Motorola & Lenovo: Vertriebsverbot für Smartphones und Notebooks mit Modem

Update Jan-Frederik Timm
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Motorola & Lenovo: Vertriebsverbot für Smartphones und Notebooks mit Modem

Wie die WirtschaftsWoche berichtet, darf Motorola aktuell keine Smartphones und Lenovo keine Notebooks mit Mobilfunkmodem mehr in Deutschland vertreiben. Hintergrund ist ein Urteil des Landgerichts München: Demnach nutzt der chinesische Lenovo-Konzern, zu dem Motorola gehört, ein Patent ohne Lizenz des US-Konzerns InterDigital.

Betroffen sind Produkte mit Mobikfunkmodem

Betroffen sind alle Produkte mit Mobilfunkmodem, neben Smartphones also auch Lenovos Notebooks mit LTE- oder 5G-Modem. Obwohl Lenovo Berufung einlegen konnte und das auch getan hat, ist das Verkaufsverbot bereits in Kraft, weil InterDigital am 8. Mai eine Kaution von vier Millionen Euro beim Gericht hinterlegt hat. Damit trägt der Kläger das Risiko, dass Lenovo in nächster Instanz Recht zugesprochen kommt, anteilig mit. Im Gegenzug tritt besagtes Verkaufsverbot schon jetzt in Kraft.

Das Urteil ist bereits in „vorläufiger Vollstreckung“

Das Urteil (AZ: 7 O 12029/2) ist damit in vorläufiger Vollstreckung und „den Beklagten ist es verboten patentverletzende Gegenstände in Deutschland anzubieten [...] oder einzuführen“, zitiert die WiWo einen Gerichtssprecher. Ferner ist Schadenersatz zu entrichten.

Motorola Razr 40 im Test
Motorola Razr 40 im Test

Auf Lenovo.de finden sich urteilskonform zur Stunde keine Notebooks mit WWAN-Modul mehr und Motorola.de führt nur noch Zubehör wie Earbuds.

Hintergrund ist ein Streit um die Gebühren

Hintergrund der Auseinandersetzung ist einmal mehr der Streit um die Höhe einer fairen Lizenzgebühr. Lenovo wirft InterDigital vor, keine faire, nicht diskriminierende Lizenzgebühr angeboten zu haben, InterDigital wiederum wirft Lenovo vor, ein eben solches Angebot ausgeschlagen zu haben.

InterDigital ist seit Jahrzehnten ein Entwickler für viele kabellose Übertragungstechnologien rund um die Standards WCDMA (Wideband CDMA), HSDPA, HSUPA, 3G, LTE (4G), 5G sowie WLAN nach Norm IEEE 802.11.

In Großbritannien hatte Lenovo zuletzt noch gesiegt

Noch im Juni 2023 hatte Lenovo gegen InterDigital in Großbritannien einen Erfolg vor Gericht verbuchen können, als die Richter urteilten, die von InterDigital erhobene Gebühr pro Endgerät sei zu hoch gewesen: Mehr als 0,175 US-Dollar seien nicht mit den FRAND-Grundsätzen vereinbar. Ob das zuständige Berufungsgericht in Deutschland das ebenfalls so sieht, ist noch offen.

Update

In einem Statement zum Urteil des Landgerichts München hat Lenovo die Entscheidung, gegen das Urteil Berufung einzulegen, noch einmal öffentlich begründet. Wie vor einem Jahr in Großbritannien hat der chinesische Hersteller den eigenen Willen, für die Nutzung von Innovationen Dritter respektive Patente auch Lizenzgebühren zu zahlen, herausgestellt. Die Inhaber von Patenten inzwischen standardisierter Technologien hätten sich dabei aber an die FRAND-Grundsätze zu halten und genau das habe InterDigital in Lenovos Augen nicht getan. In Großbritannien waren die Richter dieser Ansicht gefolgt, in Deutschland vorerst nicht.

As a global technology leader Lenovo respects the effort and investment that drive innovation, and we are both a licensor and a willing licensee of intellectual property. Regarding the Interdigital (IDC) case, we respect the Munich Court’s decision but do not agree with it given our belief that IDC has violated its own legal obligations to license its technology on Fair, Reasonable and Non-Discriminatory (FRAND) terms to either Lenovo or our third-party suppliers. Access to standardized technology on FRAND terms is critical to the future of the global tech industry; we will continue to fight for transparency in licensing negotiations and against companies seeking excessive rates for their patent portfolios. Innovation must be both accessible and affordable, and IDC’s unreasonable global patent licensing behaviors and fees disadvantage German customers, especially consumers by reducing access to the latest technologies and driving up prices for tech products. We look forward to the next stage of the proceedings and our appeal.

Lenovo zum Urteil des Landgericht München