American McGees Alice Asylum: Verrückte Wunderland-Fortsetzung gescheitert

Max Doll
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American McGees Alice Asylum: Verrückte Wunderland-Fortsetzung gescheitert
Bild: EA

Anno 2000 sorgte eine düster-verzerrte Horrorversion von Alice im Wunderland aus der Feder von Game-Designer American McGee erstmals für Furore. Das Konzept für einen dritten Serienteil fand bei EA aber keinen Anklang, weshalb McGee der Branche den Rücken kehrt.

In der Spielversion von Carolls Märchen wird das Originalmaterial auf ungewöhnliche Art adaptiert. Alice hat in der verzerrten Märchenwelt beide Elternteile verloren und lebt in einer Irrenanstalt. Dementsprechend sieht auch das lediglich der Fantasie der Protagonistin entsprungene Wunderland aus, dessen Rettung zugleich eine Auseinandersetzung mit dem erlittenen Trauma ist.

Einfach eine Fortsetzung entwickeln konnte McGee allerdings nicht. Die Serie trägt zwar seinen Namen, die Rechte liegen jedoch bei EA. In Kooperation mit Fans und finanziert über Patreon hat McGee mit einem kleinen Team stattdessen ein über 400 Seiten starkes Designdokument erstellt, das den dritten, „Asylum“ genannten Serienteil vom Gameplay bis hin zur Story genau beschreibt, einen ersten Einblick in das Artdesign ermöglicht und die geplante Umsetzung ausführt. Geplant war, eine 13 Jahre alte Alice in das Wunderland zu schicken, die, von hämischen Kommentaren der Grinsekatze begleitet, sich langsam von einem verängstigten Mädchen hin zu einer selbstbewussten Heldin entwickelt. Dazu wollte das Team Exploration, Kampf, bei dem Waffen und verschiedene Fähigkeiten eingesetzt werden, Puzzle und Jump'n'Run-Elemente miteinander mischen.

EA beißt nicht an

Gedacht war die „Design-Bibel“ als Verkaufswerkzeug, das den Publisher von einer Fortsetzung überzeugen sollte – und als einziger Weg, da mangels der nötigen Rechte anders als beim Game-Design üblich keine spielbare Demo erstellt werden durfte. Eine positive Antwort blieb McGee allerdings verwehrt. Eine Finanzierung wurde laut Patreon-Eintrag von McGee unter Verweis auf eine Analyse von Marke, Marktumfeld und dem eingereichten Vorschlag abgelehnt.

Das lässt sich grob nachvollziehen: Studios wie From Software (Dark Souls, Elden Ring) oder das EA-Studio Respawn mit Star Wars Jedi: Fallen Order können lukrative und erfolgreiche Einzelspieler-Titel am Markt platzieren, sind aber auch etabliert und können auf bekannte Marken als Zugpferd zurückgreifen. Alice startete hingegen stark, schaffte aber schon 2011 mit einer Fortsetzung nicht, qualitativ und finanziell an den alten Erfolg anzuknüpfen. Das von EA herausgegebene, ebenfalls auf eine verzerrte Märchenwelt vertrauende Lost in Random konnte trotz hoher Qualität nicht in den sichtbaren Mainstream und in den Bereich massiver Verkaufszahlen vordringen. Dass Publisher wenig Appetit auf Großprojekte mit Risikofaktoren haben, war durchaus abzusehen. Den Finanzbedarf für sein Spiel bezifferte McGee auf rund 50 Millionen US-Dollar plus Marketingkosten, ein solides Triple-A-Budget. Zum Vergleich: Ein Titel wie Control aus dem „AA“-Bereich kam mit geschätzten 30 Millionen US-Dollar Entwicklungskosten aus.

McGee wechselt Branche

Die Rechte lizenzieren wollte der Publisher ebenso wenig. Alice sei ein wichtiger Teil des Spielekatalogs von EA und würde als solcher weder veräußert noch an Studios weitergegeben, schrieb McGee. Damit seien alle Möglichkeiten ausgeschöpft, eine Umsetzung von Alice: Asylum unmöglich geworden. Der Designer schließt gleichzeitig mit der Spielebranche ab. Er habe keine Ideen, Energie und Interesse mehr an einem Alice-Spiel oder anderen Konzepten im gegenwärtigen Branchenmilieu. Dass dort durchaus Lücken für kreative Projekte sind, beweisen Indie-Spiele und Produktionen mit kleineren Budgets indes regelmäßig. Sein Fokus liege nun auf der Familie und dem Verkauf von Plüschtieren über seine Firma Mysterious.