Bedrohte Chip-Fabriken: Die Subventionen für Intel und TSMC bleiben erhalten

Update 3 Dennis Krause
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Bedrohte Chip-Fabriken: Die Subventionen für Intel und TSMC bleiben erhalten
Bild: Bundesregierung / Kugler

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stehen die Subventionen für Intels und TSMCs Chip-Foundries in Ostdeutschland zur Debatte – Ein Mitglied des Haushaltsausschusses fordert nun sogar ihre Streichung. Die Bundesregierung kann sich unterdessen nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen und verhängt eine Haushaltssperre.

Historisches Urteil entzieht Subventionen die Finanzierung

Die politische Diskussion über die Auswirkungen des Urteils aus Karlsruhe ist weiterhin in vollem Gange, nachdem klar wurde, dass der Verlust der Kreditermächtigungen zu einem erheblichen Einschnitt in der Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) führen wird.

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Neben mehreren Milliarden Euro an Investitionen in die Bahn sind auch die Chipfabriken von TSMC und Intel nun akut betroffen, wie Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner klarstellte, da diese mit Mitteln aus dem KTF gespeist werden.

Nach heutigem Stand sind ohne den Klima- und Transformationsfonds aber weder die Chipansiedlung in Dresden noch die Chipansiedlung in Magdeburg und der Wiederaufbau der Solarindustrie in Ostdeutschland gesichert.

Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner via RND

Nur indirekt deutete er an, dass die Chip-Fabriken bei Rücknahme der Unterstützungs­zusagen weiterziehen könnten: „Wenn wir diese Transformation nicht unterstützen, dann entsteht der Wohlstand woanders. Das wäre ziemlich verrückt

Streichung der Zuschüsse?

Während am Wochenende deshalb lebhaft über Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt diskutiert wurde, die mit Einschnitten bei den jeweils anderen Vorhaben der Koalitionspartner gegenfinanziert werden sollen, prescht FDP-Politiker Frank Schäffler nun mit Kritik am ursprünglichen Wirtschaftsplan des KTF vor und stellt die geplanten Chip-Subventionen in Höhe von insgesamt 15 Milliarden Euro zur Disposition.

Es ist immer schon falsch gewesen, Milliardensubventionen in die Ansiedlung von Chipfabriken zu stecken.

Bundestagsabgeordneter Frank Schäffler via RND

Die Absage von politisch bereits zugesagten Fördermitteln begründet er laut RND damit, dass es sich um keine strukturschwachen Gegenden handele, die wirtschaftlich gefördert werden müssten: „Im Gegenteil: Dort besteht Arbeitskräftemangel“ bekräftigt der FDP-Politiker. Auch befürchtet er, dass „mittelständische Unternehmen vor Ort das Nachsehen haben“ werden. Frank Schäffler bekleidet keine Regierungsposition, ist jedoch als Mitglied des Haushaltsausschusses an den Arbeiten zum Bundeshaushalt beteiligt.

Noch keine Lösung in Sicht

Welchen Weg die Bundesregierung nun einschlägt, ist noch unklar, auch weil die Auswirkungen des Urteils immer größere Kreise ziehen: Mittlerweile sieht Bundeswirtschafts­minister Robert Habeck durch die Entscheidung des Bundes­verfassungsgerichts auch den 200 Milliarden Euro schweren Wirtschafts­stablisierungsfonds (WSF) in Gefahr. Auch deshalb forderte Grünen-Chefin Ricarda Lang am vergangenen Wochenende ein weiteres Mal ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse um Investitionen nicht zu verschleppen. Ob dies jedoch rechtlich möglich ist, ist ebenfalls unklar.

Teile des Haushalts im Lockdown

Sollte es nicht dazu kommen, müsste priorisiert und damit entschieden werden, welche Maßnahmen nicht länger im vollen Umfang finanziert werden sollen. Mit dem WSF in Gefahr stehen die Chancen für eine Aufrechterhaltung der Chip-Subventionen also nicht besser. Eine erste Reaktion der Koalition: Das Bundes­finanzministerium hat am Montag nahezu den gesamten Bundeshaushalt gesperrt und damit vorsorglich den Zugriff auf Mittel des Haushalts beschränkt, Ministerien müssen nun bei Finanzminister Christian Lindner schriftlich nach Mitteln aus ihren betroffenen Etats fragen.

