AI Act: Neue Regel für KI in der EU womöglich nicht mehr 2023

Michael Schäfer
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AI Act: Neue Regel für KI in der EU womöglich nicht mehr 2023
Bild: Thor_Deichmann | gemeinfrei

Eine Trilogsitzung der Europäischen Union bezüglich neuer Regeln für künstliche Intelligenz ist am Montagabend ohne Ergebnisse zu Ende gegangen. Damit wird eine Einigung der EU-Mitgliedstaaten bis Dezember 2023 immer unwahrscheinlicher. Ein viertes Treffen soll am Dienstag stattfinden.

Bis dato keine Einigung

Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Verweis auf vier mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Spanien hatte auf eine Einigung in dieser Sache gedrängt und Kompromisse zur Beschleunigung des Prozesses vorgeschlagen, damit dieser bis zum Ende der spanischen EU-Ratspräsidentschaft im Dezember beendet ist. Dieses Vorhaben rückt nun noch mehr in weiter Ferne. So sollen weiterhin verschiedene Punkte in Bezug auf festlegende Regeln für die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) strittig sein.

Zu diesen gehören unter anderem Regelungen für Basismodelle und risikoreiche KI-Systeme. Als Basismodelle werden von den Mitgliedstaaten Dienste wie GPT-4 von OpenAI oder PaLM 2 von Google definiert, die als solche mehr als 45 Millionen Nutzer für sich verzeichnen können und die auf großen Datenmengen trainiert werden, um die Fähigkeiten zu besitzen, aus neuen Daten zu lernen und daraus eine Vielzahl von Aufgaben zu erfüllen sowie sich selbständig an neue Situationen anpassen zu können. Für die Regulierung von Basismodellen steht aktuell ein abgestufter Ansatz im Raum, wie aus einem von Reuters eingesehenen Entwurf hervorgeht.

Darüber hinaus sollen zusätzliche Verpflichtungen für sehr leistungsfähige Basismodelle (very capable foundation models, VCFM) eingebracht werden, unter diese ChatGPT ebenfalls zählt. Diese sollen mit regelmäßigen Überprüfungen zur Aufdeckung potentieller Schwachstellen verbunden werden. Kritikern geht das Vorgehen nicht weit genug, nach ihrer Auffassung können kleinere Plattformen ebenso gefährlich sein, womit diese daher genauso streng kontrolliert sollten.

Aufgrund der strittigen Punkte soll es am heutigen Dienstag einen vierten Trilog zwischen dem EU-Parlament, dem EU-Rat und der EU-Kommission geben. Den Quellen zufolge soll sich Spanien bereits im Vorfeld mit anderen EU-Ländern über mögliche Kompromisse beraten haben, es wird jedoch nicht davon ausgegangen, dass bei diesem Treffen eine endgültige Einigung erzielt werden kann. Daher ist bereits ein fünfter Trilog für Anfang Dezember geplant.

Die Zeit wird knapp

Will Spanien den selbst gesteckten Zeitplan einhalten, müsste bei diesem fünften Treffen eine verbindliche Einigung erzielt werden. Geschieht dies nicht, würden die Verhandlungen auf Anfang nächsten Jahres verschoben. Eine Einigung könnte dann durch die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni weiter verzögert werden. Ebenso könnte sich durch die Wahl das Kräfteverhältnis soweit verändern, dass dieses ebenfalls Einfluss auf die weiteren Verhandlungen nimmt. Daher ist es nachvollziehbar, dass Spanien das Tempo nun erhöhen will. Mehrere Gesetzgeber, darunter auch EU-Industriechef Thierry Breton und die Ko-Berichterstatter für das Gesetzesvorhaben, Dragoș Tudorache und Brando Benifei, haben aber Hoffnung, dass der Entwurf doch noch vor Ende des Jahres verabschiedet wird.

Die lange Suche nach dem Kompromiss

2021 hatte die EU mit der Arbeit an einem Entwurf für das KI-Gesetz begonnen, erst im Juni dieses Jahres hatten sich die Mitgliedstaaten im EU-Parlament nach langer Debatte und zähem Ringen auf eine finale Position zum AI Act verständigt. Wesentliche Merkmale waren dabei KI-Verbote im Bereich der biometrischen Überwachung, Transparenzpflichten für KI-Chatbots, zudem müssen Basismodelle in der EU künftig vor dem Marktstart registriert werden. Mit dieser Einigung ist das EU-Parlament in die abschließenden Trilog-Verhandlungen mit EU-Rat und EU-Kommission gegangen.

Da die neuen Vorschriften jedoch die Zustimmung aller drei Institutionen bedarf, ist mit einer schnellen Einigung derzeit nicht zu rechnen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die jeweiligen Standpunkte teilweise noch weit auseinanderliegen. So spricht sich vor allem das EU-Parlament für besonders strenge Regulierungen aus, was es bereits in seinem Positionspapier deutlich gemacht hat. Eine große Zahl europäischer Unternehmen warnt dagegen vor zu viele Regeln, welche die Entwicklung von AI-Technologien innerhalb der EU hemmen könnte. Eine ähnliche Sichtweise vertritt auch die Bundesregierung.