berichterstattung zurückblickt, der muss davon ausgehen: Es hat sich viel getan.
Auch ComputerBase hat die Entwicklungen der vergangenen Wochen und Monate bei AMD und den Mainboardherstellern stets im Blick behalten und bei Bedarf auch mehrfach sachlich darüber berichtet. Viele „Probleme“ wurden dabei allerdings heißer gehandelt, als sie es sind. So waren zum Beispiel Taktabweichungen – prozentual betrachtet – weniger gravierend als dargestellt und deshalb auch Lösungsansätze weniger einflussreich. AMD hat in diesen Punkten allerdings ohne Frage von Anfang auch nicht klug reagiert und dem Umstand, dass sprichwörtlich aus jeder Mücke ein Elefant gemacht wurde, nichts entgegenzusetzen gehabt.
Um einerseits zu zeigen, dass die vom Ryzen 9 3900X im Juli erzielten Ergebnisse weiterhin ihre Gültigkeit haben, und auf der anderen Seite den Veränderungen durch neue AGESA-Versionen auf den Zahn zu fühlen, hat ComputerBase den Unterschied zwischen drei Versionen als Basis für diesen Artikel noch einmal nachgemessen.
Neue BIOS-Varianten mit AGESA 1.0.0.3ABBA und AGESA 1.0.0.4B
Das ComputerBase-Testsystem lieferte zum Start von Ryzen 3000 im Juli von Anfang an mit neuen SSDs, neuem Windows, neuen und sehr relevanten AMD-Treibern sowie den richtigen Einstellungen Ergebnisse, die im internationalen Vergleich bereits an der Spitze lagen. Und so zeigte sich in den Wochen darauf schnell, dass mit einem neuen BIOS auf Basis von AGESA 1.0.0.3.ABBA, das höhere Turbo-Taktraten bringen sollte, nahezu kein Unterschied zum ursprünglichen Test mit AGESA 1.0.0.2 auszumachen war. Auf ein Update hat die Redaktion deshalb verzichtet.
Der Single-Core-Score in Cinebench R20 beim Ryzen 9 3900X stieg von zuvor ermittelten 524 Punkten auf 526, in Cinebench R15 legt er um zwei Punkte von 213 auf 215 zu. Im Multi-Core-Test war bei beiden Benchmarks hingegen das nahezu gleiche Ergebnis (plusminus 5 Punkte mit dem neuen BIOS) anzutreffen, was angesichts von 7.100 respektive 3.160 Punkten vollständig im Rahmen der erwarteten Schwankung liegt, HandBrake und AgiSofts PhotoScan untermauerten dies mit vergleichbar geringen Abweichungen.
AGESA 1.0.0.4B folgte wiederum einige Wochen später und ist seit November Grundlage für alle AMD-Prozessoren auf allen aktiven Plattformen. Diese Vereinheitlichung zeigt, dass von AMD viel mehr Baustellen angegangen wurden als die Leistung, die sich auf dem Testsystem von ComputerBase wiederum als quasi gleichbleibend erweist.
AMD Ryzen 9 3900X | mit AGESA 1.0.0.2 | mit AGESA 1.0.0.3ABBA | mit AGESA 1.0.0.4B (Beta) |
---|---|---|---|
Cinebench R20 Single | 524 Punkte | 526 Punkte | 522 Punkte |
Cinebench R20 Multi | 7.100 Punkte | 7.099 Punkte | 7.092 Punkte |
Cinebench R15 Single | 213 Punkte | 215 Punkte | 215 Punkte |
Cinebench R15 Multi | 3.168 Punkte | 3.166 Punkte | 3.168 Punkte |
HandBrake | 61 Sekunden | 62 Sekunden | 62 Sekunden |
PhotoScan | 164,875 Sekunden | 163,652 Sekunden | 163,788 Sekunden |
Der Unterschied bei der Leistung liegt gemittelt fast im Promillebereich und ist letztlich vernachlässigbar. Zwar kann wie immer nicht zu 100 Prozent gesagt werden, ob die Zugewinne nun exakt und vollständig den Verbesserungen bei der AGESA-Version zuzuschreiben sind, denn auch Monate nach dem Start einer ganz neuen Plattform hat noch fast jedes BIOS der letzten zehn Jahre etwas mehr Leistung bereitstellen können. Insofern dürfte es die Mischung aus neuem AGESA, viel zusätzlicher Entwicklungszeit gepaart mit diversen Optimierungen in allen Bereichen sein, die die X570-Plattform für Ryzen 3000 nun zu einem runderen (und eventuell minimal schnellerem) Produkt macht.
