Corona-App: Bundesregierung prüft drei Tracing-Modelle

Andreas Frischholz
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Corona-App: Bundesregierung prüft drei Tracing-Modelle

Bund und Länder hatten letzte Woche beschlossen, dass man eine Tracing-App basierend auf der Pepp-PT-Architektur will, um die Kontakte von Covid-19-Infizierten digital nachverfolgen zu können. Bei der Streitfrage über die zentrale oder dezentrale Lösung legt sich die Bundesregierung derweil noch nicht fest.

Stattdessen werden noch drei Konzepte geprüft, heißt es in einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Digitalpolitikerin Anke-Domscheit-Berg (PDF). Was zentral bleibt, sind die bereits im Beschluss genannten Kriterien. Dazu zählen die freiwillige Nutzung, kein Erfassen von Standortdaten sowie eine anonymisierte Information der Betroffen.

Ausgehend von diesen Aspekten sind es drei Modelle, die die Bundesregierung „betrachtet und bewertet“. Der zentrale Pepp-PT-Ansatz, dessen Entwicklung derzeit beim Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) läuft. Ein dezentraler Ansatz wie ihn Forscher von ETH Zürich und Uni Lausanne mit DP3T entwickeln. Und hinzu kommt noch die in Österreich eingesetzte Lösung der Accenture GmbH.

Zentral versus dezentral

Seitdem Pepp-PT am Wochenende die Dokumente zu der zentralen Lösung veröffentlicht hat, sind auch konkretere Informationen verfügbar. Der Kern aller Konzepte ist, dass die Nähe von Kontakten mittels der Beacons-Funktionalität von Bluetooth Low Energy gemessen wird. Befinden sich zwei Nutzer der App für eine bestimmte Zeit in der Nähe, tauschen diese anonymisierte ID-Nummern aus. Sofern einer von beiden sich mit Covid-19 infiziert hat, erhält man einen TAN-Code von einer Gesundheitsbehörde, um die anonymisierten IDs auf einen zentralen Server hochzuladen.

Was sich bei dem zentralen und dezentralen Konzept unterscheidet, ist die Datenverarbeitung auf Infrastruktur hinter der App. Vereinfacht bedeutet das: Bei der zentralen Lösung erfolgt der Abgleich mit den anonymisierten IDs auf dem Server, die Nutzer werden dann per Push-Benachrichtigung gewarnt. Der Algorithmus, der das Risiko für eine Infektion bewertet, läuft also auf dem Backend. Beim dezentralen Ansatz verteilt der Server lediglich ID-Listen, der Abgleich erfolgt auf dem Smartphone des jeweiligen Nutzer – dort findet dann auch die Risikoberechnung statt.

Die Suche nach der richtigen Lösung

Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile. Der dezentrale Ansatz bietet einen höheren Schutz der Privatsphäre, weil die zentrale Infrastruktur praktisch keine Informationen über Kontakte enthält. Ein Vorteil der zentralen Lösung ist indes, dass der Algorithmus sich leichter an neue epidemiologische Erkenntnisse anpassen lässt, weil dieser auf dem Backend arbeitet. Viele Aspekte sind aber umstritten, einen Überblick liefern die Chaos-Computer-Club-Mitglieder Linus Neumann und Tim Pritlove im Podcast Logbuch: Netzpolitik.

Domscheit-Berg von der Linken spricht sich wie zuletzt die 300 Forscher einem offenen Brief für den dezentralen Ansatz aus. „Andere europäische Länder wie die Schweiz und die Niederlande haben sich heute dafür entschieden, den dezentralen und offenen Ansatz als Grundlage für ihre Tracing-App zu verwenden“, so Domscheit-Berg.

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