L4S: Vodafone und Nokia testen Technologie für niedrige Latenz

Nicolas La Rocco
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L4S: Vodafone und Nokia testen Technologie für niedrige Latenz
Bild: Vodafone

Vodafone und Nokia haben laut eigener Aussage die weltweit erste Ende-zu-Ende-Demonstration von L4S (Low Latency Low Loss Scalable) durchgeführt. Die Technologie hat niedrigere Latenzen in allen Arten von Netzwerken zum Ziel, indem Verzögerungen durch gestaute Datenpakete in der Warteschlange signifikant reduziert werden.

Low Latency Low Loss Scalable oder kurz L4S ist eine Entwicklung der Nokia Bell Labs und hat sich mittlerweile als ein von der Internet Engineering Task Force (IETF) unterstützter Standard etabliert, der auch von dem Gremium für die Standardisierung im Mobilfunk (3GPP) im Release 18 unterstützt wird. L4S kann allerdings unabhängig von der genutzten Netzwerktechnologie bei Mobilfunk, Wi-Fi, Kabel oder Glasfaser zum Einsatz kommen und soll bei jedem Standard deutlich die Latenzen reduzieren.

L4S kommt auf IP-Layer zum Einsatz

L4S geht dabei die größte Verzögerung bei der Gesamtbetrachtung von Latenzen im Netzwerk an: die Verzögerung verursacht durch Datenpakete in einer Warteschlange. Im Gegensatz zur aktuellen Umsetzung, bei der Anwendungen versuchen, ihre Datenrate über die Anzahl der Paketverluste oder die im Netzwerk beobachtete Latenz zu ermitteln, setzt L4S auf ungenutzte Bitkombinationen im IP-Header (ECN Bits), um eine Art Feedback-Kanal mit dem Server aufzubauen, der daraufhin die Datenrate von Paketen für niedrige Latenzen anpassen kann. L4S kommt auf dem IP-Layer zum Einsatz, sodass es unabhängig vom Netzwerktyp genutzt werden kann. Laut Nokia benötige man mit L4S nicht länger größere Buffer etwa im Router oder Modem.

Verzögerungen im Netzwerk
Verzögerungen im Netzwerk (Bild: Nokia Bell Labs)

Latenzen deutlich reduziert

Vodafone und Nokia Bell Labs haben L4S jüngst erfolgreich bei der Datenübertragung auf einem laut eigener Aussage regulären Notebook getestet. Für den Testaufbau kam ein Laptop zum Einsatz, der über einen FTTH-Glasfaseranschluss mit dem Internet verbunden wurde. Im Detail wurde die L4S-Demonstration über ein mit Nokia-Technologie aufgebautes passives optisches Netzwerk (PON) durchgeführt. Es bestand aus einem Breitband-Netzwerk-Gateway (BNG), einem optischen PON-Leitungsterminal (OLT), mehreren optischen PON-Netzwerkterminals (ONTs) und WLAN-Zugangspunkten.

Im Ergebnis wurde die Zugriffszeit auf eine Internetseite über eine maximal ausgelastete Wi-Fi-Verbindung von 550 auf 12 Millisekunden verringert. Kam stattdessen kabelgebundenes Ethernet zum Einsatz, reduzierte sich die Latenz auf nur noch 1,05 Millisekunden. Die Paketwarteschlangenverzögerung lag durchgängig bei nahezu null. Wichtig sei dies vor allem für latenzkritische Anwendung wie in der Fernchirurgie, in autonomen Fahrzeugen und in vernetzten Fabriken, erklärt Vodafone. „Denkbar ist der Einsatz dieser Schlüsseltechnologie in einigen Jahren in unserer deutschen FTTH-, HFC- und Mobilfunk-Infrastruktur. Das gibt uns Zeit, nicht nur die Technologie, sondern auch die latenzkritischen Anwendungen weiterzuentwickeln“, sagte Tanja Richter, Netz-Chefin bei Vodafone Deutschland.

Apple unterstützt L4S als Beta

L4S muss sowohl aufseiten des Servers als auch vom Client unterstützt werden. Von Apple gibt es zum Beispiel seit iOS 16 und macOS Ventura eine Beta-Implementierung von L4S, die sich testweise in den Einstellungen für Entwickler aktivieren lässt.