Da sich im ComputerBase-Testsystem nichts an der Leistung der CPUs geändert hat, stehen auch die Empfehlungen der Redaktion nach wie vor – und wurden in den vergangenen Wochen sogar noch gefestigt. Der Ryzen 5 3600 ist die beste Wahl im Einstiegsbereich, der Ryzen 7 3700X das „Effizienzmonster“ mit ausreichender Zukunftssicherheit. Die Frage heute ist, was sich am oberen Ende geändert hat.
Turbo-Taktraten des Ryzen 9 3950X im Alltag
Der 16-Kern-Prozessor erbt alle Stärken aber natürlich auch die kleinen Schwächen der bisherigen Ryzen 3000. Das filigrane Taktmanagement ist dabei eine der großen Stärken, wenngleich es hier und da falsch eingeschätzt wird. Denn der theoretisch maximal mögliche Takt, der im ComputerBase-Testsystem beim Ryzen 9 3950X mit 4.725 MHz (offiziell angegeben: 4,7 GHz) erkannt wird, liegt nur in Ausnahmefällen wie reinen Single-Thread-Anwendungen an. Und jene Anwendung sollte dann auch noch auf den besten Kernen laufen, denn so etwas gibt es bei AMD ebenfalls, Analysetools können das auslesen.
Die Sprünge sind am Ende genau so gewollt, denn der Takt richtet sich nach diversen Parametern wie der zur Verfügung stehenden Leistung bis zum Limit und der Temperatur und bricht nicht mit allen Vorgaben, um stur den Takt zu erreichen, so wie es Intels CPUs oft in den Standard-Einstellungen machen.
Bei 16 Kernen mit theoretisch sehr hohem Takt greifen Grenzen unter Last auf vielen Kernen schnell, denn die TDP von 105 Watt ist nicht einfach nur eine Zahl ohne Bedeutung. Mit genau dieser TDP ist auch der 12-Kerner zugegen und so wird schnell klar, warum der 16-Kerner in gewissen Szenarien weniger Takt anlegt als das 12-Kern-Modell: Er muss dasselbe Budget elektrische Leistung auf mehr Kerne verteilen.
Als sehr herausfordernde Alltagsanwendung hat sich einmal mehr HandBrake erwiesen. Der Ryzen 9 3950X taktet seine 16 Kerne hier nur noch mit knapp 4,0 GHz, auch in Cinebench R20 sind es „nur“ 3,90 bis 3,95 GHz, wenn der Benchmark im Loop gefahren wird, in dem das System aufgeheizt ist und die Leistungsaufnahme stets hoch bleibt. Der 12-Kerner erreicht in beiden Szenarien noch knapp über 4,0 GHz.
Windows 10 1909 im ersten Check
Keine zwei Tage vor dem Fall des Test-NDA für den AMD Ryzen 9 3950X hat Microsoft das November 1909 Update für Windows 10 ausgerollt. Viel zu kurzfristig, um alles neu zu testen – was möglicher Weise aber auch gar nicht notwendig ist. Denn ein Kurztest mit alternativer SSD, dem aktuellsten AMD-Chipsatztreiber und völlig neuem Windows 10 1909 liefert keine Hinweise darauf, dass sich an der Leistung (in Anwendungen) substantiell etwas ändert.
AMD Ryzen 9 3950X | mit Windows 10 1903 (alle Updates bis Nov.) | mit Windows 10 1909 (alle Updates bis Nov.) |
---|---|---|
Blender | 497,95 Sekunden | 500,38 Sekunden |
Cinebench R20 Single | 531 Punkte | 533 Punkte |
Cinebench R20 Multi | 9.165 Punkte | 9.215 Punkte |
Cinebench R15 Single | 217 Punkte | 216 Punkte |
Cinebench R15 Multi | 4.070 Punkte | 4.044 Punkte |
HandBrake | 52 Sekunden | 53 Sekunden |
PhotoScan | 144,368 Sekunden | 143,545 Sekunden |
Das neue Windows 10 1909 macht im Erstkontakt mit Ryzen 9 3950X erfreulicherweise keine nennenswerten Probleme, einen echten Leistungszuwachs bietet es aber ebenso wenig. AMD weist im Reviewer's Guide wahrscheinlich auch deshalb nur darauf hin, Windows 10 1903 mit den aktuellen Updates zu nutzen, das Zen 2 und seinen Neuentwicklungen bereits voll unterstützt, wie AMD vor kurzem noch einmal klargestellt hat. Die von vielen Anwendern immer wieder heraufbeschworenen und gewünschten Leistungszuwächse durch Änderungen am Scheduler mit Windows 10 1909 zeigen weder die Benchmarks, noch verspricht sie AMD.