Experten treffen sich mit dem Ausschuss

Um Fragen zum Urteil zu klären, haben sich im Laufe des heutigen Dienstags Sachverständige mit dem Haushaltsausschuss ausgetauscht. Da die eingeladenen Experten von den jeweiligen Fraktionen bestimmt werden, haben sich Handlungsempfehlungen und Deutungsweisen stark an Parteilinien orientiert. Eine klare Lösung hat sich in der Sitzung heute morgen nicht herauskristallisiert. Möglich aber, dass dieser Input schon ausreicht, um der Ampel und dem Bundestag einen Lösungspfad aufzuzeigen.

Die Zeit drängt

Denn die Zeit drängt: Das Bundesparlament soll schon kommende Woche den Bundeshaushalt 2024 verabschieden und noch sind keine Zuschüsse zum KTF oder IWF geplant, wodurch ein Milliardenloch droht, das die Subventionen und damit die Pläne von TSMC und Intel mitreißen könnte.

Update

Ampel verschafft sich mehr Zeit

Die für heute anberaumte finale Sitzung des Haushaltsausschusses zum Beschluss des Bundeshaushalts 2024 wurde vertagt. Damit wird der Haushalt nicht wie geplant nächste Woche zur Abstimmung in den Bundestag gelangen und höchstwahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig vor Ende des Jahres vom Bundespräsidenten unterschrieben werden.

Die Sprecher der drei Koalitionsfraktionen erschienen geschlossen vor der Presse und begründeten die Entscheidung mit der gebotenen Sorgfaltspflicht nach dem historischen Urteil aus Karlsruhe von vergangener Woche. Zuvor hatten die FDP und Unions-Fraktion einen solchen Schritt gefordert. Die größte Oppositionsfraktion im Bundestag begrüßte die Entscheidung daher und forderte die Bundesregierung zu Einsparungen im Haushalt auf.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP erhält damit mehr Zeit, um nicht nur das Urteil in den zukünftigen Haushalt einzuarbeiten, sondern auch einen Aufschub um über eventuelle Zuschüsse zum Klima- und Transformationsfonds zu sprechen, womit Investitionen zum Aufbau der Chip-Produktion in Ostdeutschland aufrecht erhalten werden könnten.

Update

Haushalt 2023 rückt in den Vordergrund

Die Entscheidung über die Zuschüsse zu den drei Chip-Fabriken in Ostdeutschland werden sich weiter verzögern, nachdem der Fokus für die Ampel-Haushälter erst einmal auf dem auslaufenden Bundeshaushalt 2023 liegt.

Schuldenbremse soll ausgesetzt werden

Wie Bundesfinanzminister Christian Lindner heute mitgeteilt hat, soll dieser um einen Nachtragshaushalt erweitert werden. Eine Sprecherin präzisierte im Nachgang, dass die Bundesregierung den Bundestag um die Ausrufung einer außergewöhnlichen Notlage bitten wird. Das Bundesministerium der Finanzen zielt damit auf eine Aussetzung der Schuldenbremse für den aktuellen Haushalt ab. Ein erster Entwurf soll nächste Woche Mittwoch dem Bundeskabinett vorgelegt werden, danach muss er noch die beiden Kammern des Bundesparlaments passieren.

Für den Bundeshaushalt 2024, der aufgrund des Urteils aus Karlsruhe nun eng mit den Projekten aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) verknüpft ist, solle nach der Verabschiedung des Nachtragshaushaltes eine Lösung gefunden werden. Man wolle jetzt erst „reinen Tisch“ vor der Haushaltsplanung 2024 machen.

Auswirkungen für den kommenden Haushalt denkbar

Sollte die Begründung für die außergewöhnliche Notlage auch auf das kommende Jahr anwendbar sein, wäre eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse für den nächsten Bundeshaushalt denkbar. Noch liegt die Begründung jedoch nicht vor, sie wird mit dem Entwurf am kommenden Mittwoch erwartet.

Update

Die Ampelregierung hat sich heute nach langatmigen Verhandlungen auf den Bundeshaushalt für das Jahr 2024 geeinigt. Nach dem historischen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von Mitte November stand auch die Frage nach den Intel, TSMC und anderen Firmen für den Bau von Chipfabriken in Ostdeutschland versprochenen Milliardensubventionen im Raum. Heute heißt es vom parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner über DPA, dass die versprochenen Milliarden abgesichert sind – die Chipfabriken können, demzufolge wie mit den Firmen vereinbart gebaut werden.